Kommt die Revolution?

In Frankfurt hat an diesem Donnerstag die erste Plenarversammlung des Synodalen Wegs begonnen. Die Erwartungen sind hoch an den auf zwei Jahre angelegten Beratungsprozess. Doch wer eine Revolution erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden. Die katholische Kirche verändert sich in kleinen Schritten, betonte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, zu Beginn der Versammlung. Sternberg ist zusammen mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Präsident des Synodalen Wegs. Marx erklärte, dass es bei dem Prozess darum gehe, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, damit die Kirche mit ihrer Verkündigung wieder zu den Menschen durchdringe. Marx und Sternberg ist klar, dass die Kirche nur dann wieder mit ihren Botschaften die Menschen erreicht, wenn sie im eigenen Laden aufräumt und Reformen anpackt.

Vor dem Dom demonstrierten verschiedene Gruppen und forderten mutige Reformen. Eine kleine Gruppe von katholischen Traditionalisten beteten gegen den Synodalen Weg. (Quelle: Erbacher)

Vom „trotz“ zum „weil“

Am Ende des ersten Tages wurde schnell deutlich, dass der Synodale Weg ein herausforderndes Unternehmen werden wird. Sechs Synodale legten nach dem Eröffnungsgottesdienst im Bartholomäus-Dom in Frankfurt Zeugnis ab über ihren Glauben, über ihre Motivation, sich in der Kirche zu engagieren und beim Synodalen Weg mitzumachen. Ähnlich wie bei den letzten Synoden im Vatikan nahmen die Gläubigen kein Blatt vor den Mund.

Michaela Labudda, Gemeindereferentin aus dem Erzbistum Paderborn, berichtete von ihren Glaubens- und Gotteserfahrungen. Vom Glauben, der durch Begegnung mit Menschen und Gott entstehe. Sie machte aber auch keinen Hehl aus ihrem Frust. Sie engagiere sich in der Kirche, obwohl sie damit ein System unterstütze, dass so viele Menschen zu Opfern habe werden lassen, obwohl viele Menschen die Moralvorstellungen wie ein Gefängnis erfahren hätten. Sie wolle weg vom Glauben „trotz“ dieser Dinge hin zum Glauben „weil“.

„Ich habe schon zu viele hoffnungslos hinschmeißen sehen“, erklärte Labudda vor den 230 Delegierten, darunter die komplette Deutsche Bischofskonferenz, zu viele seien schon klaglos weggegangen. Sie sprach von der „prophylaktischen Resignation“ vieler hauptamtlicher Mitarbeiter. Bei einem Vorbereitungstreffen für den Synodalen Weg sei das Lachen eines Kindes durch ein geöffnetes Fenster in den Saal gedrungen. Sie habe das als zartes Lächeln des Heiligen Geistes gedeutet. „Ich bin bereit zum Auslüften“, erklärte Labudda.

Ordensfrau fordert Weiheämter für Frauen

Mit langanhaltendem Applaus wurde das Zeugnis von Schwester Philippa Rath bedacht. „Ich liebe meine Kirche, leide unter ihr und schäme mich oft für sie“, erklärte die Benediktinerin, die seit über 30 Jahren als Ordensfrau lebt. Sie forderte mehr Anerkennung und Mitbestimmung für Frauen und zwar nicht als Lückenfüller oder als Almosen. Die Frauenorden hätten eine 1500 Jahre alte Tradition von Frauen in Leitungspositionen. „Wer sind wir, dass wir Gott vorschreiben wollen, wen er in welche Ämter beruft und welches Geschlecht er haben soll“, fragte Rath. Heute sei der Kairos, den es zu ergreifen gelte. „Es ist noch nicht zu spät.“ Sehr viele Menschen schauten auf den Synodalen Weg, in und außerhalb der Kirche und in der ganzen Welt, so die Benediktinerin.

Der Magdeburger Pfarrer Christian Kobert betonte wie der Passauer Bischof Stefan Oster die Bedeutung glaubwürdiger Zeugen für die Evangelisierung. Oster warnte vor der Gefahr, dass der Synodale Weg sich zu stark auf strukturelle Veränderungen konzentriert. Aus Sicht von Michaela Brönner von der Kolpingjugend aus dem Erzbistum Köln sind in den letzten 40 Jahren drängende Probleme liegengeblieben. Diese müssten jetzt angepackt werden, um die Kirche zukunftsfähig zu machen.

Die Macht der Bischöfe

ZdK-Präsident Sternberg betonte zum Auftakt mehrfach, dass der Synodale Weg ein spiritueller Prozess sei. „Man kann gut beten und gut debattieren; das gilt in der Kirche seit dem Apostelkonzil“, zeigte sich Sternberg selbstbewusst. Zur Frage, wie verbindlich die Beschlüsse am Ende sein könnten, erklärte er, dass es drei Kategorien von Voten gebe. „Zunächst die Voten zu dem, was in Deutschland in Kraft gesetzt werden kann. Zweitens solche, die mit römischem Vorbehalt dem Papst vorgelegt werden, und schließlich solche, die als Votum an ein Konzil zu richten sind.“

Immer wieder wird allerdings kritisiert, dass Voten nicht nur die Zweidrittelmehrheit der anwesenden 230 Teilnehmer haben müssen, sondern zusätzlich noch Zweidrittel der Bischöfe zustimmen müssen, damit sie als angenommen gelten. Dazu kommt noch, dass kein Bischof verpflichtet werden kann, Beschlüsse auch wirklich in seinem Bistum umzusetzen. Kardinal Marx betonte dazu heute, dass es beim Synodalen Weg darum gehe, einmütige Entscheidungen zu erzielen. Das sei etwas anderes, als um Mehrheiten zu ringen.

Gute Vorsätze, aber …

Alle Redner betonten am ersten Tag, entscheidend für den Erfolg des Synodalen Weges wird der Umgang miteinander sein. Mehrfach wurde davor gewarnt, dem anderen, nur weil er eine andere Position vertritt, die Katholizität abzusprechen. Die aufgeladenen Debatten in der Vorbereitungszeit waren auch beim Auftakt präsent. Allen scheint bewusst, welche hohe Verantwortung sie haben. Der Donnerstag war erst das Vorspiel. Ab Freitag werden dann die vier Themenbereiche diskutiert: „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“, „Priesterliche Existenz heute“, „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ sowie das „Leben in gelingenden Partnerschaften – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“. Dann dürfte es weniger harmonisch zugehen als heute.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

5 Kommentare

  • Novalis
    31.01.2020, 1:19 Uhr.

    Im Grunde könnte man sich den synodalen Weg sparen und die Texte der Würzburger Synode nochmal einreichen. Das Abstimmungsprozedere der Würzburger Synode hatte die ausdrückliche Gutheißung von Papst Paul VI. – dann soll der Papst auch bitte das Ergebnis (unter anderem das EINSTIMMIGE VOTUM DER DBK FÜR DEN FRAUENDIAKONAT) annehmen.

    Eine Kritik an Herrn Erbacher, der vor knapp 10 Monaten schrieb:
    „Barbarin hatte dem Papst seinen Rücktritt angeboten. Franziskus hatte diesen nicht angenommen und Mitte März den Ball wieder an Barbarin zurückgespielt. Er habe dem Kardinal die Entscheidung selbst überlassen, teilte der Vatikan nach einer Begegnung der beiden am 19. März mit. Barbarin nahm sich daraufhin eine Auszeit und lässt sein Amt ruhen, gegen das Urteil ging er in Berufung. Franziskus Vorgehen dürfte durch die Idee motiviert sein, das Berufungsurteil abwarten zu wollen. Dass dies für die Kirche in Lyon, ganz Frankreich und weit darüber hinaus eine schwere Belastung bedeutet, sieht er offenbar nicht. Und wenn er sie sieht, scheint er sie dem Festhalten an der Unschuldsvermutung bis zur endgültigen Klärung durch die Justiz unterzuordnen. Der Preis dafür ist hoch.“
    Ja, der Preis war hoch, weil sich dabei alle (auch Papst und durch sonderdämliche Wortmeldungen auch der Kardinal) alles andere als mit Ruhm bekleckert haben.
    Nur, Herr Erbacher – würden Sie das heute auch noch so formulieren? Oder hatte der Papst nicht doch sowohl Recht als auch Pflicht, zu seinem Kardinal zu stehen, solange die Unschuldsvermutung gilt?

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      31.01.2020, 9:44 Uhr.

      Der Preis für dieses Handeln war hoch. Das bleibt bestehen. Auch bei einer Annahme des Rücktritts hätte die Gelegenheit bestanden, nach einer Revision des Urteils dem Kardinal eine Rehabilitation zu ermöglichen. Auch das hätte eine „Probe aufs Exempel“ sein können, um den Umgang mit solchen Situationen zu prüfen bzw. sich zu bewähren. Es gibt ja noch den Fall von Kardinal Pell. Hier gilt Vergleichbares. Die Frage mus aber erlaubt sein, ob das lange Zögern, einen Nachfolger als Chef des Wirtschaftssekretariats zu benennen, der Sache gedient hat.

  • BernhardJ
    31.01.2020, 12:41 Uhr.

    Der synodale Weg ist ein Irrweg, ein Weg in eine deutsche Nationalkirche. Viele deutsche Probleme sind Luxusprobleme, von dem gravierenden Problem des verschwindenden Gottes- und Christusglaubens einmal abgesehen. Glaubt denn wirklich jemand ernsthaft, wenn Priester heiraten dürften, wiederverheiratete Geschiedene die Kommunion empfangen und Frauen zum Diakonat zugelassen würden, würde die Kirche an Ausstrahlungskraft gewinnen. Wenn ja, weshalb ist es bei der evangelischen Kirche nicht so?
    Der synodale Weg wird auch kein Vorbild sein für die Ortskirchen anderer Länder. Bestenfalls für einige Ortskirchen im ebenfalls kirchensteuergesättigten Österreich. Letzten Endes ist er ein schismatischer Weg.
    Luther ist halt voll und ganz in der DBK angekommen. Die Vereinigung der katholischen Kirche in Deutschland mit den protestantischen Gemeinden zu einer neuen Luther-Kirche nimmt deutliche Gestalt an. Offenbar ist Zweidrittel der deutschen Bischöfe der Sinn fürs Katholische gänzlich abhanden gekommen. Wir in Italien MÜSSEN dagegenhalten. Sind einmal die katholischen Glaubensinhalte niedergerissen, gibt es kein Halten mehr. Dann wird auch die Homo-Ehe im Priesterstand zur neuen Hoffnung im Bischofskreis!
    Deutliche Worte des emeritierten Kurienkardinals Cordes
    In einem Interview spricht Kurienkardinal Cordes auch die Tendenz in Teilen der DBK an, Homosexualität nicht mehr als schwere Sünde anzusehen und weist dies mit dem Hinweis auf Paulus (Röm 1,18.27f) als nicht der Schrift gemäß und eklatante Verwirrung in der Kirche zurück.
    Zum Zölibat sagte Papst Johannes Paul II. der Große: „Die lateinische Kirche wollte und will, indem sie sich auf das Beispiel Christi, des Herrn, auf die apostolische Lehre und auf die gesamte Tradition beruft, die ihr eigen ist, daß alle, die das heilige Weihesakrament empfangen, diesen Verzicht um des Himmelreichs willen annehmen.“
    Die Tendenz in der DBK eine neue, von Katholizität radikal abgelöste Kirche aufbauen zu wollen, ist in der Tat nicht zu übersehen.
    Und in Augsburg sitzt nun auch ein „Bischof“, der in meinen Augen ein freimaurerischer Reinhard-Marxist ist.
    Wir können nur noch beten und auf S.E. Voderholzer vertrauen, das Bollwerk gegen den Islam („Der Islam ist eine postchristliche Erscheinung, die mit dem Anspruch auftritt, die Kerngehalte des Christentums zu negieren: Den Glauben an den dreifaltigen Gott, die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz. Eine Integration des Islam als Islam ist unmöglich“, gegen die Homosexualisierung des Klerus („Das Diskriminierungsverbot, das auch gegenüber Homosexuellen gilt, beinhaltet keine Wertschätzung einer homosexuellen Orientierung. Homosexualität darf also kritisiert werden und die Kritik ist noch keine Diskriminierung“), gegen die Moderne und Sittenlosigkeit.
    Exkommuniziert schwule Priester! Heiligstes Herz Jesu! Barmherzigkeit!

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