Der Papst in Südostafrika – Tag 1
Begeistert ist Franziskus am Mittwochabend in Maputo empfangen worden. Zehntausende säumten die sieben Kilometer lange Strecke des Papamobils vom Internationalen Flughafen zur Nuntiatur im Zentrum von Maputo. Die Menschen erhoffen sich von dem Besuch einen Impuls für den Versöhnungs- und Friedensprozess im Land. Der Papst zog sich nach der Papamobilfahrt durch die Straßen der Hauptstadt Mosambiks in die Nuntiatur zurück. Außer der Begrüßung am Flughafen durch Präsident Filipe Jacinto Nyusi gab es am ersten Reisetag keine offiziellen Programmpunkte. Über 10 Stunden Flug, mehr als 8.300 Kilometer und eine knappe Stunde Small-Talk mit den knapp 70 mitreisenden Journalisten lagen da hinter dem Papst. Gesprochen wurde wieder über Gott und die Welt. Zwei Aussagen sorgten für Diskussionsstoff unter den Journalisten.
Franziskus zu Kritik an seinem Pontifikat
Papst Franziskus ist immer für ungewöhnliche Aussagen und Vergleiche gut. Angesprochen auf kritische Aussagen des deutschen Kardinals Gerhard Ludwig Müller meinte das Kirchenoberhaupt: „Er hat gute Absichten, er ist ein guter Mann. Der Papst mag ihn. Aber er ist wie ein Kind.“ Der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation hatte sich in der Vergangenheit wiederholt distanziert zu Aktionen und Worten des amtierenden Pontifex geäußert. Vatikansprecher Matteo Bruni betonte, Franziskus sei es bei seiner Aussage um eine Wertschätzung des Kardinals gegangen.
Bruni musste auch in einem zweiten Fall präzisieren. Der französische Kollege Nicolas Senèze überreichte dem Papst sein Buch „Wie Amerika den Papst verändern will“. Darin beschäftigt sich Senèze mit der Kritik an Franziskus, die etwa aus dem Umfeld des ehemaligen Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano, sowie aus konservativen politischen Kreisen kommt. Die Reaktion des Papstes: „Es ist eine Ehre, wenn die Amerikaner mich angreifen.“ Brunis Einordnung lautete später: Der Papst habe in einem informellen Kontext seine Wertschätzung gegenüber Kritik ausdrücken wollen, besonders wenn sie von „maßgeblichen Denkern“ käme und in diesem Fall „von einer bedeutenden Nation“.
Papst besucht Katastrophengebiet nicht
Bevor sich Franziskus von den Journalisten verabschiedete, bat er um das Gebet für die vom Wirbelsturm Betroffenen auf den Bahamas. Auf die Opfer von Naturkatastrophen trifft Franziskus auch während seiner sechstägigen Reise nach Mosambik, Madagaskar und Mauritius. Allerdings hofften die Betroffenen der jüngsten Wirbelstürme in Mosambik vergeblich auf den Besuch des Papstes in ihren Regionen. Ob Franziskus Opfer der am meisten von „Idai“ und „Kenneth“ betroffenen Gebiete treffen wird, ist noch offen. Der Vatikan erklärte, aus Zeitgründen sei ein Abstecher nicht möglich. Zudem wolle der Papst durch einen Besuch nicht Ressourcen binden, die für den Wiederaufbau wichtiger gebraucht würden.
Das Thema Umweltschutz und Klimawandel dürfte sich aber wie ein roter Faden durch die 31. Auslandsreise von Franziskus ziehen. Daneben rücken mit dem Besuch einer Region, die zur ärmsten der Welt gehört, Fragen von Gerechtigkeit und Entwicklung in den Fokus. Im Durchschnitt liegt das Einkommen in Mosambik bei 400 Euro pro Kopf im Jahr. Damit sind die politischen Kernthemen des Pontifikats während der Reise präsent und es liegt auf der Hand, warum Franziskus diese Ziele gewählt hat. Daneben wird es um die Frage der Pastoral und des Kirche-Seins in einem multireligiösen Umfeld gehen. In Mosambik und Madagaskar gehört die Hälfte der Einwohner einer traditionellen afrikanischen Religion an. Auf Mauritius sind knapp die Hälfte der Einwohner Hindus. Die Katholiken machen zwischen 25 und 35 Prozent aus, die Muslime zwischen sieben und 20 Prozent. Die katholische Kirche steht vor großen Herausforderungen angesichts wachsender Zahlen bei evangelikalen Gemeinschaften und den Muslimen.
Papst als Brückenbauer
Nicht nur die religiöse Vielfalt, auch die große Zahl der Ethnien und die schwierigen politischen Verhältnisse sind eine Herausforderung für das Miteinander in der Region. Begegnung und Dialog sind wiederum für Franziskus zwei wichtige Handlungsfelder seines Pontifikats. Er möchte Menschen zusammenbringen, Räume bieten für Gespräche. In Mosambik ist die Kirche seit langer Zeit in die Friedensgespräche eingebunden. 1972 wurde durch Vermittlung der lokalen Kirche und der römischen Basisgemeinschaft Sant’Egidio ein Friedensabkommen unterzeichnet. Es sollte einen 17 Jahre andauernden Bürgerkrieg beenden, der eine Million Tote forderte und bis zu vier Millionen Menschen, also knapp 15 Prozent der Bevölkerung, zu Binnenflüchtlingen machte. Bis heute ist das Land nicht zur Ruhe gekommen. Erst vor wenigen Wochen schlossen der Präsident und Vertreter der bewaffneten Opposition ein neues Abkommen. Noch ist ungewiss, ob dieses nun der Durchbruch ist. Als Papst Johannes Paul II. 1988 Mosambik besuchte, gab dies den Friedensbemühungen entscheidenden Schwung. Viele hoffen daher, dass Franziskus die Konfliktparteien bewegen kann, dem Frieden endgültig eine Chance zu geben. Der Papst ist also einmal mehr als Brückenbauer unterwegs.
19 Kommentare
„Er hat gute Absichten, er ist ein guter Mann. Der Papst mag ihn. Aber er ist wie ein Kind.“
Schon Wolfgang Beinert sagte am Anfang der unseligen Bischofszeit von Müller: „Müller behandelt seine Diözese wie ein Kind seine Modelleisenbahn“. Aber da passt Müller ja gut zu Ratzinger, der am Heiligen Abend nach der Messe noch einmal Messe gespielt hat mit den Zinnkelchen und kleinen Altärchen aus der Kinderzeit. Regressive geistige Strukturen…
Der arme Bruni: seine Aufgabe ist es, nach durchaus ernst gemeinten Äusserungen Franziskus‘ eine allgemein akzeptable und nachgebesserte Lesart bzw. Interpretation anbieten zu müssen – allerdings zu oft*. Dass er sich dabei verrenkt und windet, gehört wohl zu seinem undankbaren Geschäft. Ähnlichkeiten mit der profanen Politik sind unübersehbar.
*) Merke: das gesprochene Wort und die verlorene Zeit bekommst du nicht zurück
Dieses Glattbügeln päpstlicher Spontanäußerungen ist das undankbarer Geschäft aller Papstsprecher im derzeitigen Pontifikat.
Wenn ich noch daran denke, welche sprachlichen und geistigen Verrenkungen der gute P. Lombardi immer gemacht hat, um Papstaussagen zu entschärfen nd akzeptabel klingen zu lassen …
Was ausgerechnet an einem theologischen Schwergewicht wie Kardinal Müller so kindlich oder gar kindisch sein soll, erschließt sich mir nicht.
Ich lese z.Zt. gerade Müllers Buch „Römische Begegnungen“, und das ist keine intellektuell leichte Kost.
Müller ist gebürtiger Mainz-Finthener. Wobei die Mainzer den Finthenern den Status verliehen haben, den die Ostfriesen bei den Deutschen inne halten. Sagt für die ohnehin (Fastnacht-) Narrenhochburg Mainz doch schon so einiges aus 😀
Dazu gibt es einen schönen Witz: Zwei Finthener gehen zum Eisfischen. Dazu schlagen sie ein Loch ins Eis. Da ertönt von oben auf einmal eine gewaltige Stimme „Nicht hier“. Die beiden gehen ein paar Schritte weiter und schlagen erneut ein Loch ins Eis. Und wieder ertönt von oben die gewaltige Stimme: „Nicht hier“. Da reckt einer der beiden die Arme gen Himmel und lobt: „Oh Herr, ich habe immer an dich geglaubt und nun offenbarst du dich endlich!“. Antwortet die gewaltige Stimme wiederum: „Ich bin der Stadionsprecher“. (Mainz hat eine ganz gute Eissporthalle).
Sehr gut! Habe gut gelacht. Leider hat der Kardinal keinen Humor. Er wurde ausgesprochen böse, als ein Pfarrer in Altötting diesen Witz erzählte: Was hat Spargel mit Klerikern gemeinsam? Wenn sie violett werden, dann werden sie ungenießbar (Anm. für die, die das nicht wissen sollten: Während die heute kaum mehr von Priestern getragene Soutane schwarz ist, ist die von Prälaten und Bischöfen violett).
„Er hat gute Absichten, er ist ein guter Mann. Der Papst mag ihn. Aber er ist wie ein Kind.“
Eine überraschende Antwort. Einerseits unterstellt Franziskus Kardinal Müller eine konstruktive Grundmotivation, andererseits besagt die Metapher Kind, dass da jemand nicht voll auf Augenhöhe ist. Eine klare Antwort auf Müllers grenzwertiges Verhalten, aus dem Off Papstkritik zu üben. Indem der Papst das Agieren des Ex-Präfekten der Glaubenskongregation unter „kindliche Egozentrik“ subsumiert, bringt er zum Ausdruck, dass er Müllers Attitüde, sich zum innerkirchlichen Gegenspieler aufzuspielen, zurückweist.
Einspruch:
– Was Mozambik angeht, ist „Umweltschutz und Klimawandel“ als roter Faden absolut zweitrangig. Auch die Religionsvielfalt (wie schön) ist nicht massgebend, was die Bewältigung der Lebensumstände angeht. Den Menschen brennen ganz andere Probleme auf der Haut. Man informiere sich bei den internationalen Hilfs-, Arzt- und Kinderschutzorganisationen.
– Am gravierendsten sind: 1. die unfassbare Verbreitung von HIV (wie in vielen, besonders ostafrik. Staaten entlang der Landtransportrouten) und 2. die überaus schlimme Situation der Kinder ohne Schutz gegen Missbrauch, Zwangsehen, Kriegsdienst und Kinderarbeit sowie 3. der enorme, nicht zu bremsende Bevölkerungszuwachs.
Zu Letzterem wird sich Franziskus aus den hinlänglich bekannten Gründen sowieso nicht kritisch äussern.
Wanda
05.09., 17:42 h
Vorsicht, sie sprechen Tabus an! Wirklich alle behandeln lieber Sekundärthemen, aber ja nicht Afrika´s Hauptproblem, die Überbevölkerung. Gerade dort wird es keinen Umwelt-, Natur- & Artenschutz geben. Welche allerdings implizit verlangen, das es den Schutz vor der wachsenden Zahl von Menschen, mehr noch Verbrauchern, gibt.
Von einem Papst kann man dazu aber keine Problemlösung erwarten, eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr. Wie sie es erwähnten, die Position der Kirche hierzu ist hinlänglich und wie ich meine zum Überdruss bekannt: Noch nicht einmal Verhütung ist erlaubt. Man gibt sich lieber der zuletzt sterbenden Hoffnung hin, das eines Tages alle der kath. Sexual- und Morallehre folgen werden. Überläßt so jedoch die Menschen Afrikas (ziemlich kaltschnäuzig wie ich finde) lieber der Überbevölkerung (Geburtenrate 4,3 – 7,5 Kinder pro Frau) sowie der Seuche Aids. Was wohl der Christus dazu sagen würde? Vielleicht, das er zum Schnackseln überhaupt nichts gesagt hat, jedoch man der Liebe folgen soll..!
Aber jene, die diese brennenden Themen tatsächlich etwas angehen sollte, die UN, versagt genauso. Eine UN, in der sich eigentlich der gesamte Sachverstand der Menschheit sublimieren sollte. Welche in den letzten Jahrzehnten jedoch zum politischen, milliardenverschlingenden Bürokratiemonster geradezu verkommen ist.
Vielleicht sollte man diese tatsächlichen Probleme der Menschheit besser einer KI mit nun vorhandenen Hochleistungsrechnern überlassen. Als darauf zu hoffen, das sich der Mensch selbst helfen könnte. Oder eine göttliche Botschaft die Menschheit erreichen könnte.
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Zu Mosambik: Eines der ärmsten Länder der Welt, auch wenn es bemerkenswerte Fortschritte gibt. Ich denke, der Papst hat hier die Möglichkeit, die Afrikaner daran zu erinnern – auf diplomatische Weise daran zu erinnern -, dass sie jetzt die Verantwortung für ihre Länder haben. Es gibt immer noch zu viele Afrikaner (vor allem aber Europäer), die glauben, alle Verantwortung auf den Kolonialismus abschieben zu können.
Zu Müller: Es ist eine Respektlosigkeit, so in der Öffentlichkeit über einen früheren Mitarbeiter zu sprechen. Papst Bergoglio ist ein Mann ohne Stil und ohne Manieren.
Zum papa emerito: Ich glaube, ich lese nicht richtig. Benedikt hat „also Messe gespielt hat mit den Zinnkelchen und kleinen Altärchen aus der Kinderzeit.“ Das Zelebrieren der Messe ist also ein Kleinjungenspiel? Es ist unglaublich, was hier geschrieben wird.
Zur Humorlosigkeit: Ja, Fanatiker haben keinen Humor. Das gilt für rechtsradikale wie für linksradikale und für islamistische Fanatiker. Progressive haben in der Regel auch keinen Humor, denn Humor ist vor allem die Fähigkeit, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. (Wie JXXIII., der meinte, Angelo nimm dich nicht so ernst.) Was sie haben, ist das ätzende Gelächter über den politischen Gegner, das im Sinne von Saul Alinsky aber eher eine politische Waffe ist.
@ Wanda: Danke für Ihre freundlichen Worte. Ich darf das Kompliment zurückgeben: Auch ich teile vieles nicht, was Sie schreiben, ziehe aber Gewinn daraus.
Vielleicht noch zum Thema Humor: Mir ist aufgefallen, dass es im Unterschied zu früheren Päpsten keine Anekdoten über diesen Papst gibt. Sein Lächeln erscheint zu dem verschmitzten Lächeln Wojtylas eher wie ein verzogener Mund. Johannes XXIII. verdoppelte das Gehalt der Sänftenträger mit der Begründung, er sei ja auch doppelt so schwer wie sein Vorgänger. JPII. schickte einen Schweizer Gardisten, der vor seinem Büro Wache hielt, in die Mittagspause. Als dieser sagte, er müsse Wache stehen, nahm der Papst ihm die Hellebarde ab und sagte, er werde jetzt Wache stehen.
Von Franziskus ist nichts Ähnliches überliefert. Einmal fragte er einen zehnjährigen Messdiener, der die Hände in Andacht gefaltet hielt, ob seine Hände festgeklebt seien. Ich selbst war mit zehn Jahren Messdiener. Wenn mir der Papst diese Frage vor laufenden Fernsehkameras gestellt hätte, wäre ich vor Scham wahrscheinlich am liebsten im Boden versunken. Das ist kein Humor, das ist das Vorführen anderer, an dem der Papst offensichtlich Gefallen findet, egal, ob es sich um einen ungeliebten Kurienkardinal oder einen Ministranten handelt.
Franziskus brachte einem Schweizergardisten vor der Tür des Apartments in Santa Marta einen Stuhl, damit er nicht stehen muss – und dazu auch noch ein belegtes Brot. Die Schweizergardisten könnten also auch über diesen Papst einiges erzählen und nciht nur die. Die Runden am Nachmittag in Santa Marta, bei denen der Papst mit Freunden beisammen sitzt, sollen bisweilen auch sehr lustig sein.
Meine Erfahrung als damals noch der r.-k. Kirche angehörend: im Allgemeinen (Ausnahmen bestätigen die Regel) gehen die Kleriker zum Lachen in den Keller, es sei denn, sie erzählen sich Frauenwitze.
Geht es allerdings um die Akzeptanz der Frau in der Kirche, werden sie ganz unpässlich und hartleibig…
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