Weltkirche live in der Synode

In der 4. und 5. Generalkongregation lagen die Schwerpunkte der Synode bei den Herausforderungen für Ehe und Familie in Afrika sowie im Verhältnis zum Judentum, dem Islam und anderen Religionen. Während gestern Nachmittag die Familienpastoral im Mittelpunkt der Vorträge stand, ging es heute Vormittag um „kritische Situationen innerhalb der Familie“ sowie den „externen Druck auf Familien“. Dabei kamen noch einmal die Themen Migration, Armut, Arbeitslosigkeit und Gewalt zur Sprache. Für Lateinamerika wurde der Machismo als Problem thematisiert, für Afrika die Polygamie. Mehrfach wurden nach Angaben des vatikanischen Pressesprechers Federico Lombardi eine notwendige Reform der Ehenichtigkeitsverfahren vorgeschlagen sowie der Vergleich zur orthodoxen Praxis gezogen.

Keine „Ehe light“

Am Dienstagnachmittag und Mittwochmorgen haben insgesamt 68 Synodale gesprochen. Darunter waren eine ganze Reihe Bischöfe und Kardinäle aus Afrika. Sie berichteten über die Herausforderung, die die Polygamie für die Familienpastoral darstellt. Beim Briefing der Journalisten am Nachmittag betonte der argentinische Erzbischof und Papstvertraute Victor Fernández, dass die katholische Kirche Polygamie nie akzeptieren könne aus Rücksicht auf die Würde der Frau. Fernández betonte auch noch einmal, dass es auf der Synode kein Abrücken von der Unauflöslichkeit der Ehe geben werde. Es werde keine „Ehe light“ geben. Ähnlich wie Kardinal Marx sprach Fernández aber davon, dass sich die Lehre immer entwickelt habe und das werde auch in Zukunft so sein.

Victor Fernández wurde von Papst Franziskus kurz nach seiner Wahl zum Erzbischof ernannt. Als Kardinal Bergoglio hatte er Fernández gegen den Willen konservativer Bischöfe zum Rektor der katholischen Universität in Buenos Aires gemacht.

Victor Fernández wurde von Franziskus kurz nach seiner Wahl zum Papst zum Erzbischof ernannt. Als Kardinal Bergoglio hatte er Fernández gegen den Willen konservativer Bischöfe zum Rektor der katholischen Universität in Buenos Aires gemacht. Beider arbeiteten in der Kommission zur Redaktion des Abschlussdokuments der CELAM-Konferenz von Aparecida (2007) zusammen.

Der Papstvertraute erinnerte an das Schreiben Evangelii Gaudium von Papst Franziskus, in dem dieser davon sprach, dass es zwar das Ideal des Evangeliums gebe, dass man aber auch die „möglichen Wachstumsstufen der Menschen“ sehen und diese mit „Barmherzigkeit und Geduld begleiten“. Der Papst spreche davon „das mögliche Gute zu tun“. (EG 44f) Wie schon in den ersten beiden Sitzungen der Synode wurde also wieder über die Gradualität gesprochen. Es ging auch in der 4. und  5. Generalkongregation das Thema wiederverheiratete Geschiedene. Hier gehe es demnach um die Herausforderung, die Objektiviät der Wahrheit mit der Barmherzigkeit gegenüber der jeweiligen Person und ihren Leiden in Einklang zu bringen. Es sei laut Vatikankommuniqué darauf hingewiesen worden, dass viele Gläubige sich ohne eigene Schuld in dieser Situation befänden.

Die Kardinäle George Pell (r) und Timothy Dolan (l) am Abend im North American College bei einem Gespräch über die Synode und Papst Franziskus. Dolan bezeichnete dabei Franziskus als eine Essenz aus Einfachheit und Ehrlichkeit. Das mache auch seinen Erfolg aus.

Die Kardinäle George Pell (r) und Timothy Dolan (l) am Abend im North American College bei einem Gespräch über die Synode und Papst Franziskus. Dolan bezeichnete dabei Franziskus als eine Essenz aus Einfachheit und Ehrlichkeit. Das mache auch seinen Erfolg aus.

Bei einem Podiumsgespräch zeigten sich die Kardinäle George Pell und Timothy Dolan beeindruckt davon, dass die Bischöfe sehr genau die Situation in ihren Ländern vor Ort kennen und schilderten. Pell erklärte, er sei überrascht gewesen, in wie vielen unterschiedlichen Problemsituationen die Familien weltweit steckten. Kardinal Dolan äußerte sich positiv über die neue Methode der Synode. Vor allem, dass nach dem bisher schon üblichen Gebet zum Beginn jeder Sitzung erst ein Ehepaar ein Zeugnis ablege, bevor die Synodenväter, bezeichnete er als große Erfrischung. Am Vormittag berichtete eine Ehefrau, die mit einem Muslim verheiratet ist, am Nachmittag ein Ehepaar aus Südafrika über ihre Arbeit mit Ehepaaren in Krisensituationen.

Afrika brauche Bildung keine Kondome

Beim Briefing am Nachmittag war auch der Vorsitzende der Nigerianischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Jos, Ignatius Kaigama, dabei. Er unterstrich, dass die Afrikaner zwar materiell arm seien, aber nicht arm an Geist und Ideen. Er kritisierte die Haltung vieler europäischer Länder und der USA gegenüber afrikanischen Ländern. Diese bräuchten Nahrungsmittel, Bildung und Investitionen in Gesundheitssysteme und keine Kondome sowie Vorschriften in Moralfragen. Angesprochen auf die Haltung zum Thema Homosexualität erklärte er, dass die katholische Kirche alle Menschen respektiere. Nach christlichem Verständnis habe Gott den Menschen aber als Mann und Frau geschaffen. Die Kirche hasse aber niemanden wegen einer anderen Orientierung.

P.S. Die Süßigkeiten, die Papst Franziskus gestern an die Präsidiumsmitglieder verteilt hatte, waren übrigens so eine Art argentinische Prinzenrolle. Die Antwort des Erzbischofs von Manila, Kardinal Luis Antonio Tagle, nachdem er Alfajores probiert hatte: „Extremly good!“

P.P.S. Angesprochen auf die freie Diskussionskultur erklärte Erzbischof Fernández beim Briefing mit einem Augenzwinkern: Papst Franziskus habe gesagt, alle könnten frei reden, „ohne dass ihnen Kardinal Müller gleich auf den Leib rückt“.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.