Der Papst und die Familie – Fortsetzung

Es wurde hier in den letzten Tagen ja schon eifrig über die Umfrage des Vatikans zur bevorstehenden Sondersynode zur Familie diskutiert. Eine Umfrage vor einer Synode ist nicht neu; und dennoch zeigt sich auch an dieser Stelle ein neuer Stil im Pontifikat von Papst Franziskus. Bisher war es vor den Synoden so, dass diese Umfragen meist auf Ebene der Bischöfe und Experten im Verborgenen abgelaufen sind. Jetzt gibt es im Begleitschreiben des Synodensekretärs, Erzbischof Lorenzo Baldisseri, die klare Aufforderung, das achtseitige Umfrage-Dokument an alle Dekanate und Pfarreien zu schicken. Und zwar: „sofort und so weit gestreut wie möglich“. Weil die Zeit dränge, solle der „kürzeste und praktikabelste institutionelle Weg“ gegangen werden. Ende Januar sollen bereits die Ergebnisse der Umfrage in Rom vorliegen, damit der Synodenrat diese Mitte Februar diskutieren und zum Arbeitspapier der Synode zusammentragen kann.

Papst Franziskus will Veränderungen, aber keine Schnellschüsse. Das braucht Zeit. (dpa)

Da verwundert es dann doch, dass die Deutsche Bischofskonferenz erst Ende November beim nächsten Ständigen Rat, dem Treffen aller Diözesanbischöfe, über das weitere Vorgehen beraten will. Der Brief von Erzbischof Lorenzo Baldisseri ist auf den 18. Oktober datiert – sprich das Papier liegt schon einige Zeit vor. Spätestens bei der Vatikan-Pressekonferenz morgen dürfte das Dokument aber veröffentlicht werden, und dann kann sich jeder auch selbst an dem Meinungsbildungsprozess beteiligen. Die entscheidende Frage wird sein, wie ehrlich Priester und pastorale Mitarbeiter die Fragen beantworten werden. Denn wer möchte schon im Detail offen legen, wie er etwa mit wiederverheirateten Geschiedenen umgeht, wenn er ihnen trotz des offiziellen Verbots die Sakramente spendet, oder mit gleichgeschlechtlichen Paaren, deren Partnerschaft er gesegnet hat. Alles Dinge, die in der Pastoral vorkommen. Reicht da schon das Klima aus, das Franziskus neu geschaffen hat, um ganz offen über diese Dinge zu sprechen und zu schreiben?

Der Fragebogen selbst zeugt von dem Willen, eine realistische Bestandsaufnahme zur Situation der Familien und der Familienpastoral zu machen. Was dann mit diesen Informationen passiert, ist nochmal eine andere Sache. Das wird sich bereits im Frühjahr nächsten Jahres zeigen, wenn das so genannte Instrumentum Laboris vorgestellt wird. Das ist dann das konkrete Arbeitspapier, das als Grundlage für die Diskussionen auf der Synode dient. Hier kann man dann vielleicht erste inhaltliche Schwerpunkte oder Linien erkennen. Allerdings entwickelt eine Synode dann auch noch einmal eine eigene Dynamik. Da Franziskus die Bischofsversammlung ja in ihrem Ablauf neu strukturieren möchte, könnte das nächstes Jahr im Oktober sehr spannend werden im Vatikan.

P.S. Im Internet sind übrigens die Dokumente der vergangenen Synoden publiziert. Dort kann man zu den vergangenen Synoden die jeweiligen Lineamenta und das Instrumentum Laboris einsehen. Dabei wird deutlich, dass früher statt des jetzt verschickten kurzen 8-seitigen Umfragedokuments die Lineamenta mit teilweise bis zu 70 Seiten an die Bischofskonferenzen verschickt wurden mit der Bitte, Anmerkungen und Eingaben zu machen. Dabei wurden die Lineamenta vom Synodenrat ausgearbeitet.

P.P.S. In diesen Tagen werden ständig Überraschungen angekündigt, ohne dann Ross und Reiter zu nennen. Der Primas der Anglikaner, Erzbischof Justin Welby, kündigte ökumenische Überraschungen von Seiten des Papstes an, ohne Konkretes zu nennen. Der Präsident der Päpstlichen Akademien der Wissenschaften und Sozialwissenschaften, Bischof Marcelo Sanchez Sorondo, erklärte heute zum Abschluss einer Vatikankonferenz zum Thema Menschenhandel, der Papst plane eine aufsehenerregende Aktion gegen Menschenhandel, Prostitution und Organhandel. Was es genau sein werde, verriet auch er nicht. Es bleibt also spannend.

P.P.P.S. Zum Thema neuer Stil passt übrigens auch, dass der Termin für das nächste Konstistorium zur Kreierung neuer Kardinäle am 22. Februar 2014 bereits jetzt bekannt gegeben wurde. Das erleichtert die Planungen für die Kardinäle. Bisher wurden die Termine meist nur rund sechs Wochen vorher benannt.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.