Synodaler Weg fasst wieder Tritt
Der Synodale Weg hat am Freitag wieder in die Spur zurückgefunden. Mit großer Mehrheit wurde ein Text verabschiedet, der die Rolle der Frauen in der Kirche stärken soll. Der Papst wird darin aufgefordert, die Ablehnung der Weihe für Frauen zu überprüfen. Nach einer offenen Debatte, an der sich auch erstmals viele Bischöfe beteiligten, wurde der Text am späten Nachmittag mit über 90 Prozent der Gesamtversammlung verabschiedet, über 80 Prozent der Bischöfe stimmten zu. Damit war die Zweidrittelmehrheit erreicht. Diese hatte am Vorabend beim Text zur Sexualethik gefehlt und den Synodalen Weg in eine tiefe Krise gestürzt.
Katerstimmung am Tag danach
Der Schock des ersten Tages saß tief, nachdem der Text zur Sexualethik die Zweidrittelmehrheit der Bischöfe verfehlt hatte. Am zweiten Tag der Vollversammlung des Synodalen Wegs herrschte zunächst Katerstimmung im Frankfurter Kongresszentrum. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Co-Präsident des Synodalen Wegs, Bischof Georg Bätzing, stellte fest, dass durch die Abstimmung am Vortag „nachhaltig eine Krise“ entstanden sei. Nach Ansicht von Bischof Bätzing sei das Abstimmungsergebnis für viele Bischöfe eine Anfrage, „wie wir das Volk Gottes künftig leiten“. Wenn das Votum zu einem Text, der ein solches grundlegendes Thema der Menschen behandle, ein so überragendes Votum der Gesamtversammlung finde und nicht die Zustimmung der Bischöfe, „dann fällt etwas auseinander, was nicht auseinanderfallen darf“. Es sei die Verantwortung der Bischöfe, dass das nicht geschehe. Bätzing erklärte, dass er den Text zur Sexualethik, der am ersten Tag die notwendige Bischofsmehrheit verfehlt hat, beim Ad Limina-Besuch im November und in den weltweiten synodalen Prozess einbringen werde. Auch will er ihn in seinem Bistum mit den Gremien diskutieren. Interessant ist, dass eine ganze Reihe von Bischöfen über ihre Social-Media-Kanäle und Pressestellen am Freitag verkünden ließen, dass sie dem Text zugestimmt hatten. Darunter etwa der Trierer Bischof Stefan Ackermann, Erzbischof Heiner Koch aus Berlin, Bischof Franz-Josef Overbeck aus Essen und Bischof Franz Jung aus Würzburg. Andere nutzten das Plenum in Frankfurt, um sich klar hinter den Text zu stellen wie der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf.
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Synoden-Co-Präsidentin, Irme Stetter-Karp, kritisierte „auf welche Art und Weise durch eine Nichtkommunikation agiert wurde“. In der Aussprache am Freitagmorgen wurde deutlich, dass durch das Verhalten der Bischöfe viel Vertrauen unter den Synodalen verloren gegangen ist. Dieses ist in Teilen am Nachmittag offenbar wieder zurückgekehrt. An der Debatte über das Grundsatzpapier zu „Frauen in Diensten und Ämtern“ beteiligten sich die Bischöfe intensiv. Gerade diejenigen, die Probleme mit dem Text haben, nutzen die Chance, um sich zu erklären. Vor der entscheidenden Abstimmung rief Bischof Bätzing seine Mitbrüder zu einer kurzen Beratung und Probeabstimmung zusammen. Dadurch wollte er verhindern, dass die Versammlung wieder in eine offene Abstimmung läuft. Hätte sich bei den Beratungen der Bischöfe abgezeichnet, dass eine Zweidrittelmehrheit nicht zustande kommt, hätte er wohl eine dritte Lesung beantragt.
Synodalität kein Selbstläufer
Mit diesem Verfahren konnten am Abend auch die beiden Handlungstexte zur „Lehramtlichen Neubewertung von Homosexualität“ und der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ mit großen Mehrheiten verabschiedet werden. Der Änderung des Arbeitsrechts stimmten 93 Prozent der Bischöfe zu. Immerhin 83% der Bischöfe sprachen sich für die lehramtliche Neubewertung der Homosexualität aus. Dieser Schritt ist damit nicht vollzogen. Auch hier wird es, wie beim Thema Frauen, darum gehen, die Argumente und theologischen Arbeiten in die weltkirchlichen Gespräche einzubringen. Die Abstimmungen am Freitag wurden alle namentlich durchgeführt. So soll mit etwas Zeitverzug der technischen Aufarbeitung im Verlaufe des Freitagabends auf der Webseite des Synodalen Wegs einsehbar sein, wer wie abgestimmt hat – auch die Bischöfe.
Der Synodale Weg ist fürs erste mit einem blauen Auge davongekommen. Bei der vierten Vollversammlung wird deutlich, dass der Reformprozess kein Selbstläufer ist, sondern es noch ein weiter Weg ist, bis ein synodales Miteinander in der katholischen Kirche eingeübt ist. Es zeigt sich, wie mühsam es ist, Konsens zu erzielen. Am Freitagabend war den Synodalen die Erleichterung anzumerken, dass nach dem Desaster vom ersten Tag der Synodale Weg wieder Tritt gefasst hat. Doch überwunden ist die Krise noch lange nicht. Der Schock vom Auftakt der vierten Synodalversammlung sitzt tief, ebenso der Vertrauensverlust gegenüber den Bischöfen.
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Das Durchfallen des Textes „Leben in gelingenden Beziehungen – Wegmarken einer erneuerten Sexualethik“ am Donnerstagabend stürzte die Synodalversammlung in eine heftige Krise. Zum einen traf das Abstimmungsergebnis das Plenum völlig unvorbereitet, da die meisten (weih)bischöflichen Gegner einer NEUKONZIPIERUNG DER KATHOLISCHEN MORALLEHRE sich während des nun bald drei Jahre währenden Synodalen Prozesses nicht erklärt und quasi nur die entscheidende Abstimmung abgewartet hatten. Zum anderen hingen jetzt drei wichtige Handlungstexte in der Luft, nämlich: Die „Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität“, die „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ und der „Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt“.
Als am Freitagnachmittag die Thematik GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT aufgerufen wurde, war den Teilnehmern klar, dass ein abermaliges Scheitern eines zentralen Textes das Ende des Synodalen Weges bedeuten würde.
Die Kernaussage der Vorlage „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ lautet, dass die Charismen und geistlichen Berufungen aller Getauften und Gefirmten – unabhängig von deren Geschlechtsidentität – anzuerkennen sind. „Sie werden entsprechend ihrer Eignung, ihren Fähigkeiten und Kompetenzen in Diensten und Ämtern tätig.“
Einer solchen paradigmatischen Neupositionierung hätten die meisten konservativen Bischöfe niemals zugestimmt. Mehrheitsfähig wurde der Text bei den Bischöfen (Zwei Drittel Quorum) erst dadurch, dass in die Einleitung eine Passage eingefügt wurde, die den Text als an den Papst gerichteten PRÜFANTRAG auswies. Damit verschob sich die Zielrichtung von einer an Rom gerichteten Forderung hin zu einem Vorschlag, der der Weltkirche zur Diskussion angeboten wird und dessen Validierung der päpstlichen Autorität obliegt.
Diese Kröte zu schlucken fiel sicher manchem/r Synodalen nicht leicht. Es war aber in meinen Augen der Schlüssel dafür, dass in der Folge Handlungstexte, die wichtige Reformanliegen artikulierten, jeweils mit der doppelten Zweidrittel Mehrheit verabschiedet werden konnten. So fordert der Text „Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität“ eine BEENDIGUNG DER DISKRIMIIERUNG von Homosexuellen und in der Konsequenz eine Neuformulierung bestimmter Passagen des Katechismus. Ein zweites Beispiel: Im in erster Lesung verabschiedeten Text „Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt“ wird beklagt, dass „unter Rückgriff auf die biblischen Schöpfungserzählungen und mit dem Vorwurf der ‚Gender-Ideologie‘ intergeschlechtliche und transgeschlechtliche (aber auch homosexuelle) Menschen vermehrt ausgegrenzt, pathologisiert und verächtlich gemacht (werden).“ Dementgegen wird die Kirche aufgefordert, Erkenntnisse aus Psychologie, Medizin und Anthropologie zu rezipieren, „nach denen Geschlecht AUCH NICHT-BINÄRE
Varianten kennt und weitere Dimensionen enthält.“ Eine solche Neuausrichtung kulminiert dann in dem menschengerechten Anspruch: „Für inter- und transgeschlechtliche Getaufte und Gefirmte, die eine Berufung für sich spüren, sollen alle kirchlichen Weiheämter und pastoralen Berufe offenstehen.“
Gut, dass sich die Synodalversammlung durch den fatalen Rückschlag am Donnerstagabend nicht aus der Bahn hat werfen lassen. Den im Verlauf des Synodalen Weges entstandenen qualitativ hochwertigen Textbeiträgen wohnt die Kraft inne, im synodalen Prozess auf Weltebene eine maßgebende Rolle zu spielen.
Die Deutschen Bischöfe werden sich noch wundern. Die katholische Kirche wird sich in den nächsten Jahren wohl auflösen bzw. auf eine kleine Kernzahl zurückentwickeln.
Es werden kaum noch Kinder getauft. Die Mütter (meist) erziehen ihre Kinder nicht mehr zu treuen Kirchgängern, weil sie dies nicht mehr unterstützen wollen, wie mit den Frauen umgegangen wird.
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