Die Kultur des Dialogs, die gegenseitige Achtung und Anerkennung sowie das Recht auf freie Religionsausübung für alle standen im Mittelpunkt des ersten Tags von Papst Franziskus in Marokko. Bei einer Begegnung mit Flüchtlingen am Nachmittag erklärte der Pontifex, dass im Umgang mit Migranten vier Haltungen entscheidend seien: aufnehmen, beschützen, fördern und integrieren. Dabei betonte er auch die Pflichten der Migranten wie etwa das Erlernen der Sprache des aufnehmenden Landes, das Respektieren der Gepflogenheiten, der Gesetze und Kultur in der neuen Umgebung. Nur kurz nahm er dabei Bezug auf die Herkunftsländer. Dort müssten Anstrengungen unternommen werden, dass die Menschen erst gar nicht zur Migration gezwungen sind. Wichtig war Franziskus am ersten Tag in Marokko aber der Aspekt der gegenseitigen Anerkennung der Religionen. „Wir müssen von der einfachen Toleranz zum Respekt und der Wertschätzung des Anderen kommen“, forderte das katholische Kirchenoberhaupt. Immer wieder erinnerte er an die historische Erklärung zur Brüderlichkeit zwischen Christen und Muslimen, die er bei seinem Besuch in Abu Dhabi vor wenigen Wochen mit dem Großscheich der Al-Azhar-Universität unterzeichnete. Franziskus, der in Teilen der islamischen Welt ein hohes Ansehen genießt, nutzt dieses Pfund, um nicht nur für den Dialog zu werben, sondern deutlich die Anerkennung der Menschenwürde und damit verbunden auch der Gewissens- und Religionsfreiheit für alle und überall einzufordern – bis hinein in den Rechtsbereich der Länder.
Ein ungewöhnliches Bild bei einer Papstreise. Papst und König „gemeinsam“ auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt. (Quelle: Erbacher)
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Papst Franziskus hat erstmals für den Vatikanstaat und die Behörden des Heiligen Stuhls Richtlinien zum Umgang mit Missbrauch erlassen. Dabei geht es sowohl um den sexuellen Missbrauch, als auch um andere Formen der Ausbeutung und Misshandlung von Minderjährigen sowie anderer schutzbedürftiger Personen. Der Papst legte neben Verfahrensregeln und einem neuen Gesetz für den Vatikan auch einen Verhaltenskodex für die Mitarbeiter vor. Ab 1. Juni gibt es im Vatikan eine Anzeigepflicht schon beim Verdacht, dass ein Missbrauch vorliegen könnte. Mitarbeitende, die sich nicht daran halten, werden mit Geldbußen belegt, handelt es sich um Justizangestellte sogar mit Gefängnis. Neben den Hilfen für die Opfer wird der Umgang mit den Beschuldigten geregelt. Diese werden mit sofortiger Wirkung von ihren Aufgaben entbunden, der Kontakt zu Minderjährigen wird unterbunden. Für den Vatikanstaat wird es künftig zwar einen Kinderschutzbeauftragten geben. Allerdings sehen die Regeln nicht ausdrücklich vor, dass dieser unabhängig von den kirchenstaatlichen Strukturen sein muss. Auch gibt es keine Aussage zu möglichen Entschädigungen. Die Bistümer in aller Welt hatte die Glaubenskongregation bereits 2011 aufgefordert, entsprechende Regelungen zum Umgang mit Missbrauch zu erlassen.
Der Papst beichtet am Abend bei der Bußfeier im Petersdom. (Quelle: ap)
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Wehte ein Hauch von Geschichte durch die Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz in Lingen? Das werden erst Historiker im Rückblick sagen können. Doch es war durchaus zu spüren, dass dieses Mal etwas anders war beim Treffen der deutschen Kirchenspitzen. Der Druck der Basis ist noch größer geworden. Die Bischöfe spüren Zuhause den Unmut im Klerus und im engagierten Volk. Doch längst sind noch nicht alle an dem Punkt zu erkennen, dass es ohne grundlegende Reformen keine Zukunft geben wird. Da mag der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, auch von einer „Zäsur“ sprechen. Allzu oft gab es schon Dialog- und Gesprächsprozesse, die folgenlos blieben. Wenn es dieses Mal keine klare Perspektive für Veränderungen gibt, wird das Volk seine Oberhirten im Regen stehen lassen. Zugleich war in Lingen zu spüren, dass es eine Riege von Bischöfen gibt, meist die jüngeren, aber nicht nur, die wirklich Veränderungen wollen und diese notfalls auch anpacken wollen, wenn nicht alle Bischöfe mitziehen. Damit könnte Lingen auch der Anfang eines Weges sein, der zu mehr Verschiedenheit in der katholischen Kirche in Deutschland führt.
(Quelle: dpa)
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Die katholischen deutschen Bischöfe kommen bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals nur langsam voran. Am Rande der Frühjahrsvollversammlung in Lingen stellte heute Bischof Stephan Ackermann, der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, den aktuellen Stand der Arbeiten vor. Er bekräftigte, dass die Bischöfe eine unabhängige Aufarbeitung möchten und dazu mit dem Beauftragten der Bundesregierung, Johannes Wilhelm Rörig, im Gespräch sind. Außerdem soll das „Verfahren zu Leistungen in Anerkennung zugefügten Leids“ überprüft werden. Mit Blick auf Forderungen nach Entschädigungszahlungen zeigte sich Ackermann zurückhaltend. Spannend waren die Diskussionen beim Studientag zu den Themen macht, Zölibat und Sexualmoral. Ob es hier konkrete Beschlüsse und einen Fahrplan für Reformen geben wird, ist aber noch ungewiss. Unterdessen wurde am Mittwoch das Strafmaß für den australischen Kardinal George Pell bekanntgegeben. Sechs Jahre soll der einst mächtige Kirchenmann wegen sexuellen Missbrauchs hinter Gitter. Er will in Berufung gehen.
(Quelle: dpa)
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Bis 2023 sollen 30 Prozent der oberen und mittleren Leitungspositionen in den deutschen Ordinariaten und Generalvikariaten mit Frauen besetzt sein. Diese Zielvorgabe haben sich die katholischen Bischöfe selbst gesetzt. Eigentlich wollten sie gerne eine höhere Quote; doch die vergangenen fünf Jahre haben gezeigt, dass es nicht so einfach ist, Frauen in kirchliche Führungspositionen zu bekommen. Immerhin ist ihr Anteil in den Ordinariaten zwischen 2013 und 2018 von 13 auf 19 Prozent gestiegen. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, Vorsitzender der Pastoralkommission und Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, machte am Rande der Frühjahrs-Vollversammlung in Lingen deutlich, dass er sich auch Bewegung bei der Frage der sakramentalen Ämter wünscht. Doch der Diakonat der Frau oder gar das Priesteramt stehen bei der Frühjahrsvollversammlung nicht auf der Tagesordnung. Auch wenn viele Bischöfe spüren, dass der Druck der Basis hier immer größer wird.
30.000 Unterschriften für eine Erneuerung der Kirche haben Frauen in ganz Deutschland gesammelt und am Montagabend an die Bischöfe übergeben. (Quelle: dpa)
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Papst Franziskus hat mit einer Grundsatzrede den Kinderschutzgipfel im Vatikan beendet. Damit hat er heftige Diskussionen ausgelöst. Denn einerseits bekräftigt er die harte Linie der katholischen Kirche beim Kampf gegen Missbrauch und betont, dass die Kirche an der Seite der Opfer stehen muss. Doch wenn es um die Frage nach konkreten Maßnahmen oder Konsequenzen nach den Beratungen der vergangenen drei Tage geht, bleibt er vage. Franziskus anerkennt, dass „die Unmenschlichkeit dieses Phänomens auf weltweiter Ebene in der Kirche noch schwerwiegender und skandalöser wird, weil es im Gegensatz zu ihrer moralischen Autorität und ihrer ethischen Glaubwürdigkeit steht“. Zugleich spricht er in weiten Teilen über den Missbrauch als gesamtgesellschaftliches Problem. Die Zahlen und Fakten, die er dabei bietet sind sicherlich zutreffend und ein Skandal; doch muss er sich die Frage gefallen lassen, ob der Abschluss der Kinderschutz-Tagung im Vatikan der richtige Ort dafür war. Zumal Franziskus zu Beginn der Tagung daran erinnert hatte, dass die Welt von der Kirche „nicht einfache und verständliche Verurteilungen, sondern konkrete und wirksame Maßnahmen“ erwarte.
Der Abschlussgottesdienst für den Kinderschutzgipfel fand in der Sala Regia statt – ein ungewöhnlicher Ort für eine Liturgie. (Quelle: dpa)
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Die katholische Weltkirche hat ihr Versagen beim Umgang mit sexuellem Missbrauch eingestanden. Bei einer Bußfeier im Vatikan haben die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus der ganzen Welt zusammen mit dem Papst erklärt, dass die Kirche Täter geschützt und Opfer zum Schweigen gezwungen habe. „Wir bekennen, dass Bischöfe, Priester, Diakone und Ordensleute in der Kirche Verbrechen an Kindern und Jugendlichen begangen haben und dass wir es nicht geschafft haben, die zu beschützen, die unsere besondere Sorge bedurft hätten.“ Der Gottesdienst war einer der Höhepunkte des viertägigen Treffens. Allerdings verwundert es, dass die Liturgie nicht im Petersdom oder einer Kapelle im Vatikan, etwa der Sixtinischen Kapelle, stattfand, sondern in der Sala Regia, in der normalerweise keine liturgischen Zeremonien abgehalten wurden. Zuvor hatten die rund 190 Teilnehmer über konkrete Vorschläge diskutiert, wie etwa die Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der katholischen Kirche, Verfahren gegen Bischöfe, die vertuscht oder die Aufarbeitung verschleppt haben, sowie die stärkere Beteiligung der Laien bei der Kontrolle von Klerikern.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Ghanas, Erbischof Philip Naameh, predigte bei der Bußfeier über das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Er fragte, ob die Bischöfe nicht eigentlich die verlorenen Söhne seien. (Quelle: Erbacher)
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Papst Franziskus hat zum Auftakt des Anti-Missbrauchstreffens im Vatikan deutlich gemacht, dass er konkrete Ergebnisse erwartet. „Einfache und selbstverständliche Verurteilungen“ reichten nicht aus, erklärte Franziskus. Die Welt erwarte „konkrete und wirksame Maßnahmen“. Er hat den 190 Teilnehmern gleich eine Liste von 21 Punkten vorgelegt, die als Ausgang für die Diskussionen bei dem viertägigen Treffen dienen soll. Darin geht es etwa um die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen und die Erarbeitung von Verfahren bei Anklagen gegen Bischöfe. Schon am ersten Tag wird deutlich, dass die Erwartungen selbst unter den Teilnehmern sehr unterschiedlich sind. Während der Vatikan erreichen möchte, dass endlich alle Bischofskonferenzen den Ernst der Lage erkennen, wollen viele Teilnehmer bereits über weitergehende Reformen sprechen etwa beim Zölibat oder der Verteilung von Macht in der katholischen Kirche. Kritik kommt von den Betroffenen. Unter anderem weil bisher kein Treffen des Papstes mit ihnen am Rande des Gipfels geplant ist.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erhofft sich von dem Treffen in Rom, „dass alle Bischöfe der Weltkirche begreifen, dass wir uns dem stellen müssen“. (Quelle: Erbacher) Weiterlesen …
Das nächste Tabu ist gefallen. Papst Franziskus räumte heute ein, dass es in der katholischen Kirche Missbrauch von Ordensfrauen durch Priester und Bischöfe gegeben habe und gibt. Im Vatikan arbeite man an dem Thema, so Franziskus am Nachmittag bei der fliegenden Pressekonferenz auf dem Rückweg von Abu Dhabi nach Rom. Allerdings ließe es sich nicht von einem Tag auf den anderen abstellen. Es seien schon Kleriker suspendiert worden. Benedikt XVI. habe bereits begonnen, sich des Problems anzunehmen und habe eine Frauengemeinschaft aufgelöst, in der Missbrauch von Frauen „einen gewissen“ Umfang erreicht habe. Franziskus sprach in diesem Kontext von „Sklaverei bis hin zu sexueller Sklaverei durch die Kleriker oder den Gründer“. Bereits am vergangenen Freitag prangerte das Frauenmagazin der vatikanischen Tageszeitung L’Osservatore Romano den Missbrauch von Ordensfrauen öffentlich an. Damit packen der Papst und seine engsten Mitarbeiter ein weiteres dunkles Kapitel der jüngeren Kirchengeschichte an.
Am Morgen feierte Franziskus mit mehr als 130.000 Gläubigen den bisher größten öffentlichen Gottesdienst auf der arabischen Halbinsel. (Quelle: reuters)
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Papst Franziskus hat beim ersten Besuch eines Papstes auf der arabischen Halbinsel zum Einsatz der Religionen für den Frieden, für Toleranz und die Einhaltung der Religionsfreiheit aufgerufen. „Alle haben die gleiche Würde“, betonte Franziskus vor rund 700 Vertretern unterschiedlicher Religionen. Er warb für religiöse Pluralität und mahnte: „Man kann nicht Brüderlichkeit verkünden und dann entgegengesetzt handeln.“ Gemeinsam mit dem Großscheich der Al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tayyeb, von Kairo unterzeichnete der Papst eine Erklärung, in der jeglicher Gewalt im Namen von Religion eine Absage erteilt wird: „Entschieden erklären wir, dass Religionen niemals Krieg, Hass, Feindseligkeit und Extremismus anregen dürfen. Sie dürfen auch nicht zu Gewalt oder Blutvergießen anstacheln.“ Franziskus forderte ein Ende der Kriege im Jemen, Syrien und anderen Ländern der Region. Er kritisierte die „Logik bewaffneter Macht“. Franziskus wörtlich: „Das Wettrüsten, die Ausweitung der eigenen Einflussbereiche und eine aggressive Politik zum Nachteil anderer werden nie Stabilität bringen. Krieg schafft nichts als Elend, Waffen nichts als Tod!“
Papst und Großscheich unterschreiben eine gemeinsame Erklärung zum Dialog. (Quelle: dpa)
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