Papst Franziskus in Lateinamerika – Tag 2
Heute war Familientag beim Papstbesuch in Ecuador. Franziskus stellte bei der ersten großen Messe während seiner 9. Auslandsreise die Familie in den Mittelpunkt seiner Ansprache. Dabei ging er auch auf die bevorstehende Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie ein. Und wie er den Stand wohl aktuell sieht, braucht es ein Wunder, um Lösungen für die „vielen Schwierigkeiten und wichtigen Herausforderungen, denen sich die Familie in unseren Tagen stellen muss“, zu finden. Anschließend gönnte sich Franziskus einen kurzen Privattermin. Er aß in einer Jesuitenkommunität zu Mittag, zu der er seit vielen Jahren Kontakt hält. Am Abend stand der Höflichkeitsbesuch bei Präsident Rafael Correa auf dem Programm, auch wenn es sicherlich große inhaltliche Differenzen gibt, etwa bei der Frage nach den Rechten der Indigenen und beim Thema Ökologie und Erdölgewinnung.
Synode braucht Wunder
„Die Familie braucht heute Wunder!“ Papst Franziskus kennt die Brüche im Leben der Menschen aus seiner langjährigen Zeit als Erzbischof von Buenos Aires. Deshalb schien ihm einmal mehr wichtig zu sein, in diesen Brüchen nicht einen ausweglosen Untergang zu sehen. In seiner Predigt stellte er einmal mehr fest: „Jesus hat eine Schwäche dafür, den besten Wein mit denen zu verschwenden, die aus dem ein oder anderen Grund schon spüren, dass sie alle Krüge zerbrochen haben.“ Der Pontifex predigte über die Bibelstelle der Hochzeit von Kana.
An einer Stelle nahm er direkt Bezug auf die bevorstehende Familiensynode, bei der es um die Schwierigkeiten und Herausforderungen der Familie gehe. „Ich lade euch ein, euer Gebet in diesem Anliegen zu intensivieren, damit noch alles, was uns unrein erscheint, uns erregt oder erschreckt, Gott dadurch, dass er es durch seine ‚Stunde‘ hindurchgehen lässt, in ein Wunder verwandeln kann.“ Was heißt das? Sofort kam unter den mitreisenden Journalisten die Frage auf, ob Franziskus die wiederverheirateten Geschiedenen oder die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Sinn hat. Doch Vatikansprecher Federico Lombardi stellte gleich klar, dass der Papst hier ganz grundsätzlich spreche und keine konkreten Situationen im Sinn habe.
Es bleibt also weiter Interpretationsspielraum; dennoch weist auch diese Predigt in eine Richtung. Franziskus erinnerte an Maria, die „ihre Sorgen in die Hände Gottes zu legen wusste und besonnen und mutig handelte“. Der Papst scheint sich bewusst zu sein, dass vielleicht nur ein Wunder in den strittigen und schwierigen Fragen der Synode zu einer Lösung verhelfen kann. Franziskus hat kein Problem damit, auf ein übernatürliches Eingreifen zu vertrauen. Immer wieder hat er zur Bereitschaft aufgerufen, sich von Gott überraschen zu lassen. Und er stellt fest: „In der Familie geschehen die Wunder mit dem, was da ist, mit dem, was wir sind, mit dem, was einer zur Hand hat … oft ist es nicht das Ideal, nicht das, was wir erträumen oder was ‚sein sollte‘.“ Nichts sei unnütz, so Franziskus, in der Familie eines jeden und in der großen Menschheitsfamilie.
Im Spanischen ist er zu Hause
Trotz großer Hitze, Jetlag und 13 Stunden Flug gestern trug Franziskus seine Predigt engagiert vor. Der Text zeigt, im Spanischen ist der Papst aus Lateinamerika zu Hause. Beinahe poetisch lesen sich einzelne Sätze. „In der Familie mischt sich der Glaube mit der Muttermilch: Wenn man die Liebe der Eltern erfährt, spürt man die Liebe Gottes nahe.“ Überhaupt ist diese Predigt ein flammendes Plädoyer für die Familie, die die Gesellschaft nicht mit „Almosen“ abspeisen dürfe, sondern gegenüber der sie eine „soziale Schuld“ habe. Denn die Familien bildeten den großen sozialen Reichtum, den keine andere Einrichtung ersetzen könne. „Die Familie ist das nächstgelegene Krankenhaus, die erste Schule der Kinder, die unverzichtbare Bezugsgruppe für die jungen Menschen, das beste Heim für die alten Menschen.“
Knapp eine Million Menschen trotzten dem tropischen Klima mit 34 Grad Hitze und knapp 90 Prozent Luftfeuchtigkeit in Guayaquil. Die mit 2,5 Millionen Einwohnern größte Stadt Ecuadors liegt am Pazifik. Bergoglio kennt die Metropole seit langer Zeit; denn früher schickte er Studenten an das örtliche Jesuitenkolleg. Er war auch selbst schon zu Gast dort. Daher war er heute beim Mittagessen im Kolleg Javier zu Gast bei Freunden.
Absicht oder Zufall?
Am Ende seines Besuchs im Marienheiligtum von Guayaquil sagte Papst Franziskus heute Morgen mit einem Schmunzeln: „Ich werde Euch jetzt den Segen erteilen; aber er kostet nichts, nur eure Gebete“. Neben ihm stand der Ortsbischof, Antonio Arregui Yarza. Der hatte das Heiligtum 2009 bauen lassen. Arregui ist bekannt für seine Umtriebigkeit bei der Finanzierung des Heiligtums.