Papst eröffnet Heiliges Jahr

Mit eindringlichen Appellen für Frieden und Versöhnung hat Papst Franziskus zu Weihnachten das Heilige Jahr eröffnet. Es steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Vor der Öffnung der Heiligen Pforte am Petersdom an Heilig Abend betete er dafür, dass „Feinde sich dem Dialog öffnen“ und „Gegner sich die Hände reichen“. In seiner Weihnachtsbotschaft beim traditionellen Segen „Urbi et orbi“ verband er seinen Friedensappell mit der Heiligen Pforte. Er lade alle Menschen dazu ein, „durch die Pforte hindurchzugehen, zu Pilgern der Hoffnung zu werden, die Waffen zum Schweigen zu bringen und die Spaltungen zu überwinden“. Bei den Feierlichkeiten merkte man dem 88-Jährigen die körperlichen Strapazen an. Bei Gebeten am Dienstagabend und auch beim Segen am Weihnachtstag wirkte er kurzatmig. Doch Ruhe gönnt er sich nicht. Franziskus will am 2. Weihnachtstag in einem römischen Gefängnis eine weitere Heilige Pforte öffnen.

Papst Franziskus an Heilig Abend bei der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom. (Quelle: VaticanMedia)

Mut haben

Hoffnung und Frieden waren die beiden zentralen Stichworte des Papstes an diesem Weihnachtsfest. Bei der Predigt in der Christmette warnte er davor, die Hände nicht in den Schoß zu legen. Weihnachten sei die Nacht, in der Gott zu jedem Einzelnen sage: „Auch für dich gibt es Hoffnung“. Allerdings sei die christliche Hoffnung kein Happy End, „das wir passiv erwarten“, erklärte der Papst. Sie fordere die Menschen vielmehr dazu auf, sich über Dinge, die falsch sind, zu empören und den Mut zu haben, sie zu ändern. Das Heilige Jahr rufe die Gläubigen zur geistlichen Erneuerung auf und verpflichtet sie zur Umgestaltung der Welt, damit dies wirklich eine Zeit des Jubels werde: „Sie soll es für unsere Mutter Erde werden, die durch die Logik des Profits entstellt wird; sie soll es für die ärmsten Länder werden, die durch ungerechte Schulden belastet sind; sie soll es für alle werden, die Gefangene von alter und neuer Knechtschaft sind.“

„Habt keine Angst!“ rief der Papst am 1. Weihnachtstag den Menschen auf dem Petersplatz und der ganzen Welt zu. Die Pforte, Christus, sei weit geöffnet. „Kommt! Lassen wir uns mit Gott versöhnen, dann werden wir auch mit uns selbst versöhnt sein und werden uns untereinander versöhnen können, sogar mit unseren Feinden.“ Wie üblich erinnerte er an die Konflikte weltweit, rief zu Verhandlungen im Ukrainekrieg auf und zu einem Waffenstillstand sowie der Freilassung aller Geiseln im Nahen Osten. Er dankte Eltern, Erziehern und Lehrern, den Ordnungsdiensten und den Mitarbeitenden im Gesundheitswesen sowie in Wohltätigkeitsorganisationen. Franziskus erinnerte an die verfolgten Christen sowie an die Menschen, die unter Einsamkeit, Flucht oder dem Verlust der Arbeit leiden. „Das Heilige Jahr soll eine Möglichkeit sein, alle trennenden Mauren niederzureißen: die ideologischen, die oft das politische Leben prägen, und die tatsächlichen“, erklärte das Kirchenoberhaupt.

Volles Programm

Mit dem Weihnachtsfest geht einerseits ein arbeitsreiches Jahr von Papst Franziskus zu Ende. Einen Überblick dazu gibt es bei ZDFheute. Zugleich beginnt mit der Eröffnung des Heiligen Jahres aber auch eine arbeitsintensive Zeit für den Pontifex. Ab Januar gibt es mehrfach im Monat besondere Heilig-Jahr-Feiern, die meist mit einem großen Papstgottesdienst und einer Audienz verbunden sind. Es gibt unter anderem Jubiläen für Migranten und Jugendliche, Unternehmer und Arbeiter, Künstler und Soldaten, Ehrenamtliche und Priester, im Krankendienst Tätige und Journalisten. Rom erwartet 30 Millionen Pilger und Touristen. Beim letzten ordentlichen Heiligen Jahr 2000 waren es 25 Millionen. Erste Pläne für Auslandsreisen gibt es auch. Ende Mai will Franziskus zum 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nizäa in die Türkei reisen und auch seine Heimat Argentinien hofft auf einen Besuch.

Aktuell merkt man dem Pontifex die Strapazen des Amts an. Die letzten Winter waren bereits schwierig für ihn. Immer wieder musste er Veranstaltungen absagen wegen Erkältung oder um sich zu schonen. Franziskus verzichtet auf die Öffnung der Heiligen Pforten in den anderen drei Papstbasiliken in Rom. Dort lässt er sich vertreten. Dafür öffnet er am 2. Weihnachtstag eine Pforte in einem Gefängnis. Trotz seiner gesundheitlichen Herausforderungen setzt er weiter Akzente, so wie er das für richtig hält. Das Szepter hält er in der Hand.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

7 Kommentare

  • Novalis
    27.12.2024, 16:27 Uhr.

    In der Summe war das ein gutes Jahr für Papst und Kirche, auch da, wo sich Franziskus ordentliche – und berechtigte! – Kritik holen musste wie in Belgien. Ich wünsche ihm noch gute, weitere Jahre. Geistig ist er offenbar weit fitter als JP2 oder gar B16 in diesem Alter. Ich wünsche mir, auch so hell zu sein, sollte ich je so alt werden. Gott schütze den Papst und erhalte ihn noch lange der Kirche.

    • yalob
      27.12.2024, 21:15 Uhr.

      dem stimme ich voll zu.

  • neuhamsterdam
    27.12.2024, 20:14 Uhr.

    „Spaltungen zu überwinden.“ Die durchaus richtige Diagnose von Spaltungen setzt relevante Gruppen voraus, angeführt von Personen, die Exklusivität ihrer Positionen einfordern, welche mir zu meinem Leidwesen nur allzu oft begegnen. Kürzlich habe ich von der interessanten These gelesen, dass das sogenannte katholische Milieu nicht erst seit dem Ausbruch der 68er sich in stetigem Niedergang befand, sondern bereits seit Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, als die Katholische Kirche versuchte, die Reihen zu schließen und das Entweder-Oder in der Mode Höllenpredigt Ausdruck fand. Da aber katholischer Glaube ohne Fegefeuer für die Bevölkerung auf dem Lande kaum lebbar war und der Klerus offensichtlich seine Forderung an die Schäfchen selber gar nicht befolgte, wurde die Diskrepanz zu groß und diese rigide Neuinterpretation der Glaubenslehre nach und nach von vielen als nicht lebbar abgelehnt. Worauf will ich hinaus? Man muss nur die zeitgenössischen und medial allumfassend präsenten Spaltenden einfach nur unter dem Aspekt der einstigen Höllenprediger betrachten: Es gib nur Wir oder Die, eine Entscheidung für eine Seite ist endgültig, ein Wechsel ist nicht möglich und wenn, dann mit ewigem Makel, hier die absolut Guten dort die absolut Bösen. Auch Bigotterie ist festzustellen: Bali, Schweiz, Russland oder China. Noch ein Merkmal teilen diese mit den Höllenpredigern: Dieses penetrante Rumnerven. Sie wollen doch NUR einem den Weg ins Paradies zeigen und vor der Hölle (der Anderen) bewaren. Logisch, damit würden sie sich extrem wichtig machen. Auch logisch: Ein Fegefeuerchen mit Ausgang Himmel würde das Dark Pattern stören und sich verheerend auf den Selbstwert der künstlich Echauffierten auswirken. Es ist und bleibt mir ein Rätsel, wie die Leute dieses Treiben zwar funktional wirkungslos ablehnen, aber vor einer effektiven Entzauberung zurückschrecken oder mit den Achseln zucken, weil sie Angst haben, schliesslich als Verderber eines grundlegenden Gesellschaftsspiels dazustehen. Ich werfe dem Papst und den vielen Versöhnern nicht vor, dass sie es gut meinen, sondern eher dass sie am Punkt vorbeipredigen, vielleicht sollten sie einfach aufhören, es gut zu meinen. Womöglich sollten sie bei der Geschichte der Höllenprediger nachschlagen und zum Fazit gelangen, es war alles nur eine große Show an dessen Ende die Auflösung des katholischen Milieus stand. Lebbares Katholischsein besteht aus Himmel, Hölle, Fegefeuer und dem porösen Selbst, das auch einer „Malachiasprophezeiung“ einen sicheren Platz einräumen kann in der es über „Petrus den Römer“ heißt, dass er der letzte Papst sei und dass er aufgemerkt: seine Schafe weidet. Mein katholischer Glaube in sich evident, Höllenprediger sind das Wetterleuchten der Auflösung und Franziskus der letzte Papst. Wer glaubt, ist nie allein.

    • Novalis
      28.12.2024, 23:27 Uhr.

      […]* Nach offizieller Lehre kommt jeder, der ins Fegfeuer kommt, nach dem Fegfeuer in den Himmel. Das Fegfeuer ist nicht die Hölle.

      * Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.

      • neuhamsterdam
        31.12.2024, 19:30 Uhr.

        Richtig. Das ist auch mein Glaube.

  • Wanda
    27.12.2024, 21:17 Uhr.

    „…über Dinge die falsch sind, sich zu empören“… Franziskus verliert aber kein Wort zu der Tatsache, dass seit Jahren Christen sich gezwungen sehen, ihre Heimat in islamischen Ländern des Nahen Ostens (und Nordafrika) zu verlassen.

    • Silvia
      28.12.2024, 20:30 Uhr.

      @Wanda, sie Christenverfolgung in islamischen Ländern ist ein Tabuthema, nicht nur für den Papst. Aber für einen Papst ist dieses laute Schweigen beschämend.

      Noch beschämender finde ich seine Einstellung gegenüber Israel, seine Ignoranz gegenüber dem Leid, das die Hamas am 7. Oktober 2023 über viele israelische Familien gebracht hat und seinen einseitigen Einsatz für die Palästinenser im Gazastreifen.

      Das erinnert mich ungut an die bis heute nicht eindeutig geklärte Rolle, die Pius XII im Holocaust eingenommen hat und an die Rolle der Kirche, die es Naziverbrechern ermöglicht hat, über die so genannte Rattenlinie nach Südamerika zu flüchten und sich der Strafverfolgung durch die Alliierten zu entziehen.

Kommentare geschlossen

Dieser Beitrag kann nicht länger kommentiert werden.