Die Suche beginnt.

Etwas überraschend kam sie dann doch, die Annahme des Amtsverzichts des Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch durch Papst Franziskus. Gemäß dem Kirchenrecht hatte Zollitsch zu seinem 75. Geburtstag am 9. August seinen Amtsverzicht angeboten. Bei Diözesanbischöfen wird er normalerweise auch recht zügig angenommen. Da Zollitschs Amtszeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz noch bis zur Frühjahrsvollversammlung im März 2014 dauert, war man davon ausgegangen, dass er so lange auch noch im Amt bleiben wird. Doch sicher war das nicht.

 

Noch bis März 2014 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz: Erzbischof Robert Zollitsch (m).

Mit dem heutigen Akt ist nun Klarheit geschaffen. Zollitsch führt sein Vorsitzendenamt bei der DBK regulär zu Ende. Die Wahl des neuen Vorsitzenden erfolgt wie geplant bei der Frühjahrsvollversammlung  der Bischofskonferenz vom 10.-13. März 2014 in Münster. Einen klaren Favoriten für das Amt gibt es aktuell nicht. Viele sehen Reinhard Kardinal Marx als den geeignetsten Kandidaten, nicht zuletzt weil er als Mitglied der K8-Gruppe, die den Papst berät, einen direkten Draht zu Franziskus hat. Andere sehen die Ämterhäufung des Münchner Erzbischofs kritisch – er ist auch noch Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen in der EU (COMECE) und Vorsitzender der Bayerischen Bischofskonferenz – und wünschen sich eher einen Kandidaten aus der „zweiten Reihe“. Dann fallen Namen wie die des Berliner Kardinals Rainer Maria Woelki, des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick oder der Bischöfe Ackermann (Trier) und Overbeck (Essen). Nächste Wochen treffen sich die deutschen Bischöfe zu ihrer traditionellen Herbstvollversammlung in Fulda. Hier ist viel Zeit, um über Profil und Kandidaten für das Vorsitzendenamt zu sprechen – natürlich nur inoffiziell.

Im Erzbistum Freiburg bleibt Erzbischof Zollitsch mit der heutigen Entscheidung noch etwas Zeit, um angefangene Projekte abzuschließen. Dazu gehört etwa der Dialogprozess mit einer zweiten Diözesanversammlung, Pastorale Leitlinien müssen noch überarbeitet und eine Strukturreform abgeschlossen werden. Das Erzbistum Freiburg kann nun planen. Gerade noch rechtzeitig hatte Zollitsch vor wenigen Tagen noch das Domkapitel ergänzt und die Aufgabenverteilung neu geregelt. Erfahrungsgemäß dauert der Prozess rund ein Jahr. Ein Zeichen, dass die heutige Annahme des Amtsverzichts am Namenstag von Zollitsch (Robert Bellarmin) dann doch länger geplant war. Mit dem heutigen Tag beginnt das Prozedere für die Suche eines Nachfolgers. Am Ende wählt nach dem badischen Konkordat das Freiburger Domkapitel den neuen Erzbischof aus einer Liste von drei Kandidaten, die der Papst vorgibt. Einer der Kandidaten muss aus dem Erzbistum Freiburg stammen.

Hier wurde in den vergangenen Monaten ja schon heftig spekuliert, ob Erzbischof Georg Gänswein, der Privatsekretär von Papst Benedikt XVI., eventuell die Nachfolge antreten könnte. Doch der hatte bei Zollitschs Geburtstagsfest solche Überlegungen zurückgewiesen. Einen „geborenen Kandidaten“ gibt es derzeit nicht. Anders als 2003 bei der Ernennung von Zollitsch zum Erzbischof. Da hatten eigentlich viele mit einem anderen Kandidaten gerechnet: Weihbischof Paul Wehrle war seinerzeit der Wunschkandidat vieler Gläubigen im Erzbistum Freiburg. Doch als das Domkapitel den Umschlag aus Rom öffnete, war dessen Name nicht auf der Dreierliste.

Doch Zollitsch erwarb sich schnell Ansehen und Respekt – auch über das eigene Bistum hinaus. 2008 wählten ihn die deutschen Bischöfe nach dem überraschenden Rücktritt von Karl Kardinal Lehmann zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Zollitsch führt die Konferenz in schwierigen Zeiten: 2009 die Diskussion um die Piusbruderschaft, 2010 der Missbrauchsskandal mit dem Beginn der Aufarbeitung von zu einem großen Teil Jahrzehnte zurückliegenden Missbrauchsfällen. Seine Idee war der Dialogprozess zwischen Bischöfen und Laien, um wieder neues Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen. Das dritte Dialogtreffen am vergangenen Wochenende in Stuttgart hat gezeigt, dass der Prozess auf einem guten Weg, aber längst noch nicht am Ziel ist. Mit der heutigen Entscheidung des Papstes ist klar, dass Zollitsch den Abschluss des Prozesses im Jahr 2015 nicht mehr im aktiven Dienst wird mitgestalten können. Das muss sein Nachfolger im Amt des DBK-Vorsitzenden machen.

Papst Franziskus trifft Priester des Bistums Rom. (reuters)

P.S. Papst Franziskus hat sich einmal mehr zum Thema wiederverheiratete Geschiedene geäußert. Beim Treffen mit Priestern des Bistums Rom sagte er gestern, dass er darüber nicht nur mit der K8-Gruppe Anfang Oktober sprechen möchte, sondern dass es auch Thema der nächsten Weltbischofssynode im Oktober 2015 sein werde. Er warnte allerdings davor, das Thema nur auf die Frage des Kommunionempfangs zu reduzieren. Wer das mache, verstehe nicht das „wahre Problem“. Es handle sich vielmehr um ein „schweres Problem der Verantwortung der Kirche gegenüber den Familien, die in diesen Situationen leben“. Franziskus sprach in diesem Kontext auch davon, dass die Kirche sich mit der Frage der „Nichtigkeit von Ehen“ intensiver auseinandersetzen müsse. Das Treffen mit den Priestern dauerte rund zwei Stunden. Dabei warnte der Papst auch vor zu „rigoristischen“ und zu „laxen“ Geistlichen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.