Synode zu Ehe und Familie – Tag 2
Papst Franziskus hat zum Auftakt der Beratungen der Synode die Teilnehmer zu einer offenen und mutigen Debatte aufgefordert. Sie sollten ihre Vorurteile ablegen und aufeinander hören, mahnte das Kirchenoberhaupt. Das Glaubensgut sei kein Museum, das es zu betrachten oder zu bewahren gelte, sondern es sei „eine lebendige Quelle der Kirche“, die das „Lebensgut“ erleuchten solle. Nach dem Papst führte der Generalrelator der Synode, Kardinal Peter Erdö, in die Beratungen ein. Er fasste das Arbeitspapier zusammen und hob die aus seiner Sicht wichtigen Punkte hervor. Dabei ließ er klar erkennen, dass er zu den Vertretern gehört, die eine Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre strikt ablehnen. Der italienische Vatikanist und bekannte Papstkritiker Sandro Magister wertete die Rede Erdös als eine „kalte Dusche“ für die Reformwilligen. Als Generalrelator wirkt Erdö entscheidend am Abschlusspapier der Synode mit. Allerdings hat ihm Franziskus ein Redaktionsteam zur Seite gestellt, das eine zu große Einseitigkeit des Dokuments verhindern dürfte.
Lange Reden zum Auftakt
Am ersten Tag ist jeder seiner Rolle gerecht geworden in der Synodenaula. Papst Franziskus versuchte eine breite Debatte zu eröffnen, Kardinal Lorenzo Baldisseri lobte als Cheforganisatior den synodalen Weg und Kardinal Peter Erdö übernahm die Rolle des Hardliners, der eng an der traditionellen Lehrmeinung der katholischen Kirche orientiert die Themen der Synode benannte. Der ungarische Kardinal betonte die Unauflöslichkeit der Ehe und machte deutlich, dass ein Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene aus seiner Sicht nicht möglich ist. Allerdings gestand er ein, dass die Debatte noch nicht abgeschlossen sei. Darauf wies er ausdrücklich auch bei der offiziellen Pressekonferenz am Mittag hin. Denn seine klare Positionierung und Betonung des traditionellen Lehramts in seiner Rede in der Synodenaula hatte doch manch kritische Nachfrage bei den Journalisten provoziert.
So hatte Erdö auch der Idee der „Gradualität“ bei der Beurteilung sexueller Beziehungen eine Absage erteilt. „Zwischen richtig und falsch, zwischen gut und böse, gibt es keine Gradualität, auch wenn einige Formen des Zusammenlebens in sich positive Aspekte tragen, bedeutet das nicht, dass sie als gut bezeichnet werden können“, so Erdö. Beim Thema Homosexualität wiederholte der Kardinal die traditionelle katholische Position, dass es keine „ungerechtfertigte Diskriminierung“ geben dürfe. Er zitierte, wie schon das Arbeitspapier der Synode, ein Dokument der Glaubenskongregation zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und stellte fest: „Es gibt keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn.“
Entwicklung der Lehre möglich, aber …
Erdö verteidigte bei der Pressekonferenz seine stark am traditionellen Lehramt orientierte Einführung in das Arbeitspapier damit, dass er damit die große – „auch mathematische“ – Mehrheit der Reaktionen zum Ausdruck bringe, die seit der Außerordentlichen Synode im Oktober 2013 im Synodensekretariat eingegangen seien. Eine Entwicklung der Lehre sei zwar möglich, so der Budapester Erzbischof, allerdings habe bereits John Henry Newman betont, dass es dabei Grenzen gebe. Vor allem müsse sie immer die Rückbindung an den Bischof von Rom haben.
Der Pariser Erzbischof Andre Vingt-Trois, einer der Co-Präsidenten der Synode, dämpfte bei der Pressekonferenz die Erwartungen: „Wer eine radikale Änderung der Lehre erwartet, der wird enttäuscht werden.“ In Bezug auf wiederverheiratete Geschiedene bedeute das etwa, dass es keine generelle Zulassung zur Kommunion geben werde. Der Sondersekretär der Synode, Erzbischof Bruno Forte, betonte, dass es sich nicht um eine Synode handle, die sich mit der Lehre beschäftige, sondern um eine Pastoralsynode, so wie das II. Vatikanischen Konzil ein Pastoralkonzil gewesen sei.
Papst will mutige Offenheit
Der Papst hatte heute das erste Wort und wird am Ende auch das letzte Wort haben. Heute betonte er die Kollegialität und Synodalität als Weg der Synode. Es gehe um „Treue zum Lehramt, das Wohl der Kirche und das Heil der Seelen“. Die Synode sei kein Parlament, wo man, um einen Konsens zu erreichen, verhandle und Kompromisse schließe. „Die einzige Methode der Synode ist es, sich dem Heiligen Geist zu öffnen“. Einmal mehr sprach er von „Gott, der immer überrascht“.
Der heutige Tag hat gezeigt, es liegen drei spannende Wochen vor der katholischen Kirche. Der Papst möchte eine offene Debatte. Die inhaltliche Linie hat er gestern mit der Predigt vorgegeben mit der dreifachen Sendung der Kirche in Treue zu Jesus, zur Wahrheit und zur Liebe. Der Spagat, nicht ein Gegensatz, zwischen Lehramt und Barmherzigkeit wird die Beratungen durchziehen. Am Ende könnte es heißen, mit einer säkularen Brille betrachtet: „Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer Schritt für die Kirche.“ Dazu würde dann auch die Öffnung der Kommunion für Wiederverheiratete in konkreten einzelnen Fällen gehören mit einer Regelung, die hier den Ortsbischof als obersten Richter in seiner Kirche in die Pflicht nimmt.
Die Sicht der deutschen Teilnehmer
Am Abend wurde deutlich, dass der erste Tag bereits sehr kontrovers war. Zumindest stellte das Aloys Buch fest, der zusammen mit seiner Frau Petra an der Synode als Hörer teilnimmt. Der Nachmittag mit den Beiträgen und der freien Aussprache verspreche, dass es „sehr lebendig“ weitergehen werde. Nach dem Eindruck von Petra Buch haben sich die Synodalen die Aufforderung des Papstes, „frei und ohne Angst zu sprechen“, am Nachmittag zu Herzen genommen. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass es am Ende „mehr Ergebnisse“ geben könnte, als sie bisher angenommen habe. Das Ehepaar äußerte sich bei einem Pressegespräch der Deutschen Bischofskonferenz.
Dabei ließ der DBK-Vorsitzende, Kardinal Reinhard Marx, erkennen, dass er mit der Relatio von Kardinal Peter Erdö nicht zufrieden war. Auf die Frage eines Journalisten, ob die Relatio nicht den Eindruck nahelege, dass man am selben Punkt sei wie vor dem Konsistorium im Februar 2014, antwortete Marx schlicht mit „Ja“. Die Synode sei ein Weg, so der Münchner Erzbischof, und man müsse die Wegstrecken auch mitnehmen. Er deutete an, dass er in der Synodenaula seinen Unmut auch öffentlich kundgetan hatte. „Wir sind ein Jahr weiter“, so Marx mit Blick auf den synodalen Weg. Papst Franziskus habe bei den wöchentlichen Generalaudienzen bedeutende Katechesen gehalten, die man berücksichtigen müsse. Man müsse mindestens „auf dem Niveau sprechen, auf dem der Papst spricht“. Mit ähnlichen Worten hatte Marx bereits am Ende der außerordentlichen Synode Ende Oktober 2014 seinen Frust über die Relatio Synodi zum Ausdruck gebracht.
Marx betonte, man müsse mit Offenheit in eine Synode hineingehen sowie der Bereitschaft zu lernen. Die Erwartungen an die Synode seien hoch, so der Kardinal. „Vielleicht waren sie noch nie so hoch vor einer Synode.“ Aber dazu habe auch der Papst selbst beigetragen. Für manche sei es ungewöhnlich, dass in der katholischen Kirche mit Freimut diskutiert werde, gab Marx zu. Zugleich äußerte er Kritik am vatikanischen Synodensekretariat. Er hätte erwartet, dass dieses nach der letzten Synode „mehrere kontroverse Kongresse“ veranstaltet zu Fragen, die damals auf den Tisch kamen. Der DBK-Vorsitzende sieht derzeit keine Anzeichen dafür, dass das spektakuläre Outing des schwulen polnischen Priesters vom Samstag die Synode beeinflussen wird. Auf die Frage, ob es nicht seltsam sei, dass die Laien bei einer Synode über Ehe und Familie kein Stimmrecht hätten, zeigte sich Marx offen für Veränderungen der synodalen Strukturen.
Papst öffnet Räume
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch, der heute bereits sein Einzelstatement gehalten hat, zeigte sich von der Vielfalt der Themen, die von den Synodenvätern angesprochen wurden, beeindruckt. Koch selbst hatte wohl unter anderem über das Thema der konfessionsverbindenen Ehen gesprochen. Er hob hervor, dass der Papst gestern und heute zweimal darauf hingewiesen habe, dass der Sabbat für den Menschen da sei und nicht umgekehrt. Der DBK-Familienbishcof sieht darin eine klare Botschaft.
Ähnlich äußerte sich der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Es sei auffallend, dass die Ansprachen des Papstes der letzten Tage davon geprägt seien, Räume zu öffnen. Während so manches Statement auf der Synode eher in die andere Richtung weise. Bode wertete es positiv, dass es dieses Mal wieder einen deutschen Sprachzirkel gibt. Es sei gut, sich angesichts der schwierigen Thematik in der Muttersprache austauschen zu können. Dem Vernehmen nach werden auch die Kardinäle Müller und Kasper in diesem Zirkel sein. Damit haben die deutschsprachigen Kardinäle erstmals ausgiebig Zeit, sich direkt über ihre kontroversen Positionen auszutauschen. Bode zeigte sich zuversichtlich, dass es im Verlauf der Gespräche auch Lernprozesse geben werde. Eine Frage werde dabei auch sein, so Bode, wie sich Einheit und Vielfalt zueinander verhalten. „Wie weit geht die Einheitlichkeit?“ Vielleicht müsse man auch manchmal „Dinge nebeneinander stehen lassen“, wie das bereits im Arbeitspapier der Synode bei einigen Fragen der Fall sei. Einheitlichkeit, so Bode, müsse es aber wohl in sakramentalen und dogmatischen Fragen geben.
Alle Synodalen betonten, wie Abt Jeremias Schröder, dass die heißen Eisen lange nicht die einzigen und wichtigsten Themen seien. Am ersten Tag ging es auch um die Auswirkungen von Flucht und Vertreibung sowie den gesellschaftlichen Umwälzungen auf Ehe und Familie. Der DBK-Vorsitzende Marx machte mehrfach deutlich, dass er beim Thema wiederverheiratete Geschiedene einen Schritt weiterkommen möchte. „Wir werden daran arbeiten, dass die Menschen erfahren, dass die Kirche ganz zu ihnen steht“, sagte er im Hinblick auf den Umgang mit Partnerschaften, die nicht der katholischen Lehre entsprechen. Marx wies Spekulationen über eine angebliche Spaltung der römischen Bischofssynode über die Familie zurück. Berichte über ein konservatives und ein progressives Lager seien eine „Inszenierung der Medien“. Es gebe keine „Lager“, sondern lediglich kontroverse Meinungen, so der Münchner Erzbischof. Der Gesprächsfaden zwischen Kardinälen und Bischöfen unterschiedlicher Positionen sei nie abgerissen.
5 Kommentare
Na ja, das allerletzte Wort zum Ergebnis der Synode und wie es dann in den zur Debatte stehenden Fragen weiter geht, hat sich der Papst ja schon vor einem Jahr vorbehalten.
Dh., entscheiden wird er alleine. Und das ist auch gut so, sonst dreht sich die gesamte Kirche ewig im Kreis ohne auch nur einen kleinen Schritt voran zu kommen.
Meiner Vermutung nach wird es so laufen wie bei den Ehenichtigkeitsprozessen neuerdings, dass der Diözesanbischof eine verbindliche Entscheidung in Einzelfällen treffen wird.
– die Welt ist aus den Fugen und in der röm.-kath. Kirche beraten ausgerechnet (fachlich gesehen) inkompetente Laien in langen Gewändern über Familie und Ehe.
Darauf muss man erst einmal kommen…
Laut katholisch.de (nicht zu verwechseln mit katholisches.info!) hat der Papst heute vor Sitzungsbeginn überraschend noch einmal das Wort ergriffen.
Er bekräftigte, dass die katholische Ehelehre nicht zur Disposition stehe und forderte die Teilnehmer dazu auf, die Diskussion nicht auf die WvG zu verengen und sich in der Frage der WvG nicht unter Druck setzen zulassen.
Diese Frage brennt uns aber in Mitteleuropa besonders auf den Nägeln. Falls es hier keinen spürbaren Durchbruch gibt, sehe ich schwarz für die Zukunft der Kirche.
Ich sehe es inzwischen zunehmend kritisch, dass mündige Menschen und Christen mit ein paar alten, zölibatären Männern darum kämpfen, dass die ihnen die freie Gestaltung ihres Sexual-und Ehelebens erlauben.
Der Zug ist doch schon längst abgefahren.
Für gläubige WvG stellt sich meiner Meinung nach dann doch vielleicht die Frage einer Konversion zu einer anderen christlichen Kirche, in der sie nicht diskriminiert werden und vollwertige Gemeindemitglieder sein können.
Ich würde das wahrscheinlich so machen, wenn ich in dieser Situation wäre.
Silvia 18:25
– meine Frau als Latina ist gäubig katholisch, hat aber eine ganz klare Sicht: sie lehnt die selbsternannte „Glaubens- und Heilsverwalter“ ab, die sich erdreisten dem Kirchenvolk die eigene Lebensweise bis in´s Intimste vorzuschreiben und akzeptiert schon erst recht nicht, dass diese sich eine Position zwischen den Gläubigen und ihrem Gott anmassen…
Das ist natürlich auf dem Lande in Lateinamerika oft ganz anders wo die Worte des Gemeindepfarrers quasi Gebot sind. In den Städten allerdings ist der Sinneswandel nicht zu übersehen. Allerdings nutzten die aus den USA stark missionierenden Evangelikalen die Situation erfolgreich mit allen publizistischen und praktischen Mitteln: von eigenen TV-Sendern bis zu bemerkenswert sozial aktiver Gemeindearbeit.
Die röm.-kath. Kirche verliert hier merkbar an Boden trotz des Zwischenhochs durch Franziskus als einen der ihren…
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