Papst Franziskus in Kolumbien – Tag 5

Angeschlagen kehrt Papst Franziskus von seiner 20. Auslandsreise nach Rom zurück. Bei einem plötzlichen Abbremsen des Papamobils in Cartagena schlug er mit dem Kopf gegen einen Stützholm des Glasdaches und zog sich Verletzungen am Jochbein und der Augenbraue zu. Der Vatikan erklärte gleich, alles sei in Ordnung. Franziskus nahm den Vorfall mit Humor. „Ich habe mich selbst geschlagen“, scherzte er später gegenüber Journalisten. Inhaltlich setzte der Papst noch einmal starke Akzente zum Abschluss seines fünftägigen Besuchs in Kolumbien. Dabei schlug er auch kritische Töne gegenüber der Kirche in Bezug auf die Gewalt im Land an; ohne allerdings allzu deutlich zu werden. In Cartagena, der Stadt, in der im 17. Jahrhundert der heilige Pedro Claver wirkte, der Patron der Menschenrechte, prangerte er einmal mehr Ausbeutung und Drogenhandel an, die Zerstörung der natürlichen Ressourcen und moderne Sklaverei, den illegalen Geldhandel und Finanzspekulationen. Am Ende seiner Reise forderte er die Kolumbianer auf, zu „Sklaven des Friedens“ zu werden. Cartagena war einst der größte Umschlagplatz für Sklaven auf dem Kontinent.

Papst Franziskus auf dem Weg zur Kirche, in der Pedro Claver begraben liegt. (Quelle: Erbacher)

Papst fordert Revolution des Friedens

„Jetzt ist es Zeit zu begreifen, dass man dieses kulturelle Unglück nicht mit Blei und nicht mit Geld beheben kann, sondern mit einer Erziehung zum Frieden“, zitierte Franziskus erneut den kolumbianischen Friedensnobelpreisträger Gabriel Garcia Márquez. Der hatte zu einer Zeit, als Verhandlungen mit der FARC Ende der 1990er Jahren gescheitert waren, zu einer „Revolution des Friedens“ aufgefordert. Das machte sich Franziskus heute zu Eigen. Er verdeutlichte noch einmal, dass Versöhnung nur in der persönlichen Begegnung gelingen kann. „Es genügt nicht, gesetzliche Rahmen und institutionelle Vereinbarungen zwischen politischen und wirtschaftlichen Gruppen guten Willens zu planen.“ Die Aussöhnung müssen „von unten“ kommen, unterstrich Franziskus.

Franziskus konnte sich nicht dazu durchringen, die Rolle der Kirche im Konflikt offen anzusprechen. Stattdessen beklagte er: „Wieviel haben wir unterlassen, als wir zuließen, dass die Barbarei im Leben unseres Volkes Gestalt annahm?“ Mit Verweis auf die Situation im 17. Jahrhundert stellte er fest: „Neben dem heiligen Pedro Claver gab es Tausende Christen, viele von ihnen waren Ordensleute … nur eine Handvoll Menschen begann eine Gegenkultur der Begegnung.“ Die Stoßrichtung dieser Worte ist klar. Die Frage ist, warum er das Versagen der Kirche nicht deutlicher benennt. Sicherlich kann die Kirche sich nicht in einer Endlosschleife entschuldigen. Das entwertet jedes „mea culpa“. Doch wäre auch das ein Zeichen gewesen, das sich positiv auf den Friedensprozess ausgewirkt hätte. Die Kirche genießt in weiten Teilen der Bevölkerung hohes Vertrauen und spielt deshalb im aktuellen Friedensprozess eine wichtige Rolle. Doch wenn Franziskus eine Aufarbeitung der Geschichte fordert, dann müsste seine Kirche mit gutem Beispiel vorangehen.

Erfolg oder Misserfolg?

Eine Passage findet sich heute in der Predigt, die beim Lesen Schmunzeln hervorruft. Franziskus sagte über Pedro Claver: „Er besaß keine namhaften akademischen Titel; man ging so weit zu behaupten, dass er nur von ‚mittelmäßiger‘ Begabung wäre; er besäße aber den ‚Genius‘, das Evangelium völlig zu leben und denen zu begegnen, die die anderen nur als Ausschuss betrachteten.“ Das erinnerte doch sehr an manche Kritik am Autor der Zeilen.

Franziskus hat viel in die Waagschale geworfen mit seiner Reise nach Kolumbien. „Den ersten Schritt machen“ war das Motto der Reise. Franziskus fordert von beiden Seiten, Opfer und Tätern, den ersten Schritt auf die andere Seite zu zu machen. Vor allem von den Opfern fordert er damit viel. Auch für diese Reise gilt, erst mit Abstand wird sich zeigen, was der Papst bewirken konnte.

Eine Bilanz der Reise auf heute.de.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

4 Kommentare

  • alberto knox
    11.09.2017, 0:40 Uhr.

    da ist der papst ja nochmal mit einem blauen auge davon gekommen. eine gute reise und gute ansprachen, die die menschen ermutigt haben, den weg des friedens zu gehen. genau das ist die aufgabe des papstes!

  • Gerald Jaksche
    11.09.2017, 18:23 Uhr.

    Danke für die umfassende Information. Leider haben die deutschen Medien wenig berichtet. Nicht einmal auf den Gottesdienst am Samstag in Medellín auf ARD-alpha wurde in katholischen Kreisen hingewiesen.
    Was der Papst in Kolumbien sagte, gilt auch hier bei uns. Das waren in seinen Predigten so wesentliche Sätze, die es wert wären, aufgearbeitet und verbreitet zu werden.

  • Wanda
    13.09.2017, 3:26 Uhr.

    Weltfriedenstreffen in Münster und Osnabrück vor hochrangigen Vertretern von 40 Religionsgemeinschafteen aus fast allen Kontinenten. Thema u.a „Religion und Gewalt“…
    Mit dabei: Kanzlerin Merkel, Gross-Imam al-Tayyeb, zahlreiche Kardinäle, Religionsgelehrte verschiedenster Glaubengemeinschaften und andere wichtige Repräsentanten auch aus der Politik, so der Präsident des Europäischen Parlamentes, Antonio Tajani. Der Papst sandte eine Grussbotschaft. Nachzulesen in der Deutschen Welle…

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      13.09.2017, 19:24 Uhr.

      Wir werden hier im Blog auf das Friedenstreffen der Religionen noch einmal näher eingehen. Ich hoffe, ich schaffe das morgen.

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