Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog

Interessantes und Hintergründiges aus dem Vatikan

Neue Transparenz?

Macht der Vatikan wirklich ernst mit der Transparenz bei seinen Finanzgeschäften? Das wird man sehen. Angekündigt hat der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Vatikanbank IOR, Ernst von Freyberg, jetzt auf jeden Fall eine Internetseite des Geldinstituts bis Dezember dieses Jahres. Dort sollen auch die Aktivitäten des IOR veröffentlicht werden, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi. IOR steht für „Istituto per le opere religiose – Institut für religiöse Werke“. Inwieweit dabei auch detailliert die Bilanzen offen gelegt werden, ist noch unklar. Die Ankündigung erfolgt wenige Tage, nachdem vatikanische  Finanzaufsicht und die entsprechende Behörde in den USA ein Abkommen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterzeichnet haben. Es bewegt sich also etwas im Bereich der Finanzen.

Im Vorkonklave hatten viele Kardinäle die Vorkommnisse der vergangenen Jahre scharf kritisiert und mehr Transparenz sowie saubere Geschäfte gefordert. Die Kritik scheint angekommen zu sein. Dabei lautet die Devise unter Papst Franziskus allerdings nicht, alles über Bord zu werfen. Es geht vielmehr darum, den Reinigungskurs, den Benedikt XVI. angestoßen hatte, fortzusetzen. In diesem Sinne stellte vor wenigen Tagen bereits der vatikanische Innenminister, Giovanni Angelo Becciu klar, dass der Papst nicht vorhabe, die Vatikanbank IOR zu schließen. Dies hatten einige Beobachter aus den Worten von Papst Franziskus beim Morgengottesdienst am 24. April 2013 in Santa Marta geschlossen. Bei der Messe waren auch Mitarbeiter der Vatikanbank anwesend. Franziskus sagte damals, dass die Büros der Kurie und auch das IOR notwendig seien, aber nur bis zu einem gewissen Punkt, nur so lange sie der Kirche dienten. Franziskus wollte damit nicht die Existenz des IOR in Frage stellen, so Becciu.

Auch die Statue des hl. Josef an der Fassade der Kirche San José de Flores, der Jugendkirche Bergoglios in Buenos Aires, trägt eine Lilie.

Übrigens hat Franziskus gestern bei der Morgenmesse davor gewarnt, dass Armut nicht zur „Ideologie“ werden dürfe. Anlass war eine Stelle aus dem Johannesevangelium, in der Maria von Bethanien Jesus mit kostbarem Öl die Füße salbt. Judas kritisiert das und sagt, man hätte das Öl verkaufen und damit die Armen unterstützen können. Jesus verteidigt Maria und sagt: „Die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber nicht.“ (vgl. Joh 12,1-8). Hier, so Franziskus in seiner Predigt, sei ihm im Evangelium zum ersten Mal „Armut als Ideologie“ begegnet. Der Ideologe wisse aber nicht, was Liebe ist. Marias Handeln sei ein Akt der Liebe gewesen. Interessanterweise handelt es sich in der Episode um „Nardenöl“. Die Nardenblüte ist Teil des Wappens von Papst Franziskus. So könnte man dieses Symbol bei aller Betonung der „Option für die Armen“ durch Franziskus als Absage an eine „Ideologie der Armut“ deuten. Der Vatikan hatte bei der Vorstellung des Wappens von Franziskus die Nardenblüte ja als Symbol für Josef gedeutet. Allerdings ist es schwierig, eine Bestätigung für diese Deutung zu finden. Der Vatikan verweist auf spanische Traditionen; doch auch bei unserem Besuch in Buenos Aires vor wenigen Tagen konnten unsere Gesprächspartner diese Verbindung von Narde und Josef nicht erklären. Denn eigentlich wird Josef mit einer Lilie dargestellt als Symbol der Keuschheit und Reinheit.

Ein „strategischer Heiliger“?

In Rom hat Papst Franziskus heute seine erste Heiligsprechung als Papst vorgenommen. In der Predigt sprach er von den Heiligen als Vorbilder im Glauben: in jedem Anderen das Bild Christi sehen, alle annehmen ohne Vorurteile und ohne Zwang, sondern mit Liebe und ihnen das Wertvollste geben, was wir als Christen haben: Christus und sein Evangelium. Solch ähnliche Worte haben wir vergangene Woche auch bei unserem Besuch in Buenos Aires gehört. Allerdings sprachen wir da mit den Gläubigen über deren ehemaligen Erzbischof Jorge Mario Bergoglio. Für sie scheint Papst Franziskus schon zu Lebzeiten ein Heiliger zu sein.

 

Pater Sebastian im Gespräch mit Florinda Flores.

Wir sind mit Pater Sebastian durch seine Pfarrei gegangen. Sie liegt in einem der Armenviertel der argentinischen Hauptstadt; gleich neben dem schicken Stadtteil Flores. Dort hat Jorge Mario Bergoglio seine Kindheit verbracht. Dort, in der Kirche San José de Flores hat er Mitte der 1950er Jahre bei einer Beichte seine Berufung erfahren. Ab 1992 war er für den Stadtteil auch als Weihbischof zuständig. Er sei in der Zeit als Weihbischof sehr oft in die angrenzende „Villa miseria“ gekommen, erzählt Pater Sebastian. Später als Erzbischof und Kardinal habe er dann weniger Zeit gehabt. Trotzdem habe er sie jedes Jahr mindestens ein oder zweimal besucht. Die Menschen in der Villa erzählen begeistert von „ihrem“ Papst Franziskus. Er bringe ihre Sorgen und Probleme nun in die Weltkirche ein, ist Florinda Flores überzeugt. Bei ihr war Bergoglio einmal zum Essen zu Gast. Seine Bescheidenheit und Herzlichkeit habe sie sehr beeindruckt, erzählt sie. In vielen Häusern des Viertels hängen Fotos von Bergoglio. Nach den Firmungen etwa nahm er sich jedes Mal Stunden Zeit, um mit allen Firmlingen und ihren Familien fotografiert zu werden.

Pater Sebastian feiert einen Gottesdienst.

Auch Pater Sebastian erzählt viel Positives über seinen ehemaligen Chef. Jeder Priester habe die persönliche Telefonnummer Bergoglios gehabt. Man hatte so einen direkten Draht zu ihm. Wenn er nicht sofort erreichbar gewesen sei, habe er innerhalb kürzester Zeit zurückgerufen. Die Arbeit in den Armenvierteln sei ihm ein besonderes Anliegen gewesen. Zu Beginn seiner Amtszeit als Erzbischof 1998 seien nur noch wenige Priester in den Villas miserias gewesen. Bergoglio habe ihre Präsenz systematisch ausgebaut. Heute seien die meisten Pfarreien in den Armenvierteln mit mindestens zwei Klerikern besetzt. Sebastian lebt mit einem jungen Diakon in seinem Pfarrhaus. Das wurde gerade umgebaut. Viele Jahre lebte Sebastian in einer einfachen Hütte. Auf Bergoglios Wunsch wurde nun ein größeres Pfarrhaus gebaut, in dem dann auch Räume für Katechese und caritative Angebote sind.

Bergoglio also der „Kardinal der Armen“!? Hier wird Pater Sebastian etwas ungehalten. In der Weltöffentlichkeit werde Bergoglio gegenwärtig so dargestellt, als habe er sich nur um die Armen gekümmert. Das sei nicht richtig. Bergoglio habe sich um alle gekümmert: Reiche, Mittelschicht und eben auch um die Armen. Während die Armen oft vergessen würden, habe Bergoglio sie sehr klar im Blick gehabt, aber eben nicht nur die Armen. Bergoglio, ein Hirte, für alle Gläubigen und die Priester. Es hört sich beinahe so an, als hätten wir es hier mit einem Mann ohne Ecken und Kanten zu tun.

Das sieht der Journalist Washington Uranga nicht ganz so. Er schreibt unter anderem für die regierungsnahe Zeitung „Pagina 12“. Ihn treffen wir in La Plata, eine Stadt vor den Toren von Buenos Aires. Für ihn ist Bergoglio ein Mann großer Widersprüche. Auf der einen Seite sei beispielsweise diese starke Option für die Armen, auf der anderen Seite gebe es aber auch die noch ungeklärte Rolle Bergoglios als Jesuitenprovinzial in der Zeit der argentinischen Militärdiktatur. Wie hat er sich im Falle der beiden verschleppten Jesuiten Yorio und Jalics wirklich verhalten? Uranga kannte Yorio persönlich. Dieser habe zwar, wie Jalics jüngst auch, erklärt, Bergoglio habe sie seinerzeit nicht an die Militärs verraten. Doch, so habe ihm Yorio erzählt, hätten sie sich von ihrem damaligen Oberen im Stich gelassen gefühlt. Uranga hofft, dass Bergoglio als Papst nun den Anstoß für eine Aufarbeitung der Rolle der Kirche in der Militärdiktaturzeit gibt.

Uranga ist Bergoglio mehrfach begegnet. Auch er zeigt sich beeindruckt von dessen Bescheidenheit. Zugleich sieht er im neuen Papst einen ausgewiesenen Strategen. Bergoglio wisse stets genau was er wolle, und setze dies auch durch, so Uranga. Bergoglio ein Stratege? Es gibt durchaus Belege dafür: Als Erzbischof von Buenos Aires und Vorsitzender der Argentinischen Bischofskonferenz (2005-2011) ärgerte er sich mehrfach über die Ernennung von konservativen Bischöfen in Argentinien. Kurzerhand platzierte er in der Bischofskongregation, die für die Vorbereitung der Ernennungen zuständig ist, einen Priester aus seinem Bistum. Fortan war er über die Vorgänge vorab informiert und konnte gegebenenfalls versuchen rechtzeitig einzugreifen.

Über die ersten Bischofsernennungen als Papst hört man übrigens Positives. Im argentinischen Bistum Merlot-Moreno waren die Gläubigen hoch erfreut über ihren neuen Bischof Fernando Carlos Maletti. Am vergangenen Sonntag, einen Tag vor der Ernennung, nannten sie uns beim Besuch in der Gemeinde eben diesen Bischof als ihren Wunschkandidaten. Tags darauf ging ihr Wunsch in Erfüllung. Und auch aus der österreichischen Diözese Feldkirch hört man viele positive Rückmeldungen nach der Ernennung von Benno Elbs zum neuen Bischof. Mit Spannung werden daher die ersten Ernennungen für Deutschland erwartet. Die Bistümer Erfurt und Passau warten auf neue Bischöfe; einige andere Bistümer wie Freiburg und Köln warten auf neue Weihbischöfe. Zum 25.12. wird dann auch das Erzbistum Köln vakant, nachdem Kardinal Meisner in der vergangenen Woche noch einmal das öffentlich bestätigte, was laut Kirchenrecht selbstverständlich ist, dass er mit dem Erreichen seines 80. Geburtstag am Weihnachtstag in Pension gehen möchte.

Das war eigentlich keine Sensationsmeldung. Zwei andere Vorgänge hingegen schon eher. Am Dienstagabend gab der Vatikan bekannt, dass man künftig mit den USA eng im Kampf gegen Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus zusammenarbeiten will. Eine entsprechende Vereinbarung war an diesem Tag zwischen der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF und der entsprechenden Organisation der US-Regierung unterzeichnet worden. Das ist ein Zeichen, dass es dem Vatikan ernst zu sein scheint, die Probleme in seinem Finanzsektor in den Griff zu bekommen. Transparenz und saubere Geschäfte lautet die Devise für die Zukunft.

Ungewöhnlich und auch etwas überraschend kommt der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel nächsten Samstag im Vatikan. Immerhin sind im September Bundestagswahlen. Es ist nicht üblich, dass Politiker in den sechs Monaten vor einer Wahl vom Papst empfangen werden. Noch vor wenigen Wochen hieß es in Rom, dass es zu einer Begegnung vor der Wahl nicht mehr kommen werde. Jetzt ist das doch der Fall. Man darf gespannt sein, welchen Grund die Bundeskanzlerin nächste Woche für die Begegnung anführen wird. Das Verhältnis zwischen Angela Merkel und den Päpsten war nicht immer einfach. Johannes Paul II. traf sie 2003 einmal als Oppositionsführerin. Sie hatte damals George W. Bush beim Irakkrieg unterstützt. Papst Wojtyla stand klar auf der Gegnerseite. Benedikt XVI. traf Angela Merkel dreimal. Schwer belastet wurde das Verhältnis, als Merkel 2009 in der Williamsonaffäre den Papst öffentlich zu einer Klarstellung aufforderte. Zwar glätteten sich die Wogen wieder, und beim Deutschlandbesuch im Herbst 2011 begegnete man sich in herzlicher Atmosphäre in Berlin. Doch gewisse Irritationen sind geblieben. Die Begegnung mit Papst Franziskus ist im Wahljahr aus Sicht der Kanzlerin sicher eine strategisch kluge Sache. Viele Katholiken in Deutschland verspüren ein Gefühl von Aufbruch und Neuanfang. Wenn es der Kanzlerin gelingt, durch einen Schulterschluss mit dem Papst diese Stimmung auch auf sich zu übertragen, kann sie von der Begegnung nur profitieren. Zumal sie durch den Rücktritt Annette Schavans im Februar die wichtigste Katholikin an ihrer Seite verloren hat. Man darf gespannt sein, ob der Besuch im Vatikan mehr wird als nur ein Wahlkampftermin. Dafür könnte vielleicht Papst Franziskus sorgen. Denn der Papst, dem soziale Gerechtigkeit sowie die Option für die Armen und Marginalisierten sehr am Herzen liegen, wird einiges zu besprechen haben mit der Regierungschefin der größten Volkswirtschaft in Europa. Die Sorgen und Nöte der Menschen in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und den anderen Krisenländern sind ihm sicherlich präsent, ganz zu schweigen von der Rolle der großen Industrienationen im weltweiten Kampf gegen die zunehmende soziale Ungerechtigkeit.

Der Papst und die Ordensfrauen

Es läuft nicht ganz rund im Verhältnis zwischen den katholischen Ordensfrauen und dem Vatikan. Da ist zum einen der Streit zwischen dem Dachverband der US-Ordensfrauen (LCWR) und der römischen Zentrale; unabhängig davon fordern Ordensfrauen schon seit langer Zeit mehr Mitsprache in verantwortlichen Positionen der katholischen Kirche. Diese Forderung wiederholte am Rande der Vollversammlung der Internationalen Union der Generaloberinnen (UISG) die Generalsekretärin der Union, Schwester Josune Arregui, diese Woche in Rom. Heute empfing Papst Franziskus die Ordensfrauen. Er gab ihnen drei Dinge mit auf den Weg für die Erneuerung der Orden: die Zentralität Christi und seines Evangeliums, die Ausübung von Autorität als Liebesdienst und das „Fühlen“ mit der Kirche, sprich der Gehorsam gegenüber der Kirche.

 

Letzter Punkt wird natürlich vor dem Hintergrund des aktuellen Streits mit den US-Ordensfrauen sehr aufmerksam gelesen. Die Kirchlichkeit sei konstitutiv für das Ordensleben, so Franziskus. Darunter versteht er die Treue zum Lehramt in der Gemeinschaft mit den Bischöfen und dem Papst. Wie schon an anderer Stelle erinnerte Franziskus an Papst Paul VI., der die Vorstellung „Jesus ja, Kirche nein“ in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii nuntiandi“ als „absurden Widerspruch“ bezeichnete. Die Gehorsamsforderung gegenüber dem Lehramt ist bei Franziskus also nicht neu; doch lässt sie gegenüber den Ordensfrauen besonders aufhorchen. Zumal der Papst ausdrücklich auch die Ausbildung entsprechend der „gesunden Lehre der Kirche, in der Liebe zur Kirche und im kirchlichen Geist“ in den Instituten anmahnte. Auffallend ist zudem, dass das letzte Wort der Rede von Franziskus „hierarchisch“ ist. Er spricht da von der „heiligen hierarchischen Mutter Kirche“. Das verwundert doch etwas, dass er dies so betont.

 

Dass sich Franziskus zum Thema Kirchlichkeit der Orden äußert, ist sicher nicht (nur) den jüngsten Auseinandersetzungen mit den US-Ordensfrauen geschuldet. Die Vollversammlung der UISG hatte das Thema „Bei euch soll es nicht so sein. Leitungsdienst im Lichte des Evangeliums“. In diesem Sinn stellte Franziskus die drei genannten Kriterien für einen Leitungsdienst auf. Dabei fällt auf, dass er beim Thema „Autorität als Liebesdienst“ ausdrücklich auf seinen Vorgänger Benedikt XVI. verweist. Dieser habe mehrfach daran erinnert, dass für die Welt Autorität oft ein Synonym sei für Besitz, Herrschaft und Erfolg. Dagegen sei für Gott Autorität ein Synonym für Dienst, Demut und Liebe. Damit stellt sich Franziskus in die Tradition seines Vorgängers und zeigt, dass die Forderung nach eben einem solchen Amts- und Autoritätsverständnisses, das in den letzten Wochen immer wieder als besondere Eigenart des neuen Papstes gepriesen wurde, nicht seine Erfindung ist, sondern bereits eine Tradition hat.

 

Das trifft übrigens auch für die scharfe Kritik von Franziskus am Karrierismus in der Kirche zu, den er in seiner Ansprache an die Ordensfrauen heute wiederholte. „Denken wir an den Schaden, den jene Männer und Frauen der Kirche zufügen, die Karrieristen und Aufsteiger sind, die das Volk, die Kirche, die Brüder und Schwestern, denen sie eigentlich dienen sollten, benutzen als Sprungbrett für ihre eigenen Interessen und persönlichen Ambitionen. Die fügen der Kirche einen großen Schaden zu.“ Benedikt XVI. hatte mehrfach bei Treffen mit Seminaristen vor Karrieredenken gewarnt.

 

Nichtsdestotrotz – es bleibt die Frage, wie es mit dem Dachverband der US-Frauenorden weitergeht. Die sollen nach Wunsch der vatikanischen Glaubenskongregation ihre Statuten überarbeiten und Positionen etwa zum Thema Abtreibung oder Weihe für Frauen zum Diakonen- und Priesteramt klären. Hier hatte die Glaubenskongregation im vergangenen April im Rahmen einer lehrmäßigen Untersuchung Defizite festgestellt und den Dachverband unter bischöfliche Aufsicht gestellt. Aufsehen erregte am vergangenen Wochenende der Präfekt der vatikanischen Ordenskongregation, Kardinal Joao Braz de Aviz. Bei einem Treffen mit den Ordensfrauen erklärte er, dass er über das Vorgehen der Glaubenskongregation seinerzeit nicht informiert gewesen sei. Der Umgang mit dem LCWR habe ihm „viel Schmerz“ bereitet. Offen kritisierte er laut Medienberichten eine mangelnde Zusammenarbeit der Vatikanbehörden. Dies rief den Vatikan sofort auf den Plan. Gestern Nachmittag erklärte das Presseamt des Vatikans, dass die Glaubenskongregation und die Ordenskongregation in der Sache an einem Strang zögen. Die beiden Präfekten arbeiteten „eng zusammen entsprechend ihrer jeweiligen Verantwortungen“. Erzbischof Müller, Chef der Glaubenskongregation, und Kardinal Braz de Aviz hätten sich am Dienstag getroffen und ihre Zusammenarbeit bekräftigt. Es scheint, als hätten die offenen Worte des brasilianischen Kardinals zu einem reinigenden Gewitter geführt. Vielleicht bekommt das Wort der Ordenskongregation künftig mehr Gewicht in dem Prozess. Braz de Aviz ist bekannt für einen eher moderaten Kurs. Wie es mit den US-Ordensfrauen konkret weitergeht, wurde in der Erklärung nicht gesagt. Die Ordensfrauen sind überzeugt, dass die Kritik des Vatikans auf Missverständnissen beruht und hoffen daher, dass sich diese möglichst schnell klären lassen. Dies erklärte die Präsidentin des LWCR, Schwester Florence Deacon bei der Vollversammlung am Samstag.

 

P.S. Beim Treffen mit den Ordensfrauen plauderte Kardinal Braz de Aviz am Wochenende übrigens auch aus dem Nähkästchen. Lange Zeit war der Posten des zweiten Manns in der Ordenskongregation unbesetzt. Papst Franziskus habe ihn dann vor einigen Wochen gebeten, drei Namen vorzuschlagen. Als er ihm die drei Kandidaten präsentierte, habe Franziskus gefragt, wer sein Favorit sei. Braz de Aviz nannte den Generalminister der Franziskaner, Jose Rodriguez Carballo, als Wunschkandidat. Und dieser wurde dann in der Tat auch am 6. April zum Sekretär der Kongregation ernannt. Dies sei ein wunderbar einfacher Weg, Dinge zu erledigen, so Braz de Aviz. Bleibt zu hoffen, dass Franziskus auch bei anderen Personalentscheidungen die Betroffenen entsprechend mit einbezieht. Ob sich dieses Verfahren auch auf Bischofsernennungen anwenden ließe?

Die erste Reise steht

Jetzt ist es raus, das Programm der ersten Auslandsreise von Papst Franziskus. Acht Tage lang ist er vom 22. bis 29. Juli unterwegs. Mit der Veröffentlichung des Programms ist auch klar, dass Franziskus „nur“ nach Brasilien reisen wird. Lange war spekuliert worden, ob er vorher oder nachher noch ein anderes südamerikanisches Land besuchen wird etwa Kolumbien. Und obwohl Rio de Janeiro nur knapp drei Flugstunden von Franziskus’ Heimat Buenos Aires entfernt liegt, wird er auch keinen Abstecher an seine alte Wirkungsstätte machen. Die Menschen, die wir in den letzten Tagen in Buenos Aires getroffen haben, bedauern sehr, dass Franziskus dieses Jahr nicht mehr dorthin fährt. Denn wie schon berichtet, wird es wohl auch im Dezember keine Reise nach Argentinien gehen. Darüber war ja lange spekuliert worden.

Bunt wird der Weltjugendtag in Rio vom 23. bis 28. Juli.

Die Argentinier würden sich über einen Besuch „ihres“ Papstes sehr freuen; können aber auch verstehen, dass er noch ein wenig wartet mit der Visite. Im Herbst sind Parlamentswahlen. Man fürchtet, dass der Papstbesuch im Wahlkampf instrumentalisiert werden könnte. Es sei derzeit sowieso schon so, dass alle Parteien und Gruppierungen plötzlich den Papst auf ihrer Seite wähnen. So war es in den letzten Tagen in Buenos Aires zu hören. 2015 stehen Präsidentenwahlen an. Da könnte es auch wieder schwierig werden mit einem Papstbesuch. So hoffen nun viele Argentinier auf eine Visite im nächsten Jahr. Mehr dazu in den nächsten Tagen.

Heute noch kurz einige Anmerkungen zum Papstprogramm in Rio. Dieses ist nun stark auf Franziskus zugeschnitten: Er besucht ein Krankenhaus, eine Favela und trifft sich mit jugendlichen Strafgefangenen. Er macht am 24.7. einen Ein-Tages-Tripp in den Marienwallfahrtsort Aparecida. Mit diesen Terminen setzt Franziskus Zeichen. Es geht auch als Papst an die Peripherien. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass auch Benedikt XVI. das gemacht hat. Bei seiner Brasilienreise 2007 besuchte er die Fazenda der Hoffnung, eine Anlaufstelle für jugendliche Drogenabhängige, in Kamerun 2009 ein Krankenzentrum.

Papst Franziskus besucht in Rio auch eine Favela.

Franziskus nimmt in Rio an den zentralen Veranstaltungen des Weltjugendtags teil: die Willkommensfeier am 25.7. am Nachmittag an der Copacabana, am selben Ort einen Tag später dann der Kreuzweg, Samstagabend dann vor den Toren Rios die Gebetsvigil und am Sonntag der große Abschlussgottesdienst. Franziskus verliert dann keine Zeit. Noch am Abend des 28. Juli fliegt er nach Rom zurück, wo am 29. Juli gegen 11.30h die erste Auslandsreise seines Pontifikats endet. Von seinem Vorgänger übernommen hat er einen Termin, der Benedikt XVI. immer ganz wichtig war: das Treffen mit führenden Vertretern aus Politik und Gesellschaft. Benedikt XVI. nutzte diese Gelegenheit meist, um einen grundlegenden Diskurs über das Verhältnis von Glaube und Gesellschaft, Religion und Politik anzustoßen bzw. über die Grundlagen moderner Gesellschaft zu sprechen.

Kirche am anderen Ende der Welt

Wir sind gerade auf Spurensuche „am anderen Ende der Welt“. So bezeichnete Papst Franziskus seine Heimat beim ersten Auftritt nach der Papstwahl. Wie ist die Kirche in der Heimat des Papstes? Dazu waren wir in Rio de Janeiro und sind jetzt in Buenos Aires. Heute etwa im wahrsten Sinne des Wortes in den „Peripherien“ der argentinischen Hauptstadt – genauer genommen im Vorort Moreno. Dort haben wir eine kleine Gemeinde besucht. Heute, am Samstag, trafen sich dort die Katecheten zu einer Fortbildung. Die Kirche in Lateinamerika ist eine Kirche der ehrenamtlichen Laien. Und – vielleicht noch mehr als in Europa: die Kirche ist weiblich. Mehr als 90 Prozent der Engagierten sind Frauen, hieß es heute bei dem Treffen. Selbstbewusst machen sie ihre Arbeit in Katechese, Caritas und auch in der Liturgie.

Die Frauen von Moreno wünschen sich Reformen.

Auf dem Pfarreigebiet leben 40.000 Menschen. Die Pfarrei teilt sich in 14 Gemeinden. Es gibt einen Pfarrer. Mit Unterstützung der Diözese werden Laien ausgebildet, um auch am Sonntag Wortgottesdienste zu feiern; denn die Devise lautet, dass die Menschen möglichst im Nahbereich am Sonntag gemeinsam beten und Gottesdienst feiern. Papst Franziskus sagte in seiner Zeit als Erzbischof mehrfach in Interviews, dass es besser ist, einen Wortgottesdienst mit Kommunionfeier im Nahbereich der Menschen anzubieten, er sprach damals von 600 Metern, als die Gläubigen zum Gang in die zwei Kilometer entfernte Eucharistiefeier zu zwingen. Denn, so Bergoglio, es sei besser, dass die Menschen am Sonntag in die Wortgottesfeier gingen, weil sie nah ist, als dass sie gar nicht zum Gottesdienst gingen, weil die Eucharistiefeier zu weit entfernt stattfindet.

Interessant ist übrigens, dass die Frauen hier in Buenos Aires große Hoffnungen in „ihren“ neuen Papst setzen, dass er Veränderungen für die Kirche bringt. Dabei hat doch überrascht, dass sich die Frauen die Abschaffung des Pflichtzölibats wünschen und etwa auch ein Diakonat für die Frau. Sofort sagten alle Anwesenden, dass sie sich für dieses Amt natürlich zur Verfügung stellen würden, wenn es dieses gäbe. Es einzuführen empfänden sie auch als längst fällige Wertschätzung der Arbeit, die sie seit jeher machen. Diese Klarheit bei den Reformwünschen hat mich doch überrascht. Heißt es doch gerne, es handle sich dabei um typisch deutsche oder westeuropäische Forderungen, die es sonst in der Welt so nicht gebe. Hier in Buenos Aires denken die Frauen genauso wie in Europa. Frauen, die tief in einem Glauben verwurzelt sind, der von einer lebendigen Volksfrömmigkeit geprägt ist. Frauen, die angesichts der materiellen Not ihre Arbeit als Christinnen auch politisch verstehen, die dazu beitragen möchten, dass die Menschen sich aus ihrer schwierigen Situation „befreien“ können, sei es durch Bildungsangebote, sei es durch die Vermittlung von Mikrokrediten usw.

Adolfo Pérez Esquivel sieht große Veränderungen auf die Kirche zukommen.

Veränderungen für die Kirche erhofft sich übrigens auch der argentinische Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel. Den 81-jährigen Menschenrechtler hatten wir gestern hier in der argentinischen Hauptstadt getroffen. Er wertete er die Wahl Jorge Mario Bergoglios als Ende des Eurozentrismus der katholischen Kirche. Unter Franziskus werde die Kirche ihr Gesicht verändern. Er erinnerte an den Katakombenpakt von 40 Teilnehmern des II. Vatikanischen Konzils. Diese hatten damals, angeführt von dem berühmten brasilianischen Erzbischof Dom Hélder Camara, vereinbart, „die Option der Kirche für die Armen“ konkret zu leben. D.h. auf Privilegien und Statussymbole zu verzichten, einfach zu leben, sich nicht mit Titeln ansprechen zu lassen etc. Kardinal Bergoglio, jetzt Papst Franziskus lebe und handle genau in dieser Tradition. Damit werde sich zwangsläufig die Kirche verändern, so Esquivel.

Stille Rückkehr

Keine Live-Bilder gab es gestern von der Rückkehr Benedikts XVI. in den Vatikan. Still und leise ist der emeritierte Papst in den Vatikan zurückgekehrt. Im Kloster Mater Ecclesiae, das in den letzten Monaten eigens für ihn und seine kleine päpstliche Familie umgebaut wurde, wird er nun seinen Lebensabend verbringen – im Gebet, vor der Welt verborgen, wie er selbst kurz vor seinem Amtsverzicht am 28. Februar erklärte. Ein Foto gab es von der Rückkehr; Papst Franziskus begrüßte seinen neuen Nachbarn persönlich am Eingang des Klosters. Da Franziskus nach wie vor nicht in den Apostolischen Palast eingezogen ist, trennen die beiden Päpste nun nur noch wenige hundert Meter Luftlinie voneinander. Es ist daher anzunehmen, dass sie sich künftig auch öfters sehen werden, abseits der großen Medienöffentlichkeit und der offiziellen Erklärungen des vatikanischen Presseamts.

Joseph Ratzinger liebte es bereits als Kardinal in den Gärten zu spazieren und den mittäglichen Rosenkranz zu beten. Diese Tradition setzte er auch als Papst fort. Auch wenn ihm das Gehen zunehmend Schwierigkeiten bereitet, wird er, soweit es geht, auch künftig in den Gärten rund um die Lourdesgrotte unterwegs sein. Benedikt XVI. ist ein Gewohnheitsmensch. Der rituelle Tagesablauf gibt ihm Halt. Erst vor wenigen Tagen hatte der Vatikan noch einmal dementiert, dass er an einer schweren Krankheit leide. Auch sein Bruder Georg, der zum 86. Geburtstag Benedikts XVI. Mitte April in Castelgandolfo war, wies gegenüber einer englischsprachigen katholischen Wochenzeitschrift derartige Gerüchte als falsch zurück.

Weltjugendtag am Zuckerhut

P.S. In Rio de Janeiro gehen unterdessen die Vorbereitungen für den Weltjugendtag Ende Juli in die heiße Phase. Davon konnten wir uns in diesen Tagen bei einer Drehreise überzeugen. In der Stadt ist zwar noch nicht viel von dem bevorstehenden Großereignis zu sehen; aber hinter den Kulissen wird fleißig gearbeitet. Vergangene Woche war der päpstliche Reisemarschall in Brasilien und hat sich die Orte für die Papstereignisse angesehen. Nach dem Amtsverzicht Benedikts XVI. und der Wahl Jorge Mario Bergoglios zum Papst wurde das Programm noch einmal leicht modifiziert. Franziskus wird voraussichtlich einen kurzen Abstecher in den Marienwallfahrtsort Aparecida machen und auch eine Favela besuchen. Beides war in der alten Planung nicht vorgesehen. Aparecida besuchte Papst Benedikt XVI. im Mai 2007 bei seiner Brasilienreise. Anlass war die Eröffnung der V. Generalkonferenz der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik. Bei dieser Konferenz wirkte an entscheidender Stelle der damalige Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio. Er war verantwortlich für die Redaktion des Abschlussdokuments, das mittlerweile zu einer Art Magna Charta für die Zukunft der Kirche auf dem Kontinent geworden ist. Aparecida ist dabei, sich in die Reihe der großen CELAM-Konferenzen von Puebla und Medellín einzureihen. Das ist, so Beobachter, mit ein Verdienst des heutigen Papstes.

International wie der Weltjugendtag selbst - eines der Organisationsbüros

Das endgültige Papstprogramm für die Reise nach Brasilien soll in der kommenden Woche veröffentlicht werden. Die Deutsche Bischofskonferenz stellt am nächsten Freitag Details zur deutschen Beteiligung vor. Es werden wohl rund 2.000 deutsche Jugendliche nach Rio fahren. Ein Problem bei den Vorbereitungen war die Sicherheit. Daher nehmen die meisten deutschen Bistümer nur Jugendliche ab 18 Jahren mit nach Rio. Vor Ort heißt es, dass Stadt und Regierung alles unternehmen werden, um die Sicherheit der Weltjugendtagsteilnehmer zu garantieren. Ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien kann sich das Land keine negativen Schlagzeilen in punkto Sicherheit leisten. Erst vergangene Woche wurde mit einer groß angelegten Polizeiaktion versucht, eine Favela rund um den Berg der Christusstatue zu befrieden. Angesichts der erwarteten Massen zum Weltjugendtag, stehen die Sicherheitskräfte allerdings vor großen Herausforderungen. Zur großen Abschlussmesse am 28. Juli werden bis zu drei Millionen Menschen erwartet. Zahlen sind allerdings schwer vorauszusagen, hieß es in diesen Tagen in Rio. Niemand wisse, wie viele Lateinamerikaner letztendlich kommen werden, um ihren ersten Papst aus Lateinamerika zu sehen. Gleich drei Veranstaltungen finden an der Copacabana statt – direkt am Meer. Bleibt zu hoffen, dass das Wetter Ende Juli noch so schön ist, wie in den letzten Tagen. Denn auf der Südhalbkugel geht man dem Winter entgegen, was allerdings im Juli im Schnitt 17 bis 24 Grad bedeutet bei durchschnittlich sieben Regentagen für den ganzen Monat.

Diakonat für Frauen?

Nun ist die Diskussion wieder in vollem Gange. Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat sich im Rahmen der Diözesanversammlung seines Erzbistums am Wochenende für ein Diakonenamt für Frauen ausgesprochen. Doch aufgepasst: Es geht hier nicht um die Öffnung des Diakonats der Männer für Frauen, sondern um ein eigenständiges „spezifisches“ Amt, losgelöst vom dreistufigen Weiheamt der Männer: Diakon, Priester, Bischof. Zollitsch beruft sich dabei auf den deutschen Kurienkardinal Walter Kasper. Der hatte beim Studientag zum Thema Frauen bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz in Trier ein solches „spezifisches“ Frauendiakonat für möglich bezeichnet. Dabei bezog sich Kasper auf so genannte „Gemeindediakoninnen“, die in der frühen Kirche Dienste in den Gemeinden übernommen hatten etwa in der Glaubensunterweisung, in sozialen Diensten und in der Arbeit mit Frauen.  

In Koblenz fand heute der zweite „Tag der Diakoninnen“ statt, der vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und verschiedenen katholischen Frauenverbänden am 29. April organisiert wird, dem Gedenktag der heiligen Katharina von Siena. Bei der Tagung wurde die Forderung nach der Zulassung von Frauen zum Diakonenamt unterstrichen. Dabei hoffen die Frauen natürlich auf die Öffnung des traditionellen Diakonenamts. Die Schaffung eines eigenen „spezifischen“ Diakonats für Frauen könnte das „Nein“ der katholischen Kirche zum Priesteramt für Frauen zementieren.

Erste Bischöfe haben bereits negativ auf die neuen Forderungen nach einem Diakonat für Frauen reagiert, etwa der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. Er ließ gestern noch auf der Homepage seines Bistums mitteilen, dass ein Diakonat der Frau im Sinne des traditionellen sakramentalen Weiheamts nicht in Frage komme. Das wiederum hatte Erzbischof Zollitsch auch gar nicht gefordert. Vielleicht tut hier eine Begriffsklärung gut; dann kann auch ganz offen über die Möglichkeiten diskutiert werden, wie Frauen künftig besser im kirchlichen Dienstamt sowie in Verantwortungspositionen der Kirche vertreten sein können.

P.S. Die Missverständnisse in der Diskussion den Medien anzulasten, wie es heute der Pressesprecher des Erzbistums Freiburg laut einer Meldung der katholischen Nachrichtenagentur versuchte, verwundert. Er beklagte „Unschärfe in der Medienberichterstattung“. Wer solche heißen Eisen anfasst, muss auch damit rechnen, dass Funken schlagen. Das ist ja zunächst einmal nichts Schlechtes. Wichtig ist, dass man zu einer sachlichen und differenzierten Diskussion findet.

Die (lange) römische Woche

Selig- und Heiligsprechungen, Papstreisen, eine Enzyklika und ein Telefonat. Es war Einiges los diese Woche in Rom – auch im Bereich der Gerüchte und Spekulationen. Am vergangenen Samstag traf Papst Franziskus den Leiter des Päpstlichen Familienrats, Erzbischof Vincenzo Paglia. Der ist im „Nebenberuf“ Postulator im Seligsprechungsprozess für den salvadorianischen Erzbischof Oscar Romero. Romero gilt als eine Ikone der Befreiungstheologie und wurde mit seinem Engagement für die Armen und Unterdrückten weit über Lateinamerika hinaus bekannt. Am 24. März 1980 erschossen ihn Militärs während eines Gottesdienstes. 1990 wurde in El Salvador das Seligsprechungsverfahren eröffnet; 1996 gingen die Unterlagen an den Vatikan. Dort kommt das Verfahren  seit Jahren nicht richtig voran. Papst Benedikt XVI. würdigte Romero 2007 auf dem Weg nach Brasilien als einen „Mann von großer christlicher Tugend, der sich für den Frieden und gegen die Diktatur eingesetzt hat und der während der Feier der heiligen Messe ermordet wurde. Also ein wahrhaft ‚glaubwürdiger’ Tod, der Tod eines Glaubenszeugen.“ Allerdings sei er politisch “instrumentalisiert“ worden. Dies müsse verhindert werden. Diese Instrumentalisierung und interner Streit unter den Bischöfen Lateinamerikas war der Grund für die Verschleppung des Verfahrens.

Gedenkmarsch für Oscar Romero am 16. März 2013 in San Salvador (dpa)

Jorge Mario Bergoglio sieht in Romero einen „Märtyrer“. Als Papst beauftragte er Erzbischof Paglia vergangene Woche, das Verfahren zu „entblockieren“. Schon beim Treffen mit dem diplomatischen Korps wenige Tage nach seiner Wahl soll Franziskus nach Angaben der Zeitschrift „The Tablet“ gegenüber einem Mitglied der salvadorianischen Delegation seine Hoffnung auf eine baldige Seligsprechung Romeros zum Ausdruck gebracht haben. Ein solcher Akt wäre sicher ein wichtiges Signal für die Menschen in Lateinamerika, aber auch weit darüber hinaus. Die Feier böte Franziskus die Gelegenheit für eine Reise nach El Salvador. Denn seit einigen Jahren werden Seligsprechungen immer in der Heimat des neuen Seligen durchgeführt, meist unter Leitung des Präfekten der Selig- und Heiligsprechungskongregation, Kardinal Angelo Amato. Franziskus kann diese Regelung jederzeit ändern. Zumal man ihm nachsagt, dass er Romero sehr verehre. Im Mai kommt der salvadorianische Präsident Mauricio Funes in den Vatikan. Vielleicht gibt es dann schon Näheres zum Thema.

Apropos Reisen. Vatikansprecher Federico Lombari erklärte diese Woche, dass die Reise zum Weltjugendtag im brasilianischen Rio de Janeiro sehr wahrscheinlich die einzige internationale Reise von Papst Franziskus sein werde. Das heißt, der für Anfang Dezember erwartete Besuch im Heimatland Argentinien scheint vom Tisch. Dafür wird Franziskus Assisi besuchen und wohl noch vor Jahresende seine erste Enzyklika veröffentlichen. Ob er dabei auf Teile der von Papst Benedikt XVI. schon verfassten Enzyklika über den Glauben zurückgreifen wird, ist ungewiss. Ebenso vorstellbar ist ein großes Lehrschreiben mit eher sozialethischen Themen.

Benedikt XVI. wird übrigens wie erwartet Anfang Mai in den Vatikan zurückkehren und dort seine neue und endgültige Bleibe beziehen: das Kloster Mater Ecclesiae im Schatten des Petersdoms in den Vatikanischen Gärten. Franziskus hingegen bleibt vorerst weiter im vatikanischen Gästehaus Santa Marta.

Spekuliert wird in diesen Tagen wieder heftig über eine mögliche Heiligsprechung von Johannes Paul II. im Oktober. Die medizinische Kommission der zuständigen Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen hat vor wenigen Tagen positiv über ein angebliches Wunder auf Fürsprache des seligen Papstes entschieden. Diese Anerkennung muss nun zunächst noch von der Theologenkommission und der Vollversammlung der Kongregation anerkannt werden. Dies ist normalerweise eher Formsache. Die Letztentscheidung liegt dann beim Papst. Sollte die Heiligsprechung wirklich noch im Oktober stattfinden, 35 Jahre nach der Wahl Karol Wojtylas zum Papst, müsste die Entscheidung sehr zeitnah fallen. Denn ein solches Ereignis wie die Heiligsprechung braucht einen gewissen Vorlauf.

Am Mittwoch hat Papst Franziskus nach der Generalaudienz eine Abordnung der „Abuelas de Plaza de Mayo – Großmütter der Plaza de Mayo“ getroffen. Das sind Frauen, die sich für Opfer der Militärdiktatur einsetzen, denen die Kinder weggenommen und zur Adoption gegeben wurden. Estella Carlotto, Vertreterin der Organisation, sagte nach der Begegnung gegenüber der Presse, sie habe Papst Franziskus einen Brief übergeben mit der Bitte, die kirchlichen Archive zu öffnen, um das Schicksal der Kinder zu klären. Mehr als 500 Kinder seien ihren Müttern nach der Geburt weggenommen worden. Bisher sei erst der Verbleib von rund 100 von ihnen geklärt. Carlotto sagte, es gehe nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, das Schicksal der Kinder aufzuklären. Papst Franziskus habe ihr geantwortet: „Ich stehe zu Ihrer Verfügung. Sie können auf mich zählen.“ Die Rolle der Kirche und auch Bergoglios selbst in der Zeit der Militärdiktatur ist immer wieder Anlass für Kritik und Spekulationen. Schon nach seinem Treffen mit dem Friedensnobelpreisträger Esquivel Ende März hatte dieser gesagt, Franziskus wolle die Aufarbeitung voranbringen. Wenn dem so ist, wird das sicherlich schmerzlich sein für die Kirche. Aber Franziskus würde ihr damit einen großen Dienst erweisen. Es wäre ein weiterer Schritt hin zu mehr Glaubwürdigkeit und könnte sicher dabei helfen, dass Menschen verlorenes Vertrauen in die Kirche zurückgewinnen.

P.S. Im Mai kommt es übrigens zu einer weiteren spektakulären Begegnung zweier Päpste. Dieses Mal sind es sogar zwei amtierende Päpste: Der koptisch-orthodoxe Patriarch Tawadros II. kommt in den Vatikan. Das Kirchenoberhaupt trägt ebenfalls den Titel Papst. Zuletzt gab es ein Treffen der beiden Päpste im Vatikan vor 40 Jahren. 1973 hatten Papst Paul VI. und Papst Shenouda III. eine gemeinsame christologische Erklärung unterzeichnet. Der Besuch Tawadros im Mai soll daran erinnern. Tawadros II. ist seit November 2012 im Amt. Die Mitgliedszahlen der vor allem im heutigen Ägypten verbreiteten Kirche reichen je nach Quelle von fünf bis zwölf Millionen. Im Februar 2000 hatte Papst Johannes Paul II. im Rahmen seiner Heilig-Jahr-Pilgerfahrt auf den Spuren der Heilsgeschichte in Kairo Papst Shenouda III. besucht. Der Patriarchensitz wird auf Markus, den gleichnamigen Verfasser des Markusevangeliums zurückgeführt. Bei den Gesprächen zwischen Franziskus und Tawardos dürfte es neben Fragen der Ökumene vor allem um die aktuelle Lage der Christen im Nahen Osten und Nordafrika gehen.

P.P.S. Papst Franziskus greift gerne zum Telefon und sucht so den direkten Kontakt, wenn ihm etwas wichtig ist. So geschehen diese Woche nach der Wahl des neuen (alten) italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano. Nach erfolgter Wahl am vergangenen Samstag schickte Franziskus bereits ein Telegramm und dankte Napolitano für dessen Opferbereitschaft. Am Mittwochnachmittag klingelte dann das Telefon im Quirinalspalast und als Präsident Napolitano abnahm, war der Papst höchstpersönlich dran. Die Botschaft von Franziskus an den italienischen Präsidenten laut vatikanischem Presseamt: „Ich habe Sie angerufen, Herr Präsident, um Ihnen für Ihr Beispiel zu danken. Sie sind ein Beispiel auch für mich gewesen. Mit Ihrem Verhalten haben Sie selbst das fundamentale Prinzip des Zusammenlebens verkörpert, dass die Einheit stärker ist als der Konflikt. Ich bin gerührt über Ihre Entscheidung.”

P.P.P.S. Der Papst hat übrigens am Mittwoch nach der Generalaudienz schon wieder ein Fußballtrikot geschenkt bekommen. Dieses Mal war es Inter Mailands Kapitän Javier Zanetti, der Franziskus gleich ein ganzes Geschenkpaket überreichte. Darin unter anderem eine Kapitänsbinde mit den Flaggen Italiens, Argentiniens und des Vatikans sowie den Initialen Zanettis und des Papstes – und natürlich ein Trikot mit der Nummer 4. Zanetti ist in Buenos Aires geboren und absolvierte mehr als 800 Spiele für Inter Mailand.

Kündigung nach Kirchenaustritt erlaubt

 

Darf ein Mitarbeiter einer kirchlichen Einrichtung aus der Kirche austreten? Und ist es rechtens, wenn sein Arbeitgeber ihm daraufhin kündigt, auch wenn er aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit eigentlich unkündbar ist? Diesen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht heute zu entscheiden. Es ging um einen Sozialpädagogen, der bei einer Einrichtung der Caritas angestellt war und 2010 aus der katholischen Kirche ausgetreten war. Die Missbrauchsfälle, der Umgang mit den Piusbrüdern, das hatte ihn so verärgert, dass er nicht länger zu dieser Institution gehören wollte. Die außerordentliche Kündigung folgte sofort, und sie war juristisch korrekt – so entschieden zwei Instanzen und jetzt auch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.

Das Gericht bestätigte damit die Sonderregelungen des kirchlichen Arbeitsrechts, das in der letzten Zeit immer stärker unter Druck geraten ist. In der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters und dem Recht der Kirchen, die sich auf den religiösen Charakter ihrer Einrichtungen berufen, liegen die Sympathien der Öffentlichkeit stets mehr bei den Mitarbeitern. Wenn es um die private Lebensweise geht wie eine erneute Heirat nach Scheidung oder um Zusammenleben mit gleichgeschlechtlichen Partnern, zeigt sich eine Verschiebung der Rechtsauslegungen zugunsten der Privatsphäre. Die heutige Entscheidung ist jedoch eindeutig und letztlich auch nachvollziehbar. Wer mit der Kirche nichts mehr zu tun haben will und aus ihr austritt, sollte auch konsequent sein und sich nicht bei ihr verdingen.

Klar und offen

Die katholische Weltkirche dreht sich weiter. In Deutschland wurde nach langer schwieriger und zum Teil für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbarer Suche mit Bernhard Remmers endlich ein neuer Direktor für die „katholische Journalistenschule“ ifp gefunden. Im Erzbistum Freiburg wartet man gespannt auf die Diözesanversammlung, bei der ab Donnerstag über vier Tage lang gebetet und über eine zukunftsfähige Kirche diskutiert werden soll. In den USA bangen 80 Prozent der katholischen Frauenorden darum, wie es im Verfahren der vatikanischen Glaubenskongregation gegen ihren Dachverband weiter geht. Beim Nationalen Eucharistischen Kongress in Costa Rica erklärt Erzbischof Piero Marini, im Vatikan für die Internationalen Eucharistischen Weltkongresse zuständig und lange Jahre Päpstlicher Zeremonienmeister unter Johannes Paul II., dass die Kirche zwar die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ablehne, mit zivilrechtlichen Regelungen aber kein Problem habe. Und in Rom stellt Papst Franziskus fest: „Jesus ja, Kirche nein“ – das ist mit ihm nicht zu machen.

80.000 kamen heute zur Generalaudienz mit Papst Franziskus.

Seinen Namenstag nutzte gestern Papst Franziskus für einen Gottesdienst mit den in Rom residierenden Kardinälen. Die Predigt, wie immer frei gehalten, in jesuitischer Tradition mit drei zentralen Punkten, machte einmal mehr deutlich, dass dieser Papst bei all seinem offenen Stil eine klare Botschaft hat. Christsein ohne Härte sei nicht zu haben. Zwischen Kreuz und Auferstehung, Verfolgung und Trost verlaufe das Leben der Kirche. Jesus nachzufolgen, ohne zur Kirche zu gehören, das sei nicht möglich, so Franziskus mit Verweis auf die Worte Jesu im Johannesevangelium: „Ihr glaubt nicht, weil ihr nicht zu meinen Schafen gehört.“ (10,26) Außerhalb der Kirche könne man Christus nicht finden. Die Kirche sei die Mutter, die den Christen Identität gebe. Diese Identität sei nicht einfach nur ein „Personalausweis“, sondern bedeute Mitgliedschaft. Mit Verweis auf Papst Paul VI. und sein Apostolisches Schreiben „Evangelii Nuntiandi“, die Magna Charta der missionarischen Kirche, bezeichnet Franziskus die Vorstellung „Jesus ja, Kirche nein“ als einen „absurden Widerspruch“.

Klare Worte. Die Frage ist nun, wer ist diese „Mutter Kirche“? Ist es die katholische Kirche? Da würde Franziskus sicher ja sagen; allerdings zeigen die letzten Wochen, dass er mit dem zustand dieser „katholischen Kirche“ nicht zufrieden ist. Vergangene Woche predigte er beim Morgengottesdienst im vatikanischen Gästehaus Santa Marta über das II. Vatikanische Konzil. Er bezeichnete es als großes Werk des Heiligen Geistes und fragte, ob denn all das umgesetzt worden sei, was der Geist damals gesagt habe. Seine klare Antwort. „Nein, im Gegenteil: Wir feiern dieses Jubiläum und es scheint, dass wir dem Konzil ein Denkmal bauen, aber eines, das nicht unbequem ist, das uns nicht stört. Wir wollen uns nicht verändern und es gibt sogar auch Stimmen, die gar nicht vorwärts wollen, sondern zurück: Das ist dickköpfig, das ist der Versuch, den Heiligen Geist zu zähmen. So bekommt man törichte und lahme Herzen.“

Ganz von diesem Heiligen Geist des Konzils inspiriert sind nach eigenen Angaben die US-amerikanischen Ordensfrauen, die in den vergangenen Jahren ins Visier vatikanischer Visitatoren und Ermittler geraten sind. 2008 hatte die vatikanische Ordenskongregation eine Visitation der US-amerikanischen Frauenorden angekündigt; kurz darauf eröffnete die vatikanische Glaubenskongregation ein Verfahren gegen den Dachverband LCWR, in dem rund 80 Prozent der US-Frauenorden organisiert sind. Im Januar 2012 wurde die Apostolische Visitation abgeschlossen und der Untersuchungsbericht an den Vatikan geschickt. Seitdem warten die Ordensfrauen auf Antwort. Anders sieht es im Fall des Dachverbands aus. Vergangene Woche gab es ein Treffen mit Vertretern der Glaubenskongregation. Dabei teilte deren Chef, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, den Ordensfrauen mit, dass Papst Franziskus den Kurs von Benedikt XVI. gegenüber dem LCWR fortsetzen wolle. Dabei geht es um strukturelle Reformen, aber auch um lehrmäßige Fragen, die zu klären seien. Äußerungen einzelner Ordensfrauen zu Themen wie Homosexualität und Frauenpriestertum sind dem Vatikan ein Dorn im Auge. Der Fortgang der „Causa LCWR“ wird zu einer ersten Nagelprobe für Papst Franziskus werden. Denn viele der US-amerikanischen Ordensfrauen leben genau eine solche offene Kirche, die hinausgeht in die Peripherien menschlicher Existenz, wie Franziskus sie seit seiner Wahl ununterbrochen fordert. In einem Brief an seine argentinischen Bischofskollegen schrieb er vergangene Woche: „Wir müssen wachsen im freien Austausch der Meinungen.“ Ob das auch für den Umgang mit den US-Ordensfrauen gilt? Die haben die Hoffnung, dass sich Papst Franziskus noch eingehend mit der „Causa LCWR“ beschäftigen und dann einen versöhnlicheren Kurs einschlagen wird, als das bisher der Fall ist.

P.S. Bei der Morgenmesse heute warnte Franziskus, dass die Kirche sich nicht ihrer Größe und der Vielzahl der Organisationen brüsten dürfe. Sie werde dann schnell zu einer reinen Bürokratie, zu einer NGO, die ihr ihre prinzipielle Substanz verliere. Die Kirche sei eine „Geschichte der Liebe“. Die Vatikanbank IOR, die Büro seien durchaus notwendig, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Die entscheidende Frage sei, wie sie dieser „Geschichte der Liebe“ helfen.