Am Freitag war der Tag der Ökumenevertreter und Ehepaare bei der Synode. Sie hielten in der Synodenaula ihre Statements, darunter auch das deutsche Ehepaar Petra und Aloys Buch. Sie sprachen sich dafür aus, „realistisch und mutig“ die Sendung der christlichen Ehe und Familie in der heutigen Zeit neu zu verdeutlichen. Zugleich gaben sie den Gläubigen eine Stimme, die nach dem Scheitern der ersten Beziehung kein Ehenichtigkeitsverfahren wünschen und dennoch eine neue Beziehung eingehen wollen. Schon in dem Statement von Kardinal Reinhard Marx, das die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag veröffentlichte, betonte der Konferenz-Vorsitzende, „das erneuerte Verfahren zur Feststellung der Ehenichtigkeit kann nicht alle Fälle in rechter Weise erfassen“. Marx sprach sich für eine Vertiefung der „Theologie der Liebe“ aus, wie sie im II. Vatikanischen Konzil in Ansätzen enthaltet sei. Die Statements der „brüderlichen Delegierten“ der anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften waren sehr unterschiedlich. Mehrfach kam der Wunsch nach dem gemeinsamen Abendmahl zum Ausdruck. „Heiliger Vater, als Teil des „Heiligen Jahres der Barmherzigkeit“, das Sie ausgerufen haben, würde ich mir wünschen, dass sie ein konkretes Zeichen der Hoffnung und der Heilung setzen, dass sowohl pastoral als auch evangelisch wäre: dass alle Christen willkommen wären, gemeinsam Abendmahl zu feiern“, so Robert K. Welsh, Präsident des Rats der Jünger Christi.
Theologie der Liebe vertiefen
Knapp fünf Seiten umfasst das Statement von Kardinal Reinhard Marx. Er skizziert die „Theologie der Liebe“ des II. Vatikanischen Konzils und konzentriert sich danach auf die Themen Ehevorbereitung und –begleitung sowie den Umgang mit gescheiterten Ehen und wiederverheirateten Geschiedenen. Die Ehevorbereitung und –Begleitung dürfe nicht von einem „moralischen Perfektionismus“ bestimmt sein, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Wie schon Bischof Franz-Josef Bode erteilt auch Marx einer Haltung des „alles oder nichts“ in diesem Kontext eine Absage. „Unser Blick sollte sich weniger auf das richten, was im Leben (noch) nicht gelingt oder vielleicht auch gründlich misslingt, als vielmehr auf das, was schon gelingt. Es ist meist nicht der erhobene Zeigefinger, sondern die ausgestreckte Hand, die Menschen motiviert, auf dem Weg der Heiligung voranzuschreiten.“ Es gehe darum, die Erfahrungen der Menschen „wertzuschätzen“. Er warnt davor, die Sakramentalität der Ehe auf die Unauflöslichkeit zu reduzieren. „Sie ist ein umfassendes Beziehungsgeschehen, das sich entfaltet.“
Ganz verschlüsselt spricht Marx auch das Thema Empfängnisregelung an. In der Pastoral müsse der Gewissensentscheidung der Eheleute mehr Raum gegeben werden. Die Kirche müsse das Gewissen der Leute bilden, könne aber das Gewissensurteil der Einzelnen nicht ersetzen. „Das gilt insbesondere für Situationen, in denen die Partner in einem Wertkonflikt eine Entscheidung treffen müssen, etwa wenn die Offenheit für die Zeugung von Kindern und die Wahrung des ehelichen und familiären Lebens miteinander in Konflikt geraten.“
Marx zu wiederverheiratete Geschiedene
Zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen stellt Marx fest, dass in den Gemeinden der Ausschluss von der Kommunion nicht verstanden werde, wenn man gleichzeitig als Kirche immer betone, dass die Betreffenden zur „vollen Gemeinschaft der Kirche gehören“. „Können Menschen, die im Zustand der schweren Sünde gesehen werden, wirklich das Gefühl haben, ganz zu uns zu gehören?“ Marx warnt davor, die sexuellen Handlungen in der zweiten Beziehung isoliert vom Lebenszusammenhang zu beurteilen. Marx kommt schließlich zu dem Schluss: „Auf der theologischen Grundlage, die das Zweite Vatikanische Konzil gelegt hat, sollten wir daher ernsthaft die Möglichkeit prüfen – je auf den einzelnen Fall bezogen und nicht in einer generalisierenden Weise –, zivil geschiedene und wiederverheiratete Gläubige zum Sakrament der Buße und zur Kommunion zuzulassen, wenn das gemeinsame Leben in der kanonisch gültigen Ehe definitiv gescheitert ist und die Ehe nicht annulliert werden kann, die Verbindlichkeiten aus dieser Ehe geklärt sind, die Schuld am Zerbrechen der ehelichen Lebensgemeinschaft bereut wurde und der aufrechte Wille besteht, die zweite zivile Ehe aus dem Glauben zu leben und die Kinder im Glauben zu erziehen.“
Potential auch unterhalb des Ideals
Das Ehepaar Buch hat sich in seinem Statement etwas unterschieden von den Beiträgen vieler anderer Ehepaare. Die Buchs haben zwar auch ihre eigenen Erfahrungen mit eingebracht, haben aber noch mehr die sprechen lassen, die sich in unzähligen Anrufen, Briefen und Mails an sie gewendet hatten. Sie äußerten den Wunsch, dass Kirche und Synode „realistisch und ermutigend“ die Sendung christlicher Ehe und Familie in heutiger Zeit neu verdeutliche. Sie äußerten ihre Sorge, angesichts des Umgangs mit Scheitern durch die Kirche. Sie berichteten von katholischen Christen, die es „explizit“ ablehnten, „ihre kirchlich geschlossene Ehe einer Nichtigkeits-Prüfung zu unterziehen – und zwar weil sie von der christlichen Qualität ihrer ersten Ehe überzeugt sind. Hin- und hergerissen zwischen Wertschätzung der zerbrochenen Ehe, Reue über eigenes Versagen, aber auch Verantwortung für die neue zivile Ehe und Familie wünschen sie eine letztlich versöhnte, heile Mitgliedschaft in unserer Kirche. Wir bezeugen die Sorge, dass unser Erschrecken über Tragik und Schuld im Zerbrechen von Ehen uns den Blick verstellen kann für die großen Potentiale kirchlicher Versöhnung und personaler sittlicher Verantwortung auch unterhalb des Ideals.“ Sie sprachen schließlich von ihrer Hoffnung, „dass von dieser Synode ein kräftiger Impuls ausgeht, christliche Ehe und Familie als wesentliche Gestalter der Zukunft von Gesellschaft und christlicher Gemeinde neu zu entdecken.“
Am Donnerstagmittag gab es noch 30 Statements zum dritten Teil des Arbeitspapiers. Dabei ging es, so die vatikanischen Berichterstatter aus der Aula noch einmal sehr stark auch um den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Ein Synodenvater machte den Vorschlag, man solle eine Kommission einsetzen, die das Thema noch einmal vertiefend beraten solle. Doch aus der Synode ist auch sehr stark der Wille zu hören, dass nach zwei Jahren synodalen Prozesses jetzt Ergebnisse gefordert sind. Mehrfach wurde am Donnerstagmittag auch an Humanae vitae erinnert. Daneben ging es um Gewalt in Familien, Adoption, Inzest und die Auswirkungen des sexuellen Missbrauchs sowohl in den Familien, aber auch durch Kleriker. Der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, erklärte gegenüber Journalisten, angesichts der Missbrauchsskandale müsse Kirche besonders sensibel beim Thema Familie sein. Denn genau hier sei etwa in seinem Heimatland sehr viel Vertrauen verloren gegangen.
P.S. Da ich übers Wochenende auf Drehreise in Brasilien bin für eine Dokumentation, die wir Anfang Dezember senden, kann ich die Synode nur aus der Ferne beobachten. Ab Mitte der Woche wird das dann aber wieder anders wenn, wenn es zum spannenden Finale kommt.