Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog

Interessantes und Hintergründiges aus dem Vatikan

Wer hat’s erfunden?

Eine kurze Randbemerkung zur aktuellen Diskussion um den „Veggie Day“, den die Grünen vorgeschlagen haben. Schon ‚mal etwas vom Freitagsgebot gehört? Das Christentum kennt nicht erst seit diesem Wahlkampf einen „Veggie Day“: den Freitag. Okay – genau genommen geht es da natürlich um etwas anderes. Dass die Christen eigentlich am Freitag auf Fleisch verzichten, hängt mit dem frühchristlichen Fastengebot für diesen Tag zusammen im Gedenken an den Todestag, das Leiden Jesu.

Erstmals wird um das Jahr 150 n.Chr. in einer Kirchenordnung, der Didache, von einem wöchentlichen Fasten gesprochen. Damals sind es sogar noch zwei Tage in der Woche: der vierte und der Rüsttag (=Freitag) – im Gegensatz zu den „Heuchlern“, die demnach am zweiten und fünften Tag fasteten. Im katholischen Kirchenrecht gibt es bis heute den Canon 1251: „ Abstinenz von Fleischspeisen oder von einer anderen Speise entsprechend den Vorschriften der Bischofskonferenz ist zu halten an allen Freitagen des Jahres.“ Die Deutsche Bischofskonferenz schreibt 1996 in einer „Partikularnorm“ zum zitierten Canon des Kirchenrechts: „Alle Freitage des Jahres sind im Gedenken an das Leiden und Sterben des Herrn kirchliche Bußtage, an denen der Christ zu einem Freitagsopfer verpflichtet ist; ausgenommen sind die Freitage, auf die ein Hochfest fällt. Das Freitagsopfer kann verschiedene Formen annehmen: Verzicht auf Fleischspeisen, der nach wie vor sinnvoll und angemessen ist, spürbare Einschränkung im Konsum, besonders bei Genussmitteln, Dienste und Hilfeleistungen für den Nächsten. Das durch das Freitagsopfer Ersparte sollte mit Menschen in Not geteilt werden. Auch eine andere spürbare Einschränkung im Konsumverhalten ist denkbar.“

Hier ist übrigens noch ein wichtiger Aspekt des Fastens genannt. Neben der religiösen Dimension hat es immer auch eine soziale Komponente. Man fastete früher am Freitag, damit auch die Armen am Sonntag ein ordentliches Mahl hatten. Dieses Moment ist heute fast völlig in Vergessenheit geraten, wenn es ums Fasten geht.

Also: Fleischlos am Freitag passt gut zum Freitagsgebot, ist gesund und sozial. Braucht es da noch einen „Veggie Day“ am Donnerstag?

Papst schreibt an Muslime

Es passt ein wenig in den aktuellen Regierungsstil von Papst Franziskus. Der Pontifex nimmt die meisten Sachen lieber selbst in die Hand. Er nutzt zwar den Apparat für Zuarbeiten, doch das Ganze scheint derzeit sehr hierarchisch auf den Papst zugeschnitten. So verwundert es zunächst nicht, dass auch die Botschaft des Vatikans zum Ende des Fastenmonats Ramadan in diesem Jahr von Franziskus höchstpersönlich unterschrieben wurde und nicht wie zuletzt immer üblich vom „Minister“ für interreligiösen Dialog. Doch dürfte in diesem Fall es weniger die Frage des Regierungsstils gewesen sein, als vielmehr die Tatsache, dass – und so  begründet er auch seine persönliche Unterschrift unter das Dokument – Franziskus der Dialog mit den Muslimen wichtig ist.

Interreligiöses Miteinander - beim Papstgottesdienst in Aparecida war auch ein Vertreter des Islam dabei.

Das hat er zu Beginn seines Pontifikats deutlich gemacht; danach kam in diese Richtung wenig. Daher war es wohl an der Zeit, selbst Initiative zu ergreifen. Zumal sich einige islamische Stellen bereits verwundert gezeigt hatten, dass auf die positiven Reaktionen in der muslimischen Welt auf die Wahl von Franziskus dieser bisher kaum reagiert habe – etwa auf das Angebot der Kairoer Al-Azhar-Universität, den 2011 wegen kritischer Äußerungen Papst Benedikts XVI. zur Situation in Ägypten eingestellten Dialog wieder aufzunehmen.

Franziskus möchte seine Botschaft nach eigenen Worten als Ausdruck der „Wertschätzung und Freundschaft allen Muslimen gegenüber, vor allem gegenüber den religiösen Führern“ verstanden wissen. Er spricht die Muslime als „liebe Freunde“ an. Thema seiner Botschaft ist „die Förderung des gegenseitigen Respekts durch Erziehung“.  Dabei legt er Wert darauf, dass es ein „gegenseitiger Respekt“ ist, also keine Einbahnstraße. Zu respektieren seien etwa das Leben und die physische Unversehrtheit jeder Person, ihre Würde und das Ansehen, das Eigentum sowie ihre ethnische und kulturelle Identität, ihre Ideen und politischen Entscheidungen. Man müsse über den anderen respektvoll denken, sprechen und schreiben – nicht nur in dessen Anwesenheit – und dabei jegliche Ungerechtigkeit und Diffamierung vermeiden.

Um dieses Ziel zu erreichen komme den Familien, Schulen und sozialen Kommunikationsmitteln eine hohe Verantwortung zu, um zu eben einem solchen respektvollen Umgang miteinander zu erziehen und beizutragen. Respekt gelte es auch zu üben gegenüber den Werten und Symbolen der jeweils anderen Religion sowie deren Führer und Orten. Letzteres dürfte auch eine Anspielung auf die Angriffe gegenüber Christen und christlichen Einrichtungen etwa im Nahen Osten oder in Nigeria sein. Seit Wochen sind in Syrien zwei orthodoxe Bischöfe verschwunden bzw. entführt.

Zum Abschluss unterstreicht Franziskus noch einmal, dass er eine Vertiefung des Dialogs zwischen Christen und Muslimen wünscht. Konkrete Vorschläge dazu macht er nicht. Vor einigen Wochen hatte es Spekulationen über ein Treffen von hochrangigen Vertretern der drei monotheistischen Religionen, Judentum, Christentum und Islam, in Rom gegeben. Derzeit ist es still darum geworden. Ende September findet in Rom das jährliche Nachfolgetreffen des Friedenstreffens von „Assisi 1986“ statt. Jedes Jahr bringt die römische Gemeinschaft Sant’Egidio dazu hochrangige Vertreter verschiedener Religionen zusammen. Dass das Treffen in diesem Jahr in der Ewigen Stadt sein wird, böte dem Papst die Möglichkeit, selbst einzugreifen. Sollte die Heilig-Land-Reise Anfang 2014 zustande kommen, wird man natürlich auch dort nicht um einen interreligiösen Akzent herumkommen.

Allerdings sind große symbolische Gesten eine Sache. Wie man Franziskus kennt, dürfte er damit nicht zufrieden sein, wenn es nicht auch an der Basis zu einem dialogischen Miteinander der Religionen kommt.

P.S. Der Vatikan hat nach Medienberichten erstmals in der Geschichte ein Rechtshilfegesuch an Italien gestellt. Es geht um die Ermittlungen rund um die finanziellen Machenschaften des Vatikanprälaten Nunzio Scarano, der seit Ende Juni in Italien im Gefängnis sitzt. Er war im Zusammenhang mit einem 20-Millionen-Euro Transfer aus der Schweiz nach Italien verhaftet worden. Papst Franziskus hatte sich bei der fliegenden Pressekonferenz am Sonntag von dem Prälaten distanziert.

P.P.S. Papst Franziskus wird am 14. August wohl doch nicht zum Fußballspiel Italien gegen Argentinien gehen. Das teilte jetzt der vatikanische Pressesprecher mit. Er wird die beiden Mannschaften vor dem Spiel im Vatikan empfangen, aber nicht ins Stadion kommen. Mal sehen, ob der Papst bei dieser Entscheidung bleibt. Immerhin ist er ein großer Fußballfan; zuletzt hatte er in seiner Predigt bei der Vigil des Weltjugendtags den Glauben mit Fußball in Verbindung gebracht. Das Freundschaftsspiel wurde eigens ihm zu Ehren angesetzt. Wäre also schade, wenn er nicht auch dabei wäre.

Vatikanbank IOR – ein nächster Schritt

Seit heute Mittag, 13 Uhr gibt es eine Internetseite der Vatikanbank IOR. Sie soll nach eigenen Angaben ein nächster Schritt zu mehr Transparenz sein. Es gibt viele Infos über Geschichte, Status und aktuelle Aufgaben des Instituts. Alle wichtigen Köpfe werden vorgestellt und auch einige Zahlen genannt. Das Ganze sagt natürlich noch lange nichts über das Geschäftsgebaren aus. Doch auch hier will man vorankommen. Auf der Seite wird unter anderem benannt, dass eine externe Firma alle Kundenbeziehungen sowie die Geldwäschebestimmungen des Instituts untersucht.

Bank in historischem Gemäuer (dpa)

In der Tat sind derzeit rund ein Dutzend Mitarbeiter eines US-amerikanischen Finanzdienstleisters dabei, alle Kunden zu prüfen. Im Mai wurde damit begonnen, bis zum Jahresende soll der Vorgang abgeschlossen sein. IOR-Präsident von Freyberg hat dafür sein eigenes Büro freigeräumt, um den externen Mitarbeitern Platz zu machen. Der 54-Jährige ist in ein kleineres Zimmer umgezogen. Verdachtsfälle werden an die Vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF gemeldet, die dann entsprechende Untersuchungen einleitet. Im Jahr 2012 hat es nach AIF-Angaben sechs verdächtige Transaktionen gegeben. In diesem Jahr dürften es etwas mehr werden, wenn die amerikanischen Kontrolleure mit ihrer Arbeit fertig sein werden. Etwa 1.200 Kunden pro Monat schaffen sie derzeit.

Insgesamt hat das Institut nach eigenen Angaben knapp 19.000 Kunden, die insgesamt rund 33.000 Konten führen. Die Kunden teilen sich auf in 5.200 katholische Institutionen wie Orden, Diözesen mit einem Einlagevolumen von 6 Milliarden Euro und 13.700 Einzelpersonen mit einem Einlagevermögen von 1,1 Milliarden Euro.

Papst Franziskus hat in der Pressekonferenz am Sonntagabend ausdrücklich den IOR-Präsident  bestätigt.  Er setzt große Hoffnungen in den Säuberungs- und Transparenzkurs von Freybergs. Der will als einen nächsten Schritt Anfang Oktober die Bilanz des IOR erstmals öffentlich vorstellen. Derzeit versucht er mit einer Informationsoffensive, die neben der Internetseite auch eine ganze Reihe von Interviews für Printmedien umfasst, Boden gut zu machen.

Ein Interview und seine Folgen

Heute und in den nächsten Tagen noch einige kleine Nachträge zur Pressekonferenz des Papstes auf dem Rückflug von Rio nach Rom und seiner ersten Auslandsreise.

Papst Franziskus gestern Abend bei seinem Besuch in S. Maria Maggiore: WJT-Fußball und Shirt an ungewöhnlichem Ort. (dpa)

Was die Sorgen hier in einigen Kommentaren bezüglich seiner Aussage zum „Primat“ anbetrifft, ein paar Anmerkungen: Schon Johannes Paul II. in der Ökumeneenzyklika „Ut unum sint“ (Nr.95), in dessen Folge dann auch Benedikt XVI. bei seinem Besuch des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. im November 2006 in Istanbul haben dazu aufgerufen, nach einer Form der Ausübung des Papstamts zu suchen, die auch für andere christliche Kirchen akzeptabel ist. Sicherlich wird man da mit den orthodoxen Kirchen schneller zu einer Einigung kommen, als mit den Protestanten. Doch ist es auch mit den Orthodoxen nicht einfach. Und „schnell“ ist in diesem Kontext relativ. Seit Jahren ist man in der katholisch-orthodoxen Dialogkommission nun dabei, nach einer Lösung zu suchen. Beim Primat dürfte daher die Tür nicht zu sein.

Zudem ist es ja die Frage, wie der Primatsanspruch ausgeübt wird. Bergoglio ist ein Jesuit. Den Jesuiten ist es eigen, dass die Oberen zwar Experten zu Rate ziehen, dann aber selbst und autark entscheiden. Dass Franziskus sich die Gruppe der acht Kardinäle gewählt hat, die ihn bei der Ausübung seines Amts beraten sollen, ist ein erstes konkretes Zeichen, wie er sich seine Form der Primatsausübung vorstellt. Man wird sehen, ob er bei seinen Entscheidungen auf den Rat hört, oder die Herren Kardinäle `mal machen lässt, dann aber auf ihren Rat pfeift. Diesen Anschein hat es im Moment nicht.

Dass sich die K8-Gruppe nicht nur um die Kurienreform kümmern soll, sondern ebenso um inhaltliche Fragen, wissen wir seit dem Interview nun auch. Da kündigte der Papst ja an, dass er mit ihnen über Ehepastoral reden will und für ihn das Thema wiederverheiratete Geschiedene dazu gehört. Man darf gespannt sein, ob Kardinal Marx den entsprechenden Wunsch einer großen Zahl – sicher nicht nur deutscher Gläubigen bei diesem Thema – auf Veränderung in die K8-Gruppe einbringen wird. Auch hier hat der Papst ja nicht gesagt, dass bei wiederverheiratet Geschiedenen die Tür zu ist, obwohl er ganz konkret auf den Kommunionempfang für diese Gruppe angesprochen wurde.

Es sind also noch nicht alle Türen zu.

Interessant fand ich übrigens noch den Disput des Papstes mit einer brasilianischen Kollegin, bei dem der Franziskus auch etwas leiser wurde, als bei den anderen Fragen bzw. Antworten. Sie fragte, warum er in seinen Ansprachen in Brasilien nicht auf die Abtreibungsgesetze und die Homo-Ehe eingegangen sei. Die kurze Antwort des Papstes: „Die Kirche hat sich schon klar dazu geäußert. Es gab keine Notwendigkeit darauf zurückzukommen. Wie ich auch nicht über Lüge, Betrug und andere Sachen gesprochen habe, bei denen die Kirche eine klare Position hat.“ Nachfrage der Kollegin: „Aber es ist ein Thema, das die Jugendlichen interessiert!“ Papst: „Ja, aber es war nicht notwendig, darüber zu sprechen, sondern vielmehr über positive Dinge, die den Jugendlichen einen Weg/Perspektive eröffnen. Ist es nicht so? Im Übrigen wissen die Jugendlichen doch genau, welches die Position der Kirche ist!“ Erneute Nachfrage: „Und was ist Ihre Position, Heiligkeit, können Sie dazu etwas sagen?“ Papst: „Die der Kirche. Ich bin ein Sohn der Kirche!“

Das war schon interessant, wie sich Franziskus an dieser Stelle gewunden hat, um die Position nicht mit eigenen Worten sagen zu müssen. Warum?

P.S. Übrigens könnte in Kürze aus der K8-Gruppe eine K9-Gruppe werden. Denn die katholischen Ostkirchen haben sich wohl beschwert, dass in der Beratergruppe des Papstes kein Vertreter aus ihren Reihen ist.

P.P.S. Die zitierte Szene mit der brasilianischen Kollegin aus dem Flugzeug erinnerte mich etwas an das TV-Interview von Benedikt XVI. vor seiner Bayernreise im Sommer 2006. Damals hatte Pater von Gemmingen den Papst gefragt, warum er bei seiner Spanienreise im Juli 2006 zum Weltfamilientag nicht stärker auf die Themen Abtreibung, Homoehe, Verhütung eingegangen sei. Daraufhin antwortete Benedikt, dass es ihm darum gegangen sei, den Katholizismus als eine positive Option darzustellen und nicht als eine Ansammlung von Verboten.

P.P.P.S. Mittlerweile liegen alle Texte der Papstreise nach Brasilien auch in offizieller deutscher Übersetzung vor. Nur die Pressekonferenz im Flugzeug fehlt noch; wird aber hoffentlich bald nachgereicht.

P.P.P.P.S. In dem ganzen Trubel um die Pressekonferenz ist gestern völlig untergegangen, dass der Vatikan und Italien ein Abkommen zum Kampf gegen Geldwäsche und Finanzierung des Terrorismus unterzeichnet haben. Demnach sollen die zuständigen Behörden der beiden Länder, die vatikanische Finanzaufsichtsbehörde AIF und das italienische Pendant UIF, künftig entsprechend internationaler Standards enger zusammenarbeiten.

Zurück bei den Löwen

Wir hatten es erwartet; doch dass es am Ende so kommen wird, hatte sich wohl niemand vorher vorstellen können. Dass Papst Franziskus noch einmal zu den mitreisenden Journalisten kommen würde, war doch wahrscheinlich. Dass er sich dann aber freien Fragen stellt – und das über eineinhalb Stunden lang, war dann doch überraschend. Das Fazit: positiv – und das sicher auf beiden Seiten, beim Papst und den Journalisten. Die waren müde nach den Tagen in Rio; Franziskus auch, so sagte er es zumindest; doch man merkte es ihm nicht an. Geduldig beantwortete er rund 20 Fragen, scherzte zwischendurch, erzählte kleine Anekdoten. Alles kam zur Sprache: Vatileaks, Gay-Lobby, Frauenpriestertum, wiederverheiratete Geschiedene, Kollegialität, die Vatikanbank IOR, Reisepläne und vieles mehr. Keine Frage schien ihm Angst zu machen; doch merkte man auch, wenn er über ein Thema nicht ausführlich sprechen wollte wie etwa über Vatileaks. Hier ging er nicht ins Detail.

 

Papst Franziskus beantwortet die Fragen der Journalisten. (reuters)

Einige Themen sind bereits in einem Artikel bei der heute.de erschienen, daher gehe ich darauf hier nur noch am Rande ein. Weltweit Schlagzeilen haben natürlich die Äußerungen zur angeblichen Homosexuellen-Lobby im Vatikan ausgelöst. Franziskus hat die Existenz nicht bestätigt. Das ist auffallend. War doch in einem vor Wochen durch Indiskretionen an die Öffentlichkeit gelangten Gedächtnisprotokoll des Treffens lateinamerikanischer Ordensoberer mit dem Papst die Rede, der Papst habe die Existenz bestätigt. Soweit ging er heute Nacht nicht. Interessant ist aber seine klare Aussage gegen jede Diskriminierung und Verurteilung von Homosexuellen. Die Tatsache, dass homosexuelle Priester für ihn kein Problem sind, kommt einer Neupositionierung der katholischen Kirche in diesem Punkt quasi im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht gleich. Wobei man auch sagen muss, dass diese Position von Franziskus nicht neu ist. Auch als Kardinal hat er sie schon vertreten. Sie ist allerdings in seinem vehementen Einsatz gegen die Homo-Ehe untergegangen. Denn eine Gleichstellung von Ehe und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften lehnt Bergoglio entsprechend der traditionellen Lehre der Kirche strikt ab. Dagegen gab es immer wieder Hinweise, dass er sich zivilrechtliche Regelungen durchaus vorstellen kann. Eine Position, wie sie etwa auch von deutschen Bischöfen vertreten wird.

Klar seine Aussage zum Frauenpriestertum. Welche Konsequenzen es aber hat, dass er gleich mehrfach sagte, dass Frauen wichtiger seien als Bischöfe und Priester, verriet er nicht. Den Ball spielte er ins Feld der Theologen. Eine Kirche ohne Frauen sei wie das Apostelkollegium ohne Maria. Das ist eine starke Aussage; aber welche Konsequenzen hat das?

Wo es mit der Reform der Kurie hingeht, wollte oder konnte Franziskus nicht sagen. Die Idee für die 8-er Kardinalsgruppe sei aus den Diskussionen im Vorkonklave entstanden. Mit der Gruppe wolle er eine Beratung von „Outsidern“ gewährleisten. Das ginge so ein bisschen in die Richtung einer Synodalität des Primats. Viele Kardinäle hätten das Prinzip der Synodalität unterstrichen. Auch sei die Frage nach der Einbeziehung der Bischofskonferenzen diskutiert worden; ebenso eine Reform der Bischofssynoden und des Synodenrats.

Wobei Franziskus auch gleich klarstellte, dass er beim Primat keine Abstriche macht. Dass er oft vom „Bischof von Rom“ spreche, liege einfach daran, dass dies der erste der vielen Titel sei. Die anderen seien aber genauso gültig: Stellvertreter Christi, Nachfolger des Apostels Petrus usw. Man dürfe in seine Wortwahl nicht zu viel hineininterpretieren. Er sei nicht ein „primus inter pares“.

In der Kurie habe er bisher keinen Widerstand erfahren, so Franziskus. Allerdings habe er auch noch nicht viel gemacht. Er habe Hilfe erfahren und loyale Mitstreiter gefunden. „Mir gefällt es, wenn eine Person sagt, ich bin nicht einverstanden.“ Das sei ein echter Mitarbeiter und das habe er gefunden. Jasager sind nicht so sein Ding.

Zum Thema Vatileaks sagte er, Benedikt XVI. habe ihm bei ihrem Treffen im März einen großen Karton übergeben. Darin seien die Protokolle der einzelnen Zeugenaussagen und Dokumente gewesen. Der Bericht und die Zusammenfassung seien in einem eigenen Umschlag gewesen. Er habe sich nicht erschreckt, aber es sei ein großes Problem.

Benedikt XVI. bezeichnete Franziskus als einen „Mann Gottes“, der demütig sei und viel bete. „Ich war sehr glücklich, als er zum Papst gewählt wurde. Als er auf sein Amt verzichtet hat, war das für mich ein Zeichen der Größe.“ Er lebe jetzt im Vatikan. Einige hätten gesagt, wie kann man zwei Päpste im Vatikan haben. Macht er nicht eine Gegenrevolution? Für Franziskus sei es, als habe man den Großvater im Haus. „Einen weisen Großvater.“ Benedikt sei ein kluger Mann, der sich nicht einmische. „Ich habe ihm mehrfach gesagt, Heiligkeit empfangen sie Leute, führen sie ihr Leben, kommen sie zu uns.“ Einen gemeinsamen Auftritt hatte es ja vor wenigen Tagen bei einer Zeremonie in den vatikanischen Gärten gegeben. „Wenn ich ein Problem habe, rufe ich ihn an und frage nach“, so Franziskus.

Auch ein Papst muss sich mal anlehnen. (reuters)

Der Papst bestätigte, dass er die beiden seligen Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. gemeinsam heiligsprechen möchte. Als Datum stehen derzeit der Christkönigstag (24.11.2013) oder der Barmherzigkeitssonntag, (27.4.2014) zur Auswahl. Wobei die Entscheidung erst am 30. September bei einem Konsistorium, dem Treffen der Kardinäle, fallen wird und daher der Termin in 2014 wahrscheinlicher ist.

Bisher gebe es keine definitiven Entscheidungen über künftige Reisen mit Ausnahme der beiden inneritalienischen am 22. September nach Sardinien und am 4. Oktober nach Assisi. Für einen Tag würde er gerne auch seine Verwandten in Norditalien besuchen. Was außeritalienische Reisen betreffe, gebe es den Vorschlag von Patriarch Bartholomaios im Gedenken an die Begegnung von Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras im Januar vor 50 Jahren gemeinsam nach Jerusalem zu fahren. Es gebe entsprechende Einladungen der israelischen Regierung und der palästinensischen Autonomiebehörde. Was Lateinamerika anbetreffe, gebe es keine Möglichkeit, in nächster Zeit zurückzukehren. „Ein Papst aus Lateinamerika, der die erste Reise nach Lateinamerika macht, auf Wiedersehen“, scherzte Franziskus. „Ich glaube, da müssen wir etwas warten.“ Er habe eine Einladung aus Sri Lanka, auch von den Philippinen. Der Besuch in seinem Heimatland Argentinien müsse noch warten, die anderen Reisen hätten eine gewisse Priorität. Franziskus stellte auch klar, dass das Flugzeug bei der gegenwärtigen Reise keine Sonderausstattungen habe. „Ich bin vorne. Habe einen schönen Sessel. Aber einen ganz gewöhnlichen.“ Er habe der Fluggesellschaft mitteilen lassen, dass er keine Sonderausstattung wünsche.

Die Brasilienreise bewertete der Papst übrigens durchweg positiv. Die Liturgien und Veranstaltungen hätten ihm gut gefallen. Zur Sicherheit sagte er, dass er sich weniger Sicherheit gewünscht hatte, um näher bei den Menschen sein zu können. Sicher bestehe die Gefahr, dass ein Verrückter etwas mache. Aber da sei ja auch noch der Herr, so Franziskus und blickt nach oben.

Nach 90 Minuten verabschiedete sich Franziskus und für die Journalisten begann eine arbeitsreiche Nacht. Bei vielen Themen ist der Papst vage geblieben. Das mag daran liegen, dass er noch am Anfang seines Pontifikats steht. Die Journalisten hoffen jedenfalls, dass diese Art von Pressekonferenz zur Tradition wird. Immerhin kam Franziskus heute Morgen kurz vor der Landung noch einmal zu den Journalisten und verabschiedete sich freundlich lächelnd. In den Vatikan ist er dann übrigens nicht, wie bisher für Päpste üblich, mit dem Hubschrauber geflogen, sondern mit einem Auto gefahren. Unterwegs machte er Stopp in der Basilika S. Maria Maggiore. Dort betete er vor der Marienikone und legte ein T-Shirt und einen Fußball mit dem Weltjugendtagslogo am Altar nieder, die er in Brasilien geschenkt bekommen hatte.

Versöhnlicher Abschluss

Zum Schluss lachte dann doch die Sonne über Rio. Nach den Regentagen während der Woche, hatte Petrus mit den Teilnehmern des Weltjugendtages dann doch noch ein Einsehen. Das stimmte viele Jugendliche versöhnlich zum Abschluss des 28. Katholischen Weltjugendtags am Zuckerhut. Die Messe mit Strandparty mit dem Papst am Ende der Tage von Rio ließ die Strapazen der vergangenen Tage vergessen machen. Die Organisatoren hätten sicher gut daran getan, von Anfang an die Copacabana als zentralen Ort für alle Großveranstaltungen in den Blick zu nehmen. Das hätte Kosten gespart, die für die Vorbereitung des Campus Fidei, des großen Feldes vor den Toren Rios, das wegen des Regens jetzt nicht genutzt werden konnte, entstanden sind. Irgendwo habe ich die Zahl von acht Millionen Euro aufgeschnappt. Das hätte aber auch die Chance geboten, ein gutes Sicherheitskonzept zu erarbeiten.

Ein letzter Blick auf eine traumhafte Kulisse.

Einige deutsche Jugendliche haben sich gestern Abend nicht zur Copacabana getraut. In der Gruppe aus dem Bistum Essen, die wir für einen Beitrag in der Sendung „sonntags“ diese Woche begleitet haben, waren einige vor drei Jahren bei der Loveparade in Duisburg dabei. Diese Erfahrung wirkt nach. Und in der Tat berichteten Teilnehmer der Vigil, dass auf dem Strandstreifen die Jugendlichen am Abend teilweise sehr gedrängt standen und es eigentlich keine Rettungswege gab. Alles ist gut gegangen. Aber warum haben sich die Veranstalter nicht von Anfang an darauf konzentriert? Dem Vernehmen nach gab es unterschiedliche Gründe. Die Stadt wollte keine Übernachtung an der Copacabana; die Veranstalter wollten das Element des Pilgerwegs nicht aufgeben. Zum Campus Fidei hätten die Jugendlichen allerdings rund 15 Kilometer zu Fuß gehen müssen. Das wäre bei idealem Wetter sicher für viele nicht machbar gewesen. Denn selbst die brasilianische Wintersonne, wie sie heute Morgen über der Copacabana steht, ist stark und intensiv. Da wären sicher einige auf der Strecke geblieben zwischen Rio und Campus Fidei. So war es vielleicht eine Fügung des Schicksals, dass am Ende doch alles in der Stadt stattfand. Man darf gespannt sein, welche Lehren Krakau als nächster Austragungsort 2016 aus Rio ziehen wird. Auch was die zentralen Veranstaltungen betrifft. Sie waren schön anzuschauen und gut inszeniert. Doch etwa bei der Vigil oder dem Kreuzweg waren die Millionen am Strand eigentlich nur zum Zuschauen verdammt. Gemeinsame Gebete und Gesänge gab es fast nur im Vor- und Nachprogramm. Das kam nicht bei allen gut an.

Bei den Jugendlichen fällt die Bilanz des WJT dennoch positiv aus. Es war seit langer Zeit wieder ein WJT in einem „Land des Südens“. Die letzten Veranstaltungen fanden alle in Europa (Rom, Köln, Madrid) oder einer anderen Industrienation statt (Sydney, Toronto). Zwar waren in Rio viele erfahrene WJT-Pilger dabei, die bereits an mehreren WJTs teilgenommen hatten; aber Rio war anders als die früheren Events – zumindest für die, die sich auch der konkreten Situation gestellt haben, etwa durch Besuche in Favelas oder im Rahmen der so genannten Missionswoche, in der viele Jugendliche vor den Tagen in Rio in ganz Brasilien verstreut waren und in Gastfamilien gelebt oder an Sozialprojekten mitgewirkt hatten. Unsere Protagonistin in dem Beitrag für „sonntags“ ist sich sicher, dass sie aus Rio verändert nach Hause fährt. Von daher wird dieser WJT sicher für viele ein ganz besonderes Erlebnis bleiben. Und es bleibt zu hoffen, dass er nachwirkt.

Nachwirken wird er sicherlich innerkirchlich. Papst Franziskus hat hier in Rio einige Pflöcke eingerammt, die auf Zukunft hin wegweisend sein werden und auch weit über Brasilien und Lateinamerika hinaus wirken werden. Angefangen von dem Wunsch nach Durcheinander beim Treffen mit den argentinischen Jugendlichen, über die klaren Ansagen beim Treffen mit den Bischöfen Brasiliens bis hin zur Begegnung mit Vertretern des CELAM, dem Zusammenschluss der Bischofskonferenzen Lateinamerikas und der Karibik. Dieses Treffen wurde eigens auf Wunsch von Franziskus am Sonntagmittag noch ins Programm aufgenommen. Dabei wurde der Pontifex noch einmal ähnlich deutlich wie schon am Tag zuvor gegenüber den brasilianischen Bischöfen. Während der ganzen Reise wurde deutlich, dass die CELAM-Konferenz von 2007 in Aparecida und das Schlussdokument für Franziskus theologisch und kirchlich das Zentrum sind. Er wurde nicht müde, Aparecida zu zitieren. Es lohnt also wirklich, das Papier zu lesen. Heute Mittag ging es beim Treffen mit den CELAM-Vertretern wieder ans Eingemachte: „Sorgen wir dafür, dass unsere Arbeit und die unserer Priester mehr pastoral als administrativ ist? Wer ist der hauptsächliche Nutznießer der kirchlichen Arbeit: die Kirche als Organisation oder das Volk Gottes in seiner Ganzheit?“ Oder zum Thema Mitbestimmung: „Ist es für uns ein übliches Kriterium, unser Urteil in der Pastoral auf den Ratschlag der Diözesanräte zu stützen? Sind diese Räte und jene auf Pfarreiebene für die Pastoral und die wirtschaftlichen Angelegenheiten wirkliche Räume für die Teilnahme der Laien an der Beratung, der Organisation und der pastoralen Planung? Das gute Funktionieren der Räte ist entscheidend. Ich glaube, dass wir darin noch sehr im Rückstand sind.“

Franziskus warnte wieder vor einer Klerikalisierung; aber aufgepasst: Er meint damit (auch oder in erster Linie, das gälte es noch zu klären) eine Klerikalisierung der Laien, die er in der Vergangenheit schon mehrfach scharf kritisiert hatte: „Der Klerikalismus ist ebenfalls eine sehr aktuelle Versuchung in Lateinamerika. Seltsamerweise handelt es sich in der Mehrheit der Fälle um eine sündige Komplizenschaft: Der Pfarrer klerikalisiert, und der Laie bittet ihn höflich, ihn zu klerikalisieren, weil es sich im Grunde für ihn als bequemer erweist. Das Phänomen des Klerikalismus erklärt weithin den Mangel an Reife und christlicher Freiheit in einem großen Teil des lateinamerikanischen Laientums. Entweder wächst es nicht (in der Mehrheit der Fälle) oder es kauert sich unter den Schutz von Ideologisierungen, wie wir sie schon gesehen haben, bzw. richtet sich in begrenzten Teilzugehörigkeiten ein. Es gibt in unseren Ländern eine Form von Freiheit der Laien durch Erfahrungen auf der Ebene des Volkes: der Katholik als Volk. Hier ist eine größere, im Allgemeinen gesunde Autonomie zu beobachten, die grundsätzlich in der Volksfrömmigkeit ihren Ausdruck findet. Das Kapitel des Dokuments von Aparecida über die Volksfrömmigkeit beschreibt diese Dimension gründlich. Der Entwurf der Bibelgruppen, der kirchlichen Basisgemeinden und der Pastoralräte geht in die Richtung der Überwindung des Klerikalismus und eines Anwachsens der Verantwortung der Laien.“

Ende einer Papstreise.

Es steckt viel drin in der Papstreise nach Brasilien. Wir sitzen hier am Flughafen und warten auf den Rückflug. Daher hier für heute Schluss. Doch Rio wird nachwirken. Mehr nach der Rückkehr nach Rom. Statt Papst-Live-Übertragung und WLAN gibt es hier Fußball und zu wenige Stühle für die mitgereisten Journalisten. Für viele – gerade die Kollegen der Agenturen – kein schönes Ende dieser ersten Auslandsreise von Papst Franziskus.

Popacabana!?

So nennen hier in Rio viele die Copacabana seit heute Abend. Hunderttausende füllen den Strand in Erwartung des Papstes. Für die Jugendlichen scheint es kein Problem, dass die großen Veranstaltungen vom Wochenende von dem 3,5 Hektar großen Feld vor den Toren Rios an den Strand verlegt werden mussten. Der Regen hatte den „Campus Fidei“ aufgeweicht. Die Stimmung war hier schon Stunden vor der Papstankunft wie auf einem Rockfestival. Nicht von ungefähr werden die katholischen Jugendtage ja auch als katholisches Woodstock bezeichnet. Samba-Rhythmen, christlicher Pop und Rock, dazu das Rauschen der Wellen. Die katholische Jugend der Welt feiert ausgelassen.

Viele Jugendliche wollen an der Copacabana übernachten.

Franziskus macht mit und genießt das Bad in der Menge. Auch bei der dritten Fahrt an der Copacabana entlang ließ er sich viel Zeit, um die Jugendlichen zu grüßen. Auch heute war er ganz überschwenglich, fiel seinem Zeremonienmeister, Guido Marini, strahlend um den Hals, als er auf der Bühne ankam. Das hatte er am Donnerstag zu Beginn der Willkommensfeier schon einmal gemacht. Das fällt natürlich auf, sagte man zu Beginn des Pontifikats den beiden nicht gerade ein gutes Verhältnis  nach. Mit seiner Ansprache macht er den Jugendlichen Mut, zu ihrem Glauben zu stehen. Er stellt aber auch ganz konkrete Fragen an sie, wie sie es mit dem Glauben halten. Hier kommt, wie in den letzten Tagen schon mehrfach der Fall, der Jesuit durch. Die ignatianischen Exerzitien stellen sehr konkrete Fragen an den Einzelnen, seinen Glauben, sein Leben.

Diese Fragen stellt Franziskus den Jugendlichen, aber z.B. auch heute Mittag den Bischöfen Brasiliens bei einem Treffen. Hier wurde er sehr deutlich. Gab den Bischöfen eine ganze Reihe von Hausaufgaben mit auf den Weg. Viele dieser Punkte gelten sicher auch über die Grenzen Brasiliens hinaus. Da wir hier kurz vor der Übertragung der Vigil sind, nur einige Zitate und Stichworte aus der Ansprache: „Das Ergebnis der pastoralen Arbeit stützt sich nicht auf den Reichtum der Mittel, sondern auf die Kreativität der Liebe.“ Die Kirche dürfe sich nicht von der Einfachheit entfernen. Franziskus spricht die zahlreichen Kirchenaustritte an: „Vielleicht ist die Kirche zu schwach erschienen, vielleicht zu fern von ihren Bedürfnissen, vielleicht zu arm, um auf ihre Beunruhigungen zu antworten, vielleicht zu kalt ihnen gegenüber, vielleicht zu selbstbezogen, vielleicht eine Gefangene ihrer eigenen steifen Ausdrucksweisen, vielleicht scheint es, als habe die Welt die Kirche zu einem Überbleibsel aus der Vergangenheit gemacht, unzureichend für die neuen Fragen; vielleicht hatte die Kirche Antworten für die Kindheit des Menschen, nicht aber für sein Erwachsenenalter.“ Er stellt die kritische Frage: „Sind wir noch eine Kirche, die in der Lage ist, die Herzen zu erwärmen?“ „Ist mittlerweile auch die Kirche von der Hektik des Leistungsdrucks fortgerissen?“ Er wiederholt seine Forderung, dass die Kirche keine Angst haben dürfe hinauszugehen.

Ganz konkret forderte er die Bischöfe auch, sich persönlich um die Priesterausbildung zu kümmern und diese Aufgabe nicht zu delegieren. Er forderte eine Einheit in Vielfalt für die Kirche in Brasilien. „Für die Kirche in Brasilien genügt nicht ein nationaler Leader, sondern es braucht ein Netzwerk regionaler ‚Zeugnisse‘, die die gleiche Sprache sprechen und so nicht etwa Einstimmigkeit überall, sondern vielmehr die wahre Einheit in der Vielfalt gewährleisten. […]Es ist also nützlich, das lokale und regionale Element in zunehmendem Maße zur Geltung zu bringen. Die zentrale Bürokratie reicht nicht aus: Ein Zuwachs an Kollegialität und an Solidarität ist nötig, und das wird ein wahrer Reichtum für alle sein.“ Wie schon kurz nach seiner Wahl verpflichtet er die Kirche, die Barmherzigkeit wiederzuentdecken. „Ohne Barmherzigkeit ist es heute kaum möglich, in eine Welt von ‚Verletzten‘ einzudringen, die Verständnis, Vergebung und Liebe brauchen.“

Er forderte, die Frauen zu stärken, die eine grundlegende Rolle bei der Weitergabe des Glaubens spielten. „Schränken wir den Einsatz der Frauen in der Kirche nicht ein, sondern fördern wir ihre aktive Rolle in der kirchlichen Gemeinschaft. Wenn die Kirche die Frauen verliert, riskiert sie, unfruchtbar zu werden.“ Schließlich stellt sich Franziskus hinter das Engagement der Kirche für die Bewahrung der Schöpfung – gerade auch im Amazonasgebiet – und ermutigt, es noch auszubauen.

Vatikansprecher Federico Lombardi bezeichnete die Rede an die Bischöfe heute als wohl eine der wichtigsten des Pontifikats – auch auf Zukunft hin. Eine ähnlich programmatische Rede wird für morgen Nachmittag erwartet, wenn Franziskus Vertreter der Bischofskonferenzen Lateinamerikas und der Karibik trifft. Dem Vernehmen nach soll das Papier, das er bei der Gelegenheit überreichen will umfangreich sein – nicht nur eine dreiseitige Rede. Man darf gespannt sein. Papst Franziskus scheint den Weltjugendtag zu nutzen, um seiner Kirche Entscheidendes ins Stammbuch zu schreiben.

P.S. In seiner Ansprache bei der Vigil verglich Franziskus den Glauben mit Fußball: Campus Fidei, wo die Vigil ja ursprünglich stattfinden sollte, als Glaubensfeld, als Sportplatz. Beim Glauben sei es wie beim Fußball, wo man trainieren müsse, „um ‚in Form zu bleiben‘, um allen Situationen des Lebens ohne Angst zu begegnen und dabei unseren Glauben zu bekennen“. Wo er die Jugendlichen anspornte keine Teilzeit-Christen, keine Spießer zu sein. Wie schon oft zitierte Franziskus Mutter Teresa. Die auf die Frage, was sich in der Kirche ändern müsse, antwortete: „Du und ich!“ Franziskus meint damit aber, glaube ich, nicht ein Abwiegeln gegenüber Forderungen der Gläubigen nach Änderungen in der Kirche, wie das in der Vergangenheit von Teilen der Hierarchie gerne immer wieder gemacht wurde. Bei Franziskus kann man mehr und mehr den Eindruck bekommen, dass er die Kirche vom Kopf auf die Füße stellen will. Er will Veränderung von unten her.

Papst: Chaos von Rio für die Weltkirche

Jetzt habe ich auch verstanden, warum es in diesen Tagen von Rio bisweilen ein wenig chaotisch zugeht. Das ist der neue Franziskus-Stil. Gesagt hat er das gestern beim Treffen mit den Jugendlichen Argentiniens: „Ich hoffe, dass es als Konsequenz dieses Weltjugendtags Durcheinander geben wird! Hier in Rio gibt es Durcheinander und ich hoffe, dass es auch in den Diözesen Durcheinander geben wird.“ Franziskus wiederholte seine Forderung, dass die Kirche auf die Straße gehen müsse. „Ich möchte, dass wir uns gegen alles zur Wehr setzen, was Mondanität ist, Unbeweglichkeit, was Bequemlichkeit ist, Klerikalismus, gegen alles, was uns in uns selbst verschließt“. Er bat die Bischöfe und Priester um Entschuldigung, wenn nach dem Weltjugendtag einige Konfusion entstehen wird. Es scheint, als wolle Franziskus die Kirche auf den Kopf stellen. Das ist zwar nicht neu; aber eine solch direkte Aufforderung zum „Durcheinander“ gab es bisher nicht. Ob er sich der Konsequenzen bewusst ist?

Papst Franziskus beim Treffen mit den Jugendlichen aus Argentinien. (dpa)

Das war der Blick nach innen; deutlich waren die Worte von Franziskus aber auch mit Blick auf die Gesellschaft. Die sei über eine Grenze hinausgeschossen mit ihrem Kult des Geldes. Und dann kam wieder der Kardinal Bergoglio durch, der vor drastischen Worten nicht zurückschreckt. Er sprach davon, dass Jugendliche und Alte zunehmend von der Gesellschaft ausgeschlossen seien. „Man könnte fast glauben, es gebe da eine Art versteckter Euthanasie, also damit meine ich die Tatsache, dass sich keiner um die Senioren kümmert. Aber es ist auch eine ‚kulturelle Euthanasie‘, denn man lässt alte Menschen nicht zu Wort kommen und man lässt sie nicht handeln.“ Dann kamen an die Jugendlichen gerichtet Worte, die beinahe als eine Aufforderung zum Protest verstanden werden können. Die Jugendlichen sollten „sich erheben, sich Geltung verschaffen“, sie sollten hinausgehen und für Werte kämpfen. Und die Alten sollten „ihren Mund aufmachen und uns die Weisheit der Völker lehren!“

Mit Blick auf sein Heimatland Argentinien sprach er davon, dass Jugendliche und Alte derzeit dazu verurteilt seien, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein. „Lasst euch nicht ausschließen!“ Er bedauerte, dass er aufgrund der Sicherheitsauflagen nicht näher bei den Jugendlichen sein konnte und sprach dann den interessanten Satz: „Ich fühle es hin und wieder, was für eine brutale Sache es ist, eingesperrt zu sein.“ Spielt er da auf sein neues Leben im Vatikan an?

Was war denn das für eine Ansprache? Frei gehalten, kam sie wohl aus tiefstem Herzen von Papst Franziskus, ohne dass sie noch von einem vatikanischen Apparat geschliffen wurde. Zum Abschluss warnte er übrigens auch davor, den Glauben zu verwässern.

Am Freitagabend zeigte Papst Franziskus, was er unter der Verbindung von Glaube und Leben versteht. Den traditionellen Kreuzweg nutzte er, um seine Kritik an Politik und Gesellschaft anzubringen. Dabei schlug er auch selbstkritische Töne in Bezug auf die Kirche an: „Durch das Kreuz verbindet Jesus sich mit dem Schweigen der Opfer von Gewalt, die nicht mehr schreien können, vor allem mit den Unschuldigen und den Wehrlosen; durch das Kreuz verbindet Jesus sich mit den Familien in Schwierigkeiten, die den Verlust ihrer Kinder beweinen oder daran leiden, dass sie sie in den Fängen künstlicher Paradiese wie der Droge sehen; durch das Kreuz verbindet Jesus sich mit allen Menschen, die Hunger leiden in einer Welt, die täglich tonnenweise Lebensmittel wegwirft; durch das Kreuz verbindet Jesus sich mit allen, die aufgrund ihrer Religion, ihrer Vorstellungen oder einfach wegen ihrer Hautfarbe verfolgt werden; durch das Kreuz verbindet Jesus sich mit den vielen jungen Menschen, die ihr Vertrauen in die politischen Institutionen verloren haben, weil sie Egoismus und Korruption sehen, oder die ihren Glauben an die Kirche und sogar an Gott verloren haben wegen der Unlauterkeit von Christen und von Dienern des Evangeliums.“

Copacabana - hier finden alle Großveranstaltungen statt.

Welche konkreten Konsequenzen zieht er für die Kirche daraus? Noch steht Papst Bergoglio am Anfang seines Pontifikats. Wenn er beginnt, seinen Worten Taten folgen zu lassen, könnte es unbequem werden. Das bedeutet dann eine Verhaltensänderung für die kirchlichen „Funktionäre“, aber nicht nur für die, sondern für jeden Einzelnen. Es bleibt spannend.

P.S. Papst Franziskus hat eigens für die Veranstaltung heute Abend 35 Cartoneros, Müllsammler, aus Argentinien nach Rio eingeladen. Sie durften auf der Hauptbühne an der Copacabana Platz nehmen. Als Erzbischof ist Kardinal Bergoglio oft am Abend durch die Innenstadt spaziert, um mit den Cartoneros zu sprechen und einen typisch argentinischen Mate-Tee zu trinken. Nach Information aus dem Vatikan leben allein in Buenos Aires rund 9.000 Menschen vom Müllsammeln.

Armut, Politk und die Millionen

Es war ein fulminanter Auftakt: eine Million Jugendliche an der Copacabana begrüßen den Papst. Auch der Regen hatte dafür kurz aufgehört, um nachher wieder umso heftiger zu strömen. Zur Begrüßung gab es eine Mischung aus Show und Volksfrömmigkeit – Sambarhythmen und Marienliedern. Am Morgen hatte der Tag ebenfalls mit viel Jubel begonnen – allerdings im kleineren Kreis: Papst Franziskus hatte eine Favela besucht. Dabei wurde er sehr deutlich in seinen Worten.

Papst Franziskus in der Favela.

Er sprach von Solidarität als einem „oft vergessenen oder totgeschwiegenen, weil unbequemen Wort“. Er richtete einen eindringlichen Appell an alle, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Er kritisierte Korruption und versicherte den Menschen, dass die Kirche „Anwältin der Gerechtigkeit und Verteidigerin der Armen gegebn untragbare soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten, die zum Himmel schreien“ sei. Er forderte Schutz und Förderung für das Leben und für die Familien, eine ganzheitliche Bildung und Sicherheit. An einigen Stellen seiner Rede konnte man durchaus Verbindungen zu den jüngsten Protesten in Brasilien für mehr soziale Gerechtigkeit sehen. Die Arbeit der Kirche in der Favela ist ein Beispiel dafür, was die Worte des Papstes konkret bedeuten: Sozialprojekte sowie Ausbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, um sie in die Gesellschaft zu integrieren.

Die Menschen hoffen, dass der Papstbesuch auch konkrete Konsequenzen hat.

Es war die bisher politischste Rede von Papst Franziskus. Auch die Tatsache, dass er sich viel Zeit nahm für den Besuch in der Favela zeigt, dass ihm dieser Punkt besonders wichtig war – und die Weltpresse war dabei. Es sind symbolische Akte, die Franziskus hier setzt. Seine Botschaft, die Kirche und der Papst stehen hinter den Menschen an den Randgebieten der Gesellschaft. Papst Franziskus sieht die Kirche durchaus politisch. Das ist ein Aspekt, der in den letzten Jahren angesichts der Betonung des Liturgischen etwas in Vergessenheit geraten schien; obwohl auch Benedikt XVI. sehr politisch sein konnte – gerade auch wenn es um soziale Gerechtigkeit ging (etwa in den Enzykliken „Spe salvi“ und „Deus Caritas est“ oder auf seinen Reisen: In Angola krisierte er deutlich Korruption und politische Missstände). Nur wurde das allzu oft wenig beachtet, weil es Kreise gab, die ihn gerne nur in die liturgische und theologische Ecke stellen wollten.

Mut machen will Franziskus auch den jungen Menschen, ihren Glauben selbstbewusst zu leben. Dabei ähnelt auch da seine Botschaft sehr der von Papst Benedikt an die Jugend: der Glaube engt nicht ein, sondern macht das Leben „würzig“. Allerdings drückt es Franziskus anders aus und versucht es durch konkrete Gesten zu unterstützen. Entscheidend wird es sein, ob seine Mitarbeiter im Vatikan und die Bischöfe vor Ort die Bälle aufnehmen, die Franziskus ins Spielfeld wirft und daraus etwas machen. Oder ob sie die Impulse ins Leere laufen lassen und die Bälle am Ende auf dem Spielfeld zum liegen kommen oder ins Aus rollen.

Der Campus Fidei am Dienstag.

P.S. Wegen des starken Regens wurden alle Veranstaltungen vom Wochenende an die Copacabana verlegt. Das Feld Campus Fidei vor den Toren Rios ist durch den tagelangen Regen so aufgeweicht, dass es nicht mehr geeignet ist für die Veranstaltung. Dabei war der Bauleiter bei der Besichtigung am Dienstag noch so zuversichtlich. Er hatte übrigens damals schon gesagt, dass es Überlegungen gab, die großen Events an der Copacabana zu machen. Doch dann hätte man den Pilgercharakter der Wegstrecke auf das Feld nicht gehabt. Und die Stadt hatte Sorge, dass die Jugendlichen am Strand bzw. auf den Straßen nahe der Copacabana in der Stadt übernachten. Das wollte man nicht. Dieses Problem hat man jetzt auch. Vielleicht hätte man von Anfang an sich mehr Gedanken machen sollen, wie man die Copacabana für Vigil und Messe sinnvoll nutzen kann und das Übernachtungsproblem löst. Jetzt muss man das Ganze kurzfristig organisieren.

Zwischen Emotionen und Politik

Für Papst Franziskus dürfte der Tag heute einer der emotionalen Höhepunkte seiner ersten Auslandsreise gewesen sein. Jorge Mario Bergoglio verbindet viel mit dem Marienwallfahrtsort Aparecida. Nicht nur, dass er ein großer Verehrer der Muttergottes ist, nein hier hat er eines seiner Meisterstücke abgelegt, wenn nicht vielleicht sogar das Meisterstück schlechthin: das Abschlussdokument der CELAM-Generalversammlung, der Bischofskonferenzen Lateinamerikas und der Karibik, von 2007. Man darf sicher davon ausgehen, dass ihm seine Arbeit damals auch viel Sympathie bei den lateinamerikanischen Kardinälen eingebracht hat. Das Dokument selbst dürfte auch bei vielen anderen Bischöfen und Purpurträgern „aus dem Süden“ großen Anklang gefunden haben. Ob er deshalb auch viele Stimmen aus dem Süden im Konklave bekommen hat?

Trotz Regens kamen 200.000 nach Aparecida, um den Papst zu sehen.

Das Dokument ist auch deshalb spannend, weil es nach dem traditionellen Schema der Befreiungstheologie vorgeht: Sehen – urteilen – handeln. Es entwirft, wie hier schon mehrfach geschrieben, die Vision einer missionarischen Kirche im 21. Jahrhundert. An vielen Stellen hat es aber auch klare politische Aussagen. Als Chefautor des Dokuments sind diese auch von Bergoglio/Papst Franziskus gedeckt. So gibt es in dem Abschlussdokument von 2007 etwa Kritik, dass Globalisierung vor allem unter Gesichtspunkt des Marktes, der Effizienz und Produktivität gesehen wird. „In ihrer gegenwärtigen Gestalt ist die Globalisierung unfähig, jene objektiven Werte, die sich jenseits des Marktes befinden und die für das menschliche Leben besonders wichtig sind, wahrzunehmen und ihnen zu entsprechen: Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und insbesondere die Menschenwürde und Rechte aller, auch jener, die am Rande des Marktes leben.“ (61) In dem Dokument findet sich auch die Formulierung, die Franziskus im Flugzeug gebraucht hat. „Die Ausgeschlossenen sind nicht nur ‚Ausgebeutete‘, sondern ‚Überflüssige‘ und ‚menschlicher Abfall‘“. (65)

Das Dokument sieht für die Kirche einen ganz klaren Auftrag, sich in Politik einzumischen. „Zugleich aber müssen wir mit anderen Instanzen bzw. Institutionen zusammenarbeiten, um die Strukturen auf nationaler und internationaler Ebene gerechter zu gestalten. Es müssen dringend Strukturen geschaffen werden, durch die die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Ordnung so konsolidiert wird, dass Ungleichheit beseitigt wird und alle Menschen gleiche Chancen erhalten. Wir brauchen auch neue Strukturen, um das Zusammenleben der Menschen aufrichtig zu gestalten, um die Vorherrschaft von Wenigen zu verhindern und einen konstruktiven Dialog zu ermöglichen, damit die Gesellschaft zum notwendigen Konsens findet.“ (384) Kirche an der Seite der Armen bedeutet also nicht einfach nur Almosen geben. „Barmherzigkeit ist stets unentbehrlich, aber sie darf nicht zu einem ‚Circulus vitiosus‘ beitragen, der das Funktionieren eines ungerechten Wirtschaftssystems aufrechterhält. Deshalb bedürfen die Werke der Barmherzigkeit der Ergänzung durch das Streben nach wirklicher sozialer Gerechtigkeit, die den Lebensstandard aller Bürger anhebt und sie zu Subjekten ihrer eigenen Entwicklung macht.“ (385)

Soweit das Dokument. Mir scheint, dass langsam auch bei dieser Reise die politischen Aussagen des Papstes deutlicher werden. Heute Abend etwa bei seinem Besuch in der Drogenklinik wandte er sich ganz ausdrücklich gegen die „Liberalisierung des Drogenkonsums, wie sie in verschiedenen Teilen Lateinamerikas diskutiert wird“. Er kritisierte „das Übel des Drogenhandels, das Gewalt fördert und Schmerz und Tod sät“. Wie schon bei anderen Gelegenheiten, etwa dem Besuch auf der Flüchtlingsinsel Lampedusa, verurteilte er scharf die Gleichgültigkeit und das Desinteresse in der Gesellschaft angesichts der Not vieler Menschen.

Auch heute nutzte Franziskus den Fiat. SCV1 auf einem Kleinwagen - das ist ein ungewohnter Anblick.

Bereits in seiner Predigt in Aparecida am Vormittag sprach er von Großherzigkeit, Solidarität und Brüderlichkeit. Hier richtete sich sein Blick zwar vor allem in Richtung der Jugend; doch dürften seine Aussagen sicherlich auch grundsätzlich zu verstehen sein. Er forderte, „jungen Menschen die Werte zu vermitteln, die sie zu Erbauern einer gerechteren, solidarischeren und brüderlichen Nation und Welt“ machten. Er warnte davor, dass Jugendliche angesichts eines „Gefühls der Einsamkeit und der Leere“ Götzen wie Erfolg, Macht, Vergnügen und Geld anhingen. Hier seien alle gefordert, den Jugendlichen entsprechende Perspektiven zu bieten.

Für Aufsehen sorgte die Ankündigung von Papst Franziskus am Ende des Gottesdienstes, dass er 2017 gerne zum 300-Jahr-Jubiläum von Aparecida wieder kommen möchte. Das wurde mit großem Jubel quittiert. Man konnte Franziskus zu Beginn der Messe ansehen, dass für ihn diese Etappe seiner Reise einer der emotionalsten Momente war. Als er in Stille vor der Marienstatue verharrte, rang er mit der Fassung.

P.S. Was 2017 anbetrifft, erinnerte Vatikansprecher Federico Lombardi am Abend daran, dass Fatima 2017 das 100-Jahr-Jubiläum feiert und somit evtl. ein Wettlaufen der Marienwallfahrtsorte um einen Papstbesuch stattfinden könnte. Allerdings dürfte nach den Worten von Franziskus heute klar sein, dass Aparecida 2017 auf dem Reiseprogramm steht.