Synode: keine konkreten Reformen, viele Türen offen
Die Arbeit ist beendet, das Ergebnis liegt vor. Papst Franziskus wird kein eigenes nachsynodales Schreiben verfassen. Es solle mit dem vorliegenden Dokument gearbeitet werde, erklärte das Kirchenoberhaupt zum Abschluss der Beratungen. Damit wolle er die Autorität des Synodalen Prozesses unterstreichen. In dem Papier steckt viel Potential. Die katholische Kirche wird sich grundlegend verändern, wenn die Punkte umgesetzt werden. Dazu gehören die Rechenschaftspflicht auf allen Ebenen und die Beteiligung von Laien an Entscheidungen. Die zentrale Spannung des ganzen Prozesses wurde nicht aufgelöst: das Verhältnis zwischen synodaler und hierarchischer Struktur der Kirche. Trotzdem betont das Papier, dass die Synodalität die konstitutive Dimension der Kirche sei. Dies erfordere eine geistliche Erneuerung und strukturelle Reformen. Mit Blick auf die heiß diskutierte Frage nach dem Diakonat der Frau stellt das Schlussdokument fest, dass die Frage offen sei. Der Absatz erhielt allerdings die meisten Gegenstimmen der 155 Abschnitte des Dokuments. Es zeigt, dass noch ein langer Weg vor der katholischen Kirche liegt bis zu einer Gleichberechtigung der Frauen.
Differenzierte Mitverantwortung
Drei Jahre Beratungen im Rahmen des Synodalen Prozesses auf Weltebene sind abgeschlossen. Die Synodalen der Weltsynode haben am Samstagabend mit großer Mehrheit das Schlussdokument verabschiedet. Die entscheidende Frage ist jetzt, was macht der Papst aus dem Papier. Auch wenn er kein nachsynodales Schreiben verfasst, liegt es an vielen Stellen an ihm, Vorgaben zur Umsetzung zu machen. Wieviel Rechenschaftspflicht und Transparenz wird es wirklich geben? Wie weit geht er bei der Teilhabe aller Gläubigen bei Entscheidungen und vor allem bei der Beteiligung von Frauen? Die Bewertungen der jetzt vorliegenden Ergebnisse des Schlussdokuments werden weit auseinandergehen. Doch eine Reform der Moral oder anderer dogmatischer Fragen war nie Thema bei dem weltweiten Synodalen Prozess. Franziskus ging es um Strukturen und um Konsequenzen aus den Skandalen der letzten Jahre.
Das Papier bietet nun große Möglichkeiten beim Thema Rechenschaftspflicht und Transparenz. Diese werden gefordert für alle Ebenen bis hin zur Kurie und den Nuntien. Das gilt auch für synodale Beratungsprozesse. Dabei setzt das Dokument auf bereits bestehende synodale Strukturen, wie sie etwa in den Pfarrgemeinderäten oder Diözesanräten bestehen, zugleich wird die Notwendigkeit der Erneuerung dieser Institutionen betont. Immer wieder ist von der „differenzierten Mitverantwortung“ die Rede, ohne das konkreter ausgeführt wird, was damit gemeint ist. Auch wird angeregt, neue Ämter zu schaffen jenseits der Weiheämter, wie es bereits mit den Katecheten geschehen sei. Zum Teil sind es sehr konkrete Forderungen, die das Papier formuliert, wie etwa die größere Beteilung der Gläubigen bei der Ernennung von Bischöfen oder eine sichtbare Synodalität auch in der Eucharistie. Die Taufe und Eheassistenz durch Laien in besonderen Situationen wird ebenso angeführt.
Abschnitt zu Frauen mit meisten Gegenstimmen
Der Abschnitt mit den meisten Gegenstimmen war der, der sich ausführlich mit der Situation der Frauen in der katholischen Kirche beschäftigt. 97 der 355 anwesenden Synodalen stimmten mit „Nein“. Der Papst hat den Abschnitt wie das gesamte Dokument approbiert und damit wird er Teil des Lehramts. Dort heißt es: „Kraft der Taufe haben Männer und Frauen die gleiche Würde im Volk Gottes. Dennoch stoßen Frauen nach wie vor auf Hindernisse, wenn es darum geht, eine umfassendere Anerkennung ihrer Charismen, ihrer Berufung und ihres Platzes in den verschiedenen Bereichen des kirchlichen Lebens zu erlangen, was zu Lasten des Dienstes an der gemeinsamen Sendung geht.“ Es gebe bereits Frauen, die verantwortliche Positionen in der Kirche begleiteten. Die Synodalen fordern dazu auf, die bereits bestehenden Möglichkeiten auch wirklich auszuschöpfen. „ Es gibt keinen Grund, Frauen davon abzuhalten, Führungsaufgaben in der Kirche zu übernehmen: Was vom Heiligen Geist kommt, kann nicht aufgehalten werden. Auch die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Dienst bleibt offen.“
Einen klaren Auftrag gibt es, die Bischofskonferenzen stärker in den Blick zu nehmen. Dabei gehe es darum, ihre Kompetenzen mit Blick auf Lehrfragen zu klären. Zudem wird an die Aufforderung des Papstes erinnert, die Dezentralisierung voranzubringen, was kann lokal und was muss universal entschieden werden. Hier liegt es am Papst, entsprechende Arbeiten in Auftrag zu geben und dann auch zu entscheiden. In diesen Kontext gehört die Forderung der Synode an die Römische Kurie, künftig bei wichtigen Dokumenten im Vorfeld der Veröffentlichung die Bischofskonferenzen zu konsultieren.
Verteilt im Dokument finden sich wichtige Punkte, die noch vor zehn Jahren so nicht hätten ausgesprochen werden können, obwohl sie seit langer Zeit Realität sind. Die Vielfalt gehören konstitutiv zur Kirche, betonen die Synodalen. Die Einheit wiederum sei Christus. „Die Annahme eines synodalen Stils ermöglicht es den Kirchen, sich in unterschiedlichen Rhythmen zu bewegen. Unterschiede im Rhythmus können als Ausdruck legitimer Vielfalt und als Gelegenheit zum Austausch von Gaben und zur gegenseitigen Bereicherung gewertet werden.“ Gepaart mit der Dezentralisierung und dem Hinweis, dass es künftig auf kontinentaler Ebene synodale Treffen geben soll, das heißt eine gemeinsame Beratung von Klerikern und Laien, bietet das einen größeren Spielraum für stärker regionale Lösungen in der katholischen Kirche. Für die Ortskirchen werden regelmäßige Partikularkonzile gefordert. Hier solle der Modus der Approbation der Beschlüsse geändert werden. Es hört sich nach einer Vereinfachung der Verfahren an und damit einer Aufwertung dieser Institution. Auch wenn von synodalen Strukturen auf allen Ebenen gesprochen wird, findet sich keine explizite Nennung der nationalen Ebene in dem Dokument. Auf Weltebene legt das Papier nahe, dass die Zusammensetzung der aktuellen Bischofssynode stilbildend sein soll für die Zukunft.
Betroffene von Missbrauch hören
An mehreren Stellen nimmt das Papier Bezug auf Missbrauch in der katholischen Kirche. Dabei werden nicht nur sexualisierte Gewalt angeführt, sondern auch andere Formen des Missbrauchs. „Die Kirche muss den Stimmen der Opfer und Überlebenden von sexuellem, spirituellem, wirtschaftlichem, institutionellem, Macht- und Gewissensmissbrauch durch Mitglieder des Klerus oder Personen mit kirchlichen Ämtern mit besonderer Aufmerksamkeit und Sensibilität zuhören.“ Transparenz und Rechenschaft soll es nicht nur im Bereich der Aufarbeitung von Missbrauch geben, sondern „sie betreffen auch den Lebensstil der Pfarrer, die Pastoralpläne, die Methoden der Evangelisierung und die Art und Weise, wie die Kirche die Würde der menschlichen Person achtet, z. B. im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen in ihren Einrichtungen“. Wiederholt wird das Thema „Safeguarding“ als wichtiger Punkt genannt, wo Kirche entschieden handeln müsse.
Am Ende hat der Papst überrascht mit der Entscheidung, das Dokument direkt zu approbieren. Er möchte, dass die Kirche direkt mit den Ergebnissen der Synode arbeitet. Was die Synodalen erarbeitet haben, hat Gewicht. „So möchte ich den Wert des abgeschlossenen Synodenweges anerkennen“, betonte er in seiner kurzen Ansprache zum Ende der Beratungen am Samstagabend. Spannend wird es jetzt, wenn Ortskirchen mit dem Papier arbeiten und synodale Strukturen vorschlagen. Was passiert etwa mit dem Synodalen Ausschuss in Deutschland? Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, erklärte bereits gestern, dass er sich durch die Synode bestärkt sieht in dem Weg, den die katholische Kirche in Deutschland geht. Franziskus hat am Ende dieser Synode kein Machtwort gesprochen. Einmal mehr sind viele Türen offen.
5 Kommentare
Der Berg kreißte und gebar eine Maus (bzw. nicht einmal die)…
Klingt ganz gut. Positiv überrascht bin ich, dass der Papst auf sein nachsynodales Schreiben verzichtet.
Den jahrelangen Streit um den Synodalen Weg in Deutschland hätte man sich sparen können.
Ein kluges und offenes Ende der Synode, sehr gut gemacht, Papst Franziskus.
Heute im ZDF „Frauen dürfen erstmals den Petersdom reparieren“… Naja, wenn das kein Fortschritt ist…
Was vom Hl. Geist kommt, wer weiss das schon ? Die Papstwahlen hat er jedenfalls häufiger geschwänzt, wenn man sich deren Geschichte anschaut. Gibt eine recht informative Ausgabe der GEO-Epoche aus dem Jahre 2003 zu diesem Thema und heute eine nette Karrikatur zu den Frauen in der Gesellschaft im Vergleich zu deren Rolle in der Kirche. Leider besteht die auch unter Franziskus darauf, dass die Priesterschaft ein monosexuelles Junggesellenbiotop bleibt, wo nur die Jungfrau Maria Zutritt hat.
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