Halbzeit bei der Synode
Die erste Woche der Sondersynode zu Ehe und Familie ist vorbei. Alle Synodenväter haben ihre Vorträge gehalten. Heute Morgen waren die sogenannten „Auditores“ an der Reihe, am Nachmittag die Delegierten der anderen christlichen Kirchen, die als Gäste teilnehmen. Die Woche hat viele Fragen gebracht; die Antworten fehlen noch. Vatikansprecher Federico Lombardi wies beim täglichen Briefing darauf hin, dass die eigentliche Debatte in den Sprachgruppen stattfindet. Damit könnte die zweite Woche etwas spannender werden als die erste. Schließlich soll am Ende neben einer Botschaft auch ein Dokument stehen, das als Grundlage für die weitere Diskussion über die Herausforderungen von Ehe und Familie stehen soll.
Arbeit in Sprachzirkeln beginnt
Am Wochenende haben die Synodenteilnehmer erst einmal frei. Ab Montag geht dann die Arbeit in der Sprachzirkeln richtig los. Die wählen ihre Themen frei, über die diskutiert wird. Erstmals gibt es keinen lateinischen Sprachzirkel. Auch eine deutschsprachige Arbeitsgruppe gibt es dieses Mal nicht. Das war bisher eigentlich meist der Fall, von den Kontinentalsynoden zu Afrika, Asien und Amerika rund um das Jahr 2000 abgesehen. Früher sprachen viele Bischöfe und Kardinäle aus dem Ostblock Deutsch. Daher lohnte sich ein eigener deutscher Sprachzirkel. In der jüngeren Bischofsgeneration ist Englisch und Italienisch angesagt, so dass bei den Synoden das Deutsche mehr und mehr verdrängt wird. Die 250 Mitglieder der Synode teilen sich dieses Mal auf in je drei Sprachzirkel auf Englisch und Italienisch sowie je zwei in Französisch und Italienisch.
Am Ende der ersten Woche lässt sich sagen, was bereits in der Umfrage deutlich wurde und im Instrumentum laboris: Die Herausforderungen sind vielfältig. Einige sind eher kontinental wie etwa die Polygamie, die Auswirkungen von Kriegen, Epidemien wie Ebola und HIV, die Armut und Naturkatastrophen oder das Fehlen von Frauenrechten. Andere sind eher weltweit präsent. Dazu gehören der zunehmende Druck auf die Familien durch die wirtschaftliche Globalisierung mit Arbeitsmigration und niedrigen Einkommen, aber auch Abtreibung, Euthanasie und der Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gehören dazu.
Noch lange keine Entscheidungen
Das Thema wiederverheiratete Geschiedene ist auch ein eher globales. Hier zeichnen sich die bereits mehrfach diese Woche angeführten Positionen ab, die Vatikansprecher Federico Lombardi heute Mittag so zusammenfasste: Einerseits gibt es die Treue zu Jesu Worten ohne Kompromisse, andererseits die Treue zu Jesu Worte mit einer differenzierenden Unterscheidung („discernimento“). Je nachdem mit Vertretern welcher Seite von den Synodenvätern man spricht , sehen sie jeweils ihre in der Mehrheit. Wobei in meiner Wahrnehmung, die zweite Gruppe doch einen zahlenmäßigen Vorteil haben dürfte. Allerdings gibt es in der Synode nichts zu entscheiden. Zudem verwahren sich die Synodalen im Gespräch, von Parteienbildung zu sprechen. Auch wenn man wohl in den Pausen dann doch hin und wieder eine erstaunte Äußerung erhaschen kann: „Ich habe gar nicht gewusst, dass dieser oder jener auch auf unserer Seite ist.“
Die zweiwöchige Versammlung ist eine Etappe auf dem synodalen Weg, der im nächsten Herbst mit der Synode nach bisherigem Stand seinen Höhepunkt hat. Vermutlich ist die Diskussion deshalb in diesen Tagen zwar klar und ernst, dabei aber doch auch entspannt. Denn die Synodenväter wissen, es liegt noch ein langer Weg vor ihnen, bevor der Papst dann Entscheidungen fällt. Das schließt nicht aus, dass auch der eine oder andere Synodenvater mit etwas aufbrausender Stimme sprach und der sonst übliche Applaus nach den Wortmeldungen aus Missbilligung oder vor Schreck ausblieb. Franziskus hat sich übrigens in dieser Woche ganz aus der Debatte herausgehalten. Er hat an allen Sitzungen teilgenommen, außer Mittwochvormittag, da war die wöchentliche Generalaudienz. Er hört zu und macht sich Notizen. In den Pausen spricht er weniger mit den „Großkopferten“, sondern mit Bischöfen aus den entlegeneren Gegenden der Welt, mit den Laienvertretern sowie dem Personal, das Kaffee, Tee und Saft reicht zusammen mit typisch italienischem süßem Gebäck.
Weg der Buße als Lösung?
Zum Schluss noch einige inhaltliche Aspekte, die nach Informationen des Vatikans in den letzten Vorträgen und der freien Debatte am Donnerstagnachmittag vorkamen. Demnach wurde mehrfach über einen möglichen „Weg der Buße/Umkehr“ für wiederverheiratete Geschiedene gesprochen. Es gab die Forderung, dass mehr Laien an den kirchlichen Ehegerichten als Richter eingesetzt werden sollen, vor allem auch Frauen. Es wurde über die Schwierigkeit des Zueinanders und der Abgrenzung der geistlichen und der sakramentalen Kommunion gesprochen. Oft wird ja etwa den wiederverheirateten Geschiedenen die geistliche Kommunion empfohlen. Kardinäle geben im persönlichen Gespräch zu bedenken: Wenn man davon ausgehe, dass auch in der geistlichen Kommunion Christus voll gegenwärtig ist, warum verweigere ich dann die Eucharistie? Einige afrikanische Bischöfe beklagten noch einmal der Druck durch internationale Geldgeber, bestimmte Familienplanungsprogramme oder Geburtsregelungsprogramme umzusetzen. „Wir sind keine Kolonien mehr!“ In diesem Kontext wurde am Donnerstagmittag mehrfach auch auf die Enzyklika Humanae vitae von Papst Paul VI. verwiesen unter anderem auf die dort propagierten natürlichen Methoden der Empfängnisregelung.
Jetzt ist es am Generalrelator, Kardinal Peter Erdö, die Beiträge der ersten Woche zusammenzufassen. Am Montagmorgen wird er seinen Zwischenbericht, die Relatio post disceptationem, vortragen, der dann Grundlage für die Arbeit in den Sprachzirkeln ist. Insgesamt haben 180 Synodenväter ein Statement abgegeben. Dazu kamen 80 Wortmeldungen im Rahmen der einstündigen freien Diskussion am Ende jedes Tages. Nach den Informationsblättern, die wir vom vatikanischen Presseamt bekommen haben, waren es insgesamt 241 Wortbeiträge. Davon entfielen auf Lateinamerika 38, Nordamerika 7, Asien 34, Afrika 38, Europa 78 und die Kurie 42.