Synodale an Papst: Bitte Zölibat öffnen

Zum Auftakt der fünften und vorerst letzten Synodalversammlung des Synodalen Wegs haben sich alle Seiten darum bemüht, einen Eklat zu vermeiden. Die Debatten wurden sachlich geführt, schrille Töne wurden vermieden. Am Ende stimmte die Versammlung mit den notwendigen Mehrheiten für den Text „der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung“. Selbst 90 Prozent der 60 anwesenden Bischöfe stimmten dafür. Der Preis dafür war eine entschärfte Variante des Textes. Darin bitten die Synodalen den Papst, die Öffnung des Zölibats zu prüfen. In der Debatte vor der Abstimmung forderte etwa der Vorsitzende des Bundes der deutschen katholischen Jugend, Gregor Podschun, eine deutlichere Formulierung. Andere wie die der langjährige Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Stefan Vesper, warnten vor zu forschen Formulierungen, um überhaupt in der Sache voranzukommen.

Gut 200 Delegierte beraten bis Samstag bei der V. Synodalversammlung in Frankfurt. (Quelle: Erbacher)

Katholisches Prinzip: sowohl … als auch

Es war schon erstaunlich, wie harmonisch der erste Tag der Synodalversammlung am Donnerstag in Frankfurt ablief. Beide Texte zum Priester-Sein heute erhielten die notwendigen Mehrheiten. Auch die Aussprache zu Beginn der Versammlung, wo es bei vergangenen Synodalversammlungen auch schon einmal heftige Vorwürfe gegen einzelne Bischöfe oder den Vatikan gab, verlief eher ruhig. Einzig die Tatsache, dass die Bischöfe kurz vor der Versammlung noch einmal Änderungen zu zentralen Texten eingebracht haben, diese aber den Synodalen bis zum Nachmittag noch nicht bekannt waren, sorgte bei vielen anwesenden Laien für Verstimmung. Die Bischöfe hatten nach der Beratung bei der Vollversammlung in Dresden noch einmal Änderungen eingebracht, um möglichst bei allen Texten die notwendige Zweidrittelmehrheit der Bischöfe zu erreichen. Diese Eingaben wurden aber erst am Donnerstag am späten Nachmittag auf der Internetseite des Synodalen Wegs veröffentlicht.

In der Debatte über die Freigabe des Zölibats brachten sich auch viele Bischöfe ein. Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße etwa beklagte, dass er nach den aktuell geltenden Regeln „gute Leute“ ziehen lassen müsse, wenn sie den Zölibat nicht mehr leben können oder wollen und sie noch nicht einmal an anderer Stelle etwa in der Katechese einsetzen dürfe. „Ich schäme mich manchmal dafür“, erklärte Heße. „Ich habe immer gelernt, das katholische Prinzip ist das ‚et … et‘, das ‚sowohl als auch‘, nicht das Ausschließen“, betonte er. Nach Ansicht des Speyerer Bischofs Karl-Heinz Wiesemann würde eine Freigabe des Zölibats auch Druck von denen nehmen, die ihn freiwillig leben wollten. Der Fuldaer Bischof Michael Gerber berichtete von guten Erfahrungen mit verheirateten ukrainisch-katholischen Priestern, die als Geflüchtete jetzt Seelsorge für andere Geflüchtete leisteten, zunehmend aber auch in die allgemeine Seelsorge in Fulda eingebunden würden.

Kleine Schritte statt Brechstange

„Diese meine Kirche verdient es, dass wir sie nicht einfach lassen, wie sie ist“, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Co-Präsident des Synodalen Wegs, Bischof Georg Bätzing, am Donnerstag in Frankfurt. Damit lässt er keinen Zweifel daran, dass es Veränderungen geben wird. Aus Sicht von ZdK-Präsidentin, Irme Stetter-Karp, geht es darum, „die Kirche zukunftsfähig zu machen“. Der Auftakt der fünften Synodalversammlung ist gelungen, ein Eklat blieb aus. Vielen Synodalen war am Abend Erleichterung anzumerken. Angesichts des heftigen Gegenwinds aus Rom scheint es eine Mehrheit zu geben, die sich mehr Erfolg verspricht von einer Linie der kleinen Schritte als von einem Vorgehen mit der Brechstange. Allerdings stehen am zweiten Tag eine Reihe von Texten auf der Tagesordnung, die noch jede Menge Sprengkraft bieten, darunter die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, die Predigt in der Messfeier für Frauen oder die Öffnung aller Weiheämter für Frauen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

6 Kommentare

  • Erasmus
    10.03.2023, 1:45 Uhr.

    WENN DELEGIERTE AUF DIE ZÄHNE BEISSEN …
    „Es war schon erstaunlich, wie harmonisch der erste Tag der Synodalversammlung am Donnerstag in Frankfurt ablief. Beide Texte zum Priester-Sein heute erhielten die notwendigen Mehrheiten.“ (Erbacher)
    M. E. handelte es sich um eine OBERFLÄCHENHARMONIE. Einige Synodale hätten gern schärfer formuliert, aber sie beugten sich wohl mit knirschenden Zähnen, weil sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe für einen Text nicht gefährden wollten, der sich für eine Öffnung des Zölibats ausspricht.
    Konkret ging es bei dem Handlungstext „Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung“ um das Votum1:
    „Die Synodalversammlung bittet daher den Heiligen Vater, … die Verbindung der Erteilung der Weihen mit der Verpflichtung zur Ehelosigkeit NEU ZU PRÜFEN.“
    Gregor Podschun kritisierte aus meiner Sicht zurecht, dass in der Formulierung „bittet … neu zu prüfen“ keinerlei Profil des Synodalen Weges erkennbar ist und schlägt als Alternative „bittet … AUFZUHEBEN“ vor. Ebenso wie einige andere Teilnehmer, die sich zu Wort gemeldet hatten, spricht sich Gudrun Lux für Podschuns Antrag aus und argumentiert, dass die Formulierung „BITTET … DEN HEILIGEN VATER“ schon demütig und systemimmanent genug sei.
    So berechtigt Podschuns und Lux‘ Position ist, so war das Votum der Mehrheit der Delegierten für die WEICHGESPÜLTE FORMULIERUNG kirchenpolitisch klug. Denn es ist nun mal Realität, dass die Interventionen aus Rom einen Teil der Bischöfe durchaus beeindruckt haben. Und Rom wollte den deutschen Synodalen Weg nach der gerade laufenden 5. Synodalversammlung beendet sehen, was nicht im Interesse der reformorientierten Synodalen sein kann. Um ein hinreichendes Fundament für einen zukünftigen „Synodalen Ausschuss“, der in einen „Synodalen Rat“ münden soll, zu sichern, kommt es darauf an, dass sich Laien und Bischöfe während der aktuellen Tagung nicht auseinanderdividieren. Insofern ist es zielführend, wenn sich der/die eine oder andere Delegierte zusammenreißt und um des größeren Zieles willen die Kröte der Leisetreterei schluckt.
    Dass aus dieser Gemengelage notwendig eine gewisse Scheinharmonie resultiert, ist hinzunehmen, wenn es der langfristigen TRANSFORMATION DER KIRCHE dient.

    • Silvia
      10.03.2023, 21:57 Uhr.

      @ Erasmus, das sehe ich genauso. Ich hatte wirklich Angst vor einem Eklat mit weit reichenden Sanktionen aus Rom.

      Auf hatholisch.de habe ich heute gelesen, dass der Papst Lockerungen beim Zölibat nicht abgeneigt sein dürfte, was ich ausdrücklich befürworte.

  • Zufälliger Gastleser
    10.03.2023, 9:26 Uhr.

    Frau Stetter-Karp verglich eingangs das Bischofsamt mit einem CEO, kurz darauf folgte ein weiterer Anglismus und ein mokant parodierend vorgetragenes kurzes Ratzingerzitat. Zum Vokabular der Veranstaltung gehörten selbstverständlich „Reformstau“, „Hausaufgaben machen“ und „zukunftsfähig machen“. Kennt man woher, unangenehm. Institutioneller Selbsterhalt durch „Inkulturation“ in die neoliberale Spätmoderne und „Transformation“ in eine zivilgesellschaftlich staatsnah angepasste Organisation? War die Bertelsmann-Stiftung beratend tätig? Immerhin hat ja auch Papst Franziskus kurz nach Amtsantritt McKinsey in den Vatikan geholt. Hatte für mich einen ausgesprochen miesen Hautgout.- Mein Eindruck: vom hier wiederholt monierten angeblichen „Kirchenadel“ hin zum synodalen „Patriziat“. – Daß das Abstimmungsverhalten bei den zur Annahme oder Ablehnung empfohlenen Anträgen das Meinungsbild im deutschen Katholizismus wiedergibt, glaubt, wers eben glauben mag. – Das Ganze wirkte nicht „sachlich“ oder „harmonisch“, sondern irgendwie betoniert. Kann mir zwar auch verheiratete Priester vorstellen, aber wie stellen die sich das vor? Wie in der Orthodoxie, Eheschließung vor, aber nicht nach der (Diakonen-) Weihe? Wäre dafür. Was passiert aber bei Scheidungen oder Wiederverheiratungen? Wo soll das salami slicing enden, bei auch gleichgeschlechtlichen, wiederverpartnerten Priester*innen, Erz-Bischöf*innen, Kardinäl*innen und Päpst*innen? – Mit der совет – katholische Nationalkirche durchs Schisma zu Gott*?

    • Heilbründl
      11.03.2023, 3:07 Uhr.

      Oh doch, ich denke das Meinungsbild der Katholiken ist schon seit Jahrzehnten so – man soll sie doch heiraten lassen!
      Wissen Sie, wie ich das erstemal als Jugendliche von Kondomen hörte:
      Ich hörte ein Gespräch mit von den Verwandten, dass die Kanalarbeiter der Stadt wieder mal Kondome im Abwasser des Pfarrhauses gefunden hatten. Diese suchten regelmäßig danach, um sich über die „Bigotterei“ lustig zu machen. Ein anderes Beispiel:
      Es brannte und die Pfarrersköchin erzähle später – da sind wir zum Schlafzimmerfenster gerannt – und errötete ob der erstaunten Mienen der Anwesenden.
      Dann gab es damals die „Volksmission“. Ich kann mich erinnern, wie gemeckert wurde über die Kleriker, die so hochnäsig wirkten und selber so viel Dreck am Stecken hätten. Sogar nach Holland schickten einige ihre Köchinnen.
      Das Credo: Soll man die Pfarrer doch heiraten lassen!
      Viele Menschen hatten damals noch Hoffnung, dass das II. Hat. Konzil Hilfe brächte, wo doch der Johannes die Fenster aufriss.
      Zur Einordnung: Ich bin 65

      • Wanda
        11.03.2023, 16:39 Uhr.

        Habe als ehemaliger Katholik (war auch Meßdiener) ähnliche Erfahrungen. Unser Pfarrer allerdings war ein beliebter, lebensfroher Genußmensch, rauchte Zigarren, trank seinen Wein und wäre beinahe sogar Schützenkönig geworden, wenn der Vorstand nicht doch noch ein Restchen des abzuschießenden Holzadlers mit der Lupe ausgemacht hätte. Ob es ihm etwas ausgemacht hätte sich eine Königin zu erwählen, wer weiß ? Seinem Bischof wohl eher. Dieser sehr menschelnde Vollblut-Priester, der trotzdem respektiert wurde weil er kein Heuchler war, und der uns auch zusammenstauchen konnte, hätte eine Erlaubnis zur Heirat sicher nicht ausgeschlagen. Er blieb bei der Stange, was der Gemeinde damals gut bekam. Nach ihm wurde St. Marien nur noch „seelsorgerisch verwaltet“ und später mangels Zuspruch abgewickelt wie so manch andere Pfarrei. Was der Kirche fehlt sind ehrliche Hirten, die auch menschlich „rüberkommen“ und denen man glaubt, was sie predigen. Zur Einordnung: bin 79 und nur mein Nickname ist weiblich…

        • Heilbründl
          11.03.2023, 20:40 Uhr.

          Falls es nicht rübergekommen wäre, ich bin eine Frau!

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