Papst ermahnt deutsche Kirche

Zum Abschluss des Ad-Limina-Besuchs der Deutschen Bischofskonferenz hat Papst Franziskus eine „pastorale Neuausrichtung“ angemahnt. Dabei könne es aber nicht darum gehen, „aus dem Strandgut der ‚guten alten Zeiten‘ etwas zu rekonstruieren, was gestern war. Angesichts einer „wirklichen Erosion des katholischen Glaubens“ ermutigte er, „die lähmende Resignation zu überwinden“. Franziskus würdigte den „enormen Einsatz“ der Kirchen und vieler Bürger für Flüchtlinge und dankte für die „große Unterstützung, die die Kirche in Deutschland durch ihre vielen Hilfsorganisationen für die Menschen in aller Welt leistet“. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, lud Franziskus zu einem Besuch in Deutschland ein. Über eine solche Visite wird seit längerem spekuliert. Sie könnte schon im nächsten Jahr realisiert werden.

Papst Franziskus und die Bischöfe aus Deutschland. (dpa)

Papst Franziskus und die Bischöfe aus Deutschland. (dpa)

Lob, aber auch viel Mahnendes

Weniger Institution und mehr ehrenamtliches Engagement. So stellt sich Papst Franziskus die „pastorale Neuausrichtung“ für die katholische Kirche in Deutschland vor. Schon oft hatte er in seinem Pontifikat vor einer „Art neuen Pelagianismus“ gewarnt, der dazu führe, „unser Vertrauen auf die Verwaltung zu setzen, auf den perfekten Apparat“. Spätestens seit heute ist klar, dass er dabei auch an die katholische Kirche in Deutschland denkt. Er warnte davor, immer neue Strukturen zu schaffen, „für die eigentlich die Gläubigen fehlten. “Sein Gegenmodell: das Ehepaar Priska und Aquila, Mitarbeiter des heiligen Paulus. „Das Beispiel dieser ‚Ehrenamtlichen‘ mag uns zu denken geben angesichts der Tendenz zu fortschreitender Institutionalisierung der Kirche.“

Zuvor hatte Franziskus den Finger in die Wunde gelegt und den rasanten Rückgang beim Gottesdienstbesuch und Sakramentenempfang sowie den Berufungen zum Priesteramt und Ordensleben konstatiert, um schließlich von der „Erosion des Glaubens“ in Deutschland zu sprechen. Er forderte die Bischöfe auf, das bevorstehende Jahr der Barmherzigkeit zu nutzen, um das Sakrament der Versöhnung wieder stärker im kirchlichen Leben zu verankern. Überraschend deutlich mahnte er an, „die innere Verbindung von Eucharistie und Priestertum stets klar sichtbar zu machen“. Angesichts der pastoralen Praxis, die in Bergoglios Heimatkontinent gepflegt wird, verwundert doch etwas die Mahnung an den deutschen Episkopat: „Pastoralpläne, die den geweihten Priestern nicht die gebührende Bedeutung in ihrem Dienst des Leitens, Lehrens und Heiligens im Zusammenhang mit dem Aufbau der Kirche und dem sakramentalen Leben beimessen, sind der Erfahrung nach zum Scheitern verurteilt. Die wertvolle Mithilfe von Laienchristen im Leben der Gemeinden, vor allem dort, wo geistliche Berufungen schmerzlich fehlen, darf nicht zum Ersatz des priesterlichen Dienstes werden oder ihn sogar als optional erscheinen lassen. Ohne Priester gibt es keine Eucharistie.“

Unterstützung für Universität Eichstätt

Das wird nicht allen deutschen Bischöfen gefallen haben. Denn immer mehr Oberhirten versuchen angesichts des zunehmenden Priestermangels ihre Kleriker von Aufgaben zu befreien, damit sie Zeit für auf Seelsorge, Beichte und Eucharistie haben. Das bedeutet dann aber auch, Leitungsverantwortung in andere Hände zu legen. Die Bischöfe, die das tun wie etwa der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki, gehen dabei sehr behutsam vor. Die Mahnung aus Rom scheint daher an dieser Stelle etwas übertrieben. Ebenso wie die Aufforderung zu stärkerer Treue zur Kirche und zum Lehramt an die theologischen Fakultäten. Beides widerspreche nicht der akademischen Freiheit, so Franziskus. Hier muss die Frage gestellt werden, ob die Theologie in den letzten Jahrzehnten nicht gerade daran krankte, dass sie zu sehr von Rom und den Bischöfen gegängelt wurde. Was Franziskus für die Pastoral einfordert, dass sie kreativ sein müsse und sie ihm verbeult lieber ist als steril hinter verschlossenen Türen, müsste analog auch für die Theologie als Wissenschaft gelten. Überraschend deutlich fiel die Aufforderung aus, dass die gesamte Deutsche Bischofskonferenz die Katholische Universität Eichstädt-Ingolstadt unterstützen solle.

Keine Kompromisse will Franziskus beim Lebensschutz von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Sonst sieht er die Gefahr „mitschuldig zu werden an der leider weit verbreiteten Kultur des Wegwerfens“. Schließlich mahnte er an, in den Einrichtungen des Sozial- und Bildungsbereich ein „katholisches Profil“ zu bewahren, eine Forderung, die seit Jahrzehnten aus Rom in Richtung Deutschland formuliert wird. An manchen Stellen wirkte die Rede des Papstes, als sei sie im vatikanischen Apparat entstanden und nicht unbedingt aus der Feder des Pontifex selbst. Viele für Franziskus typische Themen fehlten, obwohl sie auch für die Kirche in Deutschland interessant wären: die soziale Gerechtigkeit, der Umgang mit den (finanziellen) Ressourcen und der Blick auf die „Ränder“ der Gesellschaft. Auch das Thema Ökumene wird mit keinem Wort angesprochen. Zwei Abschnitten Lob folgten fünf mahnende Abschnitte. In einem ersten Moment ist man versucht zu titeln: „Papst wäscht deutschen Bischöfen Kopf.“ Doch es ist auch die Aufgabe des Papstes, die kritischen Punkte aufzuzeigen. Sich gegenseitig mit Lobhudeleien zu überhäufen, dient der Sache sicher nicht. Immerhin fällt auf, dass es keine mahnenden Worte etwa zum Thema wiederverheiratete Geschiedene gab, ein Thema, das in den letzten Jahren durchaus kontrovers zwischen Deutschland und dem Vatikan, in Person von Kardinal Gerhard Müller, diskutiert worden war.

Papst nach Deutschland eingeladen

Kardinal Reinhard Marx hatte das Thema in seiner Ansprache an Franziskus zuvor kurz angesprochen. Der DBK-Vorsitzende hatte zudem einen starken Akzent auf das Thema Synodalität gelegt und an die Ansprache des Papstes zum Synodenjubiläum erinnert. „Eine stärker synodale Kirche würde die Chance bieten, das Verhältnis von zentraler Steuerung der Kirche durch den Nachfolger Petri einerseits und angemessenen Formen dezentraler Festlegungen und Vorgangsweisen neu zu justieren. Nötig wird eine solche erneuerte Zuordnung wegen der Verschiedenheit der Entwicklungen und kulturellen Situation in den verschiedenen Teilen der globalisierten und doch vernetzten Welt.“

Schließlich lud Marx den Papst nach Deutschland ein. Interessant ist, in welchem Kontext er seine Einladung formulierte. Der Kardinal sprach von Kräften, die „aus dem Raum der Kirche erwachsen, die Frieden und Versöhnung fördern“. Ein Besuch des Papstes solle helfen, „damit wir in schwierigen Zeiten den Frieden und das solidarische Zusammenstehen in Deutschland, Europa und der Welt voranbringen können“, so Marx. Bei einem möglichen Deutschlandbesuch, so die Idee auch politischer Kreise wie der deutschen Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan, soll es um einen Impuls für Frieden, Versöhnung und Miteinander in Europa gehen. Dies könnte in einer Zeit, in der in Europa die zentrifugalen Kräfte rasant zunehmen und die Solidarität abzunehmen scheint, ein wichtiger Akzent sein.

P.S. Bundespräsident Joachim Gauck hat schon vor Monaten eine offizielle Einladung ausgesprochen. Nachdem nun (endlich) auch die Bischofskonferenz den Papst eingeladen hat, könnten Planungen beginnen. Konkurrenz bekam Deutschland heute von der Ukraine. Präsident Petro Poroshenko berichtete nach einer Privataudienz beim Papst, Franziskus habe die Einladung nach Kiew angenommen. Naja – vielleicht wäre ja eine Kombination von Deutschland und der Ukraine eine interessante Variante. Franziskus könnte zunächst im Osten Deutschland eine Stadt besuchen, z.B. Leipzig, die einen großen Symbolwert für die friedliche Wende hat, um dann in die nach wie vor zerrissene Ukraine zu reisen. Kardinal Marx stellte im Anschluss an die Papstbegegnung klar, dass ein Besuch von Franziskus im Verlauf des Gedenkjahres „500 Jahre Reformation“ 2017 unwahrscheinlich ist. Also könnte es vielleicht schon 2016 heißen „Papa ante portas“. Aber noch gibt es keine konkreten Planungen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

32 Kommentare

  • bernardo
    21.11.2015, 10:33 Uhr.

    Diese Mahnungen, die schon Benedikt mehrfach formuliert hatte (am deutlichsten in der Freiburger Rede) und die auf weniger Macht, weniger Institution, weniger Geld und mehr Geist hinauslaufen, werden von den deutschen Bischöfen, vom Zentralkomitee (passender Name, erinnert mich doch an irgendetwas) und von dem vorherrschenden Gremienkatholzismus ausgesessen werden. Man hat ja Erfahrungen.

    Der deutsche Katholizismus gleicht einer Strechlimousine mit 4 PS.

    • Silvia
      22.11.2015, 17:40 Uhr.

      bernardo, der Gremienkatholizismus ist wirklich abschreckend. Von daher bin ich auch nicht dafür, ehrenamtlichen Laien noch mehr Macht bei der Verwaltung von Pfarreien zu geben.

      Meiner Erfahrung nach finden sich da zu viele Selbstverwirklicher und Selbstdarsteller, für die ihre Ämter eine Art Hobby sind.

      • bernardo
        25.11.2015, 17:44 Uhr.

        Liebe Silvia, ich habe nicht einmal so schlechte Erfahrungen gemacht, kann mir aber vorstellen, dass es in anderen Gremien anders aussieht. Mir sind immer die Schwafler suspekt, die eine halbe Stunde und 100 Phrasen brauchen, um einen Sachverhalt darzustellen.

  • silberdistel
    21.11.2015, 13:07 Uhr.

    „Wissen Sie, was das größte Problem der Kirche in Deutschland ist? Sie hat zu viel Geld.“ Das stellte schon der Vorgängerpapst B16 fest, – allerdings als Er 2011 noch Joseph Kardinal Ratzinger war.
    In der Tat sind die großen Kirchen in den letzten Jahrzehnten zu sehr der Versuchung unterlegen dem Mammon aufzusitzen und haben sich zu regelrechten Ritualdienstleistungskonzernen degeneriert. Mit ähnlich wirtschaftlichen Zwängen wie sie für ein daxnotiertes Unternehmen gelten.
    Wenn ein Provinzbistum wie Limburg für 2014 eine Bilanzsumme von bereits 967 Mio. € aufweist, wie Rösch mitteilte „zum Teil angelegt in allen 5 Risikoklassen“; dann zeigt das mit dem Skandal um den „Bling-Bling“-Bischof auf, welche Blüten in so einem Biotot heranwachsen werden können.
    So ist Kardinal Marx Feststellung vom selben Jahr das sich die deutsche rk-Kirche „bereits ein gutes Stück im Franziskus-Modus“ befände, nur eine weitere Blüte dieses Biotots, oder im besten Fall gelungene Realsatire.

    • Wanda
      21.11.2015, 23:26 Uhr.

      Silberdistel 13:07
      – dem kann doch ganz einfach abgeholfen werden: endlich die in anderen Staaten undenkbare und unselige Verquickung von weltlicher Macht und Kirche aufzukündigen.
      Liegt doch am Vatikan selbst: Kirchensteuer nur noch freiwillig, Bezahlung der Geistlichen aus dem Kirchenfundus oder der Gemeinde (soweit sie Wert darauf legt) und nicht mehr vom allgemein weltlichen Steuerzahler, etc. etc… Soweit aber mag man dann doch nicht gehen, wer sägt schon gern den (deutschen) einträglichen Ast ab, auf dem es der Klerus recht bequem hat ?
      – Und siehe an, auch […]* Frau Botschafter Schavan wagt sich wieder hervor. Da fehlen dann doch die Worte…
      […]* editiert wegen Verstosses gegen die Netiquette

      • Wanda
        22.11.2015, 17:22 Uhr.

        – nun ja, da sie des Plagiats offiziell überführt wurde, darf man das doch wohl auch erwähnen, oder gibt´s da nun einen Maulkorb der als Netiquette getarnt angewendet wird ?

      • silberdistel
        22.11.2015, 19:13 Uhr.

        Wanda 23:26
        Wird heutzutage seitens der Politik das „Interesse des Steuerzahlers“ hoch gehalten, verweigert selbige beispielsweise beharrlich die Regelung des sg. ´Reichsdeputationshauptschlusses´ von 1803 (!), welcher „Kirchlichen Würdenträgern“ eine Dotation vom Staat bis 12.000 € monatlich zusichert. Obwohl das seit der Weimarer Republik Verfassungsauftrag ist, in diesem tollen Selbstbedienungsladen der „Würdenträger“ endlich aufzuräumen. Hat man da Töne?!

        • bernardo
          25.11.2015, 17:38 Uhr.

          Die meisten kirchlichen „Besitztümer“, die infolge des Reichshauptdeputationssschlusses eingezogen waren, waren Lehen, also so etwas wie Verpachtungen. Es ist fraglich, ob der Kirche hier überhaupt eine Kompensation stattfinden muss. Und wenn, wäre sie nach 212 Jahren abgegolten. Hier zu dem kirchlichen Überbau die Gedanken eines weisen Mannes, auf den man lieber nicht gehört hat.

          Kardinal Ratzinger: „Auch in der Kirche ist das Beharrungsvermögen ein sehr starker Faktor. Sie neigt infolgedessen dazu, einmal erworbenes Gut und erworbene Positionen zu verteidigen. Die Fähigkeit zur Selbstbescheidung und Selbstbeschneidung ist nicht in der richtigen Weise entwickelt. Ich glaube, daß uns das gerade auch in Deutschland trifft. Hier haben wir weit mehr kirchliche Institutionen, als wir mit kirchlichem Geist decken können.“ So viel zur Caritas etc.

  • Silvia
    21.11.2015, 18:04 Uhr.

    Ich war über die päpstliche „Kopfwäsche“ unserer Bischöfe auch sehr überrascht, weil ich noch gut in Erinnerung habe, dass sich der Wiener Kardinal Schönborn und der damals noch ganz neue Salzburger (Erz)Bischof Lackner nach ihrem Ad Limina Besuch total begeistert über die brüderliche Atmosphäre usw. geäußert haben.

    Schönborn sagte damals, dass er noch nie so einen schönen Ad Limina Besuch erlebt hätte, endlich sei er sich mal nicht wie ein gemaßregelter Schulbub vorgekommen.

    Da in Österreich die kirchlichen Verhältnisse ganz ähnlich wie in Deutschland sind, frage ich mich, was den päpstlichen Stimmungsumschwung bewirkt hat.

    Allerdings scheint die österreichische Kirche längst nicht so reich zu sein wie die deutsche.

    • SuNuraxi
      23.11.2015, 13:14 Uhr.

      @Silvia, 21.11.2015, 18:04
      Kann sein, dass Schönborn in Deutschland anders wahrgenommen wird als hier in Wien. Also zur Information: Schönborn will nirgendwo anstreifen, nicht bei den Medien, nicht bei den Gläubigen und schon gar nicht bei den Kirchenoberen (eigentlich hat er ja nur einen Kirchenoberen) – ob wegen Harmoniesüchtigkeit oder wegen übermäßigem Ehrgeiz, kann ich nicht sagen. Deshalb flötete er schon unmittelbar nach der letzten Papstwahl – nachdem er vorher 8 Jahre lang von seinen „lieben verehrten Lehrer Papst Benedikt“ geschwärmt hatte – etwas von einem „frischen Frühlingswind“ in der Kirche. Deshalb hat er auch vor allem über eine „brüderliche Atmosphäre“ beim letzten ad Limina-Besuch geredet, obwohl Franziskus durchaus kritische Töne angeschlagen hat. Aber man will sich ja bei seinem Chef einschmeicheln, nicht wahr?
      Ich weiß, dass Sie – aus der Entfernung – große Stücke auf Schönborn halten, aber leider muss man sagen, dass er nur deshalb so umgänglich wirkt, weil er ein Wendehals ist.
      (So, und jetzt bin ich aber wirklich gespannt, ob das ungekürzt veröffentlich wird.)

      • Jürgen Erbacher
        Jürgen Erbacher
        23.11.2015, 20:47 Uhr.

        Es gibt sogar Leute, die zählen ihn unter die Papabile, wenn es um die Nachfolge von Papst Franziskus geht. Ich bin mir da nicht so sicher; aber der Name Schönborn wird immer wieder genannt.

        • Silvia
          23.11.2015, 21:10 Uhr.

          @Herr Erbacher, ich halte es auch für relativ unwahrscheinlich, dass man schon wieder einen Papst aus dem deutschsprachigen Raum wählen wird.

          Allerdings, wenn man wieder auf einen Kardinal über 70 setzt, hätte Schönborn durchaus gute Chancen, zumal er sich als Moderator der deutschsprachigen Gruppe bei der Familiensynode als wahrer Diplomat zwischen den Fronten erwiesen hat.

          Letzteres erwartet man ja auch von einem Papst.

          • bernardo
            25.11.2015, 17:43 Uhr.

            Ich erwarte von einem Papst vor allem Rückgrat und Geradlinigkeit.

      • Silvia
        23.11.2015, 21:06 Uhr.

        @SuNuraxi, ich glaube, dass fast alle Mitglieder des hohen Klerus Wendhälse sind. Die meisten waren unter Benedikt noch streng konservativ und haben unter Franziskus plötzlich ihren Reformeifer entdeckt.

        • SuNuraxi
          24.11.2015, 15:13 Uhr.

          @Silvia, 23.11.2015, 21:06
          Ja, das wird wohl stimmen. Bei Schönborn ist es halt extrem, weil er früher dem Benedikt die Stiefel geleckt hat, und jetzt plötzlich, unter Franziskus, ist der „Frühlingswind“ gekommen. Vorher hat er vom „lieben verehrten Lehrer Papst Benedikt“ gesäuselt, jetzt – wie Sie ja richtig geschrieben haben – kommt er sich nicht mehr so vor wie ein „gemaßregelter Schulbub“. Herr Ehrbacher hat unten auf als Antwort auf ein Posting von mir geschrieben, dass er vielen Konservativen zu liberal sei. Mein Problem mit ihm ist nicht das. Er soll liberal sein, wie er will. Wenn er es halt nur schon früher gewesen wäre und nicht erst seit Franziskus.
          Und falls jetzt jemand damit kommt, dass der „Fall Stützenhofen“ ja schon 1912 war: Diese Geschichte hat ihm halt eine sehr gute Presse gebracht. Hätte er anders entschieden, wäre er von den Medien heftig kritisiert worden. Mein Problem dabei ist wieder diese Widersprüchlichkeit. Da war er einmal maßgeblich an der Erstellung des Katechismus beteiligt, der die bekannten Aussagen zu praktizierter Homosexualität getätigt hat. Dann findet er es aber in Ordnung, dass ein in einer eingetragenen Partnerschaft lebender Homosexueller Pfarrgemeinderat wird. Da muss man sich schon fragen: Glaubt er jetzt das, was er in den Katechismus hineingeschrieben hat (nicht vollkommen alleine, ich weiß eh) oder glaubt er es nicht? Wenn ja: Warum hat er dann dem Betreffenden die Erlaubnis gegeben, trotz seiner eingetragenen Partnerschaft Pfarrgemeinderat zu werden? Wenn nein: Wieso war er dann wesentlich daran beteiligt, dass es trotzdem in den Katechismus hineingeschrieben wurde?

  • SuNuraxi
    23.11.2015, 22:25 Uhr.

    Sg. Hr. Erbacher, 23.11., 20:47
    Ja, der Name Schönborn wird genannt und ist auch schon vor der letzten Papstwahl genannt worden. Das ändert aber trotzdem nicht an meiner Einschätzung und auch der vieler anderer Leute in Ö. Er larviert in der Gegend herum, weil er sich um keinen Preis unbeliebt machen möchte. Sein Ja ist kein Ja, sein Nein ist kein Nein, sondern meist kommt von ihm ein klares und deutliches „Jein“, damit nur ja niemand beleidigt ist. Mitunter wird er von irgendwelchen Medien als „mutig“ bezeichnet, aber nur deshalb, weil er genau das sagt, was die hören wollen.
    (Müssen Sie nicht veröffentlichen, wenn Sie nicht wollen, weil es ist eigentlich sowieso nur als Antwort auf ihr obiges Posting gedacht.)

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      24.11.2015, 12:26 Uhr.

      Aber es sagt doch etwas aus über Kardinal Schönborn, wie Sie ihn erleben. Daher kann das m.E. ruhig veröffentlicht werden. Ich glaube, dass dem großen konservativen Flügel in der katholischen Kirche der Wiener Erzbischof zu liberal ist. Denn er hat zwar den deutschen Sprachzirkel bei der Synode gut moderiert; aber das Ergebnis der Diskussionen dort ist in vielen Punkten für Konservative nicht akzeptabel.

    • Wanda
      24.11.2015, 17:23 Uhr.

      SuNuraxi 22:25
      – ein Grossteil der hohen Geistlichkeit verhält sich genau so lavierend, karrierebewusst (karrieregeil wäre zu krass) und wendebereit wie die Politiker in der schnöden Welt draussen. Ist ja auch eigentlich allzu menschlich und nachvollziehbar. Wenn, ja wenn sie denn nicht gleichzeitig immer mit diesem besonders hehren Anspruch aufträten. Und an dem wird man dann fatalerweise auch gemessen…

  • Alberto Knox
    24.11.2015, 2:16 Uhr.

    lieber herr erbacher,

    sie schrieben: „Wir schauen uns jeden Kommentar sehr genau an. Deshalb dauert es derzeit beim Freischalten einzelner Kommentare bisweilen auch Tage. Die Meinungen von jasju sind aus meiner Erfahrung keine Einzelmeinung. Wir werden hier in den letzten Tagen ja immer wieder verdächtigt, die Meinungsfreiheit zu beschränken. Im Umkehrschluss müssen wir dann auch solche Kommentare aushalten.“

    1) ich danke für das durchaus zeitraubende gegenlesen. mich stört es nicht, wenn es dann einige tage dauert bis zur freischaltung. ich hatte noch nie den eindruck einer zensur.
    2) dass das – pardon – gesudere von jasju keine einzelmeinung ist, macht die stimmungsmache von solchen kommentaren nicht besser. immerhin zeigt allerdings das freischalten von jasjus kommentaren, dass es einen erheblich unterschied gibt, ob man sich als katholisch ausgibt oder ob man es tatsächlich ist. das herunterleiern von piusbrüderworthülsen mag katholisch aussehen, ist es aber nicht.

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      24.11.2015, 12:24 Uhr.

      Ich tue mir allerdings schwer damit, wenn über andere geurteilt wird, ob sie katholisch sind oder nicht. Papst Franziskus versucht ja gerade einen anderen Weg zu gehen: integrieren statt ausgrenzen.

  • JasJu
    24.11.2015, 16:12 Uhr.

    Der Vatikanist Sandro Magister schreibt, der Papst habe die deutsche Kirche „nicht als die modernste, sondern als die zerrüttetste“ gebrandmarkt. Das sollte den papolatrischen Deutschkatholiken hier im Forum zu denken geben…

  • Micaela Riepe
    25.11.2015, 11:56 Uhr.

    Hier ein sehr gutes Interview zur päpstlichen Bestandsaufnahme der katholischen Kirche in Deutschland, mit sehr kritischen Tönen, was die Analyse angeht:

    http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/ein-dramatischer-epochenwandel

    „Ebertz: Das kann man so sicherlich nicht sagen. Denn Resignation hat ja auch eine emotionale, nicht nur eine kognitive Seite. Um die Resignation zu überwinden, ist zunächst eine klare Diagnose der Ist-Situation der Kirche, aber auch der Gesellschaft vonnöten. Da sehe ich eine weitere Seite der Ignoranz: Anstatt die gesellschaftlichen Entwicklungen klar zu diagnostizieren, nimmt man eine Haltung der Abwertung ein. Das ist auch im päpstlichen Text zu spüren. Da ist von einem „verweltlichten Menschen“ die Rede. Von Menschen, die sich nicht öffnen für den Lichtstrahl Gottes und seiner Liebe. Das sind alles Abwertungen. Da beschreibt man den „verweltlichten Menschen“ so, als hätte er keine „Transzendenz-Antennen“ mehr. Die Menschen haben solche Antennen! Sie werden nur nicht mehr nach der Kirche ausgerichtet, sondern im Do-It-Yourself-Verfahren an anderen Energiequellen. Statt aber zu sehen, dass die Menschen transzendenzoffen und nicht diesseitsverbogen sind, wertet man sie ab und geht in einen Jammerton!!! über. Die Zeichen der Zeit werden nicht wirklich gesehen, auch nicht meditiert und spirituell durchdrungen. Es gibt auch positive Seiten des modernen Lebens. Und die kommen nicht vor, auch nicht in diesem Text. Zudem gibt es auch eine negative Seite in der Erfahrung von Kirche: Dass man in ihr die Transzendenz-Antennen vermisst.“

    Dem letzten Satz kann ich nur vorbehaltlos zustimmen, wobei ich hier nicht das Geschrei hören möchte, das läge an der verschwundenen Alten Messe.

  • Silvia
    25.11.2015, 15:33 Uhr.

    Hier setzt sich ein Religionssoziologe kritisch mit der päpstlichen Schelte für die katholische Kirche in Deutschland auseinander.

    Interessant zu lesen:

    http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/ein-dramatischer-epochenwandel

    @SuNuraxi, wenn ich Sie richtig verstehe, hat auch die österreichische Bischofskonferenz bei ihrem Ad Limina Besuch ihr „Fett weg bekommen“, auch wenn Kardinal Schönborn hinterher so geschwärmt hat von diesem Besuch?

    • Silvia
      25.11.2015, 16:26 Uhr.

      Und hier noch ein interessanter Beitrag auf katholisch.de

      http://www.katholisch.de/aktuelles/standpunkt/romantische-arme-kirche

    • SuNuraxi
      26.11.2015, 14:50 Uhr.

      @Silvia, 25.11.2015, 15:33
      Ja, Sie haben mich richtig verstanden. Und genauso diplomatisch verpackt wie es bbei den deutschen Bischöfen war. Vielleicht hat ja Schönborn deshalb nichts davon bemerkt, aber ehrlich gesagt, glaube ich das nicht. Man kann ihm alles Mögliche nachsagen, aber dumm ist er nicht.

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