Papst Leo XIV. – Kontinuität und eigene Akzente

Sechs Wochen ist Robert Francis Prevost jetzt Papst. Noch ist er dabei, sich in das neue Amt einzufinden. Doch er setzt erste eigene Akzente – organisatorisch und inhaltlich. An vielen Stellen wird deutlich, dass er sich als Brückenbauer versteht. Ein Mann der lauten Töne ist er nicht, das schließt aber nicht aus, dass er klare Positionen vertritt. Wichtige Personalentscheidungen sind bisher nicht gefallen; auch hat er noch keinen Nachfolger für sich als Chef des Bischofsdikasteriums ernannt. Die übrigen Behördenchefs sind, wie üblich, bis auf weiteres im Amt bestätigt. Vor Herbst ist hier nicht mit größeren Veränderungen zu rechnen. Mit Spannung wird erwartet, wohin die ersten Reisen gehen. Ende November könnte Leo zum Andreasfest nach Istanbul reisen mit Abstechern nach Ephesus und Nizäa, um an das Konzilsjubiläum zu erinnern. Spekuliert wird auch über eine Reise nach Argentinien und Peru. Damit könnte er den weißen Fleck auf der Reiseagenda seines Vorgängers füllen und seine Wahlheimat besuchen. Zugleich wäre es ein klares Zeichen an die USA, welche Prioritäten der „erste US-amerikanische Papst“ setzt, dessen Heimat nach eigenen Worten dort ist, woran das Herz hängt: Peru.

Papst Leo bei der Generalaudienz am Mittwochmorgen im Vatikan. (Foto: action press)

Bruch mit Franziskus

Leo XIV. wird zurückziehen in den Apostolischen Palast, er reaktiviert die Päpstliche Sommerresidenz in Castelgandolfo, wo er im Juli und August einige Tage verbringen wird, und bei der Übergabe des Pallium wird er nicht wie Franziskus den neuen Erzbischöfen am Fest Peter und Paul eine Schachtel mit dem kleinen Wollschal in die Hand drücken, sondern ihnen diesen wieder über die Schulter legen. Er setzt sich also klar ab von Franziskus. Das war schon beim ersten Auftritt nach der Wahl zu sehen, als er wieder die rote Mozzetta trug. Zugleich bleibt er bei schwarzen Schuhen und signalisiert so, dass er eben doch nicht einfach zum Vorher zurück will. Auch mit Blick auf die Arbeitsweise gibt es Unterschiede zu seinem Vorgänger. Leo XIV. führt das Amt des dauerhaften Privatsekretärs wieder ein. Franziskus hatte alle zwei bis drei Jahre seine Sekretäre ausgetauscht, weil er graue Eminenzen wie Stanislaw Dziwisz unter Johannes Paul II. und Georg Gänswein unter Benedikt XVI. verhindern wollte. Leo wählte nun einen Priester aus Peru mit der Absicht, dass dieser über längere Zeit an seiner Seite stehen und sein Büro organisieren soll.

Anderer Ton gegenüber der Kurie

Leo dürfte sein Amt in dem Sinne kollegialer ausüben als sein Vorgänger, indem er die Kurie wieder stärker integriert. Hier schlug er in den ersten Wochen andere Töne an als sein Vorgänger. „Die Päpste kommen und gehen, aber die Kurie bleibt“, erklärte er wenige Tage nach seiner Wahl beim Treffen mit Mitarbeitenden der Römischen Kurie und des Vatikanstaats. „Die Kurie ist die Institution, die das historische Gedächtnis einer Kirche, des Dienstes ihrer Bischöfe bewahrt und weitergibt. Das ist sehr wichtig. Die Erinnerung ist ein wesentliches Element in einem lebendigen Organismus. Sie ist nicht nur der Vergangenheit zugewandt, sondern sie speist die Gegenwart und ist Orientierung für die Zukunft. Ohne Erinnerung führt der Weg in die Irre, der Sinn geht verloren.“

Interessant ist, dass Leo XIV. beim Treffen mit den Mitarbeitenden des Staatssekretariats vor wenigen Tagen dessen besondere koordinierende Funktion innerhalb der Kurie hervorhebt. Eine Rolle, die zwar auch in der neuen Kurienkonstitution Praedicate Evangelium benannt wird, doch gegenüber den früheren Kurienkonstitutionen nicht mehr so stark betont wird. Leo bezieht sich nun wieder auf Paul VI. und versucht somit wohl etwas zurechtzurücken, was aus Sicht des Staatssekretariats unter Franziskus verloren ging. Leo konnte es sich dann am Ende des kurzen Treffens am 5. Juni doch nicht verkneifen, Paul VI. auch mit einer kritischen Bemerkung zu zitieren: „Dieser Ort soll nicht von Ehrgeiz und Rivalitäten vergiftet werden.“ Das erinnerte auch an Franziskus‘ Kritik an der Kurie.

Kontinuität mit Franziskus

Mehrfach betone Leo XIV. mittlerweile, dass er beim Thema Synodalität am Kurs seines Vorgängers festhalten will. Beim Treffen mit Vertretern der Ökumene und der anderen Religionen, die an seiner Amtseinführung teilgenommen hatten, stellte der neue Pontifex fest: „Im Bewusstsein, dass Synodalität und Ökumene zudem eng miteinander verbunden sind, möchte ich Ihnen versichern, dass ich beabsichtige, die Bemühungen von Papst Franziskus zur Förderung des synodalen Charakters der katholischen Kirche fortzusetzen und neue und konkrete Formen für eine immer intensivere Synodalität im ökumenischen Bereich zu entwickeln.“ Beim Treffen mit den Bischöfen Italiens erklärte er gestern, Synodalität möge „zur Mentalität im Herzen, in den Entscheidungsprozessen und in der Art des Handelns“ werden. Was er konkret darunter versteht, hat er in den ersten Wochen noch nicht erläutert. Die spannende Frage wird sein, wie er die Trias Primat, Kollegialität und Synodalität in eine gute Balance bringen wird.

Bestimmendes Themen in vielen seiner Reden und Predigten sind die Versöhnung und der Frieden. Dabei hat er alle Ebenen im Blick. In seinem Telefonat mit dem russischen Präsidentin Wladimir Putin fordert er von diesem ein konkretes Zeichen des Friedenswillens, womit er weit über die Position seines Vorgängers hinausging. Der Krieg in der Ukraine, aber auch andere Konflikte sind immer wieder Thema beim Angelus, bei den Generalaudienzen und anderen Anlässen. Beim Treffen mit Vertretern von Volksbewegungen und Friedensinitiativen stellte er Ende Mai fest: „Es gibt zu viel Gewalt in der Welt, es gibt zu viel Gewalt in unseren Gesellschaften. Angesichts der Kriege, des Terrorismus, des Menschenhandels, der weit verbreiteten Aggressivität brauchen Kinder und junge Menschen Erfahrungen, die sie zur Kultur des Lebens, des Dialogs, des gegenseitigen Respekts erziehen.“

Neue Kultur des Dialogs

Aus Sicht von Leo brauche es Zeugen für einen anderen, gewaltlosen Lebensstil. „Daher sind diejenigen Opfer von Unrecht und Gewalt, die der Versuchung zur Rache widerstehen zu wissen, die glaubwürdigsten Protagonisten gewaltloser Prozesse zum Aufbau des Friedens, und dies auf lokaler, alltäglicher Ebene bis hin zur Weltordnung. Gewaltlosigkeit als Methode und Stil muss unsere Entscheidungen, unsere Beziehungen, unser Handeln auszeichnen.“ Entsprechend forderte er am Dienstag von den Bischöfen Italiens, „ich hoffe also, dass jede Diözese Wege der Erziehung zur Gewaltlosigkeit, Initiativen der Vermittlung in lokalen Konflikten, Projekte des Willkommens, die die Angst vor dem anderen in eine Chance der Begegnung verwandeln, fördern kann.“

Jede Gemeinde soll nach der Vorstellung des Papstes zu einem „Haus des Friedens“ werden, „in dem die Menschen lernen, Feindseligkeit durch Dialog zu entschärfen, in dem Gerechtigkeit geübt und Vergebung geschätzt wird. Frieden ist keine spirituelle Utopie: Er ist ein bescheidener Weg, der aus alltäglichen Gesten besteht, die Geduld und Mut, Zuhören und Handeln miteinander verbinden“. Damit stellt sich Leo in die Tradition seines Vorgängers, der immer wieder eine neue Kultur der Begegnung und des Dialogs gefordert hatte. Franziskus hatte dazu an verschiedenen Stellen Projekte initiiert oder gefördert wie das integrative Schulprojekt Scholas occurrentes. Spannend ist es jetzt, welche konkreten Schritte Leo XIV. beim Thema Dialog gehen wird. Das betrifft die Kurie aber auch das Kardinalskollegium, das Bischofskollegium und die Gesamtheit der Gläubigen sowie den säkularen Bereich angesichts der Vielzahl an Konflikten. Wiederholt hat er den Vatikan als Ort der Vermittlung angeboten. Unter dem Missionar Leo könnte der Heilige Stuhl einen neuen Schwung erfahren im Bereich des Dialogs und des Brückenbauens.

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Jürgen Erbacher

Seit August 2024 leite ich die ZDF-Redaktion "Religion und Leben", in der die Redaktion "Kirche und Leben katholisch", deren Leiter ich seit Juli 2018 war, aufgegangen ist. Für das ZDF arbeite ich seit 2005 und berichte über Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

25 Kommentare

  • Novalis
    22.06.2025, 1:06 Uhr.

    Ich habe Franziskus für seine Abweichungen vom Protokoll geliebt: Die Kritik an einer nicht dienenden Kurie, das Fahren zum Optiker, die Aufgabe von Castel Gandolfo undundund. Da war er eben ein authentischer Franziskus. Es war sein Weg. Unser Leo muss und kann ihn gar nicht kopieren. Das ist also „kein“ Bruch, zudem eine Wohnung hier oder dort gar nicht die Substanz ausmacht. Bei der Synodalisierung der Kirche – und das gehört zur Substanz – wird Leo weitermachen. Beim politischen Mitmischen in der Welt noch mehr. Und beim Thema Missbrauch scheint er noch stärker durchgreifen zu wollen. Die Erklärung von Abu Dhabi – ein Graus für die Rechtsreaktionären – hat Leo bestätigt. Ich bin da bislang vom ersten Eindruck sehr zufrieden.

  • Silvia
    22.06.2025, 15:50 Uhr.

    Nach allem, was sich bisher abzeichnet, ist Papst Leo wirklich ein „Mann der Mitte“.

    Sehr vernünftig finde ich, dass er kollegial auf die Kurie zugeht. Franziskus Stil, die Kurie immer wieder öffentlich harsch zu kritisieren, war zumindest unklug. Jeder Chef sollte darum bemüht sein, seinen engsten Mitarbeiterstab loyal hinter sich zu scharen. Kritik sollte deshalb intern bleiben.

    Auch das ständige Amt des Privatsekretärs ist sinnvoll. Wenn Leon wieder im Apostolischen Palast wohnen wird, könnte es einsam um ihn werden ohne einen engen Vertrauten um sich.

    Wie ich im Internet gelesen habe, kam der Wohnsitz von Franziskus in Santa Martha den Vatikan teuer zu stehen, weil Einnahmen von Gästen verloren gingen und mehr Sicherheitspersonal benötigt wurde. Eine teuer erkaufte, zur Schau getragene Bescheidenheit ist unglaubwürdig.

    Die Geschäftsleute und Gastronomen in Castel Gandolfo werden froh sein, wenn der Papst sich wieder eine Weile dort aufhalten wird.

  • Alberto Knox
    23.06.2025, 10:17 Uhr.

    Hat sich eigentlich Benedikt XVI. von Johannes Paul II. abgesetzt, als er ein anderes Pallium trug? Was dagegen hat er von Johannes Paul II. fortgesetzt, als er die roten Schuhe weiterführte? Und worin besteht die theologische Tiefendimension des camauro, den er einmal aufsetzte – so wie Johannes XXIII. vor ihm?
    Ich persönlich halte es für Unfug, HIER einen Bruch mit Franziskus sehen zu wollen. Die hypertrophe Barockstilisierung, der Benedikt huldigte – hätte man die Teile aus Spitze an Benedikts Gewändern schwarz eingefärbt, hätte man erotische Damenunterwäsche vor sich -, ja die ja Franziskus zurecht beendet. Das war ja doch nichts anderes als Karneval. Aber ich sehe nicht, worin die Interpretation der Mozetta bestehen soll.

  • SuNuraxi
    24.06.2025, 13:58 Uhr.

    Sehr geehrte Redaktion!
    Sie müssen das, was jetzt folgt, gar nicht veröffentlichen, wenn Sie nicht wollen, weil es eigentlich sowieso in erster Linie für Sie gedacht ist.
    Bitte glauben Sie nicht, dass diese Webseite keinen interessiert, weil offenbar niemand kommentiert. Ich schaue immer wieder nach, ob es etwas Neues gibt, und ich gehe davon aus, dass ich da bei Weitem nicht alleine bin.
    Es steht halt hier wieder ein absolut ausgewogener und objektiver Artikel, dem nichts hinzuzufügen ist (deshalb wohl auch keine Kommentare). Also bitte schreiben Sie weiter. Nur eine einzige Kritik: Ein bisschen öfter als bisher dürfte es schon sein 🙂

    • Silvia
      26.06.2025, 12:26 Uhr.

      @Sunuraxi, das sehe ich ganz genauso wie Sie. Auch ich schaue hier regelmäßig vorbei und bin enttäuscht, wenn lange kein neuer Artikel erscheint. Auch Ihrem Kommentar zum Inhalt dieses Artikels stimme ich voll zu.

  • Wanda
    24.06.2025, 18:24 Uhr.

    Derzeit gibt es in den seriösen Medien recht interessante Informationen zu den Vorfahren und der Familie des Papstes, die (wie auch anders) sehr bezeichnend die Geschichte der Kolonisation des Amerikanischen Kontinents und dessen Verhältnisse generell widerspiegeln. Das kann sich durchaus zum Vorteil auswirken, zeigt seine Ahnenreihe doch sozusagen die Gesamtbreite unserer menschlichen Gesellschaft…

  • Maria
    25.06.2025, 17:33 Uhr.

    Immer wieder wird ein anderer – positiver – Ton der Kurie gegenüber hervorgehoben.
    Dazu fällt mir ein, dass die letzten Weihnachtsansprachen von P. Franziskus wesentlich wohlwollender waren als die berühmte Ansprache mit den 15 Krankheiten, die immer wieder als Beweis herhalten muss.
    Das könnte um einen daran liegen, dass es P. F. in den 12 Jahren seines Pontifikats geschafft hat, aus der Kurie eine Behörde zu machen, die ihre Aufgabe der Weltkirche gegenüber als Dienst und nicht als Macht versteht. Auch im Vorkonklave seien über die Kurie kaum noch Klagen laut geworden, was 2013 offensichtlich anders war.
    Zum andern kommt Papst Leo selbst aus der Kurie, aus einer herausragenden Position. Er müsste seine (ehemaligen) Kollegen also gut kennen, und er scheint sie auch zu schätzen – vielleicht dank der Arbeit seines Vorgängers.

    • Novalis
      28.06.2025, 12:16 Uhr.

      Das sehe ich ähnlich – ist aber in der Regel nur Insidern und echten Theologen bekannt. Viele haben vergessen, welch reaktionärer Mehltau über Kurie und Kirche lag. An vielem ist Benedikt XVI. ja auch schuld, am Ende aber hatte ich Mitleid mit ihm, weil ihm der Apparat, der mit ihm und für ihn arbeiten sollte, nicht einmal gegen ihn gearbeitet hat, sondern einfach nur ein Eigenleben geführt hat, bei dem der Papst nur gestört hat. Das hat Franziskus kritisiert und geändert.

  • SuNuraxi
    25.06.2025, 18:21 Uhr.

    So, jetzt sind also doch Kommentare da, also werde auch ich meinen Senf bezüglich meiner Eindrücke dazugeben:
    Beim „Habemus Papam“ hat mir der Name Robert(us) Francis(cus) Prevost (oder so ähnlich, Mambertis Aussprache war halt nicht sehr deutlich) gar nichts gesagt. Als dann kam „qui sibi nomen imposuit Leonem XIV.“ habe ich, eine alte Gewerkschafterin, mich schon einmal sehr gefreut, weil mir sofort Leo XIII. eingefallen ist. Als der neue Papst dann auf die Loggia trat, war mein erster Gedanke: Aha, ein Papst, der wieder anständig angezogen ist, wie es sich für einen Papst in dieser Situation gehört. Einer der sich nicht wichtiger als das Amt nimmt, sondern sich im Gegenteil dem Amt unterordnet, indem er die für den konkreten Anlass angemessene „Dienstkleidung“ anzieht. Ein bisschen besorgt war ich trotzdem noch, denn in der Zwischenzeit hat man von den TV-Moderatoren schon gehört, dass es ein US-Amerikaner ist, dem dann womöglich – eben als US-Amerikaner – etwas noch „volkstümlicheres“ zur Begrüßung einfällt als „Buona sera!“ („Hello, everyone!“ oder so irgend etwas). Als dann statt dessen der Friedensgruß kam, war ich beruhigt. Und ich hatte tatsächlich auch den Eindruck, dass er selbst sehr erschüttert darüber war, dass es ausgerechnet ihn getroffen hat, was mich schon ziemlich für ihn einnahm.
    Die Inaugurationsmesse war richtig feierlich und würdig einfach nur schön. Nur hat mir der Papst selbst ein bisschen leid getan, weil er sich anscheinend von dem Schock, den er vor etwas mehr als eine Woche davor erlebt hat, noch immer nicht ganz erholt hatte.
    Sehr beeindruckt hat mich sein Lebenslauf. Er ist wahrscheinlich der erste Papst seit Jahrhunderten (wage ich zu behaupten), der nicht die letzten Jahrzehnte vor seiner Wahl als Kirchenfunktionär hauptsächlich hinter irgend einem Schreibtisch gesessen ist.
    Auf die Gefahr hin, dass ich die Franziskus-Fans jetzt verärgere: Franziskus hat sich ziemlich vordergründig als „Papst der Armen“ inszeniert. Er hat allerdings für meinen Geschmack die Armut zu sehr romantisiert. Leo hingegen sieht in der Armut ein Übel. Ich vermute, dass das mit den unterschiedlichen Lebensläufen zu tun hat. Dem einen wurden, wenn er als Bischof und später als Papst einmal in ärmere Gegend kam, oft ein geschöntes Bild vorgegaukelt, dort hat er dann den Leuten versichert, dass er ihnen nahe ist, hat sie gesegnet und erklärt dass er für sie beten wird. Der andere hat hautnah erlebt, wie es in rückständigen Gebieten und wo der Staat total versagt bei seinen Aufgaben tatsächlich zugeht. Er hat zwar auch getröstet, gesegnet und gebetet (er scheint außergewöhnlich fromm zu sein), hat aber zusätzlich Lebensmittel organisiert und auch selber mit dem Lastwagen hingebracht, als die Leute wegen Corona keine Arbeit (und damit kein Geld) bekamen und deshalb hungerten. Er hat sich, wenn es eine Überschwemmung gegeben hat, Gummistiefel angezogen und hat selbst mit angepackt. Wenn eine Gemeinde mit dem Auto nicht erreichbar war, hat er sich halt auf ein Pferd oder ein Maultier gesetzt und ist auf diese Art hingekommen. Hat es irgend ein caritatives Bauprojekt gegeben, dann ist er nicht nur dort herumgestanden und hat Anweisungen gegeben, sondern hat schon mal auch selbst Zementsäcke geschleppt… Und das alles auch, als er schon Bischof war.
    Ich habe mit Franziskus ja wirklich meine Probleme gehabt, aber dafür, dass er vor zweieinhalb Jahren den Bischof Prevost nach Rom geholt und ihn auch noch rechtzeitig zum Kardinal gemacht hat, bin ich ihm wirklich dankbar.

    • Wanda
      27.06.2025, 18:33 Uhr.

      Aha, ein Papst, der (endlich?) wieder anständig angezogen ist ? Man erlaube mir, diesen ach so weltlich begründeten Kommentar in einen Vergleich zum Religionsgründer zu setzen: oh Vanitas, oh Vanitas ! Der Prediger aus Nazareth brauchte nichts Derartiges und seine Jünger folgten ihm trotzdem oder vielleicht gerade deshalb und sogar unter gewissen Risiken, wie man zu berichten weiß. Pomp, Protz, Weihrauch und Show: nichts aber wirklich auch gar nichts davon war bei ihm zu finden. Da hat sich seit der Urgemeinde Beträchtliches angekrustet. Das darf ich als ehemaliger Katholik, nun „neutral“ kritisieren.

      • SuNuraxi
        29.06.2025, 16:41 Uhr.

        Jetzt erklären Sie mir noch bitte, was so ein kurzes, rotes Umhangerl und ein vielleicht 15 cm breiter Stoffstreifen um den Hals gehängt mit „Pomp und Protz“ zu tun haben soll.
        Wenn Sie zu Ihrem Chef gehen, tun Sie das mit abgerissenen Jeans und – ich sage das jetzt absichtlich – Jesuslatschen? Wenn Sie zu jemandem, den Sie schätzen, zu Besuch gehen, ziehen Sie sich dafür ein ärmliches Gewand an?
        Zu Ihrer Information: Feierliches Gewand bei Gottesdiensten dient nicht dazu, den Zelebranten zu verherrlichen und besonders herauszustellen, sondern es dient der höheren Ehre Gottes. Sogar dem Franz von Assisi konnte für Gott nichts prunkvoll genug sein.
        Und weil Sie wieder einmal erhobenen Zeigefingers biblisch daherkommen: Jesus hat sich in aller Ruhe von einer Prostituierten die Füße salben lassen. Mit teurem Öl, also ziemlich „protzig“) und hat das nicht kritisiert, sondern als Zeichen der Liebe bewertet.(Lk 7,36 ff)
        Ein anderes Beispiel (Joh 12,3 ff): Jesus ist bei Freunden zu Gast. Eine der Gastgeberinnen (Marta) salbt ihm die Füße. Jesus lässt sich das ebenfalls gefallen und weist einen der Zwölf zurecht, weil der meint, man sollte das Zeug doch lieber verkaufen und das Geld den Armen geben. Ahäm, wer war der noch gleich, der sich so über diesen „Pomp und Protz“ aufgeregt hat?
        Also, @Wanda, bitte lassen Sie die Katholiken und die Orthodoxen und die Altorientalen doch Gott die Ehre erweisen, soviel und mit welchen Mitteln sie wollen. Auch wenn Ihnen Gott nichts bedeutet und Sie deshalb nicht verstehen können, wie es für jemanden ist, dem Gott sehr viel bedeutet, dann versuchen Sie doch wenigstens, sich nicht als engstirniger Fanatiker zu gerieren, sondern ein wenig tolerant zu sein.

        • Novalis
          30.06.2025, 10:01 Uhr.

          „bitte lassen Sie die Katholiken und die Orthodoxen und die Altorientalen doch Gott die Ehre erweisen, soviel und mit welchen Mitteln sie wollen.“

          Maß darf schon sein, aber die Richtung stimmt schon – vor allem wenn mit kirchlicher Kunst Leute zu Lohn und Brot gebracht werden. So ist die Armut in katholischen Ländern deutscher Zunge erst NACH der Säkularisation 1803 ausgebrochen: Die Klöster wurden aufgelöst, ihr Besitz verstaatlicht (und für Rüstung ausgegeben), die Leute vor Ort hatten kein Einkommen mehr, weil die Klöster, die ja die Arbeit in Auftrag gaben, nicht mehr da wahr. In DIESEM Sinne dürfte ruhig mehr Barock sein. In Anbetracht der katholischen Aufklärung war die Zeit zwischen 1750 und 1789 in der Germania sacra nicht die schlechteste Zeit des deutschen Katholizismus.

    • Silvia
      27.06.2025, 18:56 Uhr.

      @Sunuraxi, Sie schreiben, Papst Franziskus habe die Armut zu sehr romantisiert. Das ist sehr wohlwollend ausgedrückt. Ich als ehemalige Sozialarbeiterin habe da oft mit den Zähnen geknirscht und gedacht, der Papst ist erst zufrieden, wenn wir alle in Wellblechhütten hausen.

      An der Armut ist rein gar nichts gut. Es gilt, sie zu bekämpfen.

      Und dann der Spruch „Diese Wirtschaft tötet“. Welche Wirtschaft genau hat er wohl gemeint? Wirtschaft muss Profit machen sondern versinken wir alle in Armut. Armut tötet, nicht die freie, soziale Marktwirtschaft die z.B. bei uns praktiziert wird.

      Und was die Kleidung des neuen Papstes angeht, so möchte ich in Anlehnung an einen Spruch der hl Teresa von Avila sagen: Wenn Gummistiefel, dann Gummistiefel. Wenn Mozetta, dann Mozetta.
      Also immer dem Anlass entsprechend.

      • Silvia
        27.06.2025, 18:58 Uhr.

        soll heißen: SONST versinken wir alle in Armut.

  • Wanda
    26.06.2025, 0:41 Uhr.

    Der BR berichtet heute unter der Überschrift „Heilig und keusch“ Papst Leo XIV. habe sich zum Pflichtzölibat in (für mich) kaum faßbarer Weise geäußert. Wenn das stimmt, wird das der röm.-kath. Kirche nicht nur wegen der Mißbrauchsproblematik auf die Füße fallen. Vielleicht kann die Redaktion das richtig stellen ?

    • Silvia
      27.06.2025, 19:01 Uhr.

      @Wanda, ich habe gelesen, dass mit Hilfe von KI oft gefälschte Ansprachen und Äußerungen des Papstes veröffentlicht werden inclusive gefälschter Accounts in sozialen Netzwerken.

      • Wanda
        28.06.2025, 18:03 Uhr.

        Wäre auch in diesem Fall zu hoffen, aber der BR hat eine Gruppe in der Redaktion, die sich um das Thema Fake-News sehr intensiv kümmert. Leider wird diese Meldung inzwischen auch von katholischen Medien bestätigt. Vielleicht hat der von mir oft kritisierte Franziskus mit seiner insgesamt doch offeneren Haltung bei Vielen auch nur übertriebene Erwartungen in seine Nachfolger projiziert ?

        • Silvia
          30.06.2025, 11:13 Uhr.

          @Wanda, der Pflichtzölibat, so wie er bei uns praktiziert wird, ist offensichtlich das Alleinstellungsmerkmal der röm.kath. Kirche. Vielleicht wird er deshalb so vehement verteidigt.

          In einigen mit uns unierten Ostkirchen dürfen angehende Priester vor der Diakonenweihe (oder vor der Priesterweihe, so genau weiß ich es nicht) heiraten, danach nicht mehr. Bischöfe allerdings müssen unverheiratet sein.

          Ständige Diakone bei uns dürfen verheiratet sein, nach der Weihe ist eine Heirat allerdings ausgeschlossen, auch für Witwer. Ausnahmegenehmigungen soll es wohl geben, wenn ein verwitweter, ständiger Diakon kleine Kinder hat.

          Alles sehr bürokratisch und schwer nachvollziehbar.

          Ich rechne nicht damit mit meinen inzwischen 74 Jahren noch irgendeine Lockerung beim Zölibat zu erleben.

    • Novalis
      28.06.2025, 12:19 Uhr.

      Hinsichtlich der Aussage „Papst Leo XIV. habe sich zum Pflichtzölibat in (für mich) kaum faßbarer Weise geäußert“ kann man nur Mt 19,12 zitieren: „Manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht und manche haben sich selbst dazu gemacht – um des Himmelreiches willen. Wer das erfassen kann, der erfasse es.“ Manche erfassen es eben nicht.

      • Silvia
        29.06.2025, 10:47 Uhr.

        @Novalis, es ist schon amüsant, wenn ausgerechnet Sie den Zölibat verteidigen. Schließlich haben Sie als katholischer Theologe hier im Blog im Laufe der Jahre mehr als einmal betont, dass Sie Ihre sexuelle Orientierung voll ausleben.

        • Novalis
          30.06.2025, 9:53 Uhr.

          Leseverständnis? Es geht um eine Aussage von @wanda, der etwas nicht erfasst, von dem Jesus (!) im Matthäusevangelium sagt, der solle es erfassen, der es kann. Sonst ist doch @wanda nie um eine vermeintlich passende Aussage Jesu nicht verlegen. Wo bitte steht in Mt 19,12 etwas vom Zwangszölibat für katholische Geistliche? Es steht dort nur etwas vom Erfassenkönnen des ehelosen Lebens an sich – und @wanda kanns offenbar nicht fassen 🙂
          Im übrigen war ich nie dagegen, dass die, die das Zölibat leben KÖNNEN, es auch leben. In Anbetracht der Realität dürften die wenigsten Priester, die den Zölibat versprochen haben ohne genitale Sexualität auskommen, sei es durch Geschlechtsverkehr (mit Frauen oder Männern), sei es durch Masturbation.
          Ja, klar habe ich Sex – manche Probleme sind nach dem Sex auch wie hinweggeblasen, dass kann ich nur empfehlen.

  • Wanda
    28.06.2025, 18:38 Uhr.

    Also war „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde…“ etc. (1. Mose 28) nur eine göttliche Empfehlung ? Aber da kommt doch noch was von ganz Oben:“…Es ist nicht gut, daß der „Mensch“ allein sei. Ich will ihm eine Gefährtin machen, die um ihn sei…“ (1.Mose2,18). Diese Worte kommen angeblich vom Vater, nicht vom Sohn, oder ? Stellt sich also die Frage: sind katholische Geistliche keine Menschen ? Schlußfolgerung: das Buch der Weisheit liefert oder bietet für jedes Argument gleich auch das Gegenargument. Nicht sehr clever, wenn man daraus nur selektiv zitiert.

    • Novalis
      30.06.2025, 9:56 Uhr.

      Man könnte jetzt exegetisch sagen, dass „Mensch“ eine Gattungsbezeichnung in Gen 1 ist; aber so genau will ich einem Nichtfachmann jetzt mal nicht gegenüber sein; ich könnte auch sagen, dass „die um ihn sei“ falsch übersetzt ist („die an ihm klebt“ ist wörtlicher und sexuell eindeutig). Das Buch der Weisheit ist ein Einzelbuch der Bibel, die sie wohl eher gemeint haben. Ich habe sie mehrfach ganz gelesen und selegiere sicher nicht. „Wer das erfassen kann, der erfasse es.“ Manche erfassen es eben nicht.

    • SuNuraxi
      30.06.2025, 14:02 Uhr.

      Und wieder kommen Sie mit der Bibel daher. Es heißt: Gott segnete sie und Gott sprach: „Seid fruchtbar und …“ Das war kein Befehl, nicht einmal eine Empfehlung, sondern ein Segen, so ungefähr in der Bedeutung von „Ich wünsche euch viele Kinder.“ (Fragen Sie einen jüdischen Theologen, die Juden kennen sich besser mit dem Alten Testament aus als die Christen oder als @Wanda. Auch ich bin von einem Juden mit der Nase darauf gestoßen worden.) Kinder haben war in der Zeit, als diese Schrift entstand, tatsächlich ein Segen und sogar eine Notwendigkeit. Sowas wie staatliche Altersversorgung gab es damals nämlich noch nicht. Je mehr Kinder man hatte, umso besser ging es einem im Alter.
      Viele Kinder haben, galt noch bis in die jüngere Vergangenheit als etwas Gutes. Ich erinnere mich, dass damals, als ich ein Kind war, zu Ehren eines Geburtstagskindes oder wenn man sonst jemanden feiern wollte, „Hoch soll er/sie leben, hoch soll er/sie leben, dreimal hoch!“ gesungen wurde (anstatt, wie heute „Happy Birthday“ oder „For he’s a jolly good fellow“). Eine der Strophen lautete tatsächlich „Kinder soll er/sie kriegen, Kinder…, dreimal Kinder!“.
      (Ein bisschen off topic, aber, wenn mir diese Bemerkung trotzdem erlaubt ist: In vielen Gegenden auf der Erde (v.a. in Afrika) klappt es mit der staatlichen Versorgung von Alten und Kranken auch heute noch nicht. Diese Leute sind zum Überleben auf ihre Kinder angewiesen. Und wir sattgefressenen Angehörigen der „westlichen Kultur“ erdreisten uns, den Menschen in der dritten Welt vorzuschreiben, weniger oder womöglich gar keine Kinder zu bekommen. Wollen wir die Afrikaner ausrotten oder was?)
      Zusammenfassend: Es war kein göttlicher Befehl, nicht einmal eine göttliche Empfehlung, sondern ein Segen. Kinder zu haben gilt in der Bibel als grundsätzlich gut, in manchen Situationen sogar als Notwendigkeit. Aber man muss keine haben; wenn man ohne Kinder auskommt, aus welchen Gründen auch immer, ist es auch OK.

  • Silvia
    30.06.2025, 12:17 Uhr.

    Ich habe gerade das Video „León de Perú“ gesehen und bin sehr beeindruckt. Diesmal hat der Heilige Geist im Konklave einen Volltreffer gelandet scheint mir.

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