Erstmals Frau Chef in Vatikan-Dikasterium
Die italienische Ordensfrau Simona Brambilla leitet künftig das Ordensdikasterium in der Römischen Kurie. Der Vatikan gab am Montag die Ernennung der 59-Jährigen durch Papst Franziskus bekannt. Damit steht zum ersten Mal eine Frau an der Spitze eines vatikanischen Dikasteriums. Allerdings war am Montag noch nicht klar, was die gleichzeitige Ernennung von Kardinal Ángel Fernández Artime zum Pro-Präfekten der Behörde bedeutet. Wer hat am Ende das Sagen im Dikasterium? Ganz klar die Präfektin, sagen übereinstimmend Kirchenrechtler. Doch wozu braucht es dann noch einen Kardinal an zweiter Stelle?
Warum ein Pro-Präfekt?
Mit der neuen Kurienkonstitution Praedicate evangelium hatte Papst Franziskus im März 2022 den Weg offiziell frei gemacht für Laien an der Spitze von vatikanischen Dikasterien. Bereits 2018 hatte er den italienischen Journalisten Paolo Ruffini zum Chef des Medienministeriums gemacht. 2022 ernannte er den spanischen Ökonomen Maximo Caballero Ledo zum Präfekten des Wirtschaftssekretariats. Eine Präfektin gab es bis zum heutigen Tag aber nicht, obwohl der Papst seit vielen Jahren immer wieder davon spricht, dass Frauen sichtbar in Leitungsfunktionen der Kirche präsent sein müssten. Immerhin hatte Franziskus mehrere Nummer 2-Positionen mit Frauen besetzt. Dazu gehören die Generalsekretärin des Staats der Vatikanstadt, Schwester Raffaella Petrini, und die Sekretärin im Dikasterium für ganzheitliche Entwicklung, dem Sozialministerium, Schwester Alessandra Smerilli. Die heute zur Chefin beförderte Simona Brambilla war seit Oktober 2023 die Nummer 2 im Ordensdikasterium.
Die Ernennung von Kardinal Artime gab vielen Beobachtern heute Rätsel auf. Lange Zeit war er als der neue Chef des Ordensdikasteriums gehandelt worden. Nun ist er Pro-Präfekt. Der Titel ist nicht neu. Früher wurden Leiter von Kongregationen des Heiligen Stuhls so genannt, wenn sie bei ihrer Ernennung zum Präfekten noch nicht im Kardinalsrang waren. Heute gibt es im Dikasterium für Evangelisierung zwei Pro-Präfekten. Sie tragen diesen Titel, weil der eigentliche Leiter der Behörde der Papst ist, dieser de facto aber seine Leitungsfunktion nicht wahrnimmt, sondern durch die beiden Pro-Präfekten wahrnehmen lässt. Beide Varianten des Pro-Präfekten-Daseins treffen auf Artime nicht zu.
Papst muss Klarheit schaffen
Beobachter spekulieren, dass aufgrund von juristischen Kompetenzen, die das Ordensdikasterium besitzt, ein Kleriker in der Leitungsposition sein müsse, um rechtsgültige Akte setzen zu können. Dagegen spricht, dass in Praedicate evangelium ausdrücklich betont wird, dass die Dikasterien ihre hoheitlichen Aufgaben in Vertretung des Papstes wahrnehmen. „Jede kuriale Einrichtung erfüllt ihren eigenen Auftrag kraft der Vollmacht, die sie vom Papst erhalten hat, in dessen Namen sie mit stellvertretender Gewalt in der Ausübung des primazialen Amtes handelt. Aus diesem Grund kann jeder Gläubige einem Dikasterium oder einem Organ abhängig von deren besonderer Zuständigkeit, Leitungsgewalt und Aufgabe vorstehen.“ (II 5)
Einmal mehr setzt Papst Franziskus einen Akt, der Fragen aufwirft. Eine Erläuterung aus dem Vatikan gab es heute zu dem Vorgang nicht. Es könnte aber in Kürze Vergleichbares in einem anderen Ministerium geschehen. Auch das Dikasterium für ganzheitliche Entwicklung wartet auf einen neuen Präfekten. Amtsinhaber Kardinal Michael Czerny ist bereits 78 Jahre alt. Seine Stellvertreterin Schwester Smerilli könnte übernehmen. Einen Kardinal als Pro-Präfekten gäbe es auch schon. Beim letzten Konsistorium Anfang Dezember hatte Franziskus den Abteilungsleiter für Migrationsfragen in dem Dikasterium, Fabio Baggio, zum Kardinal ernannt.
Die Ernennung der ersten Frau an die Spitze eines Dikasteriums ist wichtig und längst überfällig. Allerdings muss der Papst auch klare Verhältnisse schaffen und erläutern, was es mit dem Pro-Präfekten auf sich hat. Wenn es am Ende einer Entmachtung der Präfektin gleichkommt, hat Franziskus der Frauenfrage in der katholischen Kirche einen Bärendienst erwiesen. Nur wenn sie auch wirklich Herrin im Haus ist, ist es ein Fortschritt.
9 Kommentare
Nun, da drängt sich der Verdacht eines (wie auch anders?) männlichen Aufpassers auf. Klaus Ganzer, Priester und emeritierter Professor für Kirchengeschichte an der Universität Würzburg zeichnete seinerzeit die an Widersprüchen reiche Entwicklung des Kardinalats nach und zeigte an diesem Flickenteppich ua. dessen Spannungsfelder z.B. mit dem Episkopat auf. Auszug „Ein Labyrinth von Anachronismen, Fiktionen, Konstruktionen und Ungereimtheiten…“ Das scheint Franziskus bei dieser seiner Entscheidung entweder nicht bewußt zu sein oder aber überhaupt nicht zu stören. Ganzer erhielt von Karol Woityla übrigens den Titel eines päpstlichen Ehrenprälaten und trug das Bundesverdienstkreuz.
P.S. dieser Kommentar paßt auch zu den kürzlich absolut inflationären Ernennungen von Kardinälen durch Franziskus.
P.S. teile absolut Ihre Bedenken, Herr Erbacher, daß sich die Ernennung des Pro-Präfekten unter Umständen als Bärendienst erweisen könnte.
Also wie immer bei Papst Franziskus: Alles ist unklar, alles scheint möglich und die Papstinterpreten und Kirchenrechtler sind wieder mal gefragt.
Sollte @ Wandas Vermutung mit dem männlichen Aufpasser sich bewahrheiten, hätte der Papst der Kirche einen schlechten Dienst erwiesen. Halbherzige Reformen sind schlechter als gar keine.
Auf katholisch.de wird heute auch spekuliert, was es mit dem Pro – Präfekt im Kardinalsrang hinter der Präfektin auf sich hat.
Warum erklärt der Papst nicht einfach, welche Aufgaben dieser Pro-Präfekt wahrnehmen soll?
Wiedermal stiftet der Papst unnötig Verwirrung und wahrscheinlich auch Streit.
Einmal mehr werden unwahre Dinge behauptet. „Inflationäre Ernennungen“ kann man das nicht nennen. So waren 4 von 6 Konsistorien von Paul VI. mit z.T. mehr als zwanzig, ja sogar dreißig Kardinalsernennungen bestückt. Bei 9 Konsistorien Johannes Paul II. gab es regelmäßig mehr, ja erheblich mehr als 20 Ernennungen, einmal sogar 42. Franziskus dagegen hat erst ein einziges Mal überhaupt die Nr. 20 bei den wahlfähigen Kardinälen erreicht. Das Schlimme an so Fakenewsaussagen ist ja, dass sie so simpel durch schlichte Internet-Recherche widerlegbar sind. Ich kann nur mit Bruno Kreisky sagen: „Lernen’S ein bissl Geschichte“. Und ich möchte einfach auch mal sagen, dass man doch auch mal schweigen darf, wenn man nichts, nichts Gescheites oder einfach nur Unwahres zu sagen hat.
Es bleibt Ihnen überlassen, wen Sie mit wem bei den Päpsten vergleichen: an der Tatsache, daß es zunehmend mehr Häuptlinge als Indianer gibt, kommen auch Sie nicht vorbei. Recht sympathisch, daß Sie diesen ungelenken, irrlichternden und offenbar von seinem Stab nicht einzufangenden Franziskus so vehement verteidigen. Gilt das auch für dessen Meinungsausflüge zu den derzeitigen Krisen- und Kriegsereignissen ?
Wieder einmal finde ich es verstörend, dass es manchen (schnellen) Kommentator*innen nur darum geht, alles klein – bzw. kaputt zu reden.
Die rechtlichen Bedenken sind sicherlich begründet. Aber kommt es nicht – wie immer – auch auf die beteiligten Personen an? Kann man denen nicht etwas Zeit geben? Und auch abwarten, bis genauere Vereinbarungen bekannt sind?
Und ganz nebenbei: der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist weder Kardinal noch Erzbischof, und es funktioniert trotzdem.
Sie sollten ihren Geschlechtsgenossinnen mehr zutrauen. Und die unbekannten Vereinbarungen (wenn es sie denn gibt), sollten sie dem Hauptverantwortlichen anlasten, dessen Entscheidungen mal wieder nebulös in Weihrauchschwaden gehüllt daherkommen. Übrigens bei Matthäus 5:37 „Eure Rede sei ein Ja, das ein Ja ist und ein Nein, das ein Nein ist. Was darüber hinaus geht, ist vom Bösen..“ Wer hat’s gesagt ?
„Und ganz nebenbei: der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist weder Kardinal noch Erzbischof, und es funktioniert trotzdem.“
Ich habe nicht mal den Eindruck, dass er es auf Karriere anlegt. Das macht ihn sympathisch.