Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog

Interessantes und Hintergründiges aus dem Vatikan

Papst bekniet Führer des Südsudan

Die Geste dürfte einmal mehr für Kritik sorgen; doch wenn Franziskus Brückenbauer sein will, schreckt er auch vor ungewöhnlichen Aktionen nicht zurück. Zum Abschluss des zweitägigen Treffens der verfeindeten Führer des Südsudan im Vatikan kniete er sich vor diese und küsste ihnen die Füße. Zuvor hatte er mit einem eindringlichen Appell für die Überwindung der Gegensätze geworben und ein friedliches Miteinander gefordert. Das Volk in dem konfliktgeplagten Land habe einen „sehnlichen Wunsch nach Gerechtigkeit, Versöhnung und Frieden“. Unterdessen sorgt auch der emeritierte Papst für Schlagzeilen durch einen langen Text zum Missbrauchsskandal. Dieser macht einmal mehr deutlich, wie weit der Weg der Aufarbeitung noch ist.

Mit einer ungewöhnlichen Geste verstärkte Franziskus seinen eindringlichen Appell für Frieden und Versöhnung im Südsudan. (Quelle: vatican media/ap/dpa)

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Papst macht Jugend Mut

„Gemeinsam seid Ihr stark und könnt, ja sollt die Welt und die Kirche mitgestalten.“ So könnte man die Botschaft von Papst Franziskus an die Jugendlichen zusammenfassen. Nachzulesen in dem rund 60-seitigen Apostolischen Schreiben „Christus vivit – Christus lebt“. Darin fasst Franziskus seine Bilanz des synodalen Prozesses zum Thema „Jugend“ zusammen und gibt Grundkoordinaten für die kirchliche Jugendpastoral vor. Dabei steht für ihn nicht die kirchliche Lehre im Mittelpunkt, sondern die Frage, wie die Kirche jungen Menschen helfen kann, ihren Lebensweg zu finden. Zugleich wendet sich Franziskus über weite Strecken direkt an die jungen Menschen und ermutigt sie, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen, sich ihrer Berufung zu stellen und trotz vieler Widrigkeiten dem Leben und dem Glauben positiv gegenüberzustehen. Wer ein Papier erwartet hat, mit dem der Papst die kirchliche Lehre und Moral reformiert, wird enttäuscht sein. Wer Franziskus und der Kirche zugesteht, dass Veränderungen in der katholischen Kirche Zeit brauchen, findet hier einen weiteren Baustein auf dem mühsamen Weg, den Tanker „katholische Kirche“ auf einen neuen Kurs zu bringen.

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Der Papst in Marokko – Tag 2

Mit einer klaren Absage an Proselytismus und einem Appell, die innere Vielfalt in der katholischen Kirche zu akzeptieren, hat Papst Franziskus seinen Besuch in Marokko beendet. Während es am ersten Tag vor allem um den Dialog zwischen den Religionen ging, standen am zweiten Tag die Katholiken im Fokus. Am Morgen traf das Kirchenoberhaupt in der Kathedrale von Rabat Priester, Ordensleute und Seminaristen. Dabei betonte er, „die Wege der Mission führen nicht über den Proselytismus, der immer in einer Sackgasse endet“, sondern Mission geschehe „mit der Kraft des Mitgefühls, das sich vom Kreuz her auf alle Menschen erstreckt“. Bei der Abschlussmesse am Nachmittag warnte er vor Spaltungen und Auseinandersetzungen, vor Aggressivität und Konflikten innerhalb der Kirche. „Fallen wir nicht in die Versuchung, unsere Zugehörigkeit als Söhne und Töchter auf eine Frage von Gesetzen und Verboten, von Pflichten und Erfüllungen zu reduzieren.“ Es gehe darum, „kurzsichtige, spalterische Denkweisen zu überwinden“. Am Morgen besuchte Franziskus ein Caritas-Kinder-Zentrum vor den Toren von Rabat. Dort bekommen Familien unabhängig von Religion und Nationalität Hilfe. So stellt sich Franziskus das Christentum vor. Es geht ihm nicht um Masse, sondern um Klasse. Bei der Klasse allerdings nicht um das Einhalten von kleingeistigen Regeln und Normen, sondern um gelebte Nächstenliebe.

Kurzbesuch bei Papst Franziskus nach seiner Ansprache in der Kathedrale in Rabat. (Quelle: Erbacher)

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Papst in Marokko – Tag 1

Die Kultur des Dialogs, die gegenseitige Achtung und Anerkennung sowie das Recht auf freie Religionsausübung für alle standen im Mittelpunkt des ersten Tags von Papst Franziskus in Marokko. Bei einer Begegnung mit Flüchtlingen am Nachmittag erklärte der Pontifex, dass im Umgang mit Migranten vier Haltungen entscheidend seien: aufnehmen, beschützen, fördern und integrieren. Dabei betonte er auch die Pflichten der Migranten wie etwa das Erlernen der Sprache des aufnehmenden Landes, das Respektieren der Gepflogenheiten, der Gesetze und Kultur in der neuen Umgebung. Nur kurz nahm er dabei Bezug auf die Herkunftsländer. Dort müssten Anstrengungen unternommen werden, dass die Menschen erst gar nicht zur Migration gezwungen sind. Wichtig war Franziskus am ersten Tag in Marokko aber der Aspekt der gegenseitigen Anerkennung der Religionen. „Wir müssen von der einfachen Toleranz zum Respekt und der Wertschätzung des Anderen kommen“, forderte das katholische Kirchenoberhaupt. Immer wieder erinnerte er an die historische Erklärung zur Brüderlichkeit zwischen Christen und Muslimen, die er bei seinem Besuch in Abu Dhabi vor wenigen Wochen mit dem Großscheich der Al-Azhar-Universität unterzeichnete. Franziskus, der in Teilen der islamischen Welt ein hohes Ansehen genießt, nutzt dieses Pfund, um nicht nur für den Dialog zu werben, sondern deutlich die Anerkennung der Menschenwürde und damit verbunden auch der Gewissens- und Religionsfreiheit für alle und überall einzufordern – bis hinein in den Rechtsbereich der Länder.

Ein ungewöhnliches Bild bei einer Papstreise. Papst und König „gemeinsam“ auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt. (Quelle: Erbacher)

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Kinderschutz im Vatikan

Papst Franziskus hat erstmals für den Vatikanstaat und die Behörden des Heiligen Stuhls Richtlinien zum Umgang mit Missbrauch erlassen. Dabei geht es sowohl um den sexuellen Missbrauch, als auch um andere Formen der Ausbeutung und Misshandlung von Minderjährigen sowie anderer schutzbedürftiger Personen. Der Papst legte neben Verfahrensregeln und einem neuen Gesetz für den Vatikan auch einen Verhaltenskodex für die Mitarbeiter vor. Ab 1. Juni gibt es im Vatikan eine Anzeigepflicht schon beim Verdacht, dass ein Missbrauch vorliegen könnte. Mitarbeitende, die sich nicht daran halten, werden mit Geldbußen belegt, handelt es sich um Justizangestellte sogar mit Gefängnis. Neben den Hilfen für die Opfer wird der Umgang mit den Beschuldigten geregelt. Diese werden mit sofortiger Wirkung von ihren Aufgaben entbunden, der Kontakt zu Minderjährigen wird unterbunden. Für den Vatikanstaat wird es künftig zwar einen Kinderschutzbeauftragten geben. Allerdings sehen die Regeln nicht ausdrücklich vor, dass dieser unabhängig von den kirchenstaatlichen Strukturen sein muss. Auch gibt es keine Aussage zu möglichen Entschädigungen. Die Bistümer in aller Welt hatte die Glaubenskongregation bereits 2011 aufgefordert, entsprechende Regelungen zum Umgang mit Missbrauch zu erlassen.

Der Papst beichtet am Abend bei der Bußfeier im Petersdom. (Quelle: ap)

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Bischöfe mit dem Rücken zur Wand

Wehte ein Hauch von Geschichte durch die Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz in Lingen? Das werden erst Historiker im Rückblick sagen können. Doch es war durchaus zu spüren, dass dieses Mal etwas anders war beim Treffen der deutschen Kirchenspitzen. Der Druck der Basis ist noch größer geworden. Die Bischöfe spüren Zuhause den Unmut im Klerus und im engagierten Volk. Doch längst sind noch nicht alle an dem Punkt zu erkennen, dass es ohne grundlegende Reformen keine Zukunft geben wird. Da mag der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, auch von einer „Zäsur“ sprechen. Allzu oft gab es schon Dialog- und Gesprächsprozesse, die folgenlos blieben. Wenn es dieses Mal keine klare Perspektive für Veränderungen gibt, wird das Volk seine Oberhirten im Regen stehen lassen. Zugleich war in Lingen zu spüren, dass es eine Riege von Bischöfen gibt, meist die jüngeren, aber nicht nur, die wirklich Veränderungen wollen und diese notfalls auch anpacken wollen, wenn nicht alle Bischöfe mitziehen. Damit könnte Lingen auch der Anfang eines Weges sein, der zu mehr Verschiedenheit in der katholischen Kirche in Deutschland führt.

(Quelle: dpa)

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Der Missbrauch, die Aufarbeitung und die Reformen

Die katholischen deutschen Bischöfe kommen bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals nur langsam voran. Am Rande der Frühjahrsvollversammlung in Lingen stellte heute Bischof Stephan Ackermann, der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, den aktuellen Stand der Arbeiten vor. Er bekräftigte, dass die Bischöfe eine unabhängige Aufarbeitung möchten und dazu mit dem Beauftragten der Bundesregierung, Johannes Wilhelm Rörig, im Gespräch sind. Außerdem soll das „Verfahren zu Leistungen in Anerkennung zugefügten Leids“ überprüft werden. Mit Blick auf Forderungen nach Entschädigungszahlungen zeigte sich Ackermann zurückhaltend. Spannend waren die Diskussionen beim Studientag zu den Themen macht, Zölibat und Sexualmoral. Ob es hier konkrete Beschlüsse und einen Fahrplan für Reformen geben wird, ist aber noch ungewiss. Unterdessen wurde am Mittwoch das Strafmaß für den australischen Kardinal George Pell bekanntgegeben. Sechs Jahre soll der einst mächtige Kirchenmann wegen sexuellen Missbrauchs hinter Gitter. Er will in Berufung gehen.

(Quelle: dpa)

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Die Kirche und die Frauenquote

Bis 2023 sollen 30 Prozent der oberen und mittleren Leitungspositionen in den deutschen Ordinariaten und Generalvikariaten mit Frauen besetzt sein. Diese Zielvorgabe haben sich die katholischen Bischöfe selbst gesetzt. Eigentlich wollten sie gerne eine höhere Quote; doch die vergangenen fünf Jahre haben gezeigt, dass es nicht so einfach ist, Frauen in kirchliche Führungspositionen zu bekommen. Immerhin ist ihr Anteil in den Ordinariaten zwischen 2013 und 2018 von 13 auf 19 Prozent gestiegen. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, Vorsitzender der Pastoralkommission und Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, machte am Rande der Frühjahrs-Vollversammlung in Lingen deutlich, dass er sich auch Bewegung bei der Frage der sakramentalen Ämter wünscht. Doch der Diakonat der Frau oder gar das Priesteramt stehen bei der Frühjahrsvollversammlung nicht auf der Tagesordnung. Auch wenn viele Bischöfe spüren, dass der Druck der Basis hier immer größer wird.

30.000 Unterschriften für eine Erneuerung der Kirche haben Frauen in ganz Deutschland gesammelt und am Montagabend an die Bischöfe übergeben. (Quelle: dpa)

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Vertane Chance?

Papst Franziskus hat mit einer Grundsatzrede den Kinderschutzgipfel im Vatikan beendet. Damit hat er heftige Diskussionen ausgelöst. Denn einerseits bekräftigt er die harte Linie der katholischen Kirche beim Kampf gegen Missbrauch und betont, dass die Kirche an der Seite der Opfer stehen muss. Doch wenn es um die Frage nach konkreten Maßnahmen oder Konsequenzen nach den Beratungen der vergangenen drei Tage geht, bleibt er vage. Franziskus anerkennt, dass „die Unmenschlichkeit dieses Phänomens auf weltweiter Ebene in der Kirche noch schwerwiegender und skandalöser wird, weil es im Gegensatz zu ihrer moralischen Autorität und ihrer ethischen Glaubwürdigkeit steht“. Zugleich spricht er in weiten Teilen über den Missbrauch als gesamtgesellschaftliches Problem. Die Zahlen und Fakten, die er dabei bietet sind sicherlich zutreffend und ein Skandal; doch muss er sich die Frage gefallen lassen, ob der Abschluss der Kinderschutz-Tagung im Vatikan der richtige Ort dafür war. Zumal Franziskus zu Beginn der Tagung daran erinnert hatte, dass die Welt von der Kirche „nicht einfache und verständliche Verurteilungen, sondern konkrete und wirksame Maßnahmen“ erwarte.

Der Abschlussgottesdienst für den Kinderschutzgipfel fand in der Sala Regia statt – ein ungewöhnlicher Ort für eine Liturgie. (Quelle: dpa)

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Zwischen Schuldeingeständnis und konkreten Reformen

Die katholische Weltkirche hat ihr Versagen beim Umgang mit sexuellem Missbrauch eingestanden. Bei einer Bußfeier im Vatikan haben die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus der ganzen Welt zusammen mit dem Papst erklärt, dass die Kirche Täter geschützt und Opfer zum Schweigen gezwungen habe. „Wir bekennen, dass Bischöfe, Priester, Diakone und Ordensleute in der Kirche Verbrechen an Kindern und Jugendlichen begangen haben und dass wir es nicht geschafft haben, die zu beschützen, die unsere besondere Sorge bedurft hätten.“ Der Gottesdienst war einer der Höhepunkte des viertägigen Treffens. Allerdings verwundert es, dass die Liturgie nicht im Petersdom oder einer Kapelle im Vatikan, etwa der Sixtinischen Kapelle, stattfand, sondern in der Sala Regia, in der normalerweise keine liturgischen Zeremonien abgehalten wurden. Zuvor hatten die rund 190 Teilnehmer über konkrete Vorschläge diskutiert, wie etwa die Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der katholischen Kirche, Verfahren gegen Bischöfe, die vertuscht oder die Aufarbeitung verschleppt haben, sowie die stärkere Beteiligung der Laien bei der Kontrolle von Klerikern.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Ghanas, Erbischof Philip Naameh, predigte bei der Bußfeier über das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Er fragte, ob die Bischöfe nicht eigentlich die verlorenen Söhne seien. (Quelle: Erbacher)

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