Bätzing: Stresstest bestanden

Am Ende ist die Erleichterung groß gewesen beim Präsidium des Synodalen Wegs über den Verlauf der letzten Synodalversammlung in Frankfurt. Bei allen Abstimmungen gab es eine große Mehrheit der Laien und der Bischöfe. Lediglich ein Text wurde nach einer kontroversen Debatte im Plenum nicht zur Abstimmung gebracht, sondern an den neu eingerichteten Synodalen Ausschuss verwiesen. Dabei ging es um neue Strukturen gemeinsamer Beratung und Entscheidung. Am Samstag wurden noch zwei wichtige Texte verabschiedet. Zum einen ging es um die Frage des „Umgangs mit geschlechtlicher Vielfalt“, zum anderen um „Frauen in sakramentalen Ämtern“, darin enthalten war die Forderung nach der Einführung des Diakonats der Frau.

Der Synodale Weg ist zu Ende, jetzt geht es um die Umsetzung und Evaluierung. Das war die Botschaft der Abschluss-Pressekonferenz. (Quelle: Erbacher)

Zum Schluss zwei wichtige Texte

„Der Synodale Weg führt weder in eine Spaltung, noch ist er der Beginn einer Nationalkirche.“ Das zeigten nach Ansicht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, die Beratungen der vergangenen vier Jahre. Die Co-Präsidentin des Reformprozesses und Präsidentin des Laiendachverbands ZdK, Irme Stetter-Karp, betonte, dass der Synodale Weg noch nicht zu Ende sei, sondern jetzt erst anfange. „Denn nun gilt es, die Beschlüsse, die wir haben, umzusetzen und den Synodalen Ausschuss vorzubereiten.“ Dieses Gremium soll die noch offenen Texte weiter beraten und die Umsetzung der Beschlüsse evaluieren. In drei Jahren soll er durch einen Synodalen Rat abgelöst werden, der dann dauerhaft ein gemeinsames Beraten und Entscheiden von Laien und Bischöfen über zentrale Fragen der Geschicke der katholischen Kirche in Deutschland etablieren soll.

Sowohl bei der Debatte über sexuelle Vielfalt als auch den Zugang von Frauen zu sakramentalen Ämtern gab es sehr emotionale und persönliche Statements. Einmal mehr wurde deutlich, wie tief die Verletzungen sind, die Glaubende in der katholischen Kirche in der Vergangenheit erfahren haben. Entsprechend gemischt fällt die Bilanz vieler Anwesender aus. Bischof Franz-Josef Bode erklärte bei der Abschlusspressekonferenz, dass er sich ein klareres Votum für das Frauenpriestertum gewünscht hätte. Ähnlich äußerten sich viele Synodale. Dennoch zeigte sich, dass auch die kleinen Schritte, die beschlossen wurden, für viele ein Erfolg sind. Beide Beschlüsse am Samstagmorgen lösten langanhaltenden Applaus und Standing Ovation aus.

Lernprozess Synodalität

Die Diskussionen der vergangenen Tage zeigten, dass bei einem synodalen Prinzip Bewegung auf allen Seiten notwendig ist. So berichteten einige der Bischöfe von Veränderungen, die sie etwa in den vergangenen drei Jahren in der Auseinandersetzung mit dem Thema sexuelle Vielfalt erfahren haben. Diese machte zumindest eine Enthaltung bei der entsprechenden Abstimmung möglich, und verhinderte so vielleicht ein Scheitern des Textes an der Zweidrittelmehrheit der Bischöfe. Auch die andere Seite musste sich bewegen. Extremforderungen auf der Reformseite lassen sich in einem synodalen Prozess nicht realisieren. Die Hoffnung des Vorsitzenden der Bischofskonferenz Bätzing war es immer, dass sich die Extreme im Verlauf des synodalen Prozesses abschleifen. Das ist sicherlich an einigen Stellen so passiert. Zugleich haben auch die Debatten der fünften Synodalversammlung gezeigt, dass es noch ein weiter Weg im Erlernen von Synodalität ist.

Die Erfahrung des Synodalen Wegs in Deutschland ist sicherlich wichtig. Der Prozess hat die katholische Kirche im Land verändert. Dabei gab es neben vielen positiven Effekten sicherlich auch negative. Die Sprachlosigkeit unter den Bischöfen, offen über die unterschiedlichen Positionen zu sprechen ist, soweit das von außen beurteilbar ist, nicht weniger geworden, vielleicht sogar mehr. Sieht man das „Kampfbeten“ und „Kampfsingen“ von Reformbefürwortern und Reformgegnern am Mittwoch vor dem Tagungsgebäude scheint es auch hier nach wie vor eine Dialogunfähigkeit zu geben. Auf der anderen Seite haben viele Teilnehmende voneinander gelernt, gerade auch bei der Arbeit an den konkreten Themen in den Foren. Das ist ein Gewinn, den der Synodale Weg gebracht hat – zusätzlich zu den vielen kleinen Reformschritten, die bei aller Klage Mut machen können.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

3 Kommentare

  • Zufälliger Gastleser
    11.03.2023, 20:26 Uhr.

    Manchmal sind es Details im Zwischengeschehen einer solchen Veranstaltung, die etwas von dem in ihnen auch herrschenden Geist aufschließen, zeigen und entlarven. In der Fünften Synodalversammlung des Synodalen Weges: Teil III, die man bei youtube sehen kann, findet sich ein solches ab 3.51.07. Ich bitte nachdrücklich, da hineinzuhören. Eine objektiv blasphemische, subjektiv wohl eher dumme Bemerkung einer ihrer Unreife leider nicht achtend offensichtlich selbstgefällig-eitlen Person: „Wir sind der Anfang und das Ende, Alpha und Omega … „. Daraufhin Gejohle, teils geschockt-frivoles Abgelächter und Pfeifen. Dokument der geistlichen Fundierung und Atmosphäre der vorgeworfen elitären Teilnehmerschaft? Gleich danach die stolz gendersensible Rede von „geistlichen Begleiter*innen“. Was soll man davon halten, Herr Erbacher? – Ich würde nicht so weit gehen, die möglicherweise gutgemeinte Performance im Frankfurter Dom für „satanisch“ anzusehen, deren Ästhetik nicht in ein Gotteshaus passt; dieses ist schlimmer!

  • Erasmus
    12.03.2023, 2:14 Uhr.

    STARKES FINISH DES SYNODALEN WEGES
    Der Tag begann mit einer Frühschicht um 8 Uhr, um einen Teil des Rückstands aufzuholen. Der anstehende Handlungstext „UMGANG MIT GESCHLECHTLICHER VIELFALT“ hatte das Handicap, dass der ihn fundierende Grundlagentext bei der 4. Synodalversammlung gescheitert war. Umso emphatischer artikulierten sich die Debattenredner:innen, die für die Annahme des Textes waren. Ein Weihbischof, der gegen die Gendertheorie polemisierte, wurde von mehreren Redner:innen in die Schranken gewiesen. Es könne nicht sein, dass Kirchenleute mit ihrem Gerede von GENDER-IDEOLOGIE mit dem rechten politischen Lager gemeinsame Sache machen.
    Es wurde benannt, dass sich die Katholische Kirche in der Vergangenheit gegenüber queeren Menschen schuldig gemacht hat, und es wurde an die Bischöfe appelliert, sich im Falle, dass sie Probleme mit dem Text hätten, sich bei der Abstimmung zu enthalten, damit bereits verletzten Menschen nicht erneut etwas angetan würde. Es ist ermutigend, dass 13 Bischöfe dieser Aufforderung nachkamen und so die notwendige episkopale Zwei-Drittel-Mehrheit ermöglichten. Nur sieben Bischöfe lehnten den Handlungstext ab.
    In der vorliegenden Tagesordnung war kein Zeitfenster für die Behandlung des Handlungstextes „FRAUEN IN SAKRAMENTALEN ÄMTERN – Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch“ vorgesehen, was zur Folge gehabt hätte, diesen auf die lange Bank zu schieben. Es schien auf die fatale Alternative hinauszulaufen, entweder die in der Männerkirche diskriminierten Frauen hinten runter fallen zu lassen oder den EinHalt genannten geistlichen Ermöglichungs-Raum zur zeitlich zusammengestauchten Restgröße zu machen. Die Lösung kam vom Präsiduum, das sich damit begnügte, über die zu verabschiedende Präambel nur abstimmen zu lassen.
    Es stand also knapp eine Stunde für eine herausfordernde und hoch emotionalisierte Debatte zur Verfügung, die den Delegierten viel Selbstdisziplin abverlangte. Das inhaltliche Spektrum reichte von Bischof Voderholzer „Die Katholische Kirche ist das letzte Bollwerk, das die Differenz der Geschlechter würdigt“ bis hin zu Gregor Podschun vom BDKJ: „Das Patriarchat gehört zerstört.“ Im Brennpunkt stand das DIAKONAT DER FRAU, das Bischof Fürst zurecht für längst überfällig hält. Gut nachvollziehbar war, dass nicht wenige Frauen zum Ausdruck brachten, dass ihre Geduld am Ende ist und sie nicht bereit sind, sich mit der Option Diakonat zu begnügen. Das wäre dann auf die starre Alternative „Entweder die VOLLE WEIHE oder gar nichts“ hinausgelaufen.
    Hilfreich war an dieser Stelle der Verweis auf das theologische Axiom, dass es NUR EINEN ORDO gibt. Daraus ergibt sich, dass man mit dem Erreichen der Zulassung des Diakonats der Frau einen Fuß in der Tür hätte, was früher oder später zur vollen Türöffnung führen würde.
    Nach meinem Eindruck war es insbesondere das vehemente Auftreten der Frauen, das bei den Bischöfen Eindruck machte und dazu führte, dass 81 Prozent des Kollegiums für den Handlungstext stimmte. Dem namentlichen Abstimmungsergebnis lässt sich entnehmen, welche 10 Bischöfe sich gegen den Diakonat der Frau stellten. Wenig überraschend waren es die fünf Bischöfe – darunter vier bayerische – die sich unlängst in Rom über den deutschen Synodalen Weg quasi beschwert hatten. Sechster im Bunde ist der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt. Die vier ablehnenden Weihbischöfe gehören den Domkapiteln von Augsburg, Regensburg, Köln und Berlin an.
    Die Beendigung des mehr als dreijährigen synodalen Weges zeichnete sich dadurch aus, dass eine ausführliche Reflexion durch die Teilnehmer ohne Zeitdruck stattfinden konnte und dass die Leitungsveranwortlichen die Leistungen der Synodalen und die erreichten Ergebnisse angemessen würdigten und allen ihren Dank und ihre Wertschätzung aussprachen, die im Vorder- oder Hintergrund zum Gelingen des Gesamtunternehmens etwas beitrugen.

  • Zufälliger Gastleser
    15.03.2023, 18:32 Uhr.

    Während der Pressekonferenz am Ende der fünften Synodalversammlung äußerte sich Bätzing auf eine Frage zu den konservativen Kritikern, über die „Menschen … die sich schwer tun mit den Beschlüssen, die etwas anderes wollen, die eine andere Bewegung wollen“, abwertend dahin, daß er bei diesen als „Kern des Ganzen“„oft mehr psychologische Gründe als echte theologische oder die der Frömmigkeit“ ausmacht. Und diese hermeneutische Marginalisierung und Pathologisierung der synodalkritischen Katholiken formuliert er danach mit nachgrade neognostischem Hochmut: „ Niemand will euch heben in eine Wirklichkeit, in der ihr fremd seid.“ „Heben“, ihr da unten, ihr Zurückgebliebenen und Deplorablen, „in eine Wirklichkeit, in der ihr fremd seid“. Wir im synodalen Pleroma, selbst Alpha und Omega (s.o.), als Pneumatiker einer höheren Wirklichkeit vs. Ihr, die Kritiker, als (Patho-) Psychiker. Anmaßung und sehr unbescheiden!

Kommentare geschlossen

Dieser Beitrag kann nicht länger kommentiert werden.