Menschen guten Willens vereinigt euch

„Genug der Schwerter, der Waffen, der Gewalt! Schluss mit dem Krieg!“ Mit diesen eindringlichen Worten hat sich Papst Franziskus am Dienstagabend an Vertreter von Religion und Politik gewendet. Anlass war das internationale Friedenstreffen, das die Gemeinschaft Sant’Egidio in Rom organisiert hatte. Nach einem Gebet – nach Religionen getrennt – trafen sich die Teilnehmer auf dem Kapitol in Rom, um einen gemeinsamen Friedensappell an die Welt zu richten. „Same procedure as every year“ – also bei dem Treffen in der Nachfolge des ersten großen interreligiösen Friedensgipfels in Assisi im Oktober 1986. Doch hat es bisher etwas gebracht?

Papst Franziskus trug zum ersten Mal bei einer öffentlichen Veranstaltung Maske. (Quelle: VaticanMedia)

Fortschritte im interreligiösen Dialog

Papst Franziskus sieht „fruchtbare Fortschritte im Dialog zwischen den Religionen“, „obschon es in den vergangenen Jahren leider schmerzliche Ereignisse wie Konflikte, Terrorismus oder Radikalismus auch im Namen der Religion gab“. Als ein positives Beispiel sieht er das „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“, das er im Februar 2019 gemeinsam mit dem Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmed Al-Tayyeb, unterzeichnet hatte. Eben jener hohe sunnitische Geistliche verurteilte in einer Grußbotschaft zu dem Treffen in Rom den jüngsten Terrorakt in Frankreich, bei dem ein Lehrer enthauptet wurde. „Ein solcher Terrorist und ihres Gleichen repräsentieren nicht die wahre Religion des Propheten Muhammad“, erklärte er und kritisierte zugleich, dass „die Beleidigung von Religionen und der Missbrauch heiliger religiöser Symbole unter dem Motto der Meinungsfreiheit Formen des intellektuellen Terrorismus und ein offensichtlicher Aufruf zum Hass“ seien.

Der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Heinrich Bedford-Strohm, rief beim ökumenischen Friedensgebet zur Überwindung der Trennung zwischen den christlichen Kirchen auf. Das Streben nach Einheit der Christen sei keine „Sentimentalität bestimmter Interessengruppen“, sondern „Teil der DNA jeder Kirche“. „Die Einheit der Christen am Tisch des Herrn zu meinen Lebzeiten zu erleben, ist mein persönlicher Traum“, erklärte Bedford-Strohm in Anwesenheit des Papstes und des Ehrenoberhaupts der Orthodoxie, Patriarch Bartholomaios, in der Kirche Santa Maria in Aracoeli auf dem Kapitolshügel.

Wo sind die Nachahmer?

Es herrschte eine besondere Stimmung beim Friedenstreffen auf dem Kapitol. Keine Umarmungen, kein Händedrücken, die Gesichter mit Masken zum großen Teil verhüllt. Dennoch war vielen das Setting sehr vertraut; man kennt sich von früheren Begegnungen in Assisi, im Vatikan oder bei einer der zahlreichen Papstreisen. Nähe mit Distanz, doch der Wille war spürbar, gerade angesichts der besonderen Pandemiesituation zusammenzustehen und den Blick für das Gemeinsame zu schärfen.

„Keiner kann sich alleine retten, kein Volk, niemand!“ heißt es in dem Friedenappell, den die Religionsvertreter am Ende der Zeremonie unterzeichneten. „Seien wir kreativ und werden wir zu Handwerkern des Friedens; bauen wir soziale Freundschaft auf; machen wir uns eine Kultur des Dialogs zu eigen!“ Die Teilnehmenden sind überzeugt, nur durch solch kontinuierliche Begegnungen und dezidiert öffentlichen Bekundungen der gegenseitigen Wertschätzung und des Miteinanders lässt sich das Klima in der Welt verändern. Und genau dafür sind solche Veranstaltungen wichtig. Es ist das Prinzip „Steter Tropfen … “, das die Teilnehmenden antreibt. Bleibt zu hoffen, dass sie Nachahmer finden.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

3 Kommentare

  • Novalis
    21.10.2020, 18:15 Uhr.

    „Eben jener hohe sunnitische Geistliche verurteilte in einer Grußbotschaft zu dem Treffen in Rom den jüngsten Terrorakt in Frankreich, bei dem ein Lehrer enthauptet wurde“. Höre ich da Kritik an einem anderen Forumsteilnehmer zu dessen steilen Thesen heraus?

    „‚Ein solcher Terrorist und ihres Gleichen repräsentieren nicht die wahre Religion des Propheten Muhammad‘, erklärte er und kritisierte zugleich, dass ‚die Beleidigung von Religionen und der Missbrauch heiliger religiöser Symbole unter dem Motto der Meinungsfreiheit Formen des intellektuellen Terrorismus und ein offensichtlicher Aufruf zum Hass‘ seien.“

    Auch das sind kluge Worte. Gut so, mehr davon!

    „‚Die Einheit der Christen am Tisch des Herrn zu meinen Lebzeiten zu erleben, ist mein persönlicher Traum‘, erklärte Bedford-Strohm in Anwesenheit des Papstes und des Ehrenoberhaupts der Orthodoxie, Patriarch Bartholomaios, in der Kirche Santa Maria in Aracoeli auf dem Kapitolshügel.“

    Alle drei sollten erkennen, dass es keinen vernünftigen theologischen Grund gibt, der daran hindern sollte. Den katholischen Glauben hat, wer das Nizänokonstantinopolitanum bekennt und seine Inhalte glaubt. Das tun alle drei, also sollen sie gemeinsam die Eucharistie feiern.

    • Novalis
      22.10.2020, 9:51 Uhr.

      @novalis haben sie schon mitbekommen, dass sich papst franziskus für eingetragene partnerschaften von homosexuellen eintritt? ich drücke ihnen die daumen, dass der papst bei der änderung der lehre zu den eingetragenen lebenspartnerschaften bleibt. irgendwann wird vielleicht auch die heiratsmöglichkeit für sie und sogar bernardo kommen!

  • Wanda
    21.10.2020, 19:42 Uhr.

    Sehr geehrter Herr Erbacher:
    – Ist bekannt, warum der sunnitische Grossimam Ahmed Al-Tayyeb nicht persönlich an dem religiösen Friedenstreffen teilnahm ? Und worin bestehen denn die fruchtbaren Fortschritte, die Franziskus sieht ? Wenn die Vertreter dieser Religionen vor ihrem Friedensappell an die Welt nicht einmal in der Lage sind, sich zu einem gemeinsamen Gebet aufzuraffen, dann darf man wohl Zweifel anmelden. Abgesehen davon ist vor dem Hintergrund der erst kürzlich „christen-intern“ demonstrativ-harten Haltung des Vatikan zum gemeinsamen Abendmahl allzu grosse Hoffnung wohl auch fehl am Platze.

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