Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog

Interessantes und Hintergründiges aus dem Vatikan

Kündigung nach Kirchenaustritt erlaubt

 

Darf ein Mitarbeiter einer kirchlichen Einrichtung aus der Kirche austreten? Und ist es rechtens, wenn sein Arbeitgeber ihm daraufhin kündigt, auch wenn er aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit eigentlich unkündbar ist? Diesen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht heute zu entscheiden. Es ging um einen Sozialpädagogen, der bei einer Einrichtung der Caritas angestellt war und 2010 aus der katholischen Kirche ausgetreten war. Die Missbrauchsfälle, der Umgang mit den Piusbrüdern, das hatte ihn so verärgert, dass er nicht länger zu dieser Institution gehören wollte. Die außerordentliche Kündigung folgte sofort, und sie war juristisch korrekt – so entschieden zwei Instanzen und jetzt auch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.

Das Gericht bestätigte damit die Sonderregelungen des kirchlichen Arbeitsrechts, das in der letzten Zeit immer stärker unter Druck geraten ist. In der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters und dem Recht der Kirchen, die sich auf den religiösen Charakter ihrer Einrichtungen berufen, liegen die Sympathien der Öffentlichkeit stets mehr bei den Mitarbeitern. Wenn es um die private Lebensweise geht wie eine erneute Heirat nach Scheidung oder um Zusammenleben mit gleichgeschlechtlichen Partnern, zeigt sich eine Verschiebung der Rechtsauslegungen zugunsten der Privatsphäre. Die heutige Entscheidung ist jedoch eindeutig und letztlich auch nachvollziehbar. Wer mit der Kirche nichts mehr zu tun haben will und aus ihr austritt, sollte auch konsequent sein und sich nicht bei ihr verdingen.

Klar und offen

Die katholische Weltkirche dreht sich weiter. In Deutschland wurde nach langer schwieriger und zum Teil für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbarer Suche mit Bernhard Remmers endlich ein neuer Direktor für die „katholische Journalistenschule“ ifp gefunden. Im Erzbistum Freiburg wartet man gespannt auf die Diözesanversammlung, bei der ab Donnerstag über vier Tage lang gebetet und über eine zukunftsfähige Kirche diskutiert werden soll. In den USA bangen 80 Prozent der katholischen Frauenorden darum, wie es im Verfahren der vatikanischen Glaubenskongregation gegen ihren Dachverband weiter geht. Beim Nationalen Eucharistischen Kongress in Costa Rica erklärt Erzbischof Piero Marini, im Vatikan für die Internationalen Eucharistischen Weltkongresse zuständig und lange Jahre Päpstlicher Zeremonienmeister unter Johannes Paul II., dass die Kirche zwar die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ablehne, mit zivilrechtlichen Regelungen aber kein Problem habe. Und in Rom stellt Papst Franziskus fest: „Jesus ja, Kirche nein“ – das ist mit ihm nicht zu machen.

80.000 kamen heute zur Generalaudienz mit Papst Franziskus.

Seinen Namenstag nutzte gestern Papst Franziskus für einen Gottesdienst mit den in Rom residierenden Kardinälen. Die Predigt, wie immer frei gehalten, in jesuitischer Tradition mit drei zentralen Punkten, machte einmal mehr deutlich, dass dieser Papst bei all seinem offenen Stil eine klare Botschaft hat. Christsein ohne Härte sei nicht zu haben. Zwischen Kreuz und Auferstehung, Verfolgung und Trost verlaufe das Leben der Kirche. Jesus nachzufolgen, ohne zur Kirche zu gehören, das sei nicht möglich, so Franziskus mit Verweis auf die Worte Jesu im Johannesevangelium: „Ihr glaubt nicht, weil ihr nicht zu meinen Schafen gehört.“ (10,26) Außerhalb der Kirche könne man Christus nicht finden. Die Kirche sei die Mutter, die den Christen Identität gebe. Diese Identität sei nicht einfach nur ein „Personalausweis“, sondern bedeute Mitgliedschaft. Mit Verweis auf Papst Paul VI. und sein Apostolisches Schreiben „Evangelii Nuntiandi“, die Magna Charta der missionarischen Kirche, bezeichnet Franziskus die Vorstellung „Jesus ja, Kirche nein“ als einen „absurden Widerspruch“.

Klare Worte. Die Frage ist nun, wer ist diese „Mutter Kirche“? Ist es die katholische Kirche? Da würde Franziskus sicher ja sagen; allerdings zeigen die letzten Wochen, dass er mit dem zustand dieser „katholischen Kirche“ nicht zufrieden ist. Vergangene Woche predigte er beim Morgengottesdienst im vatikanischen Gästehaus Santa Marta über das II. Vatikanische Konzil. Er bezeichnete es als großes Werk des Heiligen Geistes und fragte, ob denn all das umgesetzt worden sei, was der Geist damals gesagt habe. Seine klare Antwort. „Nein, im Gegenteil: Wir feiern dieses Jubiläum und es scheint, dass wir dem Konzil ein Denkmal bauen, aber eines, das nicht unbequem ist, das uns nicht stört. Wir wollen uns nicht verändern und es gibt sogar auch Stimmen, die gar nicht vorwärts wollen, sondern zurück: Das ist dickköpfig, das ist der Versuch, den Heiligen Geist zu zähmen. So bekommt man törichte und lahme Herzen.“

Ganz von diesem Heiligen Geist des Konzils inspiriert sind nach eigenen Angaben die US-amerikanischen Ordensfrauen, die in den vergangenen Jahren ins Visier vatikanischer Visitatoren und Ermittler geraten sind. 2008 hatte die vatikanische Ordenskongregation eine Visitation der US-amerikanischen Frauenorden angekündigt; kurz darauf eröffnete die vatikanische Glaubenskongregation ein Verfahren gegen den Dachverband LCWR, in dem rund 80 Prozent der US-Frauenorden organisiert sind. Im Januar 2012 wurde die Apostolische Visitation abgeschlossen und der Untersuchungsbericht an den Vatikan geschickt. Seitdem warten die Ordensfrauen auf Antwort. Anders sieht es im Fall des Dachverbands aus. Vergangene Woche gab es ein Treffen mit Vertretern der Glaubenskongregation. Dabei teilte deren Chef, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, den Ordensfrauen mit, dass Papst Franziskus den Kurs von Benedikt XVI. gegenüber dem LCWR fortsetzen wolle. Dabei geht es um strukturelle Reformen, aber auch um lehrmäßige Fragen, die zu klären seien. Äußerungen einzelner Ordensfrauen zu Themen wie Homosexualität und Frauenpriestertum sind dem Vatikan ein Dorn im Auge. Der Fortgang der „Causa LCWR“ wird zu einer ersten Nagelprobe für Papst Franziskus werden. Denn viele der US-amerikanischen Ordensfrauen leben genau eine solche offene Kirche, die hinausgeht in die Peripherien menschlicher Existenz, wie Franziskus sie seit seiner Wahl ununterbrochen fordert. In einem Brief an seine argentinischen Bischofskollegen schrieb er vergangene Woche: „Wir müssen wachsen im freien Austausch der Meinungen.“ Ob das auch für den Umgang mit den US-Ordensfrauen gilt? Die haben die Hoffnung, dass sich Papst Franziskus noch eingehend mit der „Causa LCWR“ beschäftigen und dann einen versöhnlicheren Kurs einschlagen wird, als das bisher der Fall ist.

P.S. Bei der Morgenmesse heute warnte Franziskus, dass die Kirche sich nicht ihrer Größe und der Vielzahl der Organisationen brüsten dürfe. Sie werde dann schnell zu einer reinen Bürokratie, zu einer NGO, die ihr ihre prinzipielle Substanz verliere. Die Kirche sei eine „Geschichte der Liebe“. Die Vatikanbank IOR, die Büro seien durchaus notwendig, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Die entscheidende Frage sei, wie sie dieser „Geschichte der Liebe“ helfen.

Hirte statt Funktionär

Papst Franziskus hat heute einmal mehr den Priestern die klare Botschaft mit auf den Weg gegeben, dass sie Hirten sein sollen und nicht Funktionäre, Vermittler und nicht nur Mittelsmänner der Botschaft Jesu. Anlass war die Weihe von zehn Diakonen römischer Priesterseminare zu Priestern. Er rief die Priester zur Demut auf, die sich am Beispiel Jesu messen müsse, dem „guten Hirten“, der nicht gekommen sei, „um bedient zu werden sondern um zu dienen und zu versuchen, die Verlorenen zu retten“. „Bitte werdet nicht müde, barmherzig zu sein.“ In Anspielung an das Sakrament der Krankensalbung sagte er: „Mit dem heiligen Öl spendet Trost den Kranken und Alten. Habt keine Scheu, Zärtlichkeit gegenüber den Alten zu zeigen.“ Zugleich mahnte Franziskus die Priester, das Evangelium in Treue zur Kirche zu verkünden. Es sei nicht ihre eigene Botschaft, sondern die Botschaft Gottes, die Hüterin der Botschaft sei die Kirche.

Was Papst Franziskus heute sagte, ist nichts Neues. Das hatte er in den vergangenen Tagen und Wochen seit seiner Wahl bereits mehrfach getan. Es scheint ihm ein besonderes Anliegen zu sein, Demut und Barmherzigkeit als die besonderen Kennzeichen priesterlichen Handelns in Erinnerung zu rufen. Sieht er da ein besonderes Defizit? Das gebetsmühlenartige Wiederholen legt die Vermutung nahe.

P.S. Beim Mittagsgebet Regina Caeli wurde Franziskus heute dann noch politisch. Er rief die verschiedenen Parteien in Venezuela zum Dialog auf. Er beobachte die Entwicklungen in dem lateinamerikanischen Land nach den Präsidentschaftswahlen mit großer Sorge, so Franziskus. Die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft rief er auf, jeglicher Gewalt eine Absage zu erteilen und einen friedlichen Dialog zu suchen, der „auf Wahrheit und gegenseitiger Anerkennung“ beruhe.

Die verletzte Kirche

Papst Franziskus hat heute noch einmal vor einer autoreferenziellen Kirche gewarnt. In einem Brief an die argentinische Bischofskonferenz wiederholt er noch einmal seine Worte, die er im Vorkonklave an die Kardinäle gerichtet hatte. Die Kirche müsse missionarisch sein und an die Randgebiete menschlichen Daseins gehen. Sie dürfe keine Nabelschau betreiben. „Eine Kirche, die nicht aus sich herausgeht wird in der schlechten Luft der Zimmer, in der sie sich einschließt, früher oder später krank.“ Es sei ihm klar, wer hinausgeht, könne auch verunglücken. „Aber mir ist eine verletzte Kirche tausend Mal lieber als eine kranke.“ Typische Krankheiten der Kirche seien die Selbstbezogenheit und ein „Narzissmus, der zu einer spirituellen Mondänität und einem eitlen Klerikalismus“ führe. Stattdessen müsse man die „milde und ermutigende Freude des Evangelisierens“ spüren.

Die Vatikanmitarbeiter bekommen übrigens nach diesem Pontifikatswechsel keine Sondervergütung. Die Kardinäle hatten während der Generalkongregationen beschlossen, dass dieses Mal nichts gezahlt werde. Dem Vernehmen nach will Papst Franziskus einen Teil der ursprünglich dafür vorgesehenen Summe für soziale Zwecke verwenden. Nach der Wahl Benedikts XVI. hatten die Vatikanangestellten eine Sonderzahlung in Höhe von rund 1.000 EUR erhalten. In der Vergangenheit war es üblich bei Pontifikatswechseln eine solche Sondervergütung zu zahlen. Begründet wurde dies mit der Mehrarbeit, die in einer solchen Phase geleistet wird. Der historische Ursprung der Zahlungen liegt im Mittelalter. Damals wollte man mit einer Sondervergütung verhindern, dass die Mitarbeiter nach dem Tod des Papstes dessen Gemächer plünderten.

P.S. In dem Brief an seine früheren Bischofskollegen In Argentinien, die sich derzeit zur Vollversammlung in der Stadt Pilar treffen, entschuldigt sich Franziskus eigens, „jüngst übernommene Aufgaben“ machten eine Teilnahme nicht möglich.

Post aus Riad

Papst Franziskus hat heute Post aus der saudischen Hauptstadt Riad bekommen. Am Rande der Generalaudienz übergab der saudische Botschafter in Italien, Saleh Mohammad al Ghamd, einen Brief des saudischen Königs Abdullah. Über den Inhalt wurde nichts bekannt. Der Heilige Stuhl und Saudi Arabien unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Das Verhältnis ist nicht einfach, denn Christen ist es in Saudi Arabien verboten, Gottesdienste zu feiern und öffentlich religiöse Symbole zu tragen. Für den Vatikan eine unerträgliche Situation. Seit Jahren ist man um eine Verbesserung der Situation bemüht.

Papst Franziskus bei der heutigen Generalaudienz. (ap)

Aufsehen erregte daher der Besuch König Abdullahs Anfang November 2007 bei Papst Benedikt XVI. im Vatikan. Erstmals trafen der Hüter der Heiligen Stätten des Islams, Medina und Mekka, und das Oberhaupt der katholischen Kirche zusammen. Thema des halbstündigen Gesprächs war damals nach offiziellen Angaben die Situation im Nahen Osten und der interreligiöse Dialog. Ein Jahr nach der Regensburger Rede Benedikts XVI., die zu heftigen Protesten in der islamischen Welt geführt hatte, galt das „historische Treffen“ als Zeichen dafür, dass die Spannungen überwunden waren. Abdullah konnte sich dann aber doch eine Anspielung auf Regensburg nicht verkneifen und schenkte dem Papst ein reich verziertes Schwert.

Der Besuch, für den der König in konservativen islamischen Kreisen heftig kritisiert worden war, wurde allgemein als deutliches Zeichen für den Wunsch eines dauerhaften Dialogs zwischen dem Heiligen Stuhl und Riad gewertet. Entsprechend unterstützte der Vatikan auch die Gründung eines interreligiösen Zentrums in Wien, das den Namen des Königs trägt und mit saudischen Mitteln finanziert wird. Im Leitungsrat des „King Abdullah Bin Abdulaziz International Centre for Interreligious and Intercultural Dialogue“ sind alle vier Weltreligionen vertreten. Der Heilige Stuhl hat offiziell einen Beobachterstatus. Der Vatikan verteidigte das Zentrum gegen Kritik wegen der starken Einflussnahme Saudi-Arabiens bei dem Projekt.

So gibt es trotz der fehlenden diplomatischen Beziehungen einen regen Kontakt zwischen dem Vatikan und Riad. Der Brief heute ist ein weiteres Beispiel. Wenn dieser Kontakt dazu beiträgt, das Verhältnis zwischen Islam und Christentum im positiven Sinn voranzubringen, ist er nur zu begrüßen. Die Frage ist, wann es konkrete Ergebnisse gibt.

P.S. Das saudische Königshaus ist nicht die einzige islamische Instanz, die Kontakt zu Papst Franziskus sucht. Imam Ahmed Al Tayeb von der Al-Azhar-Universität in Kairo hatte nach der Wahl Bergoglios zum Papst ein Glückwunschschreiben geschickt, in dem er „volle Zusammenarbeit“ anbot, „um gemeinsame Werte zu sichern und der Kultur des Hasses und der Ungleichheit ein Ende zu setzen“. Er hoffe, dass man den Dialog wieder aufnehmen werde, nach den Problemen im Pontifikat von Papst Benedikt XVI. Die Al-Azhar-Universität, die eine der wichtigsten Autoritäten im sunnitischen Islam ist, hatte Anfang 2011 den Dialog mit dem Vatikan unterbrochen. Vorausgegangen war eine Rede Papst Benedikts XVI., in der er mehr Religionsfreiheit in islamischen Ländern gefordert hatte. Darüber waren Islamgelehrte verärgert und froren den Dialog vorübergehend ein.

P.P.S. Papst Franziskus hat heute vor einer „Babysitter-Kirche“ gewarnt. Beim Morgengottesdienst in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Santa Marta, den er mit Mitarbeitern der Vatikanbank IOR feierte, sagte er: Die Gläubigen dürften nicht passiv sein und auf Betreuung warten. So eine Kirche sei eine „eingeschlafene Kirche“. Jeder Getaufte müsse Christus mit Worten und Taten bezeugen. Glaubensverkündigung sei nicht nur eine Sache der Funktionsträger, sondern aller Getauften. Franziskus erinnerte an die Situation in Japan im 17. Jahrhundert, wo die Missionare vertrieben wurden. Als sie nach 200 Jahren zurückkehrten, seien alle katholisch getauft und verheiratet gewesen „Dank des Werks der Getauften“. Dieses Beispiel brachte Bergoglio als Kardinal immer wieder, wenn es um die Frage nach den Laien in der Kirche ging. Wie er sich das konkret im 21. Jahrhundert vorstellt, darauf darf man gespannt sein.

P.P.P.S. Die vatikanischen Museen müssen demnächst wohl eine neue Abteilung eröffnet. Heute bekam der begeisterte Fußballfan Franziskus schon wieder ein Fußballtrikot geschenkt. Dieses Mal von seinem Landsmann Lionel Messi – mit Unterschrift. Der Fußballstar war allerdings nicht persönlich bei der Generalaudienz. Das Trikot wurde von einem Priester überreicht. Erst am Montag hatte Spaniens Ministerpräsident Rajoy ein Shirt der spanischen Fußballnationalmannschaft überreicht. Mehrere Trikots des päpstlichen Lieblingsvereins San Lorenzo in Buenos Aires sind ebenfalls schon in der Sammlung.

Stiller Geburtstag

Benedikt XVI. feiert heute seinen 86. Geburtstag, still, ohne großes Aufsehen in der Päpstlichen Sommerresidenz in Castelgandolfo. Mit dabei ist sein Bruder Georg, der eigens dazu aus Regensburg angereist ist. Für die beiden Brüder ist es eine völlig neue Situation. Nach dem Amtsverzicht von Benedikt XVI. Ende Februar sind die beiden endlich wieder für sich alleine. So wie sie sich das auch 2005 vorgestellt hatten. Damals wollte Joseph Ratzinger nach dem Konklave den neuen Papst bitten, endlich in den lange ersehnten Ruhestand treten zu dürfen. Er wollte zurück in die bayerische Heimat, dort mit Bruder Georg seinen Lebensabend verbringen und noch einige Bücher schreiben. Es kam bekanntlich alles ganz anders. Joseph Ratzinger hat sich dem Schicksal gefügt und fand mit der Zeit auch Gefallen an seiner neuen Aufgabe als Papst.

Benedikt XVI. und sein Bruder Georg Ratzinger 2006 in Regensburg. (ap)

Ein bisschen ist er immer Joseph Ratzinger geblieben und nie ganz Papst Benedikt geworden. Es gab immer wieder Indizien dafür. So hat er seine Jesusbücher immer unter beiden Namen veröffentlicht. Doch vor allem diejenigen, die in ihm gerne den Vertreter eines eher absolutistischen Papsttums sahen, wollten das nicht wahrhaben. Umso größer war bei ihnen der Schreck, als Benedikt XVI. im Februar dieses Jahres sein Amt aufgab. Mit diesem revolutionären Schritt entmystifizierte er das Amt mehr als jeder Reformer sich das hatte vorstellen können. Er machte damit den Weg frei für einen Neuanfang, wie er jetzt von Papst Franziskus erwartet und offensichtlich auch angegangen wird. Für Joseph Ratzinger schien es der einzig mögliche Weg für einen Befreiungsschlag gewesen zu sein – für sich und seine so sehr geliebte Kirche. Nicht dass er die Probleme nicht gesehen hätte, aber es fehlte ihm am Ende die Kraft und die Mitarbeiter, sie anzupacken.

Die Ereignisse vom Februar und März haben die alten „Fronten“ und „Kategorien“ durcheinandergewirbelt. Konservative, die sich gerne als die eigentlichen Papsttreuen bezeichnen, sehen sich plötzlich mit einem völlig anderen Stil konfrontiert; Reformer trauen ihren Augen nicht, weil hier plötzlich ein Papst kommt, der es mit der Kollegialität ernst zu meinen scheint und auch in seinem Bistum Laien stark förderte. Ein Streit ist entbrannt, wie viel Kontinuität zwischen den beiden Päpsten herrscht oder ob beide gar doch grundverschieden sind. Diese neue Situation ist dann gut, wenn sie hilft, die alten Verkrustungen und Frontlinien aufzubrechen. Vor Jahren schon forderte der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper eine „verbale Abrüstung“, damit der innerkirchliche Dialog wieder gelingen kann. Wenn Rücktritt und Neuwahl dazu beitragen, haben sie einen wichtigen Dienst für die Kirche geleistet.

Benedikt XVI. sieht seinen Dienst jetzt im Gebet für die Kirche. Gerüchte, sein Gesundheitszustand habe sich seit dem Rücktritt stark verschlechtert, wurden in der vergangenen Woche vom Vatikan umgehend dementiert. Dem 86-Jährigen gehe es dem Alter entsprechend gut. Die meiste Post, die er zu seinem Rücktritt aus aller Welt bekommen hat, ist mittlerweile auch abgearbeitet. Heute dürfte sich die Stapel allerdings wieder vergrößert haben. Mitarbeiter der Gemeinschaft „Das Werk“, die Joseph Ratzinger schon in seiner Zeit als Kardinal stark förderte, helfen ihm bei der Schreibarbeit.

Michael Triegel malt sein zweites Papstporträt.

Papst Franziskus hat am Vormittag seinem Vorgänger telefonisch zum Geburtstag gratuliert. In der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl in Rom wird am Abend ein Papstporträt des Leipziger Malers Michael Triegel enthüllt. Es ist eine Leihgabe des Künstlers an die Botschaft. Es ist Triegels zweites Papstporträt. Das erste hatte 2010 für Diskussionen gesorgt. In der sehr realistischen Darstellung hatten manchen Betrachter schon karikatureske Züge erkannt. Triegel sagte damals, er habe den Menschen Joseph Ratzinger gemalt, nicht den Papst. Benedikt XVI. fordert also selbst als Gemälde zur Diskussion heraus.

Zwischen Eurokrise und Reiseplänen

Papst Franziskus hat heute den ersten europäischen Regierungschef in Audienz empfangen. Der Spanier Mariano Rajoy war zu Gast im Vatikan. Etwas ungewöhnlich war bei der Begegnung das anschließende Kommuniqué des vatikanischen Presseamts. Das enthielt nämlich nicht nur die sonst üblichen sehr allgemein gehaltenen Sätze über die guten Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land des Gastgebers, sondern es ging konkret auf die Situation Spaniens ein. Franziskus zeigte sich besorgt angesichts der durch die Euro- und Wirtschaftskrise bedingten hohen Arbeitslosigkeit, die viele Familien und vor allem auch junge Menschen treffe.

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy überreicht dem Fußballfan Franziskus ein Trikot der spanischen Nationalmannschaft. (ap)

Die „Arbeit“ gehört zu den Lieblingsthemen den neuen Pontifex. In seiner Heimat in Argentinien hatte er die hohe Arbeitslosigkeit stets scharf angeprangert. Immer wieder betonte Bergoglio, dass die Arbeit dem Menschen letztendlich seine Würde gebe, nicht die Herkunft und auch nicht die Familie. Entsprechend müsse die Politik alles dafür tun, den Menschen Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Staatliche Unterstützung bei Arbeitslosigkeit sei gut und notwendig, wichtiger sei es aber, Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Es ist also durchaus zu erwarten, dass dieses Thema künftig ganz oben auf der politischen Agenda des Papstes stehen wird.

Die Arbeitslosigkeit war nicht das einzige Thema, das im Gespräch zwischen Rajoy und Papst Franziskus besprochen wurde. Es ging auch um Ehe und Familie, religiöse Erziehung sowie internationale Fragen und Lateinamerika. In der Vergangenheit hatte es in Spanien mehrfach heftige Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Politik beim Thema gleichgeschlechtliche Partnerschaften gegeben.

Lateinamerika wird auch das erste Reiseziel von Papst Franziskus sein und zwar Ende Juli bei seiner Reise zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro in Brasilien. Das erklärte heute Vatikansprecher Federico Lombardi. Er setzte damit Spekulationen ein Ende, Papst Franziskus könnte Anfang Juni zum Nationalen Eucharistischen Kongress nach Köln kommen. Der dortige Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, hatte am Samstagabend in einem Dankgottesdienst zur Wahl von Papst Franziskus erklärt, er habe ihn eingeladen und bisher noch keine Absage erhalten. Nach den Worten Lombardis von heute dürfte an dieser Stelle Klarheit herrschen.

Geöffnet hat sich dem Anschein nach die Tür für eine Reise des Papstes ins Heilige Land im nächsten Jahr. Heute war der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, in Audienz bei Papst Franziskus. Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., hatte bei seinem Besuch im Vatikan aus Anlass der Amtseinführung Mitte März Franziskus für 2014 eine gemeinsame Pilgerfahrt ins Heilige Land vorgeschlagen. Damit solle an die historische Begegnung zwischen Papst Paul VI. und dem ökumenischen Patriarchen Athenagoras in Jerusalem vor dann genau 50 Jahren erinnert werden. Die Begegnung am 5./6. Januar 1964 brachte den Durchbruch in den Beziehungen zwischen katholischer Kirche und Orthodoxie und machte den Weg frei für die Aufhebung der gegenseitigen Exkommunizierung aus dem Jahr 1054. Im Vatikan will man eine Papstreise ins Heilige Land im nächsten Frühjahr derzeit nicht ausschließen. Offen ist ebenfalls noch, ob Franziskus in der zweiten Jahreshälfte 2013 noch seine argentinische Heimat besucht. Es wurde bereits über einen Termin Anfang Dezember spekuliert. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür aber noch nicht.

P.S. Beim ersten Gottesdienst als Papst in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern unterstrich Franziskus gestern Abend noch einmal die Bedeutung der Glaubensverkündigung durch das Zeugnis und stellte fest: „Die Inkohärenz der Gläubigen und der Hirten zwischen dem, was sie sagen, und dem, was sie tun, zwischen dem Wort und der Lebensweise untergräbt die Glaubwürdigkeit der Kirche.“ Das erinnert sehr an Benedikt XVI., der bei seinem Besuch in Freiburg im September 2011 erklärte: „Der Schaden der Kirche kommt nicht von ihren Gegnern, sondern von den lauen Christen.“

Franziskus macht ernst!

Acht Kardinäle werden künftig Papst Franziskus bei der Regierung der Kirche beraten, darunter auch der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Die Gruppe soll zudem eine Kurienreform vorbereiten. Damit macht Franziskus ernst mit dem, was im Vorkonklave von den Kardinälen gefordert wurde: mehr Beratung, mehr Beteiligung der Ortskirchen an den Entscheidungen der Kurie. Sieben der acht Kardinäle sind Ortsbischöfe; lediglich der Chef des Vatikanstaats, Kardinal Giuseppe Bertello, kommt aus der römischen Zentrale und ist Italiener. Damit macht Papst Franziskus auch mit der Internationalisierung in der Leitung der katholischen Kirche ernst.

Kardinal Reinhard Marx: Die Stimme des Erzbischofs von München und Freising hat künftig noch mehr Gewicht im Vatikan. (dpa)

Die Regierungsberater des Papstes kommen von allen Kontinenten. Zu ihnen gehören auch einige, die im Vorfeld des Konklaves als papabile gehandelt wurden wie der Erzbischof von Boston, Sean Patrick O’Malley, und der Erzbischof von Tegucigalpa in Honduras, Oscar Rodriguez Maradiaga. Er wird auch die Gruppe der acht Kardinäle koordinieren. Dieser gehören zudem an: aus Lateinamerika der emeritierte Erzbischof von Santiago de Chile, Francisco Javier Errázuriz Ossa, aus Asien der Erzbischof von Bombay, Oswald Gracias, aus Afrika der Erzbischof von Kinshasa, Laurent Monsengwo Pasinya, sowie für Ozeanien der Erzbischof von Sydney, George Pell. Alle acht Kardinäle sind Schwergewichte auf ihrem Kontinent.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx ist der jüngste im Beraterkreis. Er fiel im Vorkonklave vielen Mitbrüdern durch seine Beiträge positiv auf – wohl auch dem neuen Papst. Klar, aber sachlich war seine Kritik an den Problemen in und mit der Kurie aus Sicht eines Diözesanbischofs. Er ist seit März 2012 Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen in der EU (COMECE). Marx wird damit in den künftigen Beraterkreis des Papstes die Stimme Europas einbringen. Franziskus hat bei der Besetzung des Gremiums darauf geachtet, dass die Mitglieder entsprechend auf ihren Kontinenten vernetzt sind. Kardinal Errázuriz Ossa war von 2003 bis 2007 Präsident der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM) und hat damit auf dem Kontinent gute Kontakte. Weltweite Beziehungen hat Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga in seiner Funktion als Präsident von Caritas Internationalis. Der indische Kardinal Oswald Gracias ist Präsident der Föderation der Bischofskonferenzen in Asien.

Mit seiner Entscheidung verschiebt der Papst die Machtverhältnisse in der katholischen Kirche. Die Ortskirchen erhalten mehr Gewicht im Vergleich zur römischen Kurie. Die ist in dem Gremium nur mit einer Stimme vertreten. Will der neue Papst damit auch signalisieren, dass er in der Kurie weniger ein Instrument der Leitung der Kirche sieht als vielmehr ein Instrument, die Beschlüsse des Papstes und seiner Berater umzusetzen. Betont der Papst damit die Dienstleistungsfunktion der Kurie künftig mehr?

Auffallend ist, dass der amtierende Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone nicht in das Gremium berufen wurde; stattdessen der Chef des Vatikanstaats, Kardinal Giuseppe Bertello. Streng genommen gehört er nicht zur römischen Kurie, denn der Vatikanstaat ist eine eigene Größe. Dies könnte ein Zeichen dafür sein, dass Bertello in Kürze zum Nachfolger von Bertone als Kardinalstaatssekretär ernannt wird. Der Name wird seit einiger Zeit immer wieder genannt, wenn es um das zweithöchste Amt in der katholischen Kirche geht. Bertello ist ein erfahrener Diplomat. Wird er nicht Kardinalstaatssekretär, müsste der Papst den Nachfolger von Bertone in das Beratergremium „nachberufen“. Eine Kurienreform zu planen, ohne den Kardinalstaatssekretär einzubeziehen, macht wenig Sinn. Dass ein anderer Kardinal aus dem Beratergremium Staatssekretär wird, ist eher unwahrscheinlich. Traditionell ist bei einem nichtitalienischen Papst der Kardinalstaatssekretär ein Italiener. Angesichts der Tatsache, dass die Kurie italienisch „denkt und arbeitet“, würde sich ein Italiener an der Spitze sicher mit der Umsetzung von Reformen leichter tun, als ein Ausländer.

Vier Wochen nach seiner Wahl setzt Papst Franziskus ein erstes wichtiges Signal: Er will Veränderungen in der katholischen Kirche. Damit meint er nicht nur den Stil, sondern auch die Strukturen. Das hatten viele bereits gehofft; seit heute ist es Gewissheit. Allerdings ist die Entscheidung nur ein erster Schritt. Eine lange Phase der Beratungen und der Umsetzung liegt noch vor Papst Franziskus. Ob Franziskus neben Stil und Strukturen auch an Inhalte geht, ist noch offen. Eigentlich vertritt er in theologischen Fragen traditionelle Positionen der katholischen Kirche. Neues bei Stil und Strukturen also „Ja“, bei den Inhalten heißt es abwarten.

P.S. Zur diplomatischen Karriere Bertellos: 1987 nahm er als Beobachter des Vatikans an einer Konferenz von Außenminister bündnisfreier Länder in Pjöngjang teil. Er war damit einer der ersten Vatikanvertreter, die nach dem Koreakrieg nordkoreanischen Boden betraten. Zwischen 1987 und 1995 war er Nuntius in verschiedenen afrikanischen Ländern, darunter Ghana, Togo, Benin und Ruanda. Dort war er zur Zeit des Völkermords der Hutu an der im Land lebenden Tutsi-Minderheit. Später hatte Bertello Posten an UN-Vertretungen des Heiligen Stuhls in Genf und Bangkok, bevor er von 2007-2011 Nuntius in Italien wurde. Seit September 2011 ist er Governator des Vatikanstaats.

P.P.S. Wenn das Gremium sich am Ende wirklich als der entscheidende Beraterkreis des Papstes etabliert, steigt der Münchner Kardinal Reinhard Marx mit seiner Ernennung zu einem der mächtigsten Kardinäle der Welt auf.

Alltag im Vatikan

Der päpstliche Alltag hat Franziskus nun endgültig eingeholt. Seit gestern sind die Ad-Limina-Besuche wieder aufgenommen worden. Auch die Sonderaudienzen für Gruppen finden wieder statt: gestern die „Papal Foundation“, heute die Päpstliche Bibelkommission. Gestern ging es also mehr darum, Gönnern der katholischen Kirche für ihr Engagement zu danken; heute stand dann die Theologie im Mittelpunkt. Dabei betonte Franziskus, dass die Bibelauslegung immer in Übereinstimmung mit der kirchlichen Tradition und Lehre erfolgen müsse. Er erinnerte an die Konstitution „Dei Verbum“ des II. Vatikanischen Konzils, in der die „untrennbare Einheit von Heiliger Schrift und Tradition“ betont wird. An der Entstehung dieser Konstitution hatte der junge Theologe und Konzilsberater Joseph Ratzinger entscheidend mitgewirkt. Nun können sicher die meisten Exegeten dieser Verbindung zustimmen. Das Entscheidende ist natürlich wieder die konkrete Umsetzung dieser Prämisse. Hier wird sich zeigen, wie im Pontifikat von Franziskus das Verhältnis von wissenschaftlicher Theologie und kirchlichem Lehramt sein wird.

Vor dem Treffen mit der Bibelkommission besuchte Franziskus das vatikanische Staatssekretariat, sozusagen die Schaltzentrale der katholischen Kirche. Es ist Innministerium, Außenministerium und Staatskanzlei in einem. In den letzten Jahren gab es massive Kritik an der Arbeit der Behörde. Die äußerten mehrere Kardinäle im Vorkonklave. Jorge Mario Bergoglio wurde auch deshalb zum Papst gewählt, weil man ihm zutraut, die Kurie zu reformieren. Eigentlich sollte das Staatssekretariat die Arbeit der Kurienbehörden koordinieren und zusammenführen. Letztendlich hat es diese Aufgabe aber in den letzten Jahren nicht ausreichend umgesetzt. Entsprechend wird erwartet, dass der Papst in Kürze einen neuen Kardinalstaatssekretär ernennt, der die Arbeit optimiert. Es ist zwar nicht damit zu rechnen, dass es schon bald eine große Kurienreform gibt. Dazu braucht es eine entsprechende Vorarbeit. Doch ist eine Reihe von Verbesserungen auch kurzfristig möglich, ohne dass Statuten und Strukturen verändert werden. Dazu gehört ein regelmäßiges Treffen der Chefs der verschiedenen Kurienbehörden, also eine Art Kabinettssitzung – sei es mit oder den Papst. Dazu zählt eine bessere Vernetzung zwischen den Behörden auf Referentenebene und eine Personalrekrutierung nach Qualifikationskriterien und nicht aufgrund von Beziehungen. Für den Besuch im Staatssekretariat nahm Franziskus sich eine knappe Stunde Zeit. Er begrüßte jeden der rund 300 Mitarbeiter persönlich und dankte für die Arbeit.

P.S. Franziskus gewöhnt sich langsam auch daran, dass er Papst ist. Das Beileidstelegramm zum Tod von Kardinal Antonetti unterzeichnete er mit „Franciscus PP.“ In den ersten Tagen ließ er in Briefen das Kürzel „PP“ (Papst) gerne auch mal weg. In seiner Ansprache an die Papal Foundation sprach er gestern nicht nur vom „Bischof von Rom“ sondern auch vom „Hirten der Universalkirche“.

Pacem in terris

50 Jahre wird die Friedensenzyklika „Pacem in terris“ des seligen Papst Johannes XXIII. morgen alt. Mit Blick auf die aktuelle Weltlage könnte das Dokument aktueller kaum sein. Das Jubiläum fällt in einen Moment, der an die Zeit der Entstehung erinnert. Als das päpstliche Lehrschreiben am 11. April 1963 veröffentlicht wurde, lag die Kubakrise vom Oktober 1962 gerade erst wenige Monate zurück. Die Welt hatte den Gefahren eines Atomkriegs „in die Augen geschaut“. In diesen Tagen ist die Situation zwar nicht ganz so dramatisch. Trotzdem schauen viele mit großer Sorge nach Korea. Selbst die Mächtigen in den USA und China halten den Atem an.

Papst Johannes XXIII. will Frieden!

50 Jahre ist das Papier Johannes XXIII. alt und dennoch so aktuell wie damals. Der Papst fordert darin nicht nur das Ende des Wettrüstens, sondern einen Abbau der Waffenarsenale weltweit. Er verurteilt Kriege zur Lösung von Konflikten; einzig richtiger Weg seien Verhandlungen und politische Lösungen. „Es widerstrebt in unserem Zeitalter, das sich rühmt, Atomzeitalter zu sein, der Vernunft, den Krieg noch als das geeignete Mittel zur Wiederherstellung verletzter Rechte zu betrachten.“ Die Enzyklika sorgte nicht nur wegen der Friedensthematik für Aufsehen. Papst Johannes XXIII. anerkennt darin die Menschenrechte und greift damit den Beschlüssen des II. Vatikanischen Konzils voraus. Zudem äußert er sich zum wirtschaftlichen Fortschritt, der stets mit dem sozialen Fortschritt der Menschen einhergehen müsse.

Erstmals sprach sich die katholische Kirche in einem offiziellen Dokument für eine globale Autorität aus. „Da aber heute das allgemeine Wohl der Völker Fragen aufwirft, die alle Nationen der Welt betreffen, und da diese Fragen nur durch eine politische Gewalt geklärt werden können, deren Macht und Organisation und deren Mittel einen dementsprechenden Umfang haben müssen, deren Wirksamkeit sich somit über den ganzen Erdkreis erstrecken muss, so folgt um der sittlichen Ordnung willen zwingend, dass eine universale politische Gewalt eingesetzt werden muss.“ Ein knappes Jahr später trat im März 1964 der erste Ständige Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen seinen Dienst an.

„Pacem in Terris“ gehört zu den großen Enzykliken des vergangenen Jahrhunderts. Johannes XXIII. veröffentlichte sie wenige Monate vor seinem Tod. Neben dem II. Vatikanischen Konzil, das Papa Roncalli einberufen hatte, gilt die Friedensenzyklika gleichsam als das Vermächtnis des „Papa buono“.

Sein aktueller Nachfolger wird ja von vielen auch schon als „Papa buono“ bezeichnet. Papst Franziskus hat heute bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz seine Landsleute erstmals auf Spanisch begrüßt. Und er ist’s gewesen, der ihn dazu brachte: sein Lieblingsfußballclub San Lorenzo aus Buenos Aires. Eine Delegation des Clubs war heute auf dem Petersplatz unter den mehr als 30.000 Teilnehmern und begrüßte den Papst nach der Audienz in der so genannten „Prima Fila“. Gut – wahrscheinlich hätte der Papst auch ohne die „Raben“, wie sich die Anhänger des Clubs nennen, die spanischsprachigen Pilger selbst begrüßt. Denn auch im Vatikan hat man bemerkt, dass es in den vergangenen Wochen etwas seltsam wirkte, wenn Franziskus’ Ansprache von einem Mitarbeiter des Staatssekretariats ins Spanische übersetzt wurde. Seine Botschaft an die Teilnehmer. „Christ sein heißt nicht bloß die Gebote befolgen, sondern in Christus sein – denken, handeln, lieben wie Christus.“

P.S. Aufmerksame Leser haben natürlich sofort bemerkt, dass es auch im Pontifikat von Franziskus „Raben“ im Vatikan gibt. Allerdings sind das nicht wie bei Benedikt XVI. Spione, die private Dokumente an Journalisten weitergeben und von der Vatikanpolizei gejagt werden, sondern die blau-rot gestreiften „Raben“ des päpstlichen Fußballclubs. Die jagen mit ihrer Mannschaft der argentinischen Meisterschaft hinterher und werden vom Papst sowie seiner Polizei mit Jubel empfangen. 14 Mal wurde San Lorenzo argentinischer Meister, zuletzt 2007. In dieser Saison stehen sie in der 1. argentinischen Liga bisher auf Platz 10 der Tabelle.