Kommt die Wahrheit ans Licht?

Skandal im Apostolischen Palast

Spektakulärer Prozess im Vatikan. Am ersten Tag des Vatileaks-Prozesses gegen den ehemaligen Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, gab es allerdings keine Sensationen. Das könnte sich am kommenden Dienstag ändern. Dann sagen die ersten Zeugen aus. Neben sechs Gendarmen der Vatikanpolizei wurden auch der Privatsekretär des Papstes, Georg Gänswein, sowie eine Mitarbeiterin aus dem päpstlichen Haushalt als Zeugen benannt. Dass die Zeugenbefragungen allerdings Neuigkeiten bringen werden gegenüber den bisherigen Ermittlungen, ist kaum zu erwarten. Spannend dürften allerdings die Aussagen des Kammerdieners selbst werden. Bisher beteuerte er in den Vernehmungen stets, er habe alleine gehandelt. Bei einem anonymen TV-Auftritt Anfang des Jahres hatte er noch von rund 20 Gesinnungsgenossen im Vatikan gesprochen. Bleibt er bei seiner Version des Einzeltäters?

Eine Sache, die heute bekannt wurden, mutet übrigens etwas seltsam an. Der Antrag der Verteidigerin Gabrieles, den in der Wohnung des Angeklagten gefundenen Goldklumpen auf Fingerabdrücke zu untersuchen, wurde abgelehnt. Begründung: Er sei mittlerweile durch zu viele Hände gegangen. Das spricht nicht gerade für professionelle Ermittlungsmethoden.

Das wohl interessanteste Dokument darf im Prozess nicht verwendet werden: das Ergebnis der Untersuchung einer dreiköpfigen Kardinalskommission zum Vatileaks-Skandal. Die Würdenträger hatten dem Papst im Sommer ihre Ermittlungsergebnisse präsentiert. Seither sind sie unter Verschluss. Ein Antrag der Verteidigerin Gabrieles, das Dokument für den Prozess heranzuziehen, wurde mit der Begründung abgelehnt, dass kirchliches und weltliches Verfahren nicht vermischt werden dürften. Sollen so die wahren Hintergründe des Skandals vertuscht werden? Ein solcher Schluss scheint etwas voreilig, denn immerhin liegt es in der Macht des Papstes, nach Abschluss des Prozesses die Ergebnisse der Kardinalskommission zu veröffentlichen. Auch wenn in den vergangenen Tagen immer wieder betont wurde, dass das vatikanische Gericht unabhängig seine Arbeit verrichtet und sein Urteil fällt, scheint es am Ende doch so, dass allein Benedikt XVI. letzte Klarheit in den Skandal bringen kann. Einmal mehr ist Transparenz gefragt im kleinsten Staat der Welt, um der Wahrheit eine Chance zu geben.

Der Prozess könnte übrigens schnell vorüber sein. Der vorsitzende Richter erklärte heute, dass eventuell vier Verhandlungstage ausreichen. Das würde bedeuten, dass schon am nächsten Samstag Schluss sein könnte. Das wäre dann ein kurzer Prozess in einem der spektakulärsten juristischen Verfahren im Vatikan.

 

 



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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.