Synode spricht über wiederverheiratete Geschiedene

Am Mittwochnachmittag und Donnerstagvormittag haben die Synodenväter über „pastoral schwierige Situationen“ gesprochen: Paare ohne Trauschein, Alleinerziehende, wiederverheiratete Geschiedene und gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Es waren damit die heikelsten Punkte der Woche. Laut Vatikansprecher Federico Lombardi wurde die Debatte engagiert und emotional geführt. Ein Kardinal sagte mir, es gehe „wirklich turbulent“ zu, aber es sei „sehr interessant“. Insgesamt sprachen zu den genannten Themen 65 Synodale, wobei sich die Beiträge auf die beiden Themen Ehenichtigkeitsverfahren und wiederverheiratete Geschiedene konzentrierten. Immer geht es auch um die Frage der Ehevorbereitung und der Begleitung von Eheleuten und Familien.

Zwei Positionen und Einheit in weiter Ferne

Was sich im Vorfeld der Synode abgezeichnet hat, zeigte sich wohl nach offiziellen Angaben des Vatikans auch bei den Beratungen in der Aula gestern und heute: Beim Thema wiederverheiratete Geschiedene gibt es zwei Positionen, die bisher noch unversöhnlich nebeneinander stehen. Da sind die Vertreter, die eine Zulassung von Betroffenen zur Kommunion ablehnen und jene, die unter bestimmten Umständen eine Änderung dieses generellen Verbots für möglich halten. Zahlenmäßig lassen sich keine Proportionen ausmachen. Allerdings wurde im Vorfeld der Synode durch unzählige Äußerungen deutlich, dass nicht nur die Fraktion der „Nein-Sager“ groß ist, sondern auch die Zahl der Bischöfe und Kardinäle, die in Richtung von Kardinal Kasper denken, ist groß. Es hatten ja auch die deutschen Bischöfe mit großer Mehrheit (nicht einstimmig!) ein Votum verfasst, das wie Kardinal Kasper einen Kommunionempfang in bestimmten konkreten Einzelfällen vorsieht.

Der Vorsitzende der Kanadischen Bischofskonferenz, Erzbischof Paul-André Durocher, erinnerte beim Briefing am Mittag daran, dass die Synode ja keine Beschlüsse fasse und das sei in Bezug auf die genannten Fragen gut. Denn man stehe erst am Anfang eines Diskussionsprozesses. Ähnlich äußerte sich heute Morgen ein Kardinal im persönlichen Gespräch. Auch wenn bzw. gerade weil sich gegenwärtig noch nicht abzeichne, wie die beiden Positionen in Bezug auf wiederverheiratete Geschiedene zu einer Einheit zusammengeführt werden könnten, sei es gut, dass Papst Franziskus dieses Jahr der Diskussion bis zur nächsten Synode im Herbst 2015 ermöglicht habe. Unabhängig, welcher Position die einzelnen Redner angehören, machen aber wohl alle klar, dass sich die Haltung der Kirche gegenüber Menschen, deren Lebensentwurf scheitert, ändern muss. Immer wieder werde betont, so Vatikansprecher Lombardi, in der Pastoral müsse deutlich werden, dass die Betroffenen weiterhin zur Kirche gehören. Es dürfe keine moralische Verurteilung der häufig schwer unter ihrer Situation leidenden Menschen verbunden werden. Immer wieder war wohl auch von einer „Pastoral des Hörens“ die Rede.

Pastoral des Hörens

Diese „Pastoral des Hörens“ wurde wohl auch in Bezug auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften gefordert. Allerdings betonten die Redner in der Aula, wie auch später Kardinal Francesco Coccopalmerio beim Briefing, dass eine Ehe für gleichgeschlechtliche Paare für die katholische Kirche inakzeptabel sei. Auch eine Segnung lehnte er für solche Paare ab. Jeder könne so leben wie er wolle; aber gut sei das nicht, so der Kardinal. Was den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen anbetrifft, zeigte Coccopalmerio große Sympathie für eine Veränderung im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Man müsse das Thema mit der Hermeneutik von Papst Franziskus angehen. Das bedeute: Die Lehre bleibt. Zugleich müsse aber die persönliche konkrete Situation jedes einzelnen Betroffenen angesehen werden. „Es handelt sich immer um sehr konkrete Fälle“, unterstrich der Kurienkardinal. Generelle Lösungen sind nach den Schilderungen Coccopalmerios nicht zu erwarten. Als Kriterien nannte er die Begriffe „Schwere/Ernst“ und „Dringlichkeit“. Eine Angleichung der katholischen Praxis an die der orthodoxen Kirche lehnte der Kardinal ab. Das sei mit der Lehre und dem Recht der katholischen Kirche nicht vereinbar. Zugleich sprach er sich für eine Beschleunigung der Ehenichtigkeitsverfahren aus. Er nannte dabei drei mögliche Wege, die aktuell diskutiert würden: zum einen der Verzicht auf die bisher obligatorische zweite Instanz, zum anderen die Reduzierung der notwendigen Richter für die Urteilsfällung von drei auf einen sowie schließlich die Frage, ob bestimmte Ehenichtigkeitsverfahren auch auf dem administrativen Weg geklärt werden könnten. Entsprechende Vorschläge wurden wohl auch in der Synodenaula vorgetragen. Dabei wurde auf die Gefahr hingewiesen, dass ein vereinfachtes Nichtigkeitsverfahren am Ende wie eine „katholische Scheidung“ wirken könne. Dies soll unter allen Umständen vermieden werden.

Die Debatte selbst wird wohl langsam etwas munterer in der Synodenaula. Das hängt sicher auch mit dem sehr emotionalen Thema der wiederverheirateten Geschiedenen zusammen. Die Vorträge werden mittlerweile vermehrt frei vorgetragen und auch in der Stunde der freien Diskussion bekommt das Ganze immer mehr den Charakter einer Debatte, in der sich die Redner aufeinander beziehen. Der Jesuitenpater Bernd Hagenkord, der in der Synodenaula dabei ist und die deutschsprachigen Journalisten brieft, ist überzeugt, dass es von Vorteil ist, dass nur grobe Zusammenfassungen der Vorträge und Debatten nach außen gegeben werden. Die Synodalen fühlten sich dadurch freier und redeten offener. Der kanadische Erzbischof Durocher erklärte beim Briefing, dass die Bischöfe eine neue theologische Methode anwendeten und das erst lernen müssten. Es gehe darum, im Leben der Menschen Theologie zu erkennen. Während früher eher deduktiv gearbeitet worden sei, gehe man jetzt induktiv vor.

P.S. Wenigstens kurz soll auch das Thema Ehevorbereitung noch benannt werden. Immer wieder stellen Synodenväter fest, dass es für viele Sakramente eine lange Vorbereitung gibt, etwa auf die Priesterweihe, aber für die Ehe reiche ein Gespräch oder ein Wochenende. Hier sehen sie eine Schieflage. Die Ehe bindet auf Lebenszeit. Muss sie dann nicht auch anders vorbereitet werden? Mehrfach wurde der Vorschlag eines Katechumenats für Eheleute gemacht.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.