Habemus Papam: Leo XIV.
Frieden, Dialog und die Idee einer missionarischen Kirche waren die zentralen Botschaften von Robert Francis Prevost, jetzt Leo XIV. Für manche ist er eine Überraschung, andere hatten ihn schon lange Zeit als Papabile gesehen – als Kompromisskandidat. Bei vermuteten vier Wahlgängen kann er allerdings kaum ein Kompromisskandidat gewesen sein, sondern es muss sehr schnell auf ihn zugelaufen sein. Der Jubel der rund 150.000 Menschen auf dem Petersplatz war groß, als Leo XIV. gegen 19.30 Uhr auf die Mittelloggia des Petersdoms trat. Um 18.08 Uhr war weißer Rauch aufgestiegen. Bei seinem ersten Auftritt zeigte er Kontinuität zu Franziskus, aber auch einen Bruch. Mit 69 Jahren ist Leo XIV. im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern ein junger Papst, der nun die Geschicke der katholischen Kirche für viele Jahre leiten wird.
Kontinuität und eigener Akzent
Die ersten Auftritte von Päpsten sind programmatisch, nicht nur der Name. Leo XIV. wählte wieder die purpurne Mozzetta. Und setzte sich damit klar von seinem Vorgänger ab, der 2013 ganz in Weiß auf die Loggia getreten ist. Inhaltlich allerdings knüpfte der neue Pontifex an vielen Stellen an seinen Vorgänger an. Zehn Mal sprach er in der kurzen Ansprache vom Frieden, hob die Bedeutung des Dialogs hervor. Seine ersten Worte: „Der Friede sei mit Euch!“ – einerseits eine klassische liturgische Begrüßung, andererseits brandaktuell in diesen krisen- und kriegsgeplagten Zeiten. Der Friede des auferstandenen Christus sei ein Frieden ohne Waffen und ein entwaffnender Frieden, demütig und beharrlich.
Er erinnerte an Papst Franziskus und dessen letzten Auftritt an Ostern und sprach den Menschen Mut zu. Gott liebe jeden Menschen, bedingungslos. „Gott liebt euch alle, das Böse wird nicht siegen!“ Die Welt bedürfe des Lichts Christi. „Die Menschheit braucht ihn als Brücke zu Gott und seiner Liebe“, erklärte der neue Pontifex. Christus möge helfen, „Brücken zu bauen, im Dialog, in der Begegnung, damit wir alle ein Volk werden, das immer in Frieden lebt“. Er wolle gemeinsam mit den Gläubigen auf dem Weg sein, „als geeinte Kirche, die immer nach Frieden und Gerechtigkeit strebt, die immer danach strebt, als Männer und Frauen, die Jesus Christus treu sind, ohne Furcht zu arbeiten, um das Evangelium zu verkünden und zu missionieren“.
Synodale Kirche
Leo, ein Augustiner, erinnerte an die Worte des heiligen Augustinus „Mit Euch bin ich Christ, für Euch bin ich Bischof“. Wie Franziskus sprach er dann vom gemeinsamen Weg in Richtung der Heimat, die Gott bereitet habe. „Wir wollen eine synodale Kirche sein, eine Kirche, die sich bewegt, eine Kirche, die immer den Frieden sucht, die immer die Nächstenliebe sucht, die immer die Nähe vor allem zu den Leidenden sucht.“ Diese Worte werden viele sehr aufmerksam gehört haben zur synodalen Kirche. Im ZDF erklärte am Abend der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, dass aus seiner Sicht der neue Papst Verständnis für die Situation in Deutschland mitbringe.
Bereits morgen wird Leo XVI. einen ersten Gottesdienst mit den Kardinälen in der Sixtinischen Kapelle feiern. Für Montag ist eine Begegnung mit den Medienvertretern geplant, die sehr zahlreich zur Berichterstattung über den Tod von Papst Franziskus und die Wahl seines Nachfolgers nach Rom gekommen sind. Der Termin des Gottesdienstes zum Beginn des Pontifikats steht noch nicht fest. Für Sonntag ist das traditionelle Mittagsgebet angekündigt. Ob Leo XIV. bereits Ende Mai zum Jubiläum des Konzils von Nizäa in die Türkei reisen wird, ist offen. Franziskus hatte diese Reise noch geplant, offiziell bestätigt war sie allerdings nie. Es wäre ein starkes ökumenisches Zeichen, wenn es Leos erste Reise wäre.
17 Kommentare
Ich bin sehr angetan. Und optimistisch. Mich hat sein Bezug auf den heiligen Augustinus sehr für ihn eingenommen.
Er bringt eine Menge verschiedenster Erfahrungen mit, auch in der Kurie. Das wird ihm und uns zugute kommen. Ich bin gespannt.
Was mir auch Hoffnung gibt, ist, dass er Kirchenrecht studiert hat. Von daher wird er, falls er Reformen vornimmt, diese bestimmt kirchenrechtlich absichern, was bei Franziskus manchmal in der Luft hing.
Auch hoffe ich, dass er nicht so spontan und oft vieldeutig daher reden wird wie Franziskus sondern erst nachdenkt, bevor er sich öffentlich äußert.
Damit wäre sehr viel gewonnen. Ansonsten wünsche ich ihm eine glückliche Hand für sein Pontifikat und Gottes reichen Segen.
@Novalis
Ehrlich gesagt hält sich meine Begeisterung noch etwas in Grenzen. Wir werden sehen, ob den Worten auch Taten folgen. Wie haben Sie so treffend (zwar in einem anderen Zusammenhang) einen meiner Lieblingssprüche gebraucht: „Reden ist Schweigen. Silber ist Gold“. Doch dem „Löwen“ sollte auf jedem Fall die in üblicherweise in politischen Kreisen übliche 100-Tage-Schonfrist eingeräumt werden
Allerding denke ich aber auch an die Papstwahl von 1978 als JP II in seiner ersten (damals vom Staatssekretariat redigierten) Ansprach ein Bekenntnis zur Kollegialität ablegte. Davon war schon wenige Monate später keine Rede mehr, als er bei der Lateinamerikanischen Bischofsversammlung deutlich machte, dass Papst und Kurie das letzte Wort haben. Unter dem neuen Papst bleibt abzuwarten, ob an den unter Franziskus eröffneten Baustellen erfolgreich weitergearbeitet wird oder sie letztendlich zugeschüttet werden.
Heute wurde bereits eine Mitteilung veröffentlicht, dass Leo XIV. die bisherigen Vorsteher der Einrichtungen der Kurie „donec aliter provideatur“(also bis nicht anders entschieden wird) vorläufig provisorisch bestätigte. Ich bin gespannt, wer letzten Endes im Kreis der Mitarbeiter verbleiben wird.
Es tut mir leid, dass ich den Enthusiasmus über das Wahlergebnis (noch) nicht zu teilen vermag, vorläufig gehöre ich zu den kritisch Abwartenden, lasse mich aber gerne von positiven Entwicklungen überraschen
Kann Ihnen nur beipflichten: vorauseilendes Lob nutzt niemandem. Eine abwartende Grundhaltung ist auch bei Päpsten angebracht. Es handelt sich immerhin um Personen mit (wie die Historie oft zeigte) absolut menschlicher Natur.
@Wanda, wenn ich daran denke, welch hohe Erwartung ich u.a. Mitblogger hier anfangs an Franziskus hatten aufgrund seines Auftretens, bin ich gewarnt, diesen Fehler zu wiederholen.
Übrigens hat mich auch unser damaliger Pfarrer davor gewarnt, sich zu viel von Franziskus oder überhaupt einem Papst zu erwarten. Die Ernüchterung kommt meistens früher oder später.
Wenn man sich nicht zu viel erwartet, kann man bestenfalls positiv überrascht werden.
@Silvia
Das war und ist bis heute der grundsätzliche Fehler vieler Beobachter. Für mich wird Franziskus immer der Papst bleiben, der im Geist Johannes XXIII wirkte und das Anliegen hatte Vaticanum II nach fünf Jahrzehnten tatsächlich umfassend zu verwirklichen.
Dass es dabei Probleme geben musste ist klar, wenn man bedenkt, dass unter seinen beiden Vorgängern in dieser Hinsicht fast nichts geschah. Dafür gab es starke Tendenzen, die Zeit definitiv zurückzudrehen, sodass er in vieler Hinsicht bei der sprichwörtlichen „Stunde Null“ anfangen musste.
Das andere Problem lag und liegt allerdings bei all denen, die von allem Anfang zum Teil vollkommen überzogene Forderungen an sein Wirken richteten. Es ist schlicht und einfach falsch und ungerecht, wenn man ihm die Schuld für unerfüllte „Träume“ zuschiebt.
Das sehe ich genauso.
Also ich bin mit Franz absolut zufrieden. Die geschiedenen Wiederverheirateten haben die Kommunion bekommen, das Verbot der Todesstrafe ist nun offizielle Lehre, rechte Altmessfanatiker sind in Schranken gewiesen, Theolog*innen wurden nicht mehr kirchlich strafverfolgt, nur weil sie das Kondom- oder Diskussionsverbot für das Amt der Frau für das gehalten haben, was es ist, […]*, und Homosexuelle werden gesegnet. Völlig undenkbar das alles und B16. Ganz flott abgeräumt unter Franz. Und wie versprochen hat er die Kurie reformiert, die Kardinäle wurden internationaler, die Kirche synodaler. Und überhaupt hat er das 2. Vatikanum ernstgenommen. Im Gegensatz zu Vertuschern wie JP2 oder B16 hat er sexuellen Missbrauch in seiner ganzen Ungeheuerlichkeit erkannt. Das ist mehr als zu erwarten war. Ich hatte auf einen Paul VII. gehofft – und viel mehr bekommen.
*Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.
Ich bin angenehm überrascht – endlich wieder einmal eine Stimme, die ein rundum positives Urteil abgibt und es vermeidet Franziskus je nach persönlicher Haltung entweder als einen „Papst der verpassten Gelegenheiten“ oder mutwilligen Zerstörer ehrwürdiger Traditionen interpretiert.
Absolut, warum sollte ich denn das anders sehen, als es in Wirklichkeit war? Ich habe mir nicht mehr erhofft und habe, das, was ich mir wünschte übererfüllt bekommen. Und das von einem durch und durch spirituellen und gebildeten Papst!
@Novalis, leider wurde die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene in einer Fußnote versteckt und nicht kirchenrechtlich abgesichert, was ich sehr bedauere.
Es ist für die offizielle Lehre der Kirche wurscht, ob das in einer Fußnote oder im Fließtext steht und da auch eine Fußnote in einem offiziellen Text offizielle Lehre ist, das auch sofort kirchenrechtlich abgesichert. Wenn man ein bisschen Theologie und Kirchenrecht studiert hat, weiß man nicht nur dieses Faktum, sondern auch dass Rom noch nie Erneuerungen anders angegangen ist. Bei der Muttersprache als Liturgiesprache hat Rom etwa nicht die Muttersprache erlaubt, sondern den Bischofskonferenzen die Erlaubnis gegeben, einen etwas weiteren Raum für die Muttersprache zu erlauben.
Mir gefällt, dass er in Peru gelebt hat.
Die von ihnen angesprochene Möglichkeit, dass der Papst an der gemeinsamen Jubiläumsfeier in Nikaia (Nizäa) teilnehmen könnte,steht wohl nicht auf seiner Agenda. Entsprechend dem heute veröffentlichten Terminplan für Mai 2025 scheint er diesem Ereignis, das für die gesamte Christenheit von Bedeutung sein sollte, offensichtlich andere Verpflichtungen vorzuziehen.
Damit befindet er sich guter Gesellschaft mit seinem Vorgänger Silvester I, der vor 1700 Jahren auch nicht am Konzil persönlich teilnahm, sondern lediglich Legaten im Priesterrang nach Nikaia entsandte. Angesichts der Tatsache, dass Papst Franziskus ein ausgezeichnetes Verhältnis mit uns Orthodoxen pflegte und außerdem in besonderer Weise mit Patriarch Bartholomaios verbunden war, wäre die gemeinsame Anwesenheit der beiden Ersthierarchen doch wünschenswert gewesen.
Der ursprünglich geplante Termin für die Papstreise nach Nizäa Ende Mai lässt sich aufgrund der erst jüngst erfolgten Wahl nicht halten; doch im Vatikan wird intensiv daran gearbeitet, dass die Reise nachgeholt wird. Es könnte gut sein, dass Leo XIV. zu den Feierlichkeiten fährt, die zum Ende des Konzilsgedenkens im Juni bzw. Juli geplant sind.
Wie heißt es so schön: Schau mer mal, dann seh´n mir scho…;)
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