Papst: Mit Kommunikation Brücken bauen und nicht polarisieren

Das Thema Barmherzigkeit steht auch über der Papstbotschaft zum Tag der sozialen Kommunikationsmittel 2016. Worte und Taten sollten so beschaffen sein, „dass sie uns helfen, aus den Teufelskreisen von Verurteilungen und Rache auszusteigen, die Einzelne und Nationen weiterhin gefangen halten und zu hasserfüllten Äußerungen führen“. Ganz besonders nahm das Kirchenoberhaupt auch das Internet und die sozialen Netzwerke in den Blick: „Der Zugang zu den digitalen Netzen bringt eine Verantwortung für den anderen mit sich, den wir nicht sehen, der aber real ist und seine Würde besitzt, die respektiert werden muss.“ Dabei sieht Franziskus die Chancen und die Gefahren: „Die sozialen Netze sind imstande, Beziehungen zu begünstigen und das Wohl der Gesellschaft zu fördern, aber sie können auch zu einer weiteren Polarisierung und Spaltung unter Menschen und Gruppen führen.“ Während im Pressesaal des Vatikans die päpstliche Botschaft vorgestellt wurde, empfing Franziskus den Apple-Chef Timothy Donald Cook. Bereits vergangene Woche hatte er den Chef von Google, Eric Schmidt, getroffen.

Gestern hat der Vatikan bekannt gegeben, dass Papst Franziskus die Regeln für den Ritus der Fußwaschung am Gründonnerstag geändert hat. Künftig sind auch offiziell Frauen und Mädchen zum Ritus zugelassen. (Quelle: reuters)

Gestern hat der Vatikan bekannt gegeben, dass Papst Franziskus die Regeln für den Ritus der Fußwaschung am Gründonnerstag geändert hat. Künftig sind auch offiziell Frauen und Mädchen zum Ritus zugelassen. (Quelle: reuters)

Papst sieht jeden in der Pflicht

Der Vatikan will ganz oben mitspielen in der neuen Kommunikationswelt. Das dürfte auch ein Anliegen des neuen Präfekten für Kommunikation, Dario Edoardo Vigano, sein, dem Franziskus im vergangenen Sommer die Leitung des neuen Medienministeriums anvertraut hatte. „Think big“ ist das Motto dieses Kirchenmanns. Es wird daher spannend, was sich im Medienbereich in naher Zukunft tun wird. Nicht immer hat Vigano ein glückliches Händchen im Umgang mit seinen neuen Mitarbeitern in den verschiedenen Medienbereichen des Vatikans. Vielleicht könnte helfen, was sein oberster Chef über Kommunikation schreibt.

„Die Kommunikation hat die Macht, Brücken zu bauen, Begegnung und Einbeziehung zu fördern und so die Gesellschaft zu bereichern“, ist Franziskus überzeugt. Er sieht daher nicht nur Medienvertreter und Politiker in der Pflicht, sondern jeden einzelnen. Grundlegend für Kommunikation sei das Zuhören. Das sei nicht immer leicht. „Zuhören bedeutet, dem Wort des anderen Aufmerksamkeit zu schenken, den Wunsch zu haben, es zu verstehen, ihm Wert beizumessen, es zu respektieren und zu hüten.“ Das Böse müsse zwar „unnachgiebig“ verurteilt werden; dennoch versuche der Christ „niemals die Beziehung und die Kommunikation abzubrechen“. Franziskus verbindet das mit einer Warnung: „Wir können und müssen über Situationen der Sünde – Gewalt, Korruption, Ausbeutung usw. – richten, aber wir dürfen nicht über Menschen richten, denn allein Gott kann das Innerste ihres Herzens deuten.“

Franziskus gibt hier einen kleinen Verhaltenskodex für Kommunikation, der heute wichtiger ist denn je. Das sieht man im Umgang mit Andersdenkenden bei öffentlichen Kundgebungen und auch hier im Netz, gerade auch hier im Blog. Der Papst macht deutlich, was es heißt, angesichts der aufgeheizten Situation als Christ Kommunikation zu betreiben: den Teufelskreis von Verurteilungen und Rache durchbrechen und Brücken bauen. Es ist auch klar, wer aus seiner Sicht den ersten Schritt zu machen hat und stellt mit Shakespeare fest: „Die Barmherzigkeit ist keine Pflicht. Sie fällt vom Himmel, wie die Erquickung des Regens auf die Erde träufelt. Sie ist ein zweifacher Segen: Sie segnet den, der sie gewährt, und den, der sie empfängt.“ Franziskus verurteilt nicht die modernen Technologien. Entscheidend ist für ihn, was der Mensch daraus macht: „Nicht die Technologie bestimmt, ob die Kommunikation authentisch ist oder nicht, sondern das Herz des Menschen und seine Fähigkeit, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel gut zu nutzen.“

Interessante Papstaussagen zur Ehe

Zum Jahresbeginn empfängt der Papst immer die Mitarbeiter der Rota Romana, die gemeinhin als oberstes Ehegericht bezeichnet wird. Die Rede gilt als programmatisch. Franziskus betonte bei diesem Anlass heute, dass es keine „Konfusion zwischen der von Gott gewollten Familie und anderen Formen des Zusammenlebens“ geben dürfe. In Italien wird in diesen Tagen heftig über einen Gesetzentwurf zur Einführung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften diskutiert. Für morgen haben die Befürworter zu Kundgebungen im ganzen Land aufgerufen, für nächsten Samstag planen die Gegner eine große Veranstaltung in Rom. Zwei weitere Aussagen des Papstes in der Ansprache von heute fallen noch auf. Dass er die Unauflöslichkeit der Ehe betont, sowie deren Offenheit für Nachkommenschaft, überrascht nicht. Dass er aber von Menschen spricht, „die aus eigener Entscheidung oder durch unglückliche Lebensumstände in einem objektiven Stand des Irrtums leben“, ist für den Sprachgebrauch von Franziskus ungewöhnlich. Wiewohl er betont, dass eben diese Menschen „immer noch Ziel der barmherzigen Liebe Christi und damit der Kirche selber bleiben“.

Zum zweiten sind es seine heutigen Ausführungen über die Notwendigkeit des Glaubenswissens für das Zustandekommen einer gültigen sakramentalen Ehe. Dazu stellt Franziskus fest, das Kirchenrecht zitierend (vgl. Kanon 1099): „Das Fehlen von Ausbildung im Glauben und auch die Irrtümer, welche die Einheit, die Unauflöslichkeit und die sakramentale Würde der Ehe betreffen, beschädigen den Ehe-Konsens nur dann, wenn sie den Willen bestimmen.“ Dieser Zungenschlag lässt aufhorchen. Denn zuletzt wurde im Kontext der Reform der Ehenichtigkeitsverfahren auch vom Papst unterstrichen, dass geprüft werden müsse, ob viele Ehen nicht aufgrund fehlenden Glaubenswissens nie gültig zustande gekommen sind. Und auch beim Treffen mit der Rota Romana im vergangenen Jahr hatte Franziskus mit Verweis auf denselben Kanon den Akzent stärker auf „die Unkenntnis der Glaubensinhalte“ gelegt. Heute leitet er den entsprechenden Passus mit dem Verweis auf Kanon 1055 ein, der besagt, dass es „zwischen Getauften keinen gültigen Ehevertrag geben kann, ohne dass er zugleich Sakrament ist“. Franziskus argumentiert also heute ganz streng am Kirchenrecht entlang. Das steht durchaus in einem gewissen Widerspruch zu seiner eher pastoralen Linie, die er bisher immer betont hat. Denn genau dieser Kanon 1055 gehört zu den problematischeren der Kirchenrechtsbestimmungen. Er bedeutet nämlich, dass für die katholische Kirche auch eine zwischen Protestanten geschlossene Ehe sakramental ist. Das wird von vielen als übergriffig erlebt.

P.S. Was die Ausführungen zur Papstbotschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel anbetrifft, bitten wir von jeglichen Schuldzuweisungen gegenüber anderen Teilnehmern hier abzusehen. Entsprechende Kommentare werden nicht freigeschaltet. Es soll hier über Themen diskutiert werden und nicht über andere Teilnehmer.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

7 Kommentare

  • Alberto Knox
    23.01.2016, 21:27 Uhr.

    „Was die Ausführungen zur Papstbotschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel anbetrifft, bitten wir von jeglichen Schuldzuweisungen gegenüber anderen Teilnehmern hier abzusehen. Entsprechende Kommentare werden nicht freigeschaltet. Es soll hier über Themen diskutiert werden und nicht über andere Teilnehmer.“

    das halte ich für eine sehr weise entscheidung.

    die aussagen vor der rota wundern mich weniger. franziskus weiß sehr wohl, was anlass- und adressatenbezogene rede bedeuten.
    man kann den can. 1055 auch andersherum betrachten: er symbolisiert gottes freigebigkeit an gnade: kein christ ist von der sakramentalen gnade, die sich die eheleute gegenseitig spenden, nur deswegen ausgeschlossen, weil er/sie nicht katholisch ist. ich halte das für eine ökumenische auszeichnung.

    • bernardo
      24.01.2016, 17:52 Uhr.

      „das halte ich für eine sehr weise entscheidung.“

      Dann halten Sie sich in Zukunft gefälligst daran.

      • Suarez
        26.01.2016, 8:24 Uhr.

        „Was die Ausführungen zur Papstbotschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel anbetrifft, bitten wir von jeglichen Schuldzuweisungen gegenüber anderen Teilnehmern hier abzusehen. Entsprechende Kommentare werden nicht freigeschaltet.“
        Das sollte für Sie auch gelten.

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