Synodaler Weg in der Sackgasse?

Deutlicher hätte das Stoppschild nicht ausfallen können. Mit Verweis auf den Primat des Papstes untersagt der Vatikan den deutschen Bischöfen die Umsetzung eines der zentralen Beschlüsse des Synodalen Wegs: die Einrichtung des Synodalen Rats. Der Brief, in dem Rom sein Nein formuliert, und die Reaktion des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz darauf zeigen einmal mehr, dass man sich beiderseits der Alpen nicht richtig versteht oder verstehen will, dass in den vergangenen Jahren zu wenig kommuniziert wurde und dass eine Pause bei den Beschlüssen des Synodalen Wegs in Deutschland am Ende vielleicht hilfreich für die Reformanliegen hätte sein können. Denn in Rom sieht man in dem Drängen der deutschen Reformer eine Gefahr für den weltweiten synodalen Prozess und versucht deshalb noch vor der kontinentalen Versammlung Anfang Februar in Prag ein klares Signal zu senden.

Beim Gottesdienst am Sonntag im Petersdom rief Franziskus zur Einheit in der Kirche auf. Den Synodalen Weg in Deutschland sehen er und seine engsten Mitarbeiter auf Abwegen unterwegs. (Quelle: reuters)

Das alte Spiel der Reformgegner über Bande

Ob es ein abgekartetes Spiel ist, wird sich erst noch zeigen müssen. Doch einmal mehr wissen sich die Bremser von Reformen nicht anders zu helfen, als sich Schützenhilfe in Rom zu holen. Der Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki, sowie die Bischöfe von Augsburg, Eichstätt, Passau und Regensburg, Bertram Meier, Gregor Maria Hanke, Stefan Oster und Rudolph Voderholzer, schreiben nach Rom, um zu erfragen, ob sie an dem Synodalen Ausschuss teilnehmen „müssen“ oder „dürfen“, der bei der letzten Synodalversammlung beschlossen wurde. Dieser soll das Gremium des „Synodalen Rats“ vorbereiten und die Texte weiter beraten, die am Ende des Synodalen Wegs noch nicht verabschiedet sind.

Rom und die fünf Briefeschreiber sehen im Synodalen Rat, wie er entstehen soll, ein Gremium, dass die Bischöfe und die Bischofskonferenz in ihrer Macht beschneidet. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, verneint das und verweist ebenso wie die Gegenseite auf den entsprechenden Handlungstext „Synodalität nachhaltig stärken: Ein Synodaler Rat für die katholische Kirche in Deutschland“, der bei der letzten Synodalversammlung in zweiter und damit abschließender Lesung verabschiedet wurde. Mit dem Hinweis, dass der Papst den Brief mit dem Verbot, Synodale Räte auf Bundes-, Bistums- oder Pfarreiebene einzusetzen, ausdrücklich zugestimmt habe, besteht zunächst einmal kein Spielraum mehr, dafür aber Klarheit in der Sache.

Gefahr für weltweiten Reformprozess?

Ob durch das Nein Irritationen in Deutschland entstehen, dürfte dem Vatikan ziemlich gleichgültig sein. Aus römischer Perspektive stellen die Debatten in Deutschland gerade eine Gefahr für den weltweiten synodalen Prozess dar. Schon seit Monaten formieren sich die Gegner. Zuletzt hatte der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller in einem Interviewbuch das Vorhaben des Papstes scharf kritisiert. Auch der von Franziskus sehr geschätzte Kardinal George Pell, der vor wenigen Tagen überraschend verstorben war, hatte in einem posthum veröffentlichten Artikel das Projekt als „toxischen Alptraum“ bezeichnet. Papst Franziskus möchte die Kirche synodaler gestalten. Gerade konservative Kräfte möchten das nicht und verweisen dabei auch auf die Vorgänge rund um den Synodalen Weg in Deutschland. Sie sehen die Gefahr, wenn die Kirche sich einer stärkeren Synodalität öffnet, hole sie sich am Ende eine Art Parlamentarismus ins Haus, in dem kirchenpolitische Machtkämpfe ausgefochten werden und das Weiheamt unter die Räder zu kommen droht. Während der Papst versucht, die Weltkirche auf einen Weg hin zu mehr Synodalität zu bewegen, tönt es aus Deutschland: „Wir haben schon die Lösung, bitte einfach uns folgen.“

Doch aus der Sicht des Papstes ist der deutsche Weg eben nicht die Lösung, wie Synodalität, also mehr Beratung und Einbeziehung des gesamten Volkes Gottes, und die hierarchische Verfasstheit der Kirche in ein gutes Miteinander zu bringen sind. Dass die Themen, die in Deutschland diskutiert werden auch an anderen Stellen der Weltkirche den Gläubigen unter den Nägeln brennen, hat die Umfrage zu Beginn des weltweiten synodalen Prozesses gezeigt. Dieser kommt mit den kontinentalen Versammlungen im Februar in eine neue Phase. Das Europatreffen findet vom 5. bis 12. Februar in Prag statt. Schon gibt es die Sorge, die Debatten um den deutschen Synodalen Weg könnten das Treffen dominieren und damit die eigentliche Arbeit blockieren. Die Organisatoren, darunter der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich, befürchten, dass einerseits Vertreter osteuropäischer Länder über den deutschen Reformprozess sprechen wollten, um ihn einzudämmen, andererseits die deutschen Vertreter ständig versuchen könnten, ihre Vorhaben zu erklären.

Warum keine Pause?

Dass klare Veto Roms wird sich somit auch auf die Debatten bei den kontinentalen Treffen auswirken. Hätten die Deutschen bei ihrem Reformprozess nach den klaren Signalen beim interdikasteriellen Treffen Mitte November in Rom auf Pause gestellt, hätte diese direkte Konfrontation verhindert werden können und der deutsche Reformprozess von den Entwicklungen profitieren können, die sich auf weltkirchlicher Ebene bis Ende 2024 ergeben werden. Die deutsche Delegation geht nun erst einmal angeschlagen in die kontinentalen Beratungen in Prag. Die Auswirkungen des römischen Schreibens auf die Debatte bei der nächsten und letzten Synodalversammlung Anfang März in Frankfurt sind noch nicht abzusehen. Das starke Drängen der deutschen Reformer könnte nicht zuletzt vor dem Hintergrund der versäumten Kommunikation der vergangenen Jahre das ganze Projekt am Ende auch in eine Sackgasse führen, weil Rom nur immer mehr blockt und bockt.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

20 Kommentare

  • Erasmus
    25.01.2023, 14:35 Uhr.

    ROM VERSUCHT DEM DEUTSCHEN SYNODALEN WEG DAS WASSER ABZUGRABEN
    In dem an Bischof Bätzing gerichteten aktuellen Brief aus Rom musste ich lesen:
    „möchten wir … für die großen Anstrengungen danken, die sie bei der Untersuchung des abscheulichen Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen durch Männer (DARUNTER KLERIKER) und Frauen der katholischen Kirche sowie der oft UNZULÄNGLICHEN Vorgehensweise einiger Hirten der Kirche unternommen haben.“
    Das ist nicht nur Verharmlosung, sondern regelrechte Realitätsverdrehung. Ratzingers Erben haben den Schuss nicht gehört!
    Vielleicht muss man Rom daran erinnern, dass das Zweite Vatikanische Konzil dem ORTSBISCHOF die Autorität zugesprochen hat, in seiner Diözese zu LEHREN, zu HEILIGEN und zu REGIEREN – und nicht nur Anweisungen aus dem römischen Hauptquartier auszuführen. Dem Synodalen Weg empfehle ich die Devise Helmut Kohls: „Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter.“ Wir brauchen mehr DEMOKRATIE in der Kirche, sei es Gewaltenteilung oder die Partizipation von Laien bei relevanten Entscheidungen. Den weltweiten synodalen Weg gibt es überhaupt nur, weil Rom auf diese Art und Weise versucht hat, den deutschen Synodalen Weg einzufangen. Kommunikative Verständigung hat die Kurie von Anfang an verweigert, vermutlich weil man in Rom keine ZdK-Vorsitzenden am Tisch haben wollte.
    Das Europatreffen des weltweiten synodalen Prozesses findet vom 5. bis 12. Februar in Prag statt. Dessen Ergebnisse wird die Synodalversammlung Anfang März in Frankfurt sicher aufnehmen und wird sich auch überlegen, wie der Reformprozess in Deutschland weitergehen kann.
    Rom sollte, statt sich in Deutschland einzumischen, erst einmal seine Hausaufgaben machen. Es gibt da einen KARDINAL IN KÖLN, der vor bald einem Jahr ein Rücktrittsgesuch eingereicht hat, aber dort immer noch sein Unwesen treibt.

    • Wanda
      26.01.2023, 21:54 Uhr.

      Demokratie das war einmal, bevor die junge Kirche ihre Unschuld verlor, in dem sie das Bündnis mit der weltlichen Macht Rom einging und deren Struktur und Hierarchie kopierte…

    • Wanda
      27.01.2023, 12:42 Uhr.

      Unter diesem mit zuviel Vorschußlorbeeren gehuldigten Papst aus Lateinamerika wird sich nichts ändern. Nun zeigt er unmißverständlich seine Position und die ist gelinde ausgedrückt spaltungsfördernd. Seine „unbedachten“ Äußerungen wurden in der Vergangenheit von den Hardlinern schon zu oft durch deren Interpretationen korrigiert, so daß man weiß, wer dort im Vatikan wirklich das Sagen hat…

  • Novalis
    26.01.2023, 9:24 Uhr.

    Der Synodale weg ist ja auch in der Tat ein gar nicht direkt demokratisch legitimiertes Eliteprojekt. Da sind gute Ansätze, aber das ist reiner Vereinskatholizismus (der per se allerdings nicht schlecht sein muss und auch nicht schlecht ist). Warum nicht eine echte Synode? Warum nicht nach den von Paul VI. genehmigten Statuten der Würzburger Synode? Und an Rom: Wann wird die Würzburger Synode denn nun akzeptiert?

    • Erasmus
      26.01.2023, 11:37 Uhr.

      Seit wann ist in der Katholischen Kirche demokratische Legitimierung ein Kriterium? Papst und Bischöfe sind als die Entscheider an der Spitze der Hierarchie eine Elite par excellence, und von daher mutet es seltsam an, wenn der Papst gestern dem Synodalen Weg vorwarf, dass dieser kein echter Synodaler Weg sei, „sondern einer, der von einer Elite veranstaltet wird.“ Franziskus liegt damit allerdings ganz auf der Linie seines Vorgängers, der in seiner Silvesterpredigt von 1979 verkündete, dass es dem kirchlichen Lehramt aufgetragen sei, „den Glauben der Einfachen gegen die Macht der Intellektuellen zu verteidigen.“
      Das Format des Synodalen Weges ist bewusst jenseits des Kirchenrechtes kreiert worden, um Rom außen vorhalten zu können. Ansonsten erspart die kuriale Strukturkritik am Synodalen Weg der römischen Zentralmacht, sich mit den innovativen Inhalten des Reformprojektes auseinandersetzen zu müssen.

  • Zufälliger Gastleser
    26.01.2023, 19:45 Uhr.

    M.M.n. ist der Synodale Weg nicht „in einer“ Sackgasse, sondern als solcher selbst eine Sackgasse, nämlich die in geographischer und historischer Perspektive lächerliche Interessenvertretung der hierzulande sehr gut bezahlten Berufskatholiken, gewissermaßen deren mit dem Zeitgeist kurzgeschlossenes, quasi gewerkschaftliches Aufbegehren gegen multioptionale Lebensmöglichkeiten einschränkende jahrhundertealte, teils jahrtausendealte Moralüberlieferungen, als solche eben katholisch geltende, dafür, nach ihrem gusto selbstbestimmtes Da- und In-der-Zivil-Gesellschaft-Sein mit lukrativer kirchlicher Anstellung oder Anstellungsmöglichkeiten zu verbinden. Aus der klerikalen Prä- unmittelbar und directement in die synodale Post-Demokratie der (upper-) middle classes, aus dem Klerikalismus in den ps.-akademischen Szientismus der Professionals; darum geht es. Richtig bemerkt ein Eliten-Projekt; denn von Anwendung von Maßstäben einer „armen Kirche“ auch für diese akademisch qualifizierten Berufskatholiken hört man gar nichts. Wichtiger Punkt! Man will halt weit über Mindestlohn katholisch beschäftigt sein, ohne sich lebensweltlich der tradierten Kirche anbequemen zu müssen. Den kirchlich nicht-gehalt-beziehenden Katholiken, jedenfalls den nicht parteipolistisch oder zivilgesellschaftlich quer-verbundenen Kirchenmitgliedern oder von diesen Suggerierten liegt das alles sowieso fern oder sogar entgegen. Wäre ich Marxist, würde ich auch hier die Überwältigung der Haupt- von den Nebenwidersprüchen, jedenfalls im deutschsprachigen Raum, bitter konstatieren.

    • Novalis
      27.01.2023, 15:07 Uhr.

      „jahrtausendealte Moralüberlieferungen“. Sie sind also Feind von Banken, weil die Zins nehmen und das gemäß „jahrtausendealter Moralüberlieferungen“ verboten ist? Sie sind demgemäß gegen Schweinefleischkonsum und für Hexenverbrennungen?

      • Zufälliger Gastleser
        31.01.2023, 17:53 Uhr.

        In der Tat halte ich alternative, sogar (zugegeben: noch utopisch) „zinslose“ Wirtschaftsordnungen für bedenkens- und sogar wünschenswert, bin für – tierethisch verantworteten- „Schweinefleischkonsum“ und genauso wie die durchgehende katholische Lehre gegen „Hexenverbrennungen“. Trifft aber nicht mein Kommentaranliegen, nicht wahr?

    • Erasmus
      29.01.2023, 1:06 Uhr.

      „Aufbegehren gegen … jahrhundertealte, teils jahrtausendealte Moralüberlieferungen.“

      Es geht nicht um ein Aufbegehren, sondern um den Versuch, die zwischen der lehramtlichen Sexualmoral und der Lebenspraxis von Gläubigen aufgebrochene Kluft zu schließen. Außerdem ist der Kirche anzuempfehlen, wissenschaftliche Erkenntnisse der Gegenwart nicht zugunsten von „jahrtausendealten Moralüberlieferungen“ auszublenden.
      1. Mit den ab den 1960er Jahren zur Verfügung stehenden hormonellen Kontrazeptiva ging ein Freiheitsgewinn einher, auf den auch Katholik:innen nicht verzichten wollen.
      2. Aus wissenschaftlicher Warte ist klar, dass es sich bei Homosexualität um eine Normalvariante menschlichen Sexualverhaltens handelt. Damit ist die Kirche aufgefordert, ihre diskriminierende Haltung gegenüber gleichgeschlechtlich Liebenden aufzugeben.
      Galilei wurde 1633 von der Inquisition verurteilt. Es dauerte 359 Jahre bis seine Rehabilitation durch Johannes Paul II. erfolgte. Ich hoffe, dass die Neubewertung von Homosexualität durch die Katholische Kirche etwas schneller vonstatten geht.

      • Zufälliger Gastleser
        31.01.2023, 18:58 Uhr.

        „Wissenschaftliche Warte“ ist zeitabhängig, oft genug ein „mephistophelischer“ Luginsland gewesen. Und vom Sein zum Sollen, sowieso. Die katholische Sexualmoral ist enorm anspruchsvoll und herausfordernd, war sie genauso schon immer, keine neue Kluft. Übrigens für jegliches „Sexualverhalten“; – nebenbei ein bedenkliches Wort, das ohne prüde zu sein, selbst wenn ich ein Don Juan wäre, ungern gebrauche. Mit Vivisektionsgläsern geschrieben! Antihuman! Die Homophilie ist ein weites Feld, dessen kulturgeschichtliche und kirchenhistorische Ausmessung ins Unermessliche ginge. Kirchliche Moral sagt: Beischlaf fortpflanzungsoffen nur in der gegengeschlechtlichen Ehe. Bin nicht homophil geneigt, jedoch nicht homophob; soweit ich weiss, sagt sie nichts über menschliche Zuneigungen und Freundschaften. Es geht um strenge Sexualmoral – gestern, heute und morgen. – Worum geht es also? Um Abstriche für eine satte Zeit, für eine hedonistische und diesseitszentrierte Welteinstellung. Die Fokussierung auf den Homosex trifft es doch gar nicht wirklich. Die Menschen waren immer gleich. Geht um den Verlust des Glaubens. Um die soziale Deplausibilisierung der kirchlichen Lehre. Wäre viel drüber zu schreiben – von besseren als mir!

        • Erasmus
          01.02.2023, 14:34 Uhr.

          Wissenschaft ist zeitabhängig im Sinne eines Fortschreitens von Erkenntnis. Die empirische Untersuchung von menschlichem „Sexualverhalten“ ist ein objektivierender Zugriff, der nichts Inhumanes hat, sofern er sich der eigenen eingeschränkten Perspektive bewusst bleibt.
          Beispiel MASTURBATION
          – Die junge Medizin des 18. und 19. Jahrhunderts postulierte noch, dass Masturbation zu Gehirnerweichung und Rückenmarksschwund führe. Das kam der Katholischen Kirche natürlich entgegen.
          – Im Rahmen von gesellschaftlicher Entwicklung bildete sich das sogenannte „Jugendalter“ heraus. Ein heutzutage langer Zeitraum vor der Ehe.
          Warum sollten sich Jugendliche kasteien und ihre sexuellen Bedürfnisse unterdrücken, wenn Masturbation unschädlich und diese Form von Sexualverhalten altersentsprechend ist.
          Die ehe- und fortpflanzungsfixierte katholische Morallehre ist ein Anachronismus, und es ist höchste Zeit dass die katholische Sexualmoral wieder Anschluss an die Gegenwart findet.

    • Wanda
      30.01.2023, 23:18 Uhr.

      Sehr geehrter @Zufälliger Gastleser:
      – Schon mal über die enorm tolerante Jesus-Äußerung „Meines Vaters Haus hat viele Wohnungen“ nachgedacht ? Diese und andere Stellen des Neuen Testamentes werden von den röm.-kath. Geistlichen gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Eine Art Tabu. Genauso wie das bitterernste ermahnende Verbot des Jesus an seine Jünger, jedwede Art von Priestertum und jeden Titel als selbst ernannte Lehrer und Deuter abzulehnen. Sehr klar nachzulesen bei Matthäus 23: „Aber ihr sollte euch nicht Rabbi nennen lassen; denn EINER ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder. Und ihr sollt niemand euren Vater (Pater/Padre/PAPST) heißen auf Erden; denn nur EINER ist euer Vater, der im Himmel ist. Und ihr sollte euch nicht lassen Lehrer nennen; denn EINER ist eurer Lehrer, Christus“. Die diesbezüglich heftige Schelte des Nazareners geht noch weiter, aber die kennen Sie sicher. Meine damals jugendlichen Zweifel erhielten damit neue Nahrung, zumal ich erfuhr, dass die Amtskirche den einfachen Gläubigen einst das Lesen der Bibel streng verbot, was plötzlich in klarem Licht und völlig logisch war. Habe das schon öfter erwähnt, aber auch heute noch werden diese Stellen z.B. in den Bibelstunden „ausgespart“ und die dazu Berufenen scheuen eine Antwort. Auch hier in diesem Blog. Auslegen geht bei diesen deutlichen Worten des Wanderpredigers aus Nazareth nun mal nicht: sie entziehen sich jeder Umdeutung und diese seine ernsten Ermahnungen rütteln an den Grundfesten des christlichen Priestertums, angefangen vom Kaplan bis zum Papst. Ich erwarte gern Ihre Belehrung und Stellungnahme, bitte nun aber nicht ausweichen…

      • Zufälliger Gastleser
        31.01.2023, 17:41 Uhr.

        Sehr geehrte Wanda, Sie haben sich mit genannten Stellen wohl eingehender beschäftigt und kennen auch deren umfangreiche Auslegungsgeschichte. Bin kein Fachtheologe, aber konsultieren Sie doch mal die mittelalterlichen Katenen. Haben Sie Ihren Herrn Vater nicht eben „Vater, Vati oder Papa“ genannt? Oder einen handwerklichen Ausbilder „Meister“, einen akademischen Lehrer entsprechend seinem Grad z.B. „Doktor“? War der hl. Benedikt im Anfang des 2. Kapitels seiner Regel des Herrenwortes etwa so vergessen? Auch Lukas 14, 26 z.B. hat eine Auslegungsgeschichte. Das zeigt doch eben die Notwendigkeit lehramtlicher Vermittlung. – Bitte nehmen Sie meine Kommentare nicht so angriffig; selbstverständlich gibt es in allen Positionen und von allen Seiten auch bedenkenswertes. Mir geht es, zugegeben allergisch, eher ganz allgemein um Zeitgeist und Heuchelei und Widersprüche der zeitgeistigen Proponenten. – Und um diesen Kommentarbereich nicht übermäßig zu beanspruchen; wenn oben, nicht von Ihnen, „Hexenverbrennungen“ u.a. angeführt werden, zeigt dies argumentativ nicht ehrliche, ganz und gar nicht saubere, historisch und theologiegeschichtlich nicht informierte Polemik. – Und über einen Freiheitsbegriff, der sich da etwa auf Kontrazeptiva bezieht, mußte ich traurig schmunzeln. Vieles ließe sich weiter anführen, das aber hier keinen Platz hat. – Allgemein bemerkt, lese ich inzwischen gern in dieses Blog hinein. Desungeachtet stelle ich aber gerichtete Parteinahme fest und vermisse z.B. oberhalb und unterhalb der Kommentarspalte eine, nennen Sie es so, „konservative“, Gegenstimme. Warum nicht?

        • Wanda
          01.02.2023, 4:24 Uhr.

          @Zufälliger Gastleser 31.01. 17:41
          – Zu Ihren Ausführungen bezüglich des Begriffes Vater etc. Genau dagegen wehrt sich die Aussage bei Matthäus ganz explizit. Sie ist meines Erachtens überhaupt nicht mißzuverstehen. Das Christentum käme wie in seinen Anfängen sehr gut ohne diese Hierarchien des geistlichen Adels aus und wäre auch glaubwürdiger. Aber lassen wir das beiseite.
          – Ich möchte hier jedoch etwas richtig stellen: Sie täuschen sich, wenn auch von den anderen Blog-Teilnehmern das Wort „konservativ oder Konservatismus“ allgemein als negativ gesehen wird. So weit und so lange kenne ich die meisten Teilnehmer schon und wir schenken uns absolut nichts in oft heftigen Diskussionen. Das werden Sie bereits bemerkt haben. In meinem bereits recht fortgeschrittenen Alter, zwar katholisch erzogen aber fern jeder Religion, habe ich jedoch (auch als einigermaßen geschichts“belesener“ Mensch) erfahren müssen, was so alles unter dem Begriff „konservativ“ dem röm.-kath. gläubigen Fußvolk zugemutet wurde. DAS hat ganz sicher dem Begriff „konservativ“ geschadet…

  • Student
    31.01.2023, 22:25 Uhr.

    @Zufälliger Gastleser

    Leider ist es hier in der Kommentarspalte dieses Blogs so wie Sie es beschrieben haben. Ich habe schon seit langer Zeit keinen Kommentar mehr geschrieben, weil konservativen Ansichten in meinen Augen von den meisten Kommentarschreibern jedes Existenzrecht abgesprochen wird. Anstatt sich mit Argumenten auseinander zu setzen, wird dann meistens von den Anhängern von liberalen und progressiven Ansichten in polemischer und beleidigender Weise geantwortet. Da waren früher auch schon persönliche Angriffe dabei. Das ist schade, eine konstruktive Diskussion ist so nur schwer möglich. Man mag nämlich irgendwann auch nichts mehr schreiben, wenn Aussagen überspitzt oder in ihr Gegenteil verkehrt werden. Es scheint mir so, dass konservative Menschen eher gegenteilige Meinungen aushalten können als progressive. So kann man es zum Beispiel beim Synodalen Weg beobachten. Auch das ist schade.

    PS: Hoffentlich geht der nächste Artikel hier im Blog auch auf die Ernennung von Robert Francis Prevost OSA zum neuen Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe ein, er ist ja relativ unbekannt.

  • Conny
    01.02.2023, 9:01 Uhr.

    Komisch. Mir sind eher Konservative bekannt, die Progressiven ihr Meinungsrecht absprechen und beleidigend werden. Gerade heute morgen noch Gloria von Thurn und Taxis im TV gesehen, die dort zum Besten gab, progressive Forderungen kämen nur von Leuten, die gar nicht in die Kirche gingen. Fromme Messbesucher wollten das dagegen alle nicht….

    • Novalis
      01.02.2023, 14:22 Uhr.

      Eine so fromme Messbesucherin ist die Dame ja selber nicht.

  • Conny
    01.02.2023, 9:06 Uhr.

    Für mich auch interessant: Haben früher Progressive andere Meinungen vertreten als der Vatikan, kam der Aufschrei der Konservativen nach dem gefälligst zu leistenden Gehorsam gegenüber dem Papst. Kam jetzt mal von Franziskus etwas, was ihnen nicht passte, dann war das mit der Gehorsamspflicht auf einmal nicht mehr so weit her. Ich nenne sowas Doppelmoral. Von wegen, Konservative seien toleranter.

  • Zufälliger Gastleser
    01.02.2023, 11:32 Uhr.

    @ Student Es ist grade diese schon hegemonial verbreitete, nicht selten ätzende Häme bei kommentierenden oder journalistischen Vertretern (nicht dieses Blogs) solcher Positionen, die ohnehin im Mainstream gesichert obenauf sind, welche ich zunächst da, also weitest nicht nachvollziehen kann, wo keine seltenen biographischen Einzelfallbetroffenheiten, in toto verzerrend, vorliegen. Findet man bei der Gegenseite nur am Narrenrand. Der überlieferte Katholizismus als zugelassenes und angefüttertes Feindbild der westlichen Öffentlichkeiten! In meinen Augen dient er teils als feixend selbstbestätigende Unterhaltung einerseits permissiver, andrerseits hyperpuritanischer Gesellschaften, teils als großes und gewolltes Ablenkungs- und auch biopolitisches Hintergrundthema. Halten Sie überdimensionierte Skandalisierungen mit vernichtenden Personalisierungen wie z.B. Limburg mal gegen vergleichbare Fälle in Politik und Wirtschaft. Stichwort „personifizierender Antikapitalismus“.

  • Silvia
    02.02.2023, 11:39 Uhr.

    Die Diskussionen hier sind nur Scheingefechte. Wie kürzlich auf katholisch.de zu lesen war, hält der Papst ohne Abstriche an der katholischen Sexualmoral fest, wonach alle sexuellen Handlungen außerhalb der Ehe Sünde sind. Dies bezieht sich explizit auch aber nicht nur auf homosexuelle Handlungen.

    Für mich in diesem Zusammenhang interessant ist es, wie er reagieren wird, wenn die Mehrheit der deutschen Bischöfe sich daran nicht halten wird.

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