Papst: Personalpolitik und Gegenwind in Chile

Papst Franziskus hat heute den Chefposten in der Vatikanischen Bildungskongregation neu besetzt. Der bisherige oberste „Wirtschaftsprüfer“, Kardinal Giuseppe Versaldi (71), ist nun für die Bildung zuständig. Die Entscheidung ist nicht nur eine schlichte Personalie; sondern könnte auch für die anstehende Kurienreform ein Signal sein. Erstmals äußerte sich der Vatikan heute auch zur umstrittenen Bischofsernennung im chilenischen Bistum Osorno; allerdings nur kurz und knapp. Eine echte Unterstützung sieht anders aus. Zudem hat Papst Franziskus heute Kardinal Rainer-Maria Woelki zum Mitglied in der vatikanischen Güterverwaltung APSA ernannt. Der Erzbischof von Köln, einer der reichsten Diözesen der Welt, ist traditionell Mitglied dort.

Signal für Kurienreform?

Schon länger wurde darüber spekuliert, wer Kardinal Zenon Grocholweski (75) als Präfekt der Bildungskongregation nachfolgen wird. Der Pole hatte am 11. Oktober vergangenen Jahres die Pensionsgrenze von 75 Jahren erreicht. Wiederholt gab es Spekulationen, Papst Franziskus könnte den Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, ins Bildungsressort versetzen. Immerhin war Müller viele Jahre als Hochschullehrer aktiv, hätte also eine fachliche Kompetenz mitgebracht.

Zuletzt gab es Gerüchte, im Rahmen der anstehenden Kurienreform könnte es zu einer Fusion aus Bildungskongregation und Päpstlichem Kulturrat kommen. Als Chef des neuen Megaministeriums hätte dann der amtierende Kulturminister Kardinal Gianfranco Ravasi (72) in den Startlöchern gestanden. Der Italiener hatte vor einigen Wochen ein solches Fusionsmodell in der Presse ventiliert. Daraus wird vorerst nichts; zumindest nicht unter der Führung Ravasis. Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es das Mega-Bildungsministerium unter der Führung von Kardinal Versaldi und Ravasi muss sich einen neuen Job suchen. Oder die Kultur bleibt weiter eigenständig und erhält noch einige Aufgaben hinzu. Ravasi „wildert“ bereits seit langer Zeit in den Zuständigkeitsbereichen anderer Dikasterien etwa der Räte für die Medien oder die Laien.

Folgt bald Fusion von Räten?

Gestern hatte Papst Franziskus übrigens die Chefs der Päpstlichen Räte für Laien, Kardinal Stanislaw Rylko, und Familie, Erzbischof Vincenzo Paglia, in Audienz empfangen. Die beiden Räte sollen fusioniert werden. Ob das Thema der Gespräche war ist nicht bekannt. Vielleicht will man im Vatikan die nächste Teiletappe der Kurienreform auch besser vorbereiten, als das im vergangenen Jahr bei den Finanzen der Fall war. Da hatte Papst Franziskus im Februar 2014 das neue Wirtschaftssekretariat und den Wirtschaftsrat eingerichtet, die dann ein Jahr lang ohne Statuten arbeiteten und es hinter den Kulissen zu Kompetenzgezerre kam.

Einer der Verlierer dabei war die Wirtschaftspräfektur, die Kardinal Versaldi bisher leitete. Viele der Aufgaben sind an das neue Wirtschaftssekretariat unter Leitung von Kardinal George Pell übergegangen. Versaldi war zum Schluss quasi ein Chef ohne Behörde. Jetzt ist er unter anderem für die katholischen Universitäten, Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen zuständig.

Vatikanerklärung zu umstrittenem Bischof in Chile

In Chile hat Franziskus ein Problem. Mitte Januar hatte er den ehemaligen Militärbischof Juan de la Cruz Barros Madrid zum neuen Bischof von Osorno berufen. Kritiker werfen Barros vor, dass er als junger Priester Augenzeuge von sexuellen Übergriffen eines mittlerweile vom Vatikan verurteilten Priesters gewesen sei und den Missbrauchstäter gedeckt habe. Barros widerspricht dieser Darstellung.

Seine Bischofsweihe vor einer Woche konnte wegen des Protests vieler Gläubigen nur unter Polizeischutz stattfinden. 51 Politiker sowie mehr als 1000 Gläubige hatten in Briefen an Papst Franziskus gefordert, die Ernennung rückgängig zu machen. In der vergangenen Woche kritisierten auch Mitglieder der vom Papst eingesetzten vatikanischen Kinderschutzkommission die Ernennung. Marie Collins, selbst Missbrauchsopfer und Mitglied der Kommission, erklärte gegenüber US-Medien, sie sei sehr überrascht über die Ernennung Barros, „denn sie scheint genau dem entgegenzustehen, was der Heilige Vater gesagt hat, dass er niemand in der Kirche in einer Vertrauensstellung wolle, der nicht unzweifelhaft 100 Prozent für Kinderschutz stehe“.

Die Vatikanerklärung heute fällt auffallend kurz aus. In den zwei Zeilen steht nur, dass die Bischofskongregation vor der Ernennung Barros die Personalie aufmerksam studiert habe und „keine objektiven Gründe gefunden habe, die einer Ernennung entgegenstanden“. Das klingt jetzt nicht gerade nach einer überzeugten Rückendeckung für Barros. Allerdings scheint der Papst auch noch nicht bereit, Konsequenzen zu ziehen. Der Fall schlägt mittlerweile weit über die Grenzen Chiles hinaus Wellen. Aussitzen wird Franziskus ihn nicht können. Er muss handeln.

P.S. Vergangene Woche hatte sich Papst Franziskus eine Auszeit genommen, um letzte Hand an die Ökologienezyklika zu legen. Die ist nun weitestgehend fertig und dürfte termingerecht vor der Sommerpause veröffentlicht werden.

P.P.S. Der Vatikan hat grünes Licht gegeben für den Start des Seligsprechungsprozesses von Dom Helder Camara. Das wurde jetzt in Rom bekannt. Nach der Seligsprechung von Erzbischof Oscar Romero, die am 23. Mai stattfinden wird, ist das „Go“ für den brasilianischen Bischof ein weiteres wichtiges Signal für die Kirche in Lateinamerika.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.