Zwischen Eurokrise und Reiseplänen

Papst Franziskus hat heute den ersten europäischen Regierungschef in Audienz empfangen. Der Spanier Mariano Rajoy war zu Gast im Vatikan. Etwas ungewöhnlich war bei der Begegnung das anschließende Kommuniqué des vatikanischen Presseamts. Das enthielt nämlich nicht nur die sonst üblichen sehr allgemein gehaltenen Sätze über die guten Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land des Gastgebers, sondern es ging konkret auf die Situation Spaniens ein. Franziskus zeigte sich besorgt angesichts der durch die Euro- und Wirtschaftskrise bedingten hohen Arbeitslosigkeit, die viele Familien und vor allem auch junge Menschen treffe.

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy überreicht dem Fußballfan Franziskus ein Trikot der spanischen Nationalmannschaft. (ap)

Die „Arbeit“ gehört zu den Lieblingsthemen den neuen Pontifex. In seiner Heimat in Argentinien hatte er die hohe Arbeitslosigkeit stets scharf angeprangert. Immer wieder betonte Bergoglio, dass die Arbeit dem Menschen letztendlich seine Würde gebe, nicht die Herkunft und auch nicht die Familie. Entsprechend müsse die Politik alles dafür tun, den Menschen Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Staatliche Unterstützung bei Arbeitslosigkeit sei gut und notwendig, wichtiger sei es aber, Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Es ist also durchaus zu erwarten, dass dieses Thema künftig ganz oben auf der politischen Agenda des Papstes stehen wird.

Die Arbeitslosigkeit war nicht das einzige Thema, das im Gespräch zwischen Rajoy und Papst Franziskus besprochen wurde. Es ging auch um Ehe und Familie, religiöse Erziehung sowie internationale Fragen und Lateinamerika. In der Vergangenheit hatte es in Spanien mehrfach heftige Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Politik beim Thema gleichgeschlechtliche Partnerschaften gegeben.

Lateinamerika wird auch das erste Reiseziel von Papst Franziskus sein und zwar Ende Juli bei seiner Reise zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro in Brasilien. Das erklärte heute Vatikansprecher Federico Lombardi. Er setzte damit Spekulationen ein Ende, Papst Franziskus könnte Anfang Juni zum Nationalen Eucharistischen Kongress nach Köln kommen. Der dortige Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, hatte am Samstagabend in einem Dankgottesdienst zur Wahl von Papst Franziskus erklärt, er habe ihn eingeladen und bisher noch keine Absage erhalten. Nach den Worten Lombardis von heute dürfte an dieser Stelle Klarheit herrschen.

Geöffnet hat sich dem Anschein nach die Tür für eine Reise des Papstes ins Heilige Land im nächsten Jahr. Heute war der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, in Audienz bei Papst Franziskus. Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., hatte bei seinem Besuch im Vatikan aus Anlass der Amtseinführung Mitte März Franziskus für 2014 eine gemeinsame Pilgerfahrt ins Heilige Land vorgeschlagen. Damit solle an die historische Begegnung zwischen Papst Paul VI. und dem ökumenischen Patriarchen Athenagoras in Jerusalem vor dann genau 50 Jahren erinnert werden. Die Begegnung am 5./6. Januar 1964 brachte den Durchbruch in den Beziehungen zwischen katholischer Kirche und Orthodoxie und machte den Weg frei für die Aufhebung der gegenseitigen Exkommunizierung aus dem Jahr 1054. Im Vatikan will man eine Papstreise ins Heilige Land im nächsten Frühjahr derzeit nicht ausschließen. Offen ist ebenfalls noch, ob Franziskus in der zweiten Jahreshälfte 2013 noch seine argentinische Heimat besucht. Es wurde bereits über einen Termin Anfang Dezember spekuliert. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür aber noch nicht.

P.S. Beim ersten Gottesdienst als Papst in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern unterstrich Franziskus gestern Abend noch einmal die Bedeutung der Glaubensverkündigung durch das Zeugnis und stellte fest: „Die Inkohärenz der Gläubigen und der Hirten zwischen dem, was sie sagen, und dem, was sie tun, zwischen dem Wort und der Lebensweise untergräbt die Glaubwürdigkeit der Kirche.“ Das erinnert sehr an Benedikt XVI., der bei seinem Besuch in Freiburg im September 2011 erklärte: „Der Schaden der Kirche kommt nicht von ihren Gegnern, sondern von den lauen Christen.“

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.