Franziskus in Lateinamerika – Tag 1

Papst Franziskus hat zum Auftakt seiner Lateinamerikareise zum Dialog ohne Ausgrenzung aufgerufen. Seine Worte bei der Ankunft in Quito wurden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, gab es doch in den vergangenen Tagen heftige Proteste in Ecuador gegen die linke Regierung von Staatspräsident Rafael Correa. Regierung und Opposition warfen sich gegenseitig vor, den Papstbesuch politisch zu instrumentalisieren. Ecuador ist die erste Etappe der achttägigen Reise, die Franziskus auch nach Bolivien und Paraguay führt. Während des knapp 13 Stunden dauernden Fluges von Rom nach Quito begrüßte Franziskus die mitreisenden Journalisten. Eine Pressekonferenz gab es nicht. Er plauderte kurz mit jedem. Und dabei gab es auch für Deutsche etwas ganz Interessantes.

Kommt der Papst nach Deutschland?

Im Gespräch mit einem Kollegen deutete er eine Reise nach Deutschland an. Die Kanzlerin habe ihn ja eingeladen und das sei eine gute Sache. Er würde gerne etwas „für den Frieden in Europa“ machen. Natürlich nannte der Pontifex keinen Termin. Doch es ist schon auffallend, dass seit einigen Wochen immer wieder von einer Deutschlandvisite gesprochen wird, zuletzt vom Papstbotschafter in Deutschland, Erzbischof Eterovic, am Rande eines Besuchs in Regensburg. Von offiziellen Stellen wie etwa der Bischofskonferenz ist nichts zu hören. Bisher hieß es immer, es läge noch keine schriftliche Einladung des Bundespräsidenten vor. Schließlich könne nur Gauck den Papst offiziell zu einem Staatsbesuch nach Deutschland einladen. Allerdings ist zu hören, dass der Brief aus Schloss Bellevue auf dem Weg nach Rom sei bzw. eventuell sogar schon eingetroffen ist.

Diejenigen, die ein Reiseprojekt immer wieder ventilieren, nennen als möglichen Anlass für eine solche Visite das 25-Jahr-Jubiläum der deutschen Einheit. Am 3. Oktober wird Franziskus sicher nicht nach Deutschland kommen können, denn zum einen würde er die geplanten Feierlichkeiten sprengen, zum anderen beginnt am 4. Oktober die Bischofssynode. Der Oktober fällt also aus. Es müsste aber ein Termin in zeitlicher Nähe zu dem Einheitsjubiläum sein; aber dann kommt der Winter. Ende November reist Franziskus nach Afrika und am 8. Dezember beginnt das Heilige Jahr der Barmherzgkeit. Auch ist die Frage, ob das Oberhaupt einer globalen Glaubensgemeinschaft das Jubiläum einer nationalen Wiedervereinigung feiert, so wichtig das Ereignis für die Deutschen ist und so gern die Deutschen den Papst für sich alleine hätten.

Mehr Sinn würde es da machen, aus dem Gedenken an das Ereignis eine Europareise zu machen, also nicht nur Deutschland zu besuchen. Wenn Franziskus in Straßburg sagt, dass Europa müde wirke, dann wäre es vielleicht an der Zeit, dass er einen Weckruf startet und ein positives Zeichen setzt. So könnte er den größeren Kontext, in dem die Wiedervereinigung stattfand, in den Blick nehmen. Dazu gehört der Umbruch in Osteuropa, eine Region, die Franziskus ebenfalls noch nicht besucht hat. Prag und Danzig, wo mit den Protesten der Gewerkschaft Solidarnosc eine der Wurzeln des Umbruchs liegt, wären hier Orte, während es in Deutschland Leipzig oder Dresden wären. Bisher gibt es nichts Konkretes. Aber wie ist aus dem Vatikan in Bezug auf Europareisen immer wieder zu hören: Europatripps sind schnell vorbereitet. Zumal Franziskus ja gerne Tagesreisen macht, wie nach Tirana und Sarajevo. Es sollte also niemand überrascht sein, wenn es in nächster Zeit plötzlich heißt: „Papa ante portas“.

Papst macht sich für Minderheiten stark

In Quito bedankte sich Franziskus heute auf jeden Fall schon einmal bei all denen, die ihm die Türen des Herzens, der Häuser und des Landes öffneten. Und die Ecuadorianer bereiteten ihm einen herzlichen Empfang. Entlang der Papamobilstrecke in die Stadt standen zehntausende Menschen. Viele hoffen, dass Franziskus klare Worte finden wird angesichts der zunehmenden sozialen und politischen Spannungen im Land. Bei seiner Begrüßungsrede hielt er sich noch zurück. Er mahnte, dass auf die „verletzlichen Minderheiten“ ein besonderes Augenmerk gelegt werden müsse, wenn es um die Zukunft des Landes gehe. Seine freundlichen Worte, die er an dieser Stelle sagte, klangen schon beinahe wie eine Drohung: „In dieser Hinsicht [der Achtung der Minderheiten] können Sie, Herr Präsident, immer auf das Engagement und die Zusammenarbeit der Kirche zählen.“ Am Dienstag wird Franziskus Vertreter der Zivilgesellschaft treffen. Dann gibt es eine Gelegenheit, die Themen Soziales, Politik und Gesellschaft zu vertiefen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.