Und immer wieder Kurienreform

Im Vatikan ist heute das 13. Treffen des Kardinalsrats K9 zu Ende gegangen. Es war mit eineinhalb Tagen die bisher kürzeste Sitzung. Immerhin wurde „final“ über die beiden neuen Dikasterien beraten, die aus der Fusion mehrerer bisheriger Behörden entstehen sollen. Daneben ging es um das Thema „Synodalität“ sowie ein Update zur Reform des Finanzbereichs sowie die Arbeit der Kinderschutzkommission. Um die Kommission gibt es einigen Wirbel, nachdem Peter Saunders, einer der beiden durch Missbrauch Betroffenen, immer wieder öffentlich Kritik an der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen geäußert hatte. Der Vatikan hatte am Wochenende mitgeteilt, Saunders nehme eine Auszeit, um über seine Mitarbeit bei der Kommission nachzudenken. Saunders erklärte heute gegenüber Journalisten, er sehe sich weiterhin als Mitglied der Kommission.

Papst Franziskus hat am Dienstag "Missionare der Barmherzigkeit" getroffen, die er am Mittwoch aussenden wird. Sie haben besondere Befugnisse bei der Lossprechung von Sünden. (Quelle: ap)

Papst Franziskus hat am Dienstag im Vatikan „Missionare der Barmherzigkeit“ getroffen, die er am Mittwochnachmittag aussenden wird. Sie haben besondere Befugnisse bei der Lossprechung von Sünden. (Quelle: ap)

Zwei neue Dikasterien „final“ beraten

Nun werden sie also bald kommen, die beiden neuen Behörden für „Laien-Familie-Leben“ und „Gerechtigkeit-Frieden-Migranten“. Während bisher immer von zwei neuen Kongregationen die Rede war, betonte Vatikansprecher Federico Lombardi heute, dass er von neuen „Dikasterien“ spreche und nicht von Kongregationen oder Räten. Was dies bedeutet, ließ er offen. Fest steht auf jeden Fall, dass die Päpstlichen Räte für Laien und Familie mit der Päpstlichen Akademie für das Leben fusioniert werden sollen. Dasselbe gilt für die Päpstlichen Räte Justitia et Pax und für Migranten. Unklar ist, ob, wie ursprünglich geplant, auch der Rat Cor unum und Caritas internationalis in die zweite neue Behörde einverleibt werden. Die K9 beriet zudem über das Staatssekretariat und die Gottesdienstkongregation. Nähere Einzelheiten dazu wurden aber nicht bekannt. Interessant wird auch, ob diese Betonung von Lombardi, es handle sich um neue Dikasterien, sich auch auf deren Bezeichung auswirkt. Eine Kongregation oder ein Rat kann nur von einem Kleriker geleitet werden. Findet man eine neue Konstruktion, könnte auch ein Laie Chef werden. Allerdings war bisher immer davon die Rede, dass die Behörden nach der Fusion zu Kongregationen „aufgewertet“ werden.

Im Bereich der Sekretariats für Kommunikation hat Franziskus heute zwei Personalentscheidungen bekannt gegeben. Den Bereich für für theologisch-pastorale Fragen leitet künftig die in Rom tätige Theologiedozentin Natasa Govekar als Direktorin. Technischer Direktior wird Francesco Masci, der bislang den vatikanischen Internetdienst technisch betreute. Govekar übernimmt faktisch den Bereich, der früher vom Päpstlichen Medienrat verantwortet wurde. Diese Behörde gibt es seit dem 1. Januar nicht mehr.

Diskussionen um Kinderschutzkommission

Was ist Aufgabe der Kinderschutzkommission? Geht es um die Aufarbeitung von vergangenen Missbrauchsfällen oder um Prävention, um künftig Missbrauch zu verhindern? Franziskus hat bei der Einsetzung der Kommission klar gesagt, dass es um die Prävention geht, also den Blick in die Zukunft. In dieser Richtung hat die Kommission gearbeitet. Der Vatikan listet in einer gestern verbreiteten Erklärung das Engagement auf. Wie steht es aber um die Aufarbeitung? Hier hat die Kommission keinerlei Kompetenz. Dem Briten Peter Saunders, der als Kind von einem katholischen Geistlichen missbraucht worden war, geht es aber auch sehr stark um die Aufarbeitung vergangener Fälle. Konkret wirft er etwa dem australischen Kardinal George Pell, der Mitglied der K9 und vatikanischer Finanzminister ist, Vertuschung von Missbrauchsfällen in dessen Zeit als Erzbischof von Melbourne vor.

Franziskus hat mehrfach betont, dass er eine Aufarbeitung der Missbrauchsfälle wünsche und dabei auch geklärt wissen möchte, ob Hierarchen vertuscht und verschleppt haben. In der Öffentlichkeit sind allerdings nur wenige konkrete Schritte sichtbar. Dazu gehören einige Bischofsrücktritte im Kontext von Missbrauchsfällen. Doch eine transparente Arbeit gibt es an dieser Stelle bisher nicht. Das führt an vielen Stellen zu Unmut.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

6 Kommentare

  • Suarez
    10.02.2016, 12:07 Uhr.

    „Eine Kongregation oder ein Rat kann nur von einem Kleriker geleitet werden. Findet man eine neue Konstruktion, könnte auch ein Laie Chef werden.“

    Dass Kongregationen nur von Klerikern geleitet werden können, ist ja nicht eine Sache göttlichen Rechts (genauso wie die ganze Kurie). Es würde vermutlich massivsten Widerstand in der Kurie auslösen, aber der Papst bräuchte keine andere Konstruktion. Er kann die Leitungsbefugnisse sofort kirchenrechtlich ändern.

    „Franziskus hat mehrfach betont, dass er eine Aufarbeitung der Missbrauchsfälle wünsche und dabei auch geklärt wissen möchte, ob Hierarchen vertuscht und verschleppt haben. In der Öffentlichkeit sind allerdings nur wenige konkrete Schritte sichtbar. Dazu gehören einige Bischofsrücktritte im Kontext von Missbrauchsfällen. Doch eine transparente Arbeit gibt es an dieser Stelle bisher nicht.“

    Überhaupt könnte er auf die ganzen Kurienkardinäle und -bischöfe verzichten. Eine Dienstleistungsbehörde – so versteht Franziskus ja die Kurie – braucht keine Weiheamt- und Jurisdiktionsinhaber als leitende Angestellte.

    Ich kann Saunders sehr gut verstehen. Mir geschieht da viel zu wenig. Vor allem darf man nicht vor Pell haltmachen. Der erscheint mir dubiös. Noch viel weniger darf man aber vor Müller und den Ratzingerbrüder Halt machen, die sich durch Vertuschung schwer schuldig gemacht haben. Aber die Kommission, in der Saunders ist, ist da einfach nicht zuständig. Das muss man ehrlichkeitshalber schon dazu sagen.

    • Wanda
      10.02.2016, 16:19 Uhr.

      – wenn Franziskus wirklich eine Aufarbeitung wünscht, dann soll er ganz oben anfangen und die Rolle JPII (als Gönner und Beschützer) und Ratzingers (als devotem Bremser) im wohl übelsten Fall Marcial Maciel klären helfen. Und genau das darf vorläufig jedenfalls bezweifelt werden !
      Die Aufklärung warum dieser „Fall“ durch die Glaubenskongregation unter Ratzinger so bevorzugt heruntergespíelt und „behandelt“ wurde, liesse in ihren Auswirkungen alle anderen Missbrauchs-Skandale als Skandälchen erscheinen…

      • Alberto Knox
        11.02.2016, 14:39 Uhr.

        da stimme ich ihnen von herzen zu! allerdings gibt es tatsächlich noch mindestens einen fall, wo ratzinger bei einem noch schlimmeren unhold (wenn es da überhaupt einen komparativ gibt) gebremst hat: murphy. was meinen sie, wie die hölle losbricht, wenn franziskus auch nur den bruder, georg ratzinger, wie es sich nach seiner ignoranz und seinen prügeleien sowie seiner steten ableugnung wider besseres wissen eigentlich gehörte, relaiisierte…

  • bernardo
    10.02.2016, 20:25 Uhr.

    Darüber wird viel zu viel palavert. Franziskus soll eine Reform machen, nicht darüber reden lassen. (Sonst wird sie zerredet.) Die Macht hat er, sie ist ihm übertragen. Falls es Widerstände gibt, sollte er die Leute feuern. Auch diese Macht hat er. Was den Klerikalismus angeht, den es auf konservativer wie progressiver Seite gibt: Er ist und bleibt ein Grundübel der Kirche. Es gibt keinen Grund, warum Laien keine Kardinäle sein sollten und warum sie keine Kongregationen leiten sollten.

  • Student
    13.02.2016, 22:06 Uhr.

    Ich weiß nicht, ob es so christlich ist, negativ über Menschen zu sprechen die man nicht kennt…
    Falls Sie hier irgendwelche Prälaten, Bischöfe und Kardinäle der Kurie persönlich kennen, dann ist es ja möglich, dass Sie diese negativ beurteilen.
    Aber es ist natürlich viel einfacher über jemanden zu lästern den man nur aus (meist kirchenfeindlichen) Medien kennt.
    War die Sache mit dem Tratschen nicht eine der kurialen Krankheiten aus der Ansprache des Papstes zu Weihnachten 2014?
    Jedenfalls ist das hier leider auch zu finden…
    Zur Reform der Kurie…
    Es ist vielleicht richtig, die Kurie neu zu strukturieren.
    So kann vielleicht der ein oder andere Priester in der Gemeinde bleiben…
    Es wäre wohl auch ein guter Schritt mehr Geistliche aus den verschiedensten Teilen dieser Erde an die Kurie zu holen und natürlich auch aus den verschiedenen Ordensgemeinschaften.

    Nur auf der Kurie rum zu hacken geht jedenfalls nicht…

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