Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog

Interessantes und Hintergründiges aus dem Vatikan

Die Messe erleben lernen

Mit einem Gottesdienst im RheinEnergieStadion, den das ZDF übertragen hat, endete heute der Nationale Eucharistische Kongress in Köln. Der Traum mancher Katholiken, dass der Papst selbst kommen würde, hat sich nicht erfüllt, das war relativ schnell klar. Aber immerhin hat Franziskus den deutschen Kurienkardinal Paul Josef Cordes als seinen Delegaten geschickt mit einer Botschaft. Er forderte die Menschen auf, die Heilige Messe nicht zur Routine verkümmern zu lassen, sondern ihre Tiefe immer besser auszuschöpfen. Mit einem Zitat von Johannes Paul II. mahnte der Papst, „Die heilige Messe erleben lernen!“  Der Empfang des Bußsakraments und das anbetende Verweilen vor dem eucharistischen Herrn im Tabernakel könnten dazu hinführen.

Wenn von den 45.000 Teilnehmern, die die Veranstalter angaben, nur 20.000 die Abschlussmesse besuchten – die leeren Plätze im Stadion waren nicht zu übersehen – dann scheint das zu zeigen, dass die päpstliche Mahnung nicht unbegründet ist. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass z. B. die Schüler für den Donnerstag angereist waren, die Ordensleute am Freitag und die Jugendlichen dann erst für das Wochenende. Für die Bischofskonferenz und insbesondere die gastgebende Erzdiözese Köln waren die fünf Kongresstage auf alle Fälle ein Erfolg, die gute Stimmung, das Interesse der Menschen, die vielen Gespräche und die geistlichen Impulse seien wertvoll und prägend gewesen. Ob es Nachfolgeveranstaltungen geben wird, wollte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zunächst offen lassen. Aber dass in den Gemeinden das Thema „Eucharistische Anbetung“ wieder stärker in den Mittelpunkt rücken soll, das sei ein Ergebnis der Kölner Tage. Kardinal Meisner hat seinem Domkapitel schon angekündigt, dass er eine 24-stündige Öffnung der Sakramentskapelle im Dom durchsetzen möchte.

 

PS: Wer den Gottesdienst noch einmal ansehen möchte, findet ihn in der Mediathek: http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/1914336/Kath-Gottesdienst-aus-K%C3%B6ln

PPS: Im übrigen übertrifft Papst Franziskus bei seiner Unterschrift den schon winzigen Namenszug von Benedikt XVI. noch an Bescheidenheit. Ohne irgendwelche Zusätze unterschreibt er die Botschaft nur mt Franziskus.

Die Unterschrift des Papstes

Die Unterschrift des Papstes

 

Das etwas andere Katholikenfest

Seit Mittwoch findet in Köln der Nationale Eucharistische Kongress statt. Ein Fest des Glaubens soll es sein, passend zum Jahr des Glaubens. Der – durchaus gewollte –Vergleich zu Katholikentagen oder dem Weltjugendtag drängt sich in der Fülle der Veranstaltungen auf. Das Programmheft weist ca. 800 Veranstaltungen auf, davon ein reichhaltiges Kulturprogramm. Dennoch sind die Inhalte stärker theologisch ausgerichtet und weniger gesellschaftlich brisant. Mit ihren Katechesen versuchen die Bischöfe, die Grundaussagen des Glaubens stärker zu profilieren.

Am Stand des Erzbistums Berlin wurde das eucharistische Symbol des Brotes ganz sinnenfällig: Brot wurde verteilt – und die dafür erbetenen Spenden werden den Opfern der Flutkatastrophe zugewandt.

Brote mit Kreuz in der Mitte

Im Zeichen des Brotes - Eucharistischer Kongress

Auffallend ist, dass mehrere Oberhirten die Gläubigen bestärken, sich mit einem Leben in der Minderheit zu arrangieren. So meinte Kardinal Reinhard Marx aus München, dass man die Menschen nicht zum Glauben zwingen könne und niedrigschwellige Angebote machen müsse. Und Kardinal Rainer Maria Woelki aus Berlin sagte, ein Außenseitertum sei kein Grund zur Entmutigung. Kurienkardinal Walter Kasper betonte, zur Geschichte der Kirche gehöre das Leben in der Krise und als Minderheit dazu.

Das ist eine Erkenntnis, die in dieser Deutlichkeit bisher nicht aus dem Munde deutscher Bischöfe zu vernehmen war. Und auch bei der Schlussfolgerung, sich nicht im Elfenbeinturm zu verschanzen, sondern mutig und selbstbewusst die Botschaft des Evangeliums an die Ränder der Gesellschaft zu bringen, fühlt man sich an viele Worte von Papst Franziskus erinnert. Der neue römische Stil färbt anscheinend doch ein wenig ab.

Johannes XXIII.

Ein kurzer Zwischenruf an einem denkwürdigen Tag. Heute vor 50 Jahren starb der selige Papst Johannes XXIII. im Alter von 81 Jahren. In die Trauer mischte sich damals die Sorge, wie es mit dem II. Vatikanischen Konzil weitergehen werde. Hoffnungsvoll war man im Oktober 1962 in diese bedeutendste Bischofsversammlung der Neuzeit gestartet, die Papa Roncalli Anfang 1959 nur wenige Monate nach seiner Wahl zum Papst überraschend angekündigt hatte. Er wollte die Kirche damit in die Moderne führen. Erleichtert war man, als sein Nachfolger Paul VI. erklärte, dass er das Konzil fortsetzen wolle.

Grabmal des seligen Johannes XXIII. im Petersdom

Papst Franziskus würdigte heute Abend bei einer Begegnung mit Pilgern aus Bergamo, dem Heimatbistum Roncallis,  den Seligen als Mann des Friedens und des Gehorsams. Die Einberufung des Konzils, das ein „Meilenstein in der Geschichte der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert gewesen sei“, bezeichnete Franziskus als „prophetische Intuition“. Johannes XXIII. habe eine große Liebe zur Tradition der Kirche ausgezeichnet und gleichzeitig auch das Wissen um die fortdauernde Erneuerungswürdigkeit der Kirche.

Johannes XXIII. hat mit dem Konzil einen Prozess angestoßen, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Noch immer ringt die katholische Kirche um den rechten Weg in der modernen Gesellschaft. Teils nimmt diese Auseinandersetzung kämpferische Züge an, wie man an den vielen internen Streitereien um die richtige Deutung des Konzils ablesen kann – und nicht zuletzt an den Diskussionen um die Versöhnungsgeste Benedikts XVI. in Richtung der traditionalistischen Piusbruderschaft. Um die ist es übrigens seit Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus still geworden. Der Stil des neuen Papstes dürfte wohl so gar nicht auf der Linie der Piusbrüder liegen. Und bei den Themen, die die Traditionalisten am Konzil mit am meisten kritisieren wie Ökumene, interreligiöser Dialog und Religionsfreiheit, liegt Franziskus ganz klar auf Konzilslinie.

Wer mehr über das Konzil erfahren möchte, dem sei unser ZDF-Film zum Jubiläum der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils vom Herbst vergangenen Jahres empfohlen!

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1777974/Revolution-im-Vatikan#/beitrag/video/1777974/Revolution-im-Vatikan

Zwischen Friedensappell und Bankmillionen

Papst Franziskus leitete gestern am späten Nachmittag im Petersdom eine Eucharistische Anbetung, die zeitgleich nach Vatikanangaben in über 70 Ländern gefeiert wurde. Das Vatikanfernsehen stellte Live-Bilder aus dem Petersdom zur Verfügung, die teilweise in die Kirchen und Kathedralen rund um den Globus übertragen wurden. Die ganze Aktion stand unter dem Thema „Ein einziger Herr, ein einziger Glaube“ und war Teil des Jahrs des Glaubens, das Papst Benedikt XVI. für 2013 ausgerufen hatte.

Papst Franziskus erteilt den Segen.

Obwohl es sich bei dem Ereignis um eine zutiefst spirituelle Zeremonie handelt, gab Papst Franziskus dem Ganzen doch eine durchaus politische Note. Er ließ vorab verkünden, dass das Gebet denen in der Welt gewidmet sei, die unter neuen Formen der Sklaverei leiden, – auch in der Arbeitswelt – den Opfern von Krieg, Menschen- und Drogenhandel sowie den Kindern und Frauen, die unter Gewalt litten. Auch wenn Papst Franziskus bei der einstündigen Zeremonie selbst das Wort nicht ergriff, die Intention der Veranstaltung war klar.

Schon beim Mittagesgebet wurde Franziskus ungewöhnlich politisch. „Alles geht verloren mit dem Krieg. Alles gewinnt man mit Frieden.“ So lautete seine Botschaft, die von den mehreren zehntausend Menschen auf dem Petersplatz mit lang anhaltendem Applaus erwidert wurde. Er griff dabei ein Wort seines Vorgängers Papst Paul VI. bei dessen Rede vor der UN-Vollversammlung 1965 auf. Franziskus forderte ein Ende der Gewalt in Syrien; lobte zugleich Zeichen der Hoffnung in Lateinamerika, wo es in jüngster Zeit Schritte in Richtung Frieden und Versöhnung gebe. Auch wenn Franziskus Kolumbien nicht eigens erwähnte, dürften seine ermutigenden Worte auf die Fortschritte in den Verhandlungen zwischen den linksgerichteten Rebellen FARC und der Regiering in Bogota anspielen.

Am Morgen hatte der Papst mit Eltern von in Friedensmissionen getöteten Soldaten sowie im Friedenseinsatz Verwundeten die Morgenmesse im vatikanischen Gästehaus Santa Marta gefeiert. Dabei bezeichnete er Krieg als „Irrsinn“, als „Selbstmord der Menschheit und der Menschlichkeit“.  Der Krieg sei ein „Glaubensbekenntnis an das Geld, an die Götzen, die Götzen des Hasses, jene Götzen, die dich dazu bringen, deinen Bruder zu töten und letztlich die Liebe. Anlass für den Gottesdienst war der italienische Nationalfeiertag am 2. Juni begangen wird.

Unterdessen hat in dieser Woche die Vatikanbank IOR eine Informationsoffensive gestartet. Ausgewählten Medien hatte der deutsche Chef der Bank, Ernst von Freyberg, Interviews gegeben. Darin kündigt er an, dass künftig die Geschäfte des „Instituts für religiöse Werke“, so der offizielle Titel der Bank, transparenter gestaltet werden sollen. Außerdem sollen die Geldwäscher unter den Kunden aussortiert werden. Bis zum Sommer möchte die Bank demnach alle Anforderungen der vatikanischen Finanzaufsicht AIF sowie internationaler Finanzregeln erfüllen. Von Freyberg war im Frühjahr von Papst Benedikt XVI. mit dem Auftrag ernannt worden, die Bank auf einen „sauberen Kurs“ zu bringen. Von Freyberg spricht jetzt von „Null Toleranz“ gegenüber Geldwäschern und Finanzkriminalität.

Im Oktober will er im Internet erstmals einen Geschäftsbericht veröffentlichen. Da darf man gespannt sein. Immerhin verriet von Freyberg, dass die Bank 114 Mitarbeiter hat. Sie verwaltet rund 6,3 Milliarden Euro auf den 18.900 Konten von Orden, Bistümern, religiösen Institutionen und Privatleuten. Der aktuelle Gewinn der Bank in Höhe von 86,6 Millionen Euro stehe Papst Franziskus zur freien Verfügung. In der Vergangenheit wurde das Geld für soziale Zwecke sowie zur Unterstützung Kirchen in den Ländern des Südens eingesetzt. Goldreserven hat das Institut übrigens im Wert von 36 Millionen Euro bei der US-Notenbank deponiert.

Spiritueller Papst

Papst Franziskus setzt in diesen Tagen stark spirituelle Akzente. Während viele Beobachter erwarteten, dass der „Papst der Armen“ gleich in den ersten Wochen Sozialeinrichtungen besuchen wird, konzentriert sich der Pontifex in seinen öffentlichen Auftritten auf Messen, Andachten und Rosenkranzgebet. Zwar hat er in der vergangenen Woche die Mutter-Teresa-Schwestern besucht, die am Rande des Vatikans Obdachlose versorgen; doch das Treffen folgte eher dem steifen vatikanischen Protokoll mit Reden und Handshakes als einer wirklichen Begegnung inmitten derer, die am Rande stehen. Auch große Reisen nimmt er für dieses Jahr nicht in Angriff, vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro abgesehen. In Italien stehen Assisi und ein Marienwallfahrtsort auf Sardinien auf dem Programm.

Papst besucht vatikanische Sozialeinrichtung. (dpa)

Das schmälert nicht sein Engagement für die Ausgegrenzten. Deutliche Worte fand Franziskus ja vor wenigen Tagen, als er eine Reform des Finanzsystems forderte und die Dominanz der Wirtschaft sowie der Finanzwelt kritisierte. Auch bei den Begegnungen mit Politikern sind die Themen Gerechtigkeit und Wirtschaftskrise stets auf der Tagesordnung. Katholische Reformthemen stehen hingegen bisher nicht in seinem Fokus.

Franziskus’ Akzent liegt derzeit ganz klar auf den Themen Evangelisierung und Ermutigung der Gläubigen, ihr Christsein selbstbewusst zu leben. Das passt übrigens zu seiner Rede, die er im Vorkonklave gehalten hat und mit der er wohl viele Kardinäle für sich eingenommen hat. Damals sagte er in Bezug auf den nächsten Papst: „Er soll ein Mann sein, der – ausgehend von der Betrachtung und Anbetung Jesu Christi – der Kirche hilft, aus sich selbst herauszugehen und sich an die Ränder der menschlichen Existenz vorzuwagen. Er soll der Kirche helfen, die fruchtbare Mutter zu werden, die aus der ‚süßen und tröstenden Freude der Verkündigung des Evangeliums’ lebt.“ Für Franziskus ist dabei entscheidend, dass das Ganze auf einem soliden spirituellen Fundament steht. Morgen beschließt er den Marien-Monat Mai mit einem großen öffentlichen Rosenkranzgebet auf dem Petersplatz; am Sonntag gibt es am Nachmittag im Petersdom eine Eucharistische Anbetung, die zeitgleich überall auf der Welt in katholischen Kirchen abgehalten wird.

Damit zeigt sich, dass der neue Papst anders ist, als man vielleicht nach den ersten Tagen und dem radikalen Stilwechsel dachte. Einmal mehr wird deutlich: Franziskus passt nicht in die üblichen Schubladen.

P.S. Die interessanten Morgenpredigten von Papst Franziskus werden übrigens nicht komplett veröffentlicht. Das habe der Papst selbst entschieden, erklärte jetzt Vatikansprecher Federico Lombardi. Franziskus halte die Predigten frei. Auch wenn der Papst Italienisch gut beherrsche, müssten die Texte vor einer Veröffentlichung dann noch einmal überarbeitet werden. Der Papst wolle aber den familiären Charakter der Morgengottesdienste im Gästehaus Santa Marta erhalten und wünsche daher keine Live-Übertragungen sowie auch keine Komplettveröffentlichung der Texte. In Auszügen werden sie auch künftig in der Vatikanzeitung Osservatore Romano sowie bei Radio Vatikan publiziert. Die Morgenpredigten waren in den letzten Wochen zunehmend auf Interesse gestoßen, weil Franziskus dort oft sehr lebensnah, mit einfachen Worten, einer bildreichen Sprache – bisweilen mit kleinen Geschichten – das Tagesevangelium auslegt – Aufsehen erregte dabei etwa seine Kritik an zuviel Bürokratie in der Kirche, die Ablehnung einer „Babysitter-Kirche“ oder von Christen, die wie „in Essig eingelegte Peperoni“ wirkten.

Auf Teufel komm raus

Hat der Papst einen Exorzismus vorgenommen oder hat er nicht? Diese Frage beschäftigte die (italienischen) Medien und war selbstverständlich für mehrere Schlagzeilen gut. Wie üblich hatte Franziskus am Pfingstsonntag noch eine Fahrt über den Petersplatz gemacht und war ausgestiegen, um Menschen zu begrüßen und zu segnen. Beobachter wollen nun gesehen haben, dass er dabei einem Rollstuhlfahrer die Hände aufgelegt  und gebetet habe und dieser anschließend den Mund geöffnet und gezuckt habe. Daraus entstand das Gerücht, der Papst habe einen Exorzismus gesprochen, die Reaktionen des Kranken seien ein Beweis dafür.

Das Dementi des vatikanischen Pressesaales erfolgte sofort: „Der Papst hat keinen Exorzismus vollziehen wollen“, so Pressesprecher Federico Lombardi. Und der Chefredakteur von TV 2000, das die Meldung verbreitet hatte, entschuldigte sich offiziell beim Papst wegen der Verbreitung einer nur zum Teil wahren Meldung. Man könnte darüber zur Tagesordnung übergehen, wenn es nicht zwei Themenkreise berühren würde, die weiterer Gedanken wert sind. Zum einen geht es um das übersteigerte Medieninteresse und die Instrumentalisierung des Papstes für die jeweiligen Zwecke, zum anderen um die Frage nach der Existenz des Bösen und den Exorzismus generell.

Der neue Stil des Papstes aus Argentinien, sein unbeschwerter Umgang mit Menschen, erregt immer noch das Interesse der Öffentlichkeit. Die Fotos von der Audienz der Bundeskanzlerin beim Papst sind durchaus geeignet, deren Sympathiewerte zu steigern und werden in diesem Sinne auch verwendet. Journalisten beobachten jeden seiner Schritte und jedes seiner Worte, und wer sich auf Franziskus berufen kann, schwimmt mit auf der Welle der Sympathie.

So auch die Kreise, die fest an die Existenz des Bösen in Gestalt des Satans glauben und Exorzismus für eine legitime Form kirchlichen Handels halten. Chefexorzist Gabriele Amorth lässt das Dementi des Vatikans daher auch nicht gelten, für den 88-Jährigen war der Rollstuhlfahrer ganz klar von Dämonen besessen und das Gebet des Papstes sei ein Exorzismus gewesen. Auffallend ist auf jeden Fall, dass Franziskus – wie vermutlich viele Lateinamerikaner – ein anderes Verhältnis zum Teufel hat als die Europäer. In seinen Ansprachen zitiert er ihn weit häufiger als Benedikt XVI. dies je getan hat. „Satan ist ein schlechter Zahlmeister. Er betrügt uns immer“, sagte er in einer Predigt vergangene Woche.

Man wird in diesem Pontifikat noch mehr vom Teufel hören.

Das Geld muss dienen, nicht regieren!

Es war die Woche der klaren Worte in Rom. Mit seiner Kritik an der „Diktatur der Wirtschaft“ und dem „Fetischismus des Geldes“ brachte es Papst Franziskus gestern bis in die Laufbänder der Nachrichtenkanäle. Es sind die deutlichen Worte, die von Kardinal Bergoglio bereits bekannt sind. Wenn er in den letzten Jahren über die Finanz- und Wirtschaftskrise sprach, gebrauchte er stets drastische Worte. Von der „Tyrannei des Marktes“ sprach er etwa 2002 in einem Zeitungsinterview, von der „Wirtschafts- und Finanzterrorismus“. Ähnlich klang das gestern wieder beim Antrittsbesuch mehrerer neuer Botschafter beim Heiligen Stuhl. Der Finanzkrise liege eine tiefe anthropologische Krise zugrunde, so Franziskus, nämlich „die Verneinung des Primats des Menschen“. Sowie die Ablehnung jeglicher Ethik und schließlich Gottes selbst. Stattdessen regiere das Geld. Er kritisierte „Ideologien“, die die völlige Freiheit der Märkte und der Finanzspekulationen förderten und das Recht der Staaten auf Kontrolle negierten. Kritik gab es auch an Korruption und Steuerhinterziehung. Franziskus forderte eine Reform der Finanzwelt unter ethischen Gesichtspunkten, die zu einer Reform der Wirtschaft führe, die allen zugute komme. Leider gibt es die Ansprache noch nicht in deutscher Übersetzung.

Neue Transparenz?

Macht der Vatikan wirklich ernst mit der Transparenz bei seinen Finanzgeschäften? Das wird man sehen. Angekündigt hat der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Vatikanbank IOR, Ernst von Freyberg, jetzt auf jeden Fall eine Internetseite des Geldinstituts bis Dezember dieses Jahres. Dort sollen auch die Aktivitäten des IOR veröffentlicht werden, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi. IOR steht für „Istituto per le opere religiose – Institut für religiöse Werke“. Inwieweit dabei auch detailliert die Bilanzen offen gelegt werden, ist noch unklar. Die Ankündigung erfolgt wenige Tage, nachdem vatikanische  Finanzaufsicht und die entsprechende Behörde in den USA ein Abkommen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterzeichnet haben. Es bewegt sich also etwas im Bereich der Finanzen.

Im Vorkonklave hatten viele Kardinäle die Vorkommnisse der vergangenen Jahre scharf kritisiert und mehr Transparenz sowie saubere Geschäfte gefordert. Die Kritik scheint angekommen zu sein. Dabei lautet die Devise unter Papst Franziskus allerdings nicht, alles über Bord zu werfen. Es geht vielmehr darum, den Reinigungskurs, den Benedikt XVI. angestoßen hatte, fortzusetzen. In diesem Sinne stellte vor wenigen Tagen bereits der vatikanische Innenminister, Giovanni Angelo Becciu klar, dass der Papst nicht vorhabe, die Vatikanbank IOR zu schließen. Dies hatten einige Beobachter aus den Worten von Papst Franziskus beim Morgengottesdienst am 24. April 2013 in Santa Marta geschlossen. Bei der Messe waren auch Mitarbeiter der Vatikanbank anwesend. Franziskus sagte damals, dass die Büros der Kurie und auch das IOR notwendig seien, aber nur bis zu einem gewissen Punkt, nur so lange sie der Kirche dienten. Franziskus wollte damit nicht die Existenz des IOR in Frage stellen, so Becciu.

Auch die Statue des hl. Josef an der Fassade der Kirche San José de Flores, der Jugendkirche Bergoglios in Buenos Aires, trägt eine Lilie.

Übrigens hat Franziskus gestern bei der Morgenmesse davor gewarnt, dass Armut nicht zur „Ideologie“ werden dürfe. Anlass war eine Stelle aus dem Johannesevangelium, in der Maria von Bethanien Jesus mit kostbarem Öl die Füße salbt. Judas kritisiert das und sagt, man hätte das Öl verkaufen und damit die Armen unterstützen können. Jesus verteidigt Maria und sagt: „Die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber nicht.“ (vgl. Joh 12,1-8). Hier, so Franziskus in seiner Predigt, sei ihm im Evangelium zum ersten Mal „Armut als Ideologie“ begegnet. Der Ideologe wisse aber nicht, was Liebe ist. Marias Handeln sei ein Akt der Liebe gewesen. Interessanterweise handelt es sich in der Episode um „Nardenöl“. Die Nardenblüte ist Teil des Wappens von Papst Franziskus. So könnte man dieses Symbol bei aller Betonung der „Option für die Armen“ durch Franziskus als Absage an eine „Ideologie der Armut“ deuten. Der Vatikan hatte bei der Vorstellung des Wappens von Franziskus die Nardenblüte ja als Symbol für Josef gedeutet. Allerdings ist es schwierig, eine Bestätigung für diese Deutung zu finden. Der Vatikan verweist auf spanische Traditionen; doch auch bei unserem Besuch in Buenos Aires vor wenigen Tagen konnten unsere Gesprächspartner diese Verbindung von Narde und Josef nicht erklären. Denn eigentlich wird Josef mit einer Lilie dargestellt als Symbol der Keuschheit und Reinheit.

Ein „strategischer Heiliger“?

In Rom hat Papst Franziskus heute seine erste Heiligsprechung als Papst vorgenommen. In der Predigt sprach er von den Heiligen als Vorbilder im Glauben: in jedem Anderen das Bild Christi sehen, alle annehmen ohne Vorurteile und ohne Zwang, sondern mit Liebe und ihnen das Wertvollste geben, was wir als Christen haben: Christus und sein Evangelium. Solch ähnliche Worte haben wir vergangene Woche auch bei unserem Besuch in Buenos Aires gehört. Allerdings sprachen wir da mit den Gläubigen über deren ehemaligen Erzbischof Jorge Mario Bergoglio. Für sie scheint Papst Franziskus schon zu Lebzeiten ein Heiliger zu sein.

 

Pater Sebastian im Gespräch mit Florinda Flores.

Wir sind mit Pater Sebastian durch seine Pfarrei gegangen. Sie liegt in einem der Armenviertel der argentinischen Hauptstadt; gleich neben dem schicken Stadtteil Flores. Dort hat Jorge Mario Bergoglio seine Kindheit verbracht. Dort, in der Kirche San José de Flores hat er Mitte der 1950er Jahre bei einer Beichte seine Berufung erfahren. Ab 1992 war er für den Stadtteil auch als Weihbischof zuständig. Er sei in der Zeit als Weihbischof sehr oft in die angrenzende „Villa miseria“ gekommen, erzählt Pater Sebastian. Später als Erzbischof und Kardinal habe er dann weniger Zeit gehabt. Trotzdem habe er sie jedes Jahr mindestens ein oder zweimal besucht. Die Menschen in der Villa erzählen begeistert von „ihrem“ Papst Franziskus. Er bringe ihre Sorgen und Probleme nun in die Weltkirche ein, ist Florinda Flores überzeugt. Bei ihr war Bergoglio einmal zum Essen zu Gast. Seine Bescheidenheit und Herzlichkeit habe sie sehr beeindruckt, erzählt sie. In vielen Häusern des Viertels hängen Fotos von Bergoglio. Nach den Firmungen etwa nahm er sich jedes Mal Stunden Zeit, um mit allen Firmlingen und ihren Familien fotografiert zu werden.

Pater Sebastian feiert einen Gottesdienst.

Auch Pater Sebastian erzählt viel Positives über seinen ehemaligen Chef. Jeder Priester habe die persönliche Telefonnummer Bergoglios gehabt. Man hatte so einen direkten Draht zu ihm. Wenn er nicht sofort erreichbar gewesen sei, habe er innerhalb kürzester Zeit zurückgerufen. Die Arbeit in den Armenvierteln sei ihm ein besonderes Anliegen gewesen. Zu Beginn seiner Amtszeit als Erzbischof 1998 seien nur noch wenige Priester in den Villas miserias gewesen. Bergoglio habe ihre Präsenz systematisch ausgebaut. Heute seien die meisten Pfarreien in den Armenvierteln mit mindestens zwei Klerikern besetzt. Sebastian lebt mit einem jungen Diakon in seinem Pfarrhaus. Das wurde gerade umgebaut. Viele Jahre lebte Sebastian in einer einfachen Hütte. Auf Bergoglios Wunsch wurde nun ein größeres Pfarrhaus gebaut, in dem dann auch Räume für Katechese und caritative Angebote sind.

Bergoglio also der „Kardinal der Armen“!? Hier wird Pater Sebastian etwas ungehalten. In der Weltöffentlichkeit werde Bergoglio gegenwärtig so dargestellt, als habe er sich nur um die Armen gekümmert. Das sei nicht richtig. Bergoglio habe sich um alle gekümmert: Reiche, Mittelschicht und eben auch um die Armen. Während die Armen oft vergessen würden, habe Bergoglio sie sehr klar im Blick gehabt, aber eben nicht nur die Armen. Bergoglio, ein Hirte, für alle Gläubigen und die Priester. Es hört sich beinahe so an, als hätten wir es hier mit einem Mann ohne Ecken und Kanten zu tun.

Das sieht der Journalist Washington Uranga nicht ganz so. Er schreibt unter anderem für die regierungsnahe Zeitung „Pagina 12“. Ihn treffen wir in La Plata, eine Stadt vor den Toren von Buenos Aires. Für ihn ist Bergoglio ein Mann großer Widersprüche. Auf der einen Seite sei beispielsweise diese starke Option für die Armen, auf der anderen Seite gebe es aber auch die noch ungeklärte Rolle Bergoglios als Jesuitenprovinzial in der Zeit der argentinischen Militärdiktatur. Wie hat er sich im Falle der beiden verschleppten Jesuiten Yorio und Jalics wirklich verhalten? Uranga kannte Yorio persönlich. Dieser habe zwar, wie Jalics jüngst auch, erklärt, Bergoglio habe sie seinerzeit nicht an die Militärs verraten. Doch, so habe ihm Yorio erzählt, hätten sie sich von ihrem damaligen Oberen im Stich gelassen gefühlt. Uranga hofft, dass Bergoglio als Papst nun den Anstoß für eine Aufarbeitung der Rolle der Kirche in der Militärdiktaturzeit gibt.

Uranga ist Bergoglio mehrfach begegnet. Auch er zeigt sich beeindruckt von dessen Bescheidenheit. Zugleich sieht er im neuen Papst einen ausgewiesenen Strategen. Bergoglio wisse stets genau was er wolle, und setze dies auch durch, so Uranga. Bergoglio ein Stratege? Es gibt durchaus Belege dafür: Als Erzbischof von Buenos Aires und Vorsitzender der Argentinischen Bischofskonferenz (2005-2011) ärgerte er sich mehrfach über die Ernennung von konservativen Bischöfen in Argentinien. Kurzerhand platzierte er in der Bischofskongregation, die für die Vorbereitung der Ernennungen zuständig ist, einen Priester aus seinem Bistum. Fortan war er über die Vorgänge vorab informiert und konnte gegebenenfalls versuchen rechtzeitig einzugreifen.

Über die ersten Bischofsernennungen als Papst hört man übrigens Positives. Im argentinischen Bistum Merlot-Moreno waren die Gläubigen hoch erfreut über ihren neuen Bischof Fernando Carlos Maletti. Am vergangenen Sonntag, einen Tag vor der Ernennung, nannten sie uns beim Besuch in der Gemeinde eben diesen Bischof als ihren Wunschkandidaten. Tags darauf ging ihr Wunsch in Erfüllung. Und auch aus der österreichischen Diözese Feldkirch hört man viele positive Rückmeldungen nach der Ernennung von Benno Elbs zum neuen Bischof. Mit Spannung werden daher die ersten Ernennungen für Deutschland erwartet. Die Bistümer Erfurt und Passau warten auf neue Bischöfe; einige andere Bistümer wie Freiburg und Köln warten auf neue Weihbischöfe. Zum 25.12. wird dann auch das Erzbistum Köln vakant, nachdem Kardinal Meisner in der vergangenen Woche noch einmal das öffentlich bestätigte, was laut Kirchenrecht selbstverständlich ist, dass er mit dem Erreichen seines 80. Geburtstag am Weihnachtstag in Pension gehen möchte.

Das war eigentlich keine Sensationsmeldung. Zwei andere Vorgänge hingegen schon eher. Am Dienstagabend gab der Vatikan bekannt, dass man künftig mit den USA eng im Kampf gegen Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus zusammenarbeiten will. Eine entsprechende Vereinbarung war an diesem Tag zwischen der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF und der entsprechenden Organisation der US-Regierung unterzeichnet worden. Das ist ein Zeichen, dass es dem Vatikan ernst zu sein scheint, die Probleme in seinem Finanzsektor in den Griff zu bekommen. Transparenz und saubere Geschäfte lautet die Devise für die Zukunft.

Ungewöhnlich und auch etwas überraschend kommt der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel nächsten Samstag im Vatikan. Immerhin sind im September Bundestagswahlen. Es ist nicht üblich, dass Politiker in den sechs Monaten vor einer Wahl vom Papst empfangen werden. Noch vor wenigen Wochen hieß es in Rom, dass es zu einer Begegnung vor der Wahl nicht mehr kommen werde. Jetzt ist das doch der Fall. Man darf gespannt sein, welchen Grund die Bundeskanzlerin nächste Woche für die Begegnung anführen wird. Das Verhältnis zwischen Angela Merkel und den Päpsten war nicht immer einfach. Johannes Paul II. traf sie 2003 einmal als Oppositionsführerin. Sie hatte damals George W. Bush beim Irakkrieg unterstützt. Papst Wojtyla stand klar auf der Gegnerseite. Benedikt XVI. traf Angela Merkel dreimal. Schwer belastet wurde das Verhältnis, als Merkel 2009 in der Williamsonaffäre den Papst öffentlich zu einer Klarstellung aufforderte. Zwar glätteten sich die Wogen wieder, und beim Deutschlandbesuch im Herbst 2011 begegnete man sich in herzlicher Atmosphäre in Berlin. Doch gewisse Irritationen sind geblieben. Die Begegnung mit Papst Franziskus ist im Wahljahr aus Sicht der Kanzlerin sicher eine strategisch kluge Sache. Viele Katholiken in Deutschland verspüren ein Gefühl von Aufbruch und Neuanfang. Wenn es der Kanzlerin gelingt, durch einen Schulterschluss mit dem Papst diese Stimmung auch auf sich zu übertragen, kann sie von der Begegnung nur profitieren. Zumal sie durch den Rücktritt Annette Schavans im Februar die wichtigste Katholikin an ihrer Seite verloren hat. Man darf gespannt sein, ob der Besuch im Vatikan mehr wird als nur ein Wahlkampftermin. Dafür könnte vielleicht Papst Franziskus sorgen. Denn der Papst, dem soziale Gerechtigkeit sowie die Option für die Armen und Marginalisierten sehr am Herzen liegen, wird einiges zu besprechen haben mit der Regierungschefin der größten Volkswirtschaft in Europa. Die Sorgen und Nöte der Menschen in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und den anderen Krisenländern sind ihm sicherlich präsent, ganz zu schweigen von der Rolle der großen Industrienationen im weltweiten Kampf gegen die zunehmende soziale Ungerechtigkeit.

Der Papst und die Ordensfrauen

Es läuft nicht ganz rund im Verhältnis zwischen den katholischen Ordensfrauen und dem Vatikan. Da ist zum einen der Streit zwischen dem Dachverband der US-Ordensfrauen (LCWR) und der römischen Zentrale; unabhängig davon fordern Ordensfrauen schon seit langer Zeit mehr Mitsprache in verantwortlichen Positionen der katholischen Kirche. Diese Forderung wiederholte am Rande der Vollversammlung der Internationalen Union der Generaloberinnen (UISG) die Generalsekretärin der Union, Schwester Josune Arregui, diese Woche in Rom. Heute empfing Papst Franziskus die Ordensfrauen. Er gab ihnen drei Dinge mit auf den Weg für die Erneuerung der Orden: die Zentralität Christi und seines Evangeliums, die Ausübung von Autorität als Liebesdienst und das „Fühlen“ mit der Kirche, sprich der Gehorsam gegenüber der Kirche.

 

Letzter Punkt wird natürlich vor dem Hintergrund des aktuellen Streits mit den US-Ordensfrauen sehr aufmerksam gelesen. Die Kirchlichkeit sei konstitutiv für das Ordensleben, so Franziskus. Darunter versteht er die Treue zum Lehramt in der Gemeinschaft mit den Bischöfen und dem Papst. Wie schon an anderer Stelle erinnerte Franziskus an Papst Paul VI., der die Vorstellung „Jesus ja, Kirche nein“ in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii nuntiandi“ als „absurden Widerspruch“ bezeichnete. Die Gehorsamsforderung gegenüber dem Lehramt ist bei Franziskus also nicht neu; doch lässt sie gegenüber den Ordensfrauen besonders aufhorchen. Zumal der Papst ausdrücklich auch die Ausbildung entsprechend der „gesunden Lehre der Kirche, in der Liebe zur Kirche und im kirchlichen Geist“ in den Instituten anmahnte. Auffallend ist zudem, dass das letzte Wort der Rede von Franziskus „hierarchisch“ ist. Er spricht da von der „heiligen hierarchischen Mutter Kirche“. Das verwundert doch etwas, dass er dies so betont.

 

Dass sich Franziskus zum Thema Kirchlichkeit der Orden äußert, ist sicher nicht (nur) den jüngsten Auseinandersetzungen mit den US-Ordensfrauen geschuldet. Die Vollversammlung der UISG hatte das Thema „Bei euch soll es nicht so sein. Leitungsdienst im Lichte des Evangeliums“. In diesem Sinn stellte Franziskus die drei genannten Kriterien für einen Leitungsdienst auf. Dabei fällt auf, dass er beim Thema „Autorität als Liebesdienst“ ausdrücklich auf seinen Vorgänger Benedikt XVI. verweist. Dieser habe mehrfach daran erinnert, dass für die Welt Autorität oft ein Synonym sei für Besitz, Herrschaft und Erfolg. Dagegen sei für Gott Autorität ein Synonym für Dienst, Demut und Liebe. Damit stellt sich Franziskus in die Tradition seines Vorgängers und zeigt, dass die Forderung nach eben einem solchen Amts- und Autoritätsverständnisses, das in den letzten Wochen immer wieder als besondere Eigenart des neuen Papstes gepriesen wurde, nicht seine Erfindung ist, sondern bereits eine Tradition hat.

 

Das trifft übrigens auch für die scharfe Kritik von Franziskus am Karrierismus in der Kirche zu, den er in seiner Ansprache an die Ordensfrauen heute wiederholte. „Denken wir an den Schaden, den jene Männer und Frauen der Kirche zufügen, die Karrieristen und Aufsteiger sind, die das Volk, die Kirche, die Brüder und Schwestern, denen sie eigentlich dienen sollten, benutzen als Sprungbrett für ihre eigenen Interessen und persönlichen Ambitionen. Die fügen der Kirche einen großen Schaden zu.“ Benedikt XVI. hatte mehrfach bei Treffen mit Seminaristen vor Karrieredenken gewarnt.

 

Nichtsdestotrotz – es bleibt die Frage, wie es mit dem Dachverband der US-Frauenorden weitergeht. Die sollen nach Wunsch der vatikanischen Glaubenskongregation ihre Statuten überarbeiten und Positionen etwa zum Thema Abtreibung oder Weihe für Frauen zum Diakonen- und Priesteramt klären. Hier hatte die Glaubenskongregation im vergangenen April im Rahmen einer lehrmäßigen Untersuchung Defizite festgestellt und den Dachverband unter bischöfliche Aufsicht gestellt. Aufsehen erregte am vergangenen Wochenende der Präfekt der vatikanischen Ordenskongregation, Kardinal Joao Braz de Aviz. Bei einem Treffen mit den Ordensfrauen erklärte er, dass er über das Vorgehen der Glaubenskongregation seinerzeit nicht informiert gewesen sei. Der Umgang mit dem LCWR habe ihm „viel Schmerz“ bereitet. Offen kritisierte er laut Medienberichten eine mangelnde Zusammenarbeit der Vatikanbehörden. Dies rief den Vatikan sofort auf den Plan. Gestern Nachmittag erklärte das Presseamt des Vatikans, dass die Glaubenskongregation und die Ordenskongregation in der Sache an einem Strang zögen. Die beiden Präfekten arbeiteten „eng zusammen entsprechend ihrer jeweiligen Verantwortungen“. Erzbischof Müller, Chef der Glaubenskongregation, und Kardinal Braz de Aviz hätten sich am Dienstag getroffen und ihre Zusammenarbeit bekräftigt. Es scheint, als hätten die offenen Worte des brasilianischen Kardinals zu einem reinigenden Gewitter geführt. Vielleicht bekommt das Wort der Ordenskongregation künftig mehr Gewicht in dem Prozess. Braz de Aviz ist bekannt für einen eher moderaten Kurs. Wie es mit den US-Ordensfrauen konkret weitergeht, wurde in der Erklärung nicht gesagt. Die Ordensfrauen sind überzeugt, dass die Kritik des Vatikans auf Missverständnissen beruht und hoffen daher, dass sich diese möglichst schnell klären lassen. Dies erklärte die Präsidentin des LWCR, Schwester Florence Deacon bei der Vollversammlung am Samstag.

 

P.S. Beim Treffen mit den Ordensfrauen plauderte Kardinal Braz de Aviz am Wochenende übrigens auch aus dem Nähkästchen. Lange Zeit war der Posten des zweiten Manns in der Ordenskongregation unbesetzt. Papst Franziskus habe ihn dann vor einigen Wochen gebeten, drei Namen vorzuschlagen. Als er ihm die drei Kandidaten präsentierte, habe Franziskus gefragt, wer sein Favorit sei. Braz de Aviz nannte den Generalminister der Franziskaner, Jose Rodriguez Carballo, als Wunschkandidat. Und dieser wurde dann in der Tat auch am 6. April zum Sekretär der Kongregation ernannt. Dies sei ein wunderbar einfacher Weg, Dinge zu erledigen, so Braz de Aviz. Bleibt zu hoffen, dass Franziskus auch bei anderen Personalentscheidungen die Betroffenen entsprechend mit einbezieht. Ob sich dieses Verfahren auch auf Bischofsernennungen anwenden ließe?