Franziskus in Asien – Tag 3

Der dritte Tag von Papst Franziskus in Asien war ein Reisetag. Doch er war nicht weniger interessant. Denn auf dem Weg von Colombo in Sri Lanka in die philippinische Hauptstadt Manila traf Franziskus die rund 80 mitreisenden Journalisten zu einer Pressekonferenz. 50 Minuten dauerte die Begegnung. Franziskus beantwortete acht Fragen. Dabei sprach er über den Anschlag von Paris und das Recht auf Meinungsfreiheit, aber auch deren Grenzen. Vor allem diese Aussagen werden noch für Diskussionen sorgen. Franziskus erklärte, dass die Ökologieenzyklika wohl im Juni oder Juli veröffentlicht werden wird. Mit Blick auf seinen Besuch auf den Philippinen sagte er, dass im Mittelpunkt seiner Botschaft die Armen stünden.

Reisetag mit wenig Programm

Am späten Nachmittag wurde Franziskus enthusiastisch In Manila empfangen. Auf dem Flughafen tanzten mehrere Hundert Jugendliche. Anschließend säumten Hundertausende die Straßen auf dem Weg vom Flughafen zur Nuntiatur in der philippinischen Hauptstadt. Dort wohnt Franziskus bis Montag. Heute brauchte der Papst für die neun Kilometer lange Strecke im offenen Papamobil nur knapp 40 Minuten. Außer der kurzen Begrüßungszeremonie am Flughafen, die nur die Hymnen, aber keine Reden vorsah, und einem kurzen Besuch im Kulturzentrum „Benedikt XVI.“ direkt vor dem Abflug in Colombo gab es heute keine weiteren Termine. Es war ein Reisetag, den Franziskus nutzte, um in der Pressekonferenz einige Akzente zu setzen.

Für Aufsehen sorgten seine Aussagen zum Thema Meinungsfreiheit. Er wiederholte, dass diese ein fundamentales Menschenrecht sei; dass es sogar die Pflicht eines jeden sei, seine Meinung öffentlich zu sagen. Allerdings zeigte er auch Grenzen auf: Religion zu beleidigen oder sich über sie lustig zu machen ist ein „no go“ für den Papst. Er machte einen etwas seltsamen Vergleich, in dem er, unter dem Gelächter der Journalisten, seinem Reisemarschall einen Kinnhaken in Aussicht stellte für den Fall, dass dieser die Mutter des Papstes beleidige. Zugleich sagte Franziskus aber auch, dass Gewalt im Namen der Religion, Töten im Namen der Religion, ebenfalls ein „no go“ sind. Er verurteilte damit einerseits erneut den Anschlag von Paris scharf, zeigte aber zugleich auch Grenzen der Meinungsfreiheit auf. Bei der Religion hört der Spaß für Franziskus auf.

Die Pressekonferenz im Wortlaut

Im Folgenden ein eigenes Transkript des Interviews mit dem Papst. Bitte beachten, dass es sich hier nicht um eine autorisierte, offizielle Übersetzung handelt. Es gibt mittlerweile auch schon einige Versionen auf Italienisch, Englisch und Spanisch. Die Reihenfolge entspricht dem Original; allerdings habe ich eine Frage weggelassen, die der Papst nur kurz beantwortet hat. Wäre angesichts der aktuellen Weltlage nicht eine Initiative wie das Friedensgebet von Assisi von Johannes Paul II. angebracht. Darauf sagte Franziskus, dass es bereits Überlegungen dazu gebe; allerdings gingen diese nicht vom Vatikan aus. Außerdem fehlt die kurze Antwort des Papstes zu den Philippinen, in der er zum Thema Armut spricht. Dies wird er in den nächsten Tagen ja noch weiter entfalten. Die Aussagen zu den Heiligsprechungen hatte er selbst der Pressekonferenz vorangestellt.

Pater Vaz und neue Heiligsprechungen

„Diese Heiligsprechungen wurden mit der Methode gemacht, die das Kirchenrecht auch vorsieht und die „equipollente“ genannt wird. Man nutzt diese, wenn eine Frau oder ein Mann schon seit sehr langer Zeit selig ist und die Verehrung des Volkes vorliegt, und er de facto wie ein Heiliger verehrt wird. Man macht dann nicht den Wunder-Prozess. Das sind Menschen von früheren Jahrhunderten. Ich habe das für Angela da Foligno gemacht. Dann habe ich mich entschlossen, das bei Personen zu machen, die große Evangelisatoren/Missionare waren. Zuerst Peter Faber, der Evangelisator/Missionar Europas war und der quasi auf der Straße gestorben ist beim missionieren, evangelisierend. Dann die die Evangelisatoren von Kanada, Francesco de Laval und Marie de Encarnacion. Die beiden waren quasi die Gründer der Kirche in Kanada. Er als Bischof, sie als Schwester mit dem Apostolat, das sie dort lebte. Dann José de Anchieta, der Gründer von Sao Paulo. Joseph Vaz, der Missionar des alten Sri Lanka. Jetzt im September, so Gott will, werde ich die Heiligsprechung von Junipero Serra in den USA machen, der der Missionar des Westens ist. Es sind Personen, die in Übereinstimmung stehen mit der Spiritualität und der Theologie von Evangelii Gaudium. Deshalb habe ich sie ausgewählt.

Enzyklika zum Thema Ökologie

Zu einem großen Teil ist es der Mensch, der die Natur kontinuierlich ohrfeigt. Wir haben uns ein bisschen der Natur bemächtigt, der Schwester Erde, der Mutter Erde. Ich erinnere mich, ihr habt das schon gehört, was mir ein alter Bauer einmal gesagt hat: Gott vergibt immer. Wir, die Menschen, vergeben gelegentlich. Die Natur vergibt nie. Wenn Du sie ohrfeigst, ohrfeigt sie Dich. Ich glaube, dass wir die Natur zu sehr ausbeuten. Die Abholzung zum Beispiel. Ich erinnere mich, in Aparecida, in dieser Zeit habe ich dieses Thema noch nicht so richtig kapiert, habe ich die Bischöfe Brasiliens reden hören von der Abholzung des Amazonasgebiets. Ich habe das nicht richtig verstanden. Aber der Amazons ist eine Lunge der Welt. Dann vor fünf Jahren habe ich mit einer Kommission für Menschenrechte einen Einspruch beim Obersten Gericht Argentiniens gemacht, um im Norden Argentiniens wenigstens zeitweise eine schreckliche Abholzung zu stoppen. Das ist das eine. Dann die Monokulturen sind ein anderes Beispiel. Die Bauern wissen, wenn du drei Jahre Getreide angebaut hast, musst du aufhören und etwas anderes anpflanzen, damit die Erde sich erholt. Heute macht man die Monokulturen, bei uns beispielsweise der Soja. Man baut bei uns Soja an, bis die Erde ausgelaugt ist. Nicht alle machen das. Aber es ist ein Beispiel wie viele andere.

Ich glaube, dass der Mensch viel zu weit gegangen ist. Gott sei Dank gibt es heute Stimmen, die darüber sprechen, viele, viele. Und ich möchte an meinen verehrten Bruder Bartholomaios erinnern, der seit Jahren über dieses Thema spricht. Ich habe viele Dinge von ihm gelesen, um diese Enzyklika vorzubereiten.

Romano Guardini kennt ein Wort, das ziemlich viel erklärt. Er sprach von einer zweiten „Unkultur“, die dann entsteht, wenn man sich der Schöpfung bemächtigt. So werde die Kultur zur „Unkultur“.  Die erste Kultur ist jene, die wir von der Schöpfung erhalten, um zu kultivieren. Aber wenn du dich ihrer zu sehr bemächtigst und überziehst, richtet sich diese Kultur gegen dich. Denken wir an Hiroshima. Man kreiert dann eine Unkultur.

Die Enzyklika: Den ersten Entwurf hat Kardinal Turkson mit seinen Mitarbeitern gemacht. Dann habe ich mit der Hilfe von einigen Leuten darüber gesprochen und daran gearbeitet. Dann habe ich mit einigen Theologen den dritten Entwurf gemacht. Und diesen habe ich an die Glaubenskongregation geschickt, an die zweite Sektion des Staatssekretariats und an den Päpstlichen Haustheologen, damit er ihn gut studiert, damit ich keine Dummheiten sage. Vor drei Wochen habe ich die Antworten bekommen. Einige waren sehr dick. Alle konstruktiv. Und jetzt werde ich mir im März eine Woche Zeit nehmen, um alles fertig zu machen. Ich glaube, Ende März wird sie fertig sein. Dann geht es an die Übersetzungen. Ich denke, wenn die Übersetzungsarbeit gut läuft, Monsignor Becciu [der vatikanische Innenminister] hört mir jetzt zu, er muss dabei helfen, kann sie im Juni, Juli veröffentlicht werden.

Wichtig ist, dass da eine gewisse Zeit ist zwischen der Veröffentlichung der Enzyklika und dem Treffen von Paris [nächster UN-Klimagipfel]. Das letzte Treffen von Peru hat mich enttäuscht. Es fehlte der Mut. Man ist an einem bestimmten Punkt stehen geblieben. Hoffen wir, dass sie in Paris mutiger sein werden die Repräsentanten, um voranzukommen.

Ich glaube, dass der Dialog mit den anderen Religionen wichtig ist auch in diesem Punkt.. In der Enzyklika kommt der Dialog als Thema nicht eigens vor. Defacto habe ich mit einigen Vertretern anderer Religionen über das Thema gesprochen und ich weiß, dass Kardinal Turkson das gemacht hat. Und auch zwei Theologen haben das gemacht. Das ist der Weg. Es [die Enzyklika] wird keine gemeinsame Erklärung sein. Die Treffen der Religionen kommen dann anschließend.

Selbstmordattentäter und Kindersoldaten

Mir kommt als erstes in den Sinn, dass das eine Sache des fehlenden Respekts ist. Ich denke, dass hinter jedem Attentat, das tötet, ein Ungleichgewicht steckt, ein menschliches Ungleichgewicht. Ich weiß nicht, ob mental oder menschlich. Etwas, das nicht in Ordnung ist. Diese Person hat nicht ein wirkliches Gleichgewicht in seinem eigenen Leben und zum Leben der anderen. Er gibt sein Leben; aber er gibt es nicht n einem guten Sinn. Viele Menschen, die arbeiten, denken wir etwa an die Missionare, geben ihr Leben, aber um aufzubauen. Der Selbstmörder gibt sein Leben, um sich selbst zu zerstören und um zu zerstören. Da ist etwas, was nicht geht.

Ich habe die Examensarbeit, nicht die Promotion, sondern für das Lizenziat, von einem Piloten der Alitalia, begleitet, der die Soziologie der japanischen Kamikaze untersucht hat. Ich habe einen Teil korrigiert, den methodologischen. Aber man kapiert das Phänomen nicht genau. Aber das ist nicht nur eine Sache des Orients. Sie ist eng verbunden mit diktatorischen, totalitären Systemen. Ein totalitäres System tötet. Wenn es nicht Leben tötet, dann Möglichkeiten, Zukunft, viele Sachen, auch Leben. Ich wiederhole, es ist nicht nur ein Problem des Orients. Das ist wichtig.

Was die Kinder anbetrifft, die für Attentate benutzt werden. Die Kinder werden benutzt für viele Dinge, ausgebeutet bei der Arbeit, ausgebeutet wie Sklaven, auch sexuell ausgebeutet. Vor einigen Jahren wollten wir mit einigen Mitgliedern des Senats von Argentinien eine öffentliche Kampagne in den wichtigsten Hotels machen, um zu sagen, dass man dort nicht Kinder für die Touristen ausbeutet. Es ist uns nicht gelungen, es zu machen. Es gibt versteckte Widerstände. Dann als ich einmal in Deutschland war, fielen mir einige Zeitschriften in die Hände. Da war auch ein Tourismus-Magazin: Tourismus in dieser Zone in Südostasien, auch Sextourismus und da waren Kinder. Eh! Die Kinder werden auch dafür ausgebeutet. Aber die Sklavenarbeit der Kinder ist schrecklich. Auch die Kindersoldaten. Mehr kann ich nicht sagen.

Sicherheit des Papstes und Bedrohung des Vatikans

Der beste Weg darauf zu antworten ist immer die Sanftmütigkeit, sanftmütig zu sein und demütig. Wie das Brot. Ohne aggressiv zu sein. Ich bin hier. Gut, es gibt Menschen, die das nicht kapieren. Zu den Sorgen. Ich sorge mich in der Tat um die Gläubigen. Darüber habe ich mit der vatikanischen Sicherheit gesprochen. Hier auf dem Flug ist Dottore Giani [Chef der vatikanischen Gendarmerie], der sich darum kümmert. Er ist auf dem Laufenden über dieses Problem. Das macht mir Sorgen, ziemlich.  Ich habe Angst. Aber Sie müssen wissen, ich habe einen Makel, eine gute Dosis von Leichtsinnigkeit. Ich bin leichtsinnig in diesen Dingen. Einige Male habe ich mich gefragt, wenn mir das passieren würde. Ich habe dem Herrn gesagt: Ich bitte Dich nur um eine Gnade, dass Du mich nicht leiden lässt. Denn ich bin nicht mutig angesichts des Schmerzes. Da bin ich sehr ängstlich. Ich bin in der Hand Gottes. Ich weiß, dass man die Sicherheitsvorkehrungen trifft, klug, aber sicher.

Besuch im buddhistischen Tempel

Der Leiter dieses buddhistischen Tempels hatte es geschafft, dass er von der Regierung zum Flughafen eingeladen wurde. Er ist auch ein großer Freund von Kardinal Ranjith. Dort hat er mich begrüßt und eingeladen, den Tempel zu besuchen. Auch Ranjith hat er gesagt, er soll mich dorthin bringen. Und dann habe ich mit dem Kardinal gesprochen, ob da nicht ein wenig Zeit ist. Allerdings als ich angekommen bin, musste ich das Treffen mit den Bischöfen absagen, es ging mir nicht gut, war müde, diese 29 Kilometer zur Begrüßung der Menschen, haben fertig gemacht. Und so war da keine Zeit. Aber gestern, als wir aus Madhu zurückkamen, war die Gelegenheit. Wir haben telefoniert und sind dorthin gegangen. In diesem Tempel sind Reliquien der Schüler von Buddha, von zwei. Für sie sind sie sehr wichtig. Diese Reliquien waren in Großbritannien, und sie haben es geschafft, sie wieder zurückzubekommen. Er war gekommen, um mich am Flughafen zu treffen, und ich bin gegangen, um ihn in seinem Haus zu treffen.

Gestern habe ich in Madhu eine Sache erlebt, die ich nie gedacht hätte. Die Menschen waren nicht alle katholisch, nicht einmal die Mehrheit. Da waren Buddhisten, Muslime, Hindus. Alle gehen dorthin, um zu beten und sagen, dass sie Gnade empfangen. Es gibt im Volk, das nie fehl geht, etwas, das sie vereint. Und wenn sie so sehr auf natürliche Weise vereint sind, zusammen in einen Tempel gehen und beten, der christlich ist, aber auch mehr als christlich, denn alle wollen ihn. Wie soll ich da nicht in einen buddhistischen Tempel gehen, um sie zu grüßen. Dieses Zeugnis gestern in Madhu ist sehr wichtig. Es lässt uns den Sinn der Interreligiosität verstehen, den man in Sri Lanka lebt. Der Respekt untereinander. Es gibt fundamentalistische Grüppchen. Aber die sind nicht mit dem Volk; das sind ideologische Eliten; aber sie sind nicht mit dem Volk.

Dann, dass sie in die Hölle kommen. [Nimmt Frage wieder auf, die an alte Vorstellungen in bezug auf asiatische Religionen Bezug nahm.]Es gab eine Zeit, da galt das auch für die Protestanten. Als ich ein Kind war, in dieser Zeit, vor 70 Jahren, kamen alle Protestanten in die Hölle. Alle. So sagte man. Ich erinnere mich an meine erste Erfahrung, die ich hatte mit der Ökumene. Ich habe das vor einigen Tagen den Vertretern der Heilsarmee erzählt. Ich war vier oder fünf Jahre, aber ich erinnere mich, sehe es vor mir. Ich ging mit meiner Großmutter die Straße entlang. Auf dem anderen Gehweg kamen zwei Frauen der Heilsarmee mit diesem Hut, den sie früher trugen. Heute tragen sie ihn nicht mehr. Ich habe meine Großmutter gefragt: „Großmutter, sind das Schwestern?“ Sie sagte folgendes: „Nein, das sind Protestanten. Aber sie sind gut.“ Es war das erste Mal, dass ich gut habe reden hören über eine Person einer anderen Religion, einen Protestanten. In dieser Zeit sagte man in der Katechese, dass alle in die Hölle kommen.

Ich glaube die katholische Kirche ist sehr gewachsen in dem Bewusstsein des Respekts gegenüber den Werten in den anderen Religionen, wie ich es auch beim interreligiösen Treffen in Colombo gesagt habe. Wenn wir sehen, was das II. Vatikanische Konzil gesagt hat zu den Werten in den anderen Religionen. Beim Respekt ist die katholische Kirche sehr gewachsen. Ja, es gibt dunkle Zeiten in der Geschichte der Kirche. Das müssen wir sagen ohne Scham, dass wir auf einer Straße der kontinuierlichem Umkehr sind  von der Sünde zur Gnade, immer. Und diese Interreligiosität als Brüder, sich immer respektierend, ist eine Gnade.

Religions- und Meinungsfreiheit

Ich glaube, beides sind fundamentale Menschenrechte: die Religionsfreiheit und die Meinungsfreiheit. Sie sind Franzose. Blicken wir nach Paris. Reden wir Klartext. Man darf eine Wahrheit nicht verstecken. Jeder hat das Recht, seine eigene Religion zu praktizieren ohne zu beleidigen. Frei. Und so wollen wir das alle machen. Zweitens. Man kann nicht beleidigen oder Krieg machen, töten im Namen der eigenen Religion, im Namen Gottes. Das, was gerade geschieht, verwundert uns.

Aber denken wir immer an unsere Geschichte. Wie viele Religionskriege haben wir gehabt? Denken Sie an die Bartholomäusnacht. Wie kann man das kapieren? Auch wir waren Sünder in diesem Bereich. Aber man kann nicht im Namen Gottes töten. Und das ist eine Abirrung. Töten im Namen Gottes ist eine Abirrung. Ich glaube, das ist das Prinzipielle zur Religionsfreiheit. Man kann das machen in Freiheit, ohne zu beleidigen, aber ohne sich aufzuzwingen und zu töten.

Die Meinungsfreiheit. Jeder hat nicht nur die Freiheit und das Recht, sondern die Pflicht, das zu sagen, was er denkt, um dem Gemeinwohl zu helfen. Die Pflicht! Wenn etwa ein Abgeordneter oder ein Senator nicht sagt, was er denkt, dass der richtige Weg ist, den man einschlagen müsse, trägt er nicht zum Gemeinwohl bei. Wir haben die Pflicht, das offen zu sagen. Wir haben diese Freiheit, aber ohne zu beleidigen. Denn es ist wahr, dass man nicht mit Gewalt reagieren kann. Aber wenn Dottore Gasbarri, ein großer Freund, [päpstlicher Reisemarschall, der neben Franziskus steht] meine Mutter beleidigt, erwartet ihn ein Faustschlag [macht Faustschlag in Richtung Gasbarri]. Aber das ist doch normal. Das ist normal. Man kann nicht provozieren, man kann nicht den Glauben der anderen schmähen. Man kann sich nicht über den Glauben lustig machen.

Papst Benedikt hat in einer Rede, ich weiß nicht mehr genau bei welchem Anlass, von dieser post-positivistischen Mentalität gesprochen, von der post-positivistischen Metaphysik, die dazu führt zu glauben, dass am Ende die Religionen oder die religiösen Ausdrucksformen eine Art Subkultur sind. Dass sie zwar toleriert sind, aber dass sie nichts sind und nicht Teil der aufgeklärten Kultur. Das ist ein Erbe der Aufklärung. Viele Menschen, die schlecht reden über Religionen, oder die sich über sie lustig machen. Diese provozieren, und es kann das passieren, was Dottore Gasbarri erwartet, wenn er etwas gegen meine Mutter sagt. Es gibt eine Grenze. Jede Religion hat Würde. Jede Religion, die das menschliche Leben respektiert, die menschliche Person. Und ich kann mich nicht über sie lustig machen. Da ist eine Grenze. Ich habe dieses Beispiel der Grenze gebracht, um zu zeigen, dass in der Meinungsfreiheit es Grenzen gibt, wie jene meiner Mutter.

Wahrheitskommissionen in Sri Lanka und anderen Ländern.

Ich kenne diese Kommissionen nicht gut in Sri Lanka. Ich kenne die aus Argentinien, als es sie damals gab nach der Militärdiktatur und die habe ich unterstützt, denn sie war auf einem guten Weg. Konkret kann ich nicht mehr dazu sagen, denn ich kenne sie nicht. Ich unterstütze alle ausgewogenen Versuche sich zu verständigen. Ich habe eine Sache vom Präsidenten von Sri Lanka gehört. Ich möchte nicht, dass meine Aussage jetzt als politische Stellungnahme interpretiert wird, sondern sie ist lediglich phänomenologisch. Ich wiederhole das, was ich gehört habe und mit dem bin ich einverstanden. Er sagte mir, dass er weitergehen will in der Arbeit des Friedens, erstes Wort, der Versöhnung. Dann hat er weitergemacht mit einem anderen Wort: Man müsse die Harmonie im Volk herstellen. Harmonie ist mehr als Frieden und Versöhnung. Es ist mehr. Noch schöner, ist auch musikalisch. Dann ist er mit einem weiteren Wort fortgefahren: Diese Harmonie solle uns Glück und Freude bringen. Frieden, Versöhnung, Harmonie, Freude, Freude. Ich war überrascht und habe gesagt, das freut mich zu hören. Aber es ist nicht einfach, das fünfte Wort. Er sagte ja: Wir müssen im Herzen der Menschen ankommen.  Dieses letzte tiefe Wort möchte ich als Antwort auf ihre Frage sagen. Im Herzen der Menschen anzukommen, das weiß, was das Leid ist, was die Ungerechtigkeiten sind, das viele Dinge in den Kriegen erlitten hat, auch in den Diktaturen, viele Dinge. Nur dort ankommend, das Volk weiß auch das vergeben, nur dort können wir richtige Straßen finden, um voranzukommen. Die Wahrheitskommissionen sind eines der Elemente, die helfen können. Zumindest in Argentinien haben sie geholfen. Aber es gibt noch andere Elemente, um zum Frieden, zur Versöhnung, der Harmonie, zum Glück und der Freude zu kommen. Das kommt mir in den Sinn; aber es sind die Worte des Präsidenten von Sri Lanka.“

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.