Zurück zu den Quellen
Papst Franziskus hat am Nachmittag die Nekropole unter Sankt Peter besucht und an der Stelle gebetet, an der der Apostel Petrus begraben worden sein soll. Im Anschluss an den Besuch der Ausgrabungen betete er in den vatikanischen Grotten an den Gräbern der Päpste des vergangenen Jahrhunderts: Benedikt XV., Pius XI., Pius XII., Paul VI. und Johannes Paul I. Die beiden übrigen Päpste des 20. Jahrhunderts, die seligen Johannes XXIII. und Johannes Paul II., sind ja im Petersdom in Altären beigesetzt. 45 Minuten dauerte sein Besuch in den Tiefen des Petersdoms.
Als Bischof von Rom ist Franziskus Nachfolger des Apostels Petrus, der 265. offiziell. Die spannende Frage in diesen Tagen ist, wie er sein Amt in dieser Nachfolge versteht und ausüben wird. Es deutet sich ja an, dass er wohl ein Papst eines etwas anderen Typs sein wird als seine Vorgänger. Sollte er weiter so stark den Aspekt des „Bischofs von Rom“ betonen, wird dies große Auswirkungen sowohl auf die innerkatholische „Ökumene“ als auch auf den Dialog mit den anderen christlichen Kirchen haben. Schon sieht der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., Chancen für eine Kircheneinheit mit Rom. Es dürfte noch etwas früh sein dafür; doch spannend ist, ob Franziskus auf den Vorschlag von Bartholomäus eingeht, dass sich beide im nächsten Jahr in Jerusalem treffen sollen. 2014 jährt sich zum 50. Mal die historische Begegnung von Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras im Jahr 1964 in Jerusalem, die schließlich zur Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikation aus dem Jahr 1054 führte. Welches historische Zeichen könnten Franziskus und Bartholomäus setzen, wenn sie sich nächstes Jahr in der Heiligen Stadt begegnen sollten?
Geht die katholische Kirche mit Franziskus zurück zu den Quellen, den Ursprüngen? Der „Vorsitz in der Liebe“, den Rom innehat und von dem Franziskus bei seinem ersten Auftritt am 13. März auf der Loggia des Petersdoms sprach, ist ein Zitat von Ignatius von Antiochien aus dem 2. Jahrhundert. Damals war die Vormachtstellung Roms gegenüber den anderen Patriarchaten, und heute müsste man wohl auch hinzufügen Ortskirchen, längst nicht so ausgeprägt wie gegenwärtig. Ein solches Kirchenmodell würde die aktuelle Verfasstheit der katholischen Kirche vielleicht nicht komplett auf den Kopf stellen, aber doch grundlegend verändern. Es würde allerdings auch bedeuten, dass auf die unteren Ebenen mehr Verantwortung zukäme: die Ortsbischöfe, die Kirchenprovinzen und die seit dem II. Vatikanischen Konzil fest in der Kirchenverfassung verankerten Bischofskonferenzen. Mehr Kollegialität, wie sie nicht nur in der Sedisvakanz von vielen Kardinälen gewünscht wurde, sondern schon seit Jahren auf dem Forderungskatalog von Reformern – Bischöfe, Kleriker und Laien – steht, bezieht sich ja nicht nur auf das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium. Wenn Kollegialität als Grundprinzip ernst genommen wird, müsste es auf allen Ebenen praktiziert werden. Ob das gelingt? Da sind Zweifel sicher angebracht. Denn die Zahl der Bischöfe ist nicht gering, die gerne nur sich selbst und dann den Papst sehen, die Instanzen dazwischen aber gerne übergehen. Auch diese Haltung hat den Zentralismus der vergangenen Jahre begünstigt. Unter Papst Franziskus könnte damit jetzt Schluss sein.
P.S. Heute Mittag gab es übrigens eines der „franziskanischen“ kurzen Mittagsgebete auf dem Petersplatz. Der Papst ist dafür eigens ins offizielle Arbeitszimmer im dritten Stock des Apostolischen Palasts gegangen, um die Menge auf dem Petersplatz zu grüßen und, wie das in der Osterzeit üblich ist, das Regina Caeli zu beten. Seine Ansprache, wie immer nur auf Italienisch. Das Ganze dauerte rund zehn Minuten. Franziskus liebt es kurz, aber herzlich und würdig. Das kann man nach den Liturgien in den Kar- und Ostertagen vielleicht als ein Resümee mit Blick auf die äußere Form ziehen. Über Inhalt wurde hier ja schon viel gesagt und wird es auch in den nächsten Wochen noch viel zu sagen geben.