Der Alltag beginnt.

Nach den turbulenten Tagen der Wahl und der Amtseinführung beginnt für Papst Franziskus nun langsam der Alltag im neuen Amt. Heute Morgen hat er den Chef der Bischofskonkongregation, Kardinal Marc Ouellet getroffen. Da dürfte es um die ersten Personalentscheidungen gegangen sein; allerdings weniger um das mit Spannung erwartete Stühlerücken in der römischen Zentrale als vielmehr um Bischofsernennungen in den Diözesen. Weit über 200 Posten müssen jedes Jahr neu besetzt werden. Die Bischofskongregation bereitet die Entscheidungen vor, abgesehen von den Bistümern in den traditionell als Missionsgebiete bezeichneten Diözesen, für die die Missionskongregation zuständig ist. Das letzte Wort hat aber immer der Papst bzw. in einigen Bistümern im deutschen Sprachraum das jeweilige Domkapitel, wenn das entsprechende Konkordat eine Wahl aus drei Kandidaten vorsieht. Die wiederum hat aber der Papst festgelegt, so dass letztendlich auch in diesen Fällen er entscheidet.

 

Papst Franziskus grüßt überall in der Stadt - und wird begrüßt.

Ouellet wird also heute Morgen mit einem großen Stapel Dokumente beim Papst erschienen sein; denn seit dem 1. März hat es keine Ernennungen mehr gegeben und der Stau muss nun abgearbeitet werden. In Deutschland warten etwa die Bistümer Passau und Erfurt auf einen neuen Diözesanbischof; daneben stehen einige Ernennungen von Weihbischöfen aus, etwa in Freiburg und Köln. Franziskus wird mit seinem Personalchef sicher auch über die Kurie gesprochen haben; denn schließlich kennt Ouellet, der ja selbst lange als höchst papabile galt, den Episkopat weltweit und er bringt mittlerweile einige Jahre Kurienerfahrung mit, zunächst als zweiter Mann im Ökumenerat (2001-2002), dann – nach einem Zwischenspiel als Erzbischof in Quebec – ab 2010 als Chef der Bischofskongregation.

Als solcher gehört er zu den wenigen Kurienchefs, die unter Benedikt XVI. einen regelmäßigen Audienztermin beim Papst hatten. Am Samstagnachmittag besprach er wöchentlich mit dem Pontifex die anstehenden Personalentscheidungen. Neben ihm hatten nur noch wenige Kurienchefs einen regelmäßigen Termin wie etwa der Präfekt der Glaubenskongregation am Freitagnachmittag sowie der Kardinalstaatssekretär und der Außen- bzw. der Innenminister. Alle anderen Leiter mussten oft lange auf eine Audienz beim Papst warten. Dies wurde im Vorkonklave von vielen Kardinälen heftig kritisiert. Sie forderten unter anderem die Wiedereinführung der Tabellaraudienzen, wie man die regelmäßigen Termine beim Papst nennt, für möglichst alle Kurienchefs. Es wird sich zeigen, ob Franziskus diesem Wunsch nachkommt.

Außer Kardinal Ouellet empfing der neue Papst auch den Chef der Ordenskongregation, Kardinal Joao Braz de Aviz. Mit einem Jesuiten auf dem Stuhl Petri dürfte im neuen Pontifikat auf den Orden sicher ein besonderes Augenmerk liegen. Gerade die großen traditionellen Orden leiden seit Jahren an Nachwuchsmangel. Zugleich werden immer mehr Klöster zu spirituellen Zentren, die große Massen anziehen. Hier liegt eine Chance für die Neuevangelisierung, die auch dem neuen Papst am Herzen liegt und die er sicher nicht ungenutzt verstreichen lassen will. Das Ministerium von Braz de Aviz, das bisher eher ein Schattendasein fristete, könnte also in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

P.S. Der Vatikan hat heute übrigens alle Ostertermine des Papstes offiziell bestätigt. Gründonnerstag feiert er um 9.30h im Petersdom die Chrisammesse und um 17.30h den  Abendmahlsgottesdienst im römischen Jugendgefängnis „Casal del Marmo“. Von diesem Gottesdienst wird es voraussichtlich keine Live-Bilder geben wegen des Persönlichkeitsschutzes der Häftlinge. Karfreitag findet um 17h die Karfreitagsliturgie im Petersdom statt und um 21.15h der Kreuzweg am Kolosseum. Die Osternachtsfeier ist am Karsamstag um 20.30h im Petersdom. Ostersonntag feiert der Papst auf dem Petersplatz um 10.15h den Ostergottesdienst; um 12h erteilt er den Segen Urbi et Orbi und verkündet seine Osterbotschaft von der Mittelloggia des Petersdoms.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.