Und er bewegt sich doch, der Vatikan

Es ließ doch aufhorchen, als gestern der Abschluss des Verfahrens der Glaubenskongregation gegen den Dachverband der US-Frauenorden LCWR verkündet wurde. Plötzlich wirkt alles so, als habe es sich um ein großes Missverständnis gehandelt. Immerhin versichern beide Seiten, aus dem Vorgang gelernt zu haben. Papst Franziskus empfing die Führungsriege des LCWR in Audienz. Was die Kurienreform anbetrifft, hat sich der Kardinalsrat K9 bei seinem Treffen in der ersten Wochenhälfte einen Zeitplan gesetzt. Vielleicht kommt jetzt ein wenig Ordnung in das ganze Verfahren. Heute überraschte der Vatikan dann mit der Ankündigung, dass im Zusammenhang mit der Papstreise in die USA im September über einen Abstecher nach Kuba nachgedacht werde.

Versöhnliche Töne

Es ist noch kein Jahr her, da hatte der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, mit Blick auf den Dachverband der US-amerikanischen Ordensfrauen LCWR mit harschen Worten von Ungehorsam gegenüber dem Vatikan gesprochen. Der LCWR hatte der Glaubenskongregation vorgeworfen, das Verfahren nicht transparent zu führen. 2012 hatte der Vatikan eine Untersuchung des Dachverbands angeordnet. Die Begründung lautete damals, es gebe bei den Themen Homosexualität, Frauenweihe, Abtreibung und Verhütung Positionen, die von der katholischen Lehre abwichen.

Jetzt wird in dem Abschlussbericht festgestellt, dass der LCWR durch Maßnahmen sichergestellt habe, dass künftig Stellungnahmen vermieden werden, „die mit Blick auf die kirchliche Lehre unklar sind oder als Gegensatz zu ihr gelesen werden können“. Das gelte sowohl für Publikationen als auch die Veranstaltungen des Verbandes. Mehrfach hatte der Vatikan die Auswahl der Redner bei LCWR-Tagungen kritisiert. Nachdem die Fronten zwischen dem Vatikan und den US-Ordensfrauen lange Zeit verhärtet waren, scheint sich das neue „franziskanische“ Klima nun auch auf diese Auseinandersetzung ausgewirkt zu haben.

Das deutete sich schon etwas an, als im Dezember der Abschlussbericht der vatikanischen Ordenskongregation veröffentlicht wurde, die parallel zur Glaubenskongregation die Niederlassungen der Frauenorden in den USA untersucht hatte. Beide Berichte sind von versöhnlichen Tönen geprägt. Allerdings muss sich dieses Klima nun auch in der Praxis bewähren.

K9: Medien und Kinderschutz

Der Kardinalsrat K9 hat sich bei seiner 9. Sitzung vor allem mit den vatikanischen Medien sowie den Diskussionen beim letzten Konsistorium beschäftigt. Bei dem Kardinalstreffen Mitte Februar hatte die K9 die übrigen Kardinäle über den Stand ihrer Arbeiten in Bezug auf die Kurienreform informiert. Die über 60 Wortmeldungen der Kardinäle wurden nun beraten. Dabei stand die Fusion mehrerer Päpstlicher Räte im Mittelpunkt. Zum einen das neue Dikasterium zu Caritas, Gerechtigkeit und Frieden, zum anderen die neue Behörde zu Laien, Familie und Leben. Hier könnte es noch im Verlauf des Jahres konkrete Veränderungen und Fusionen geben.

Zweiter Schwerpunkt waren die Medien. Hier hatte eine Kommission unter der Leitung des Briten Chris Patten Vorschläge ausgearbeitet, wie auch bei den Medien mehr Effizienz und Effektivität erreicht werden kann. Hier soll es nun eine neue Kommission geben, die sich um die konkrete Umsetzung der Vorschläge kümmert. Interessant ist schließlich, dass die K9 über einen Vorschlag der vatikanischen Kinderschutzkommission beraten hat. Dabei geht es darum, wie künftig noch besser die Frage nach der Verantwortung von Bischöfen und anderen Vertretern der Kirchenhierarchie in Missbrauchsfällen geklärt werden kann. Die bisherigen Regeln in solchen Fällen seien „nicht ausreichend klar“, so Vatikansprecher Federico Lombardi gegenüber Journalisten. Opfervertreter hatten in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, dass der Vatikan zu nachlässig mit Bischöfen und anderen Kirchenvertretern umgehe, die Missbrauch ignorierten oder vertuschten.

Bestätigt wurde gestern offiziell die Lateinamerikareise von Papst Franziskus. Vom 6. bis 12. Juli wird er Ecuador (6.-8.7.), Bolivien (8.-10.7.)und Paraguay (10.-12.7.) besuchen.

Bayerisches Fest zum Geburtstag

Papst Benedikt XVI. feierte gestern seinen 88. Geburtstag mit bayerischen Gebirgsschützen und einem Bier. Aussagen seines Privatsekretärs Erzbischof Georg Gänswein hatten für Irritationen gesorgt. Gänswein erklärte gegenüber italienischen Medien, der emeritierte Papst denke an den Tod und bereite sich darauf vor. Sofort gab es Spekulationen über den Gesundheitszustand Benedikts XVI. Der zeigte sich gestern dann ganz vergnügt beim Treffen mit der Geburtstagsdelegation aus Bayern.

Benedikt XVI. feiert seinen 88. Geburtstag zusammen mit seinem Bruder Georg (r), seinem Sekretär, Erzbischof Georg Gänswein, und den Gebirgsschützen. (reuters)

Tebartz-van Elst in Rom angekommen

Gestern wurde das Päpstliche Jahrbuch 2015 veröffentlicht. Darin ist nun auch der ehemalige Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst verzeichnet, als Delegat im Päpstlichen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung. Er hatte ja bereits Anfang März seinen Bürojob im Vatikan angetreten und nahm auch, wie viele andere Kurienbischöfe, an den Kar- und Osterfeierlichkeiten im Petersdom teil.

Ein Foto aus den Kar- bzw. Ostertagen, das lt. Radio Vatikan, den Delegaten für Katechese des Päpstlichen Rats zur Förderung der Neuevangelisierung  zeigt.

Ein Foto aus den Kar- bzw. Ostertagen, das lt. Radio Vatikan den Delegaten für Katechese des Päpstlichen Rats zur Förderung der Neuevangelisierung, Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst (m) zeigt.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.