Papst zwischen Vergebungsbitte und Ägyptenreise

Es war keine gewöhnliche Politikeraudienz am Montagmorgen im Vatikan. Papst Franziskus traf den Präsidenten Ruandas Paul Kagame. 1994 wurden in dem ostafrikanischen Land binnen weniger Monate bis zu 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu von radikalen Hutus ermordet. Die Kirche spielte damals eine unrühmliche Rolle. Priester und Ordensleute der Hutu lieferten teilweise Menschen, die in kirchliche Häuser geflüchtet waren, an die Milizen aus. Papst Franziskus gestand bei der Audienz gestern ganz klar die Mitschuld der katholischen Kirche ein und bat um Vergebung für die „Sünden und Fehler der Kirche und ihrer Mitglieder“. Priester und Ordensleute seien dem Hass und der Gewalt verfallen. Sie hätten damit das Evangelium verraten und das „Antlitz der Kirche entstellt“.

Papst Franziskus trifft den Präsidenten Ruandas, Paul Kagame, im Vatikan. (Quelle. epa)

Papst Franziskus hofft, dass das Treffen mit Präsidenten, Paul Kagame, zur Versöhnung in Ruanda beitragen kann. (Quelle. epa)

Papst geht über lokale Bischöfe hinaus

In der Erklärung des Vatikan wird die Vergebungsbitte des Papstes ausdrücklich in Verbindung mit der Vergebungsbitte von Papst Johannes Paul II. beim großen Bußgottesdienst im Heiligen Jahr 2000 gebracht. Doch Franziskus geht darüber hinaus und spricht die Schuld der Kirche deutlicher aus. Er übertrifft damit auch die ruandischen Bischöfe, die im November 2016 erstmals um Vergebung gebeten hatten. In ihrer Erklärung gestanden sie die Beteiligung von Geistlichen an den Massakern ein, lehnten aber eine Schuld der Kirche als Institution ab. Das war von der Regierung damals scharf kritisiert worden. Sie forderte in einer Reaktion auf das Statement der Bischöfe auch eine Erklärung des Vatikans. Der Papst hat nun klar Stellung bezogen. Er hofft, dass damit der Prozess der Aufarbeitung und Versöhnung in Ruanda vorangebracht werden kann. Mit seiner Aussage macht er auch deutlich, dass die katholische Kirche nicht nur aus ihren Mitgliedern besteht, die je ihre eigene Verantwortung für ihr Handeln tragen, sondern dass auch die Institution Schuld auf sich laden kann.

Reise nach Ägypten steht

Vergangene Woche wurde noch über die Papstreise nach Ägypten spekuliert. Am Samstag bestätigte der Vatikan, dass Franziskus am 28. und 29. April Kairo besuchen wird. Kurz, aber nicht einfach, wird der Trip an den Nil. Es vermischen sich Politik mit Ökumene und interreligiösem Dialog. Franziskus wird den Großscheich der Al-Azhar-Universität, Ahmed Mohamed el-Tayyib, treffen. Er ist eine der höchsten Autoritäten im sunnitischen Islam. Zuletzt hatte er sich in einem Interview entschieden vom IS distanziert. Er betonte auch, dass die Rechte und Pflichten einer Person heute nicht mehr über die Religionszugehörigkeit zu definieren seien, sondern über ihr „Bürgersein“, also säkular. Ende Februar hatte in Kairo eine gemeinsame Konferenz des Vatikans und der Al-Azhar-Universität stattgefunden. Damals ging es um die gemeinsamen Anstrengungen der beiden Institutionen gegen Fanatismus, Extremismus und Gewalt im Namen der Religion. In der Abschlusserklärung wird ausdrücklich der „Respekt vor der religiösen Vielfalt“ betont. Der vatikanische Dialogminister, Kardinal Jean-Louis Tauran, betonte im Anschluss, es gebe zum Dialog keine Alternative: „Es gibt entweder Krieg oder Dialog“.

Wie heikel die bevorstehende Reise ist, zeigt ein Blick in die jüngere Geschichte. Die Al-Azhar-Universität hatte 2011 den Kontakt zum Vatikan abgebrochen, nachdem Benedikt XVI. in Folge eines Attentats auf koptische Christen einen besseren Schutz der Christen in Ägypten angemahnt hatte. Unter Franziskus hat sich das Verhältnis wieder entspannt. Der Großscheich war vergangenes Jahr im Vatikan. Bei seinem Besuch in Deutschland machte er deutlich, dass er die moderaten Kräfte des Islam unterstützen möchte. Was aus den Gesprächen am Rande der Besuche in Deutschland und im Vatikan berichtet wird, legt die Vermutung nahe, dass ihm Zuhause angesichts der schwierigen politischen und religiösen Gemengelage oft der Handlungsspielraum fehlt. Daher baut er auch auf die Entwicklungen in Europa und hofft auf Reformen im Islam.

Die Christen stehen in Ägypten unter massivem Druck. Daher ist die Visite von Franziskus in Kairo nicht zuletzt auch ein Solidaritätsbesuch – sowohl mit den Katholiken als auch mit den orthodoxen Kopten.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

16 Kommentare

  • Alberto Knox
    21.03.2017, 17:06 Uhr.

    doppelt gut – das mea culpa zu ruanda (lang überfällig, aber zu sowas war b16 bekanntermaßen völlig unfähig, weil er seiner ideologie der nie fehlenden kirche verhaftet war) und ägypten!

  • Silberdistel
    21.03.2017, 19:29 Uhr.

    „Die Kirche spielte damals eine unrühmliche Rolle“ Zitatende.

    In einer Konfession, in der man die ursprüngliche göttliche Botschaft über die Jahrhunderte pö a pö durch selbst ausgedachten Brimborium & Bimbam weitestgehend ersetzt hat, muß man sich um die Umsetzung der nicht vorhandenen Urbotschaften in Stresssituationen auch nicht wundern.

    Wäre sie noch vorhanden und im wirklich wahren Leben (vor-)gelebt, so müßte man sich hinterher auch nicht ständig als Sünder selbst zeihen und in Sack und Asche wiedermal Buße tun.

  • Wanda
    22.03.2017, 18:59 Uhr.

    Ein offenes Wort, Herr Ebacher, zu meinem merkwürdig spät freigeschalteten kritischen Beitrag zum Grossmufti der al-Azhar Universität als fragwürdigen Gesprächspartner des Papstes. Sollte damit eine Diskussion vermieden oder unterbunden werden ? Dass direkt danach die Kommentarfunktion geschlossen wurde, lässt diesen Verdacht leider aufkommen.
    Die geschilderten Sachverhalten sind nachprüfbar und durchaus bedenklich, aber das will man wohl übergehen oder nicht wissen.
    Unrühmlich und wenig professionell, diese redaktionelle Verhalten !

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      23.03.2017, 7:45 Uhr.

      Der Beitrag wurde später freigeschaltet, weil er der Recherche bedurfte. Da es in diesem Beitrag auch um die von Ihnen kritisierte Person geht, ist die Diskussion weiter offen.

    • Silberdistel
      24.03.2017, 2:54 Uhr.

      Wanda
      22.03., 18:59 h
      Leider kann ich nichts besseres berichten: So wurde die Freischaltung meines letzten Beitrages im letzten thread mit wrightflyer in der ´Klimakatastrophendebatte´, bzw. Umweltenzyklika des Papstes, merkwürdig verzögert und dann die Kommentarfunktion geschlossen. Der Beitrag in dem ich die „Klimakatastrophenversteher“, also auch die beiden ´Klimakatastrophenpäpste´ Schellnhuber & Franziskus plausibel nachvollziehbar widerlege, ist bis jetzt noch nicht freigeschaltet.

      • Jürgen Erbacher
        Jürgen Erbacher
        24.03.2017, 10:15 Uhr.

        Die Kommentarfunktion schließt automatisch. Darauf nehmen wir als Redaktion in den konkreten Fällen keinen Einfluss.

        • Silberdistel
          24.03.2017, 11:11 Uhr.

          Aber sehr geehrter Herr Erbacher, eine solche kurzfristige Schließung der Kommentarfunktion ist doch recht unpraktikabel. So kann z.B. keiner mehr seine helle Freude an meinem letzten Beitrag zur päpstlich protegierten ´Weltklimakatastrophe´ haben, weil dieser im neuen thread bzw. der geschlossenen Kommentarfunktion des alten, völlig untergegangen ist. Danke!

      • Doktor Krakebusch
        24.03.2017, 13:09 Uhr.

        Naja, sooo wichtig ist die Propaganda von EIKE nun auch nicht. Zwar gerne wiedergekäut, aber dennoch von kaum einem richtigen Wissenschaftler ernstgenommen.

        p.s. Alles Liebe zu den jüngsten und kommenden Temperaturrekorden.

  • Jürgen Erbacher
    Jürgen Erbacher
    25.03.2017, 13:50 Uhr.

    Wir werden in der aktuellen Diskussion keine weiteren Kommentare freischalten, die sich mit dem Thema Klimawandel beschäftigen. Die Einträge sind von gegenseitigen Unterstellungen und Angriffen durchsetzt, so dass auch ein Redigieren nicht möglich ist. Wir sind bemüht, alle Kommentare in zeitlicher Nähe zu bearbeiten und freizuschalten. Das ist nicht immer einfach, entweder weil die Texte sehr lang sind, oder persönliche Angriffe und Unterstellungen enthalten, die zunächst in der Redaktion besprochen werden müssen.

    • Alberto Knox
      25.03.2017, 22:13 Uhr.

      @herr erbacher:
      gilt dies (was ich prinzipiell nachvollziehbar finde) nur für kommentare, die NACH ihrer ankündigung geschrieben würden oder auch für kommentare, die bis zu ihrer ankündigung geschrieben wurden? letzteres fände ich unverhältnismäßig, da dann nämlich zum thema klimawandel nur SEHR einseitige stellungnahmen stehen blieben, die die unterschiedlichen positionen im forum nicht annähernd adäquat widergäben.

      • Jürgen Erbacher
        Jürgen Erbacher
        27.03.2017, 9:06 Uhr.

        Es gilt für die Kommentare, die nach meiner Ankündigung geschrieben wurden. Der Abbruch einer Diskussion ist immer ein Problem; denn der Verlauf wird immer einseitig stehen bleiben. Wenn sich aber eine Diskussion derart vom Ursprungsthema entfernt und dazu die Kommentare stark von persönlichen Angriffen und Unterstellungen durchsetzt sind, sehen wir keine Alternative.

        • Alberto Knox
          27.03.2017, 15:31 Uhr.

          volle zustimmung!

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