Zeitenwende Amazonassynode?
Am Sonntag startet die Sondersynode zum Amazonasgebiet. Was wie eine regionale Veranstaltung aussieht, könnte am Ende Auswirkungen für die katholische Kirche weltweit haben. Was sich im Vorfeld abzeichnet lässt nicht vermuten, dass es am Ende nur einige kosmetische Veränderungen geben wird. Wäre das doch der Fall, müsste man daran dann das gesamte Pontifikat von Franziskus messen. Es steht für den Pontifex viel auf dem Spiel; aber auch für die katholische Kirche, das zeigt der Protest der Konservativen in den vergangenen Monaten.
Ordensfrauen fordern Stimmrecht
362 Teilnehmer, davon 184 Synodenväter, 13 Kurienvertreter, 15 Obere der Männerorden, sechs Ökumenevertreter, 25 Experten, 55 Hörer – das sind einige Zahlen der bevorstehenden Synode. Es sind Bischöfe und Kardinäle aus den sieben Ländern vertreten, die sich im Amazonasgebiet befinden: Antillen, Bolivien, Brasilien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela. Unter den deutschsprachigen Synodenmitgliedern sind der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, der Präsident des Päpstlichen Ökumenerats, Kardinal Kurt Koch, sowie der aus Österreich stammende frühere Amazonas-Bischof Erwin Kräutler. Weiter nehmen teil der deutsche Bischof von Obidos, Johannes Bahlmann, der Bischof von Humaita, Meinrad Franz Josef Merkel, der Hauptgeschäftsführer der Bischöflichen Aktion Adveniat, Michael Heinz, Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel, der Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans-Joachim Schellnhuber, und die Missionsärztliche Schwester Birgit Weiler, die in Peru wirkt.
Insgesamt sind 35 Frauen dabei, aber alle ohne Stimmrecht. Dagegen haben heute Vertreterinnen von Frauenorden bei einer Tagung in Rom protestiert. Sie forderten für die 20 Ordensfrauen, die an der Synode teilnehmen, Stimmrecht, wie es etwa schon bei vergangenen Synoden für Brüder bei den Männerorden der Fall war. Auch dieses Mal ist ein Bruder dabei. Bei der Pressekonferenz heute im Vatikan konnte der Generalsekretär der Synode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, nicht wirklich überzeugend begründen, warum die Frauen kein Stimmrecht haben. Er verwies darauf, dass das Kirchenrecht und die Statuten der Synode entsprechende Vorgaben machten und letztendlich der Papst der Bestimmende sei. Und der hat es in der Tat versäumt, hier ein Zeichen zu setzen.
Themen mit Sprengkraft
Die Synode steht unter dem Thema „Neue Wege für die Kirche und für eine ganzheitliche Ökologie“. Damit sind die beiden Hauptperspektiven genannt. Es geht einerseits um politische und sozialethische Fragen und damit etwa auch darum, wie politisch die Kirche sein muss. Zum anderen stehen Fragen der Pastoral und der Inkulturation des Glaubens zur Diskussion. Alle diese Themen bergen viel Sprengkraft. Deshalb bedarf es in den nächsten drei Wochen viel Fingerspitzengefühl, damit sich die Teilnehmer nicht in polarisierten ideologischen Debatten festbeißen sondern die Diskussion fruchtbar und konstruktiv sein kann.
Im Vorfeld versuchten vor allem konservative Kreise, darunter die deutschen Kardinäle Gerhard Ludwig Müller und Walter Brandmüller, aber auch der US-amerikanische Kardinal Raymond Leo Burke mit scharfer Kritik Einfluss auf die Beratungen zu nehmen. Burke und Brandmüller schrieben einen Brief an die anderen Kardinäle, in dem sie darlegten, dass Teile des Arbeitspapiers der Synode „gegensätzliche Auffassungen“ zur kirchlichen Lehre enthielten. Sie befürchten „häretische Entscheidungen“ der Synode.
Arbeitspapier ist „Stimme des Volkes Gottes“
Dazu erklärte Kardinal Baldisseri heute, dass es sich bei dem Instrumentum laboris, wie der Name sage, um ein Arbeitspapier handle und nicht um ein lehramtliches Dokument. Außerdem habe es in der Kirche wohl noch nie eine Zeit so großer Meinungsfreiheit gegeben wie heute. „Dazu gehört dann auch Kritik und das ist gut.“ Sie könne sogar helfen, die Arbeit noch besser zu machen. Zugleich betonte Baldisseri, wie auch der Generalrelator der Synode, Kardinal Claudio Hummes, dass es sich um die „Stimme des Volkes Gottes“ handle, die aus dem Arbeitspapier spreche. Mehr als 80.000 Menschen habe man zum Thema der Synode konsultiert. Die Ergebnisse seien in das Papier eingeflossen. Es gehe darum „ernsthaft auf das Volk Gottes zu hören“, erklärte Hummes. Das sei ein „synodaler Weg“. Er hoffe darauf, dass am Ende alle „cum et sub Petro“ stünden, auch die Kritiker gleich welcher Seite.
Hummes ist ein enger Vertrauter von Papst Franziskus und war nach der Wahl Bergoglios zum Papst mit dem Hinweis „Vergiss die Armen nicht!“ wohl Ideengeber für den Papstnamen. Der brasilianische Kardinal verwies bei der Pressekonferenz darauf, dass es eine enge Verbindung zwischen der sozialen und der ökologischen Krise gebe. Daher sei ein integraler Ansatz notwendig, der beide Aspekte berücksichtigt. Fragen der Gerechtigkeit gehörten auch zur Ökologie.
Wie kommen Gläubige zu Sakramenten?
Aufhorchen ließen die Worte Hummes‘ zur pastoralen Situation der Kirche im Amazonasgebiet. 70 bis 80 Prozent der Gläubigen in der Region hätten kein ausgeprägtes sakramentales Leben, weil die Priester fehlten. Wenn die katholische Kirche aber immer die große Bedeutung der Sakramente unterstreiche, müsse sie hier neue Antworten finden. Johannes Paul II. habe immer betont, dass sich die Kirche aus der Eucharistie heraus auferbaue. Wenn dem so sei, müssten nun neue Wege gesucht werden, um den Menschen die Feier der Eucharistie zu ermöglichen. Hummes ließ offen, welche Wege er konkret sieht.
Wenig beachtet wird in der Debatte bisher die große Frage nach der stärkeren Inkulturation des Glaubens. Franziskus fordert das immer wieder. Damit bekommt die katholische Kirche eine immer größere Binnenvielfalt. Zum anderen bedeutet das aber auch, dass sie von einer Kirche, die auf Europa zentriert und von Europa bestimmt wird, im strukturellen wie inhaltlich, geistig-philosophischen Sinn, zu einer echten Weltkirche wird, die die je eigenen Traditionen, Kulturen und Philosophien in den verschiedenen Regionen aufnimmt. Sie wird damit pluriform. Damit wird deutlich, es geht um mehr als nur die Frage nach dem Pflichtzölibat oder mehr Ämter für Frauen. Es geht bei den Beratungen der nächsten drei Wochen um die katholische Kirche selbst. Ändert sich am Ende nichts, dürfte das ein großes Problem für die Kirche bedeuten, denn ihre Zukunftsfähigkeit hängt davon ab.
10 Kommentare
Auch wenn ich sowohl mit Blick auf Amazonien als auch mit Blick auf die übrige katholische Welt sofort dafür bin, den Zölibat rückstandslos zu entsorgen und Frauen endlich zu Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen zu weihen, weil sonst der Hunger nach der Eucharistie nicht gestillt werden kann und noch wichtiger: Die Sterbesakramente nicht gespendet werden können: Es gibt weitaus Wichtigeres. Die Menschen in Amazonien sind durch Umweltschäden und Ausbeutung existentiell bedroht. Die Kirche muss die Anwältin dieser Menschen sein – oder sie kann es gleich aufgeben, noch irgendwas zu wollen.
Die Kardinäle Müller und Burke sollten erstmal vor der eigenen Haustür kehren, ehe sie Humbug zum Instrumenten labern.
Mein Gott, wie kommt nur der Vertreter des neuen ´german-Klimaangst´-Hypes H.J. Schellnhuber (sein Buch „Selbstverbrennung“) in die Schaltzentrale des rk-Katholizismus?? Hoffentlich nicht darüber, das dieser der prominenteste jedoch nur regionale Vertreter der s.g. neuen „Klimakirche“ ist. Welche allerdings eine ähnlich existenzielle Angst verbreiten kann (no future!), wie es sonst nur ähnlich die rk-Kirche in ihrem dunkelsten Kapitel vermochte.
Seit den letzten, besonders in Deutschland gewesenen Existenzangst verbreitenden medialen Hypes wie: „Waldsterben“, „BSE/Rinderwahn“, „Dioxin-Ei“, „Fischwürmer“, „Ozonloch“, „Vogelgrippe“, „Schweinepest“, habe ich mich nun bereits über Jahre über diesen neuen Hype informiert, wie man sich nur informieren kann. Um feststellen zu müssen, das es sich bei diesem neuen medialen Hype um keine Erkenntnis aus einer klassischen Wissenschaft handelt, die sich über Evidenz und Falsifizierung definiert. Sondern es sich um eine ausschließlich in Computermodellen entwickelte These politisch motivierter Organisationen handelt, einschließlich dem PIK. Von Menschen programierten Computermodelle, die an chronischem Datenmangel leiden, sich anmaßen Chaos berechnen zu können und eigentlich ohnehin der Spieletheorie angehören. Wo bereits ein einziger Vulkanausbruch, der seine Staubpartikel bis in die Stratosphäre tragen kann, jene Modelle komplett aus den sowieso äußerst vagen „Projektionen“ herauskatapultieren kann.
Wie kann man denn einen solchen Protagonisten einer neuen, speziell deutschen Phobie, nur einladen? Dessen Metier derart von bereits kriminell anmutenden Skandalen wie „climategate“, „Himalaya-Gletscherschmelze-fake“, „Manipulierte „Cook-Studie“, „Manipulierte NOAA-Datensätze“, „Manipulierte Auswahl der Messstationen“, überschattet ist. Sowie der kürzlich erst gerichtlichen Feststellung und Entlarvung des Primärarguments der Klimakirche, die s.g. „hockeystick-Kurve“, ebenfalls als Manipulation.
Ja, die Welt braucht sehr sehr dringend mehr Umweltschutz, Naturschutz und Artenschutz! Da in der im Vergleich zur Atmosphäre wesentlich fragilere Biosphäre seit Jahrzehnten Substanzen akkumuliert werden, die dort nicht hingehören. Die mit ihren Abbauprodukten teils hoch toxisch oder gar hormonell wirken. Was man allerdings für die „Klimarettung“, d.h. die (versuchte) Reduktion der sagenhaften ca. 0,012 Prozent CO2 in der Atmosphäre, welche man dem Menschen und seinen bisherigen Aktivitäten zurechnet bekommt; sind über die geplante „CO2-Bepreisung“ noch höhere Lebenshaltungskosten und weitere Verbote. Die so allerdings bislang nur in Deutschland ins politische Auge gefasst werden. Denn das Ausland mag bei dem ´german angst´-Fimmel, allerdings initiert von der politisch motivierten UN-Unterorganisation IPCC, so gar nicht mitmachen. Und deshalb die Frage, mit was für einem neuen, oder alten, Image sich die rk-Kirche denn künftig umgeben will.
Silberdistel 04.10. 08:59
Tatsache ist wohl leider
– dass es immer wieder grosse Zyklen von Klimaschwankungen gab und innerhalb dieser dann noch einmal kürzere Zwischenzyklen,
– auch, dass die Experten lediglich darüber streiten, wie gross und beschleunigend der vom Menschen zu verantwortende Anteil ist,
– dass die Verschmutzung der Atmosphäre zum grösstenteils menschenverursacht ist,
– dass erdgeschichtliche Erwärmungen immer wieder auch gebundene Stickstoffgase (siehe Sibirien) freigesetzt haben und damit einen Glashauseffekt auslösten bzw. verstärkten,
– dass Höhengletscher und polare Eismassen gravierend zurückgehen, wie vor Ort unschwer festzustellen, mit beträchtlichen klimatischen Auswirkungen (man denke an den Golfstrom),
– dass der Meerespiegel steigt. Schlimmstes Beispiel: die Verlegung Jakartas,
– dass Umweltverschmutzung und -zerstörung in erster Linie dem Menschen anzulasten sind. Generelle Ursache ist die Überbevölkerung, die der Natur als Lebensgrundlage immer weniger Platz lässt. Die Krone der Schöpfung ist sozusagen das Krebsleiden unseres Planeten. Jede andere Überpopulation wird durch Naturmechanismen wieder auf ihr normales Mass zurückgestutzt, nur beim Menschen funktioniert das nicht: er bekommt mit der Zeit jede Epidemie und Krankheit in den Griff.
– Persönlich bin ich der Überzeugung, die sich abzeichnenden Probleme sind nicht mehr in den Griff zu kriegen: unser Planet verkraftet eben nur eine gewisse Menge unserer Spezies. Die kommenden Generationen tun mir leid.
Bleibt die Frage: könnte die Kirche einen positiven Einfluss ausüben ? Ja, aber sie weigert sich (bisher)…
Ich halte es für anständig mich, nachdem ich mich wie Silvia über Jahre hier engagiert hatte, ebenso meinen Abschied bekannt zu geben. Ich hatte versucht meine Ansicht von Christentum als positiven Impuls eben für dieses mit einzubringen und damit soll es nun auch genug sein.
Das tut mir leid, Silberdistel. Ich werde auch kürzer treten, behalte mir aber vor, gelegentlich zu schreiben.
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