Mehr Geschwisterlichkeit für die eine Welt

Die Zukunft der Menschheit entscheidet sich jetzt. So könnte der eindringliche Appell von Papst Franziskus lauten, den er mit der Veröffentlichung seiner dritten Enzyklika unter dem Titel „Fratelli tutti – über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft“ verbindet. Nach „Lumen fidei – über den Glauben“ (2013) und „Laudato si – über die Sorge für das gemeinsame Haus“ (2015) widmet sich Franziskus nun dem großen Thema des friedlichen Miteinanders der Menschen. Man kann das aktuelle Lehrschreiben durchaus als eine Fortführung der letzten Enzyklika ansehen. Nur richtet sich dieses Mal der Blick explizit auf das Miteinander der Menschen untereinander. Ausführlich erläutert der Pontifex seine Idee von der Kultur des Dialogs und der Begegnung. Ermutigt und inspiriert wurde er von Franz von Assisi, aber offensichtlich auch von den Begegnungen mit dem Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmad Al-Tayyeb. Nach der Unterzeichnung des „Dokuments über die Brüderlichkeit aller Menschen“ in Abu Dhabi im Februar 2019 sieht Franziskus die Zeit gekommen, diesen Gedanken nun auch lehramtlich zu verorten.

Zur Unterzeichnung der Enzyklika war Franziskus gestern nach Assisi gereist. Er feierte am Grab des heiligen Franz einen Gottesdienst. (Quelle: VaticanMedia)

Diskussionen über Titel

Schon im Vorfeld gab es heftige Diskussionen über den Titel der neuen Enzyklika. „Fratelli tutti – Brüder alle“ – grenzt der Papst damit die Frauen aus? Sofort betonte der Vatikan, dass das selbstverständlich nicht der Fall sei. Der Titel ist den „Ammonizioni“ des heiligen Franz von Assisi entnommen. Dieser spreche damit sowohl Frauen als auch Männer an, erläutert der Kapuziner Nikolaus Kuster in einem langen Artikel der Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“. Der Untertitel der Enzyklika macht deutlich, dass es Franziskus um die Geschwisterlichkeit geht. Dennoch zeigt die Titelwahl einmal mehr, dass den Verantwortlichen im Vatikan eine Gender-Sensibilität fehlt. Das wurde bereits beim „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen“ deutlich, welches eine der Inspirationsquellen des aktuellen Textes ist. Schon damals hätte man auch im Titel die „Geschwisterlichkeit“ verankern können. Allerdings kennen viele Sprachen keinen eigenen Begriff dafür, darunter auch das Italienische, das nach wie vor die Leitsprache im Zentrum der katholischen Kirche ist.

Im neuen Lehrschreiben findet sich viel Bekanntes. Franziskus fasst hier noch einmal zentrale Gedanken der katholischen Soziallehre und seines Pontifikats zu sozialethischen Fragen zusammen. Der Papst bezeichnet das Papier als Sozialenzyklika. Letztendlich geht es aber um den Frieden – die Geschwisterlichkeit aller Menschen über soziale, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg. Der Papst will Brückenbauer sein und gibt in dem vorliegenden Dokument Anleitungen dazu, wie ein friedliches Miteinander gelingen kann. Grundvoraussetzung dafür ist ein radikaler Paradigmenwechsel in der Politik und im Umgang der Menschen untereinander. Nicht mehr die Wirtschaft und das Geld geben den Takt vor, sondern der unbedingte Wille, allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Nicht mehr Rache und Vergeltung bestimmen das Verhalten der Menschen, sondern Vergeben und Verzeihen.

Basis des Ganzen sind die unveräußerlichen Menschenrechte, die für alle garantiert werden müssen. Der Verstand, so Franziskus, könne Wahrheiten erkennen, die unveränderlich seien. Dazu zählt er die Menschenrechte. Dass diese nicht universal umgesetzt werden, kritisiert er. Ausführlich beschäftigt er sich mit den populistischen Tendenzen in Politik und Gesellschaft, mit der Verrohung in der Kommunikation. Der Papst will Abschottung und Selbstbezogenheit aufbrechen und Mauern einreißen statt aufbauen. Er kritisiert einen „radikalen Individualismus“ als „schwersten zu besiegenden Virus“ und wird zum Verfechter von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, die sich am Gemeinwohl aller orientieren müssten. Nur wenn jede und jeder zählt, machten Worte wie Freiheit, Demokratie und Geschwisterlichkeit Sinn.

Veränderung von unten

In Anlehnung an das Dokument von Abu Dhabi sieht er die Hauptursachen für die Krise der modernen Welt in einem „betäubten menschlichen Gewissen“ und „der Entfremdung von religiösen Werten sowie [der] Dominanz des Individualismus und materialistischer Philosophien“. Dem setzt er seine Gedanken von der „sozialen Liebe“ entgegen, die zu einer „Zivilisation der Liebe“ voranschreiten müsse. Dabei wird einmal mehr deutlich, dass Franziskus nicht nur auf die politisch Verantwortlichen setzt, sondern er baut auf eine Veränderung von unten. Zwar ruft er nicht zur Revolution auf, doch wiederholt hebt er die Bedeutung der Volksbewegungen hervor, deren Einsatz bis hin zu friedlichen Protesten er in der Vergangenheit schon wiederholt gewürdigt hatte.

„Wir dürfen nicht alles von denen erwarten, die uns regieren; das wäre infantil“, stellt Franziskus fest. „Große Veränderungen werden nicht an Schreibtischen oder in Büros fabriziert“, heißt es an einer anderen Stelle verbunden mit dem Hinweis, dass „in dem einen kreativen Plan ein jeder eine wesentliche Rolle [hat], um eine neue Seite der Geschichte zu schreiben, eine Seite voller Hoffnung, voller Frieden und voller Versöhnung“. Sehr ausführlich beschäftigt sich Franziskus übrigens mit den Fragen von Verzeihen und Versöhnen. Dass es ihm hier nicht um ein billiges „Ist schon gut!“ geht, wird deutlich. Gerechtigkeit und Erinnerung an das begangene Übel gehören für ihn wesentlich dazu. Er ist aber überzeugt, dass der Teufelskreis von Hass und Gewalt durchbrochen werden muss, um zu einer geschwisterlichen Zukunft kommen zu können.

Forderung nach „Kulturpakt“

Interessant ist, dass Franziskus neben einem „integrativen Sozialpakt“ auch die Notwendigkeit eines „Kulturpakts“ sieht, „der die unterschiedlichen Weltanschauungen, Kulturen oder Lebensstile, die in der Gesellschaft nebeneinander bestehen, respektiert und berücksichtigt. Denn immer wieder betont der Papst, dass Vielfalt ein Reichtum sei. „Es ist zwar wahr, dass die Unterschiede Konflikte hervorbringen, die Einförmigkeit jedoch erstickt und bewirkt, dass wir uns kulturell selbst vernichten.“ Mehrfach warnt er in dem Papier vor einer neuen „kulturellen Kolonisation“ und einer „Homogenisierung der Welt“. Globalisierung dürfe nicht Uniformität bedeuten. Der Papst kristisiert eine politische Kultur, die auf Polarisierung sowie Gewinn auf Kosten der Anderen hin orientiert ist und zeigt auf, was der Unterschied zwischen einem zu verurteilenden Populismus und einer das Volk integrierenden Politik ist.

Interessant sind zwei kompositorische Auffälligkeiten. An zentralen Stellen seiner Argumentation bezieht Franziskus sich auf seine Vorgänger. Die Brüderlichkeit und Geschwisterlichkeit etwa spielen in Benedikts XVI. „Caritas in veritate“ eine wichtige Rolle wie überhaupt die Beziehung der „Liebe zur Wahrheit“, die auch für Franziskus entscheidend ist. Von Johannes Paul II. übernimmt er nicht nur den Gedanken, dass „Gott die Welt dem ganzen Menschengeschlecht geschenkt [hat], ohne jemanden auszuschließen“, sondern auch die für die aktuelle Argumentation entscheidende Feststellung, dass „wenn es keine transzendente Wahrheit gibt, der gehorchend der Mensch zu seiner vollen Identität gelangt, […] es kein sicheres Prinzip [gibt], das gerechte Beziehungen zwischen den Menschen gewährleistet“. Auch Paul VI. wird wiederholt zitiert unter anderem mit der Rückbindung des privaten Eigentums an das Gemeinwohl. Als zweites fällt auf, dass Franziskus wie gewohnt Dokumente von Bischofskonferenzen zitiert. Allerdings macht er das offensichtlich nicht zufällig. Im Kontext der Friedenssuche zitiert Franziskus gerade die Länder, in denen Konflikte herrschen: Kongo, Kolumbien, Südkorea, Südafrika. Beim Thema Migration zieht er Dokumente der US-amerikanischen und mexikanischen Bischöfe heran.

Papst baut auf Macht der Worte

„Fratelli tutti“ ist ein Dokument, mit dem Franziskus jeden Menschen guten Willens in die Pflicht nimmt. Es mag nach einer träumerischen Sozialutopie klingen, doch am Ende wird sich nur etwas ändern, wenn an vielen Stellen einzelne und dann immer mehr sich zu einem veränderten Handeln und Lebensstil durchringen können. Die Enzyklika führt an vielen Stellen die Schatten der Gegenwart auf, doch der Grundduktus ist positiv und ermutigend, das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und an einer besseren Zukunft mitzuarbeiten. Mehr kann ein Papst nicht tun. Seine Macht sind die Worte und die Gesten.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

24 Kommentare

  • Novalis
    04.10.2020, 12:29 Uhr.

    Diese Zusammenfassung macht Geschmack, das Schreiben selber zu lesen; wenn ich mich an die schwer verdauliche Kost anderer Papstrundschreiben erinnere, dann bin ich schon gespannt, aus Franziskus‘ kluge Gedanken – und seinen Humor. Danke, Herr Erbacher!

    • Wanda
      04.10.2020, 18:12 Uhr.

      Inspiriert ua. vom Grossimam Ahmad Al-Tayyeb ? Dieser Grossimam der Al-Azahr-Universität hat noch 2002 die Ausweitung terroristische Selbstmordattentate als Lösung gegen Israel ausdrücklich gefordert und bis heute keine der Todesfatwas nachgeordneter Imame bzw. Rechtgelehrter gegen Islamkritiker als ungültig erklärt oder verboten. Bekannt auch seine brüske Absage am Ergebnis der Aufklärung, diese stehe über der Religion sondern Bekräftigung Volker Kauder gegenüber, dass die Religion im Islam über dem Staat stehe muss, d.h. die Trennung von Staat und Kirche/Religion existiert für ihn nicht. Im Jahr 2013 bekräftigte er offiziell die furchtbare Hierarchie Israels gegenüber Nichtjuden auf Mord, Sklaverei etc. weil es in deren Torah festgeschrieben sei. Das Bedenklichste jedoch an diesem „Bruder im Geiste“ von Franziskus: für Ahmad Al-Tayyeb gilt die „Kairoer OIC-Erklärung der Menschenrechte von 1990 nur unter dem Vorbehalt der Scharia“, d.h. der grösste Teil der Menschenrechte ist in den 57 islamischen OIC-Staaten ungültig. Fazit: Franziskus sollte sich seine Gesprächspartner etwas sorgfältiger aussuchen.

      • Jürgen Erbacher
        Jürgen Erbacher
        05.10.2020, 8:41 Uhr.

        Der Großimam hat mit Franziskus gemeinsam das Dokument von Abu Dhabi unterzeichnet. Das ist für Franziskus entscheidend. Für ihn ist das die Basis der Zusammenarbeit.

        • Wanda
          05.10.2020, 17:09 Uhr.

          Einspruch, Herr Erbacher:
          – Eine lediglich unterschriebene Absicht wiegt weniger als vollzogene Tatsachen, wie es berechtigt heisst. Vereinbarungen sind oft nicht das Papier wert auf dem sie geschrieben stehen: eine alte, bittere Erfahrung. Will noch hinzufügen: einem überlieferten Prophetenspruch zufolge wird jeder Mensch im Zustand der Fitra, d.h. als Moslem geboren. Danach erst machen ihn seine Eltern bzw. Erziehung zum Juden, Christen oder Andersgläubigen, woraus der Islam sein übersteigertes Sendungsbewusstsein ableitet. Von Toleranz keine Spur: aufgeklärte muslimische Schriftsteller und Publizisten, welche das beklagen und einfordern, werden als Abtrünnige mit dem Tode bedroht. Die dazu notwendige „religiöse“ Berechtigung, sogenannte Todesfatwas, werden ohne Zögern von Imamen als Freibrief ausgestellt. Wie der in DEU bekannte und selbst davon bedrohte ägyptische Publizist Hamed Abdel-Samad betonte „der Islam ist nur solange tolerant wie er sich in der Minderheit befindet.“

  • Maria
    04.10.2020, 13:48 Uhr.

    „Schon damals hätte man auch im Titel die „Geschwisterlichkeit“ verankern können. Allerdings kennen viele Sprachen keinen eigenen Begriff dafür, darunter auch das Italienische, das nach wie vor die Leitsprache im Zentrum der katholischen Kirche ist.“
    Die Frage stellt sich für mich, wie ich ein Wort in einen (italienischen) Text aufnehmen kann, das es in der Sprache nicht gibt.
    Die Diskussionen um den Titel gingen mir gehörig auf die Nerven: da wurden reihenweise Artikel allein auf der Basis von Vermutungen verfasst, wer mit der Enzyklika angesprochen werden könnte bzw. nicht, getoppt von der Forderung eines Frauenverbandes, der Titel solle geändert werden. Wann kommt die Forderung nach einer Änderung der Europahymne? Da heißt es schließlich: „alle Menschen werden Brüder“. Der Text musste sich nicht mit Übersetzungsproblemen auseinander setzen – Schiller war Deutscher.

    • Novalis
      04.10.2020, 15:24 Uhr.

      Ein kleiner Hinweis: Die Europahymne ist eine Hymne ohne Text. Zwar wurde die Melodie von Beethovens Vertonung der Ode an die Freude genommen, aber nicht der Text, weil man keiner europäischen Sprache einen Vorzug geben wollte. Das halte ich zwar für merkwürdig, schließlich war Schiller Ehrenbürger der französischen Republik und wahrhaft ein Kosmopolit, aber gut.

  • Novalis
    04.10.2020, 15:56 Uhr.

    „»Fratelli tutti« schrieb der heilige Franz von Assisi und wandte sich damit an alle Brüder und Schwestern, um ihnen eine dem Evangelium gemäße Lebensweise darzulegen.“
    Und für diesen Satz, der im Grunde gendersensibel ohne Ende ist, ist unser Franz gescholten worden. Naja, das sind dieselben Leute, die entsetzt sind, dass in der Bibel der Satz steht „Es gibt keinen Gott“.

  • Wanda
    04.10.2020, 16:58 Uhr.

    Apropos Geschwisterlichkeit: da gibt es eine bezeichnende Stelle aus dem NT bei Mattthäus 23, 8-10, der zufolge Jeus seine Jünger ausdrücklich ermahnte: „Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn EINER ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder. Und ihr sollt niemand euren Vater (Pater, Padre, Frate, Papa/Papst) heissen auf Erden; denn EINER ist euer Vater, der im Himmel ist. Und ihr sollt euch nicht lassen Lehrer nennen; denn EINER ist euer Lehrer, Christus.“ – Eigentlich unmissverständlich, wie hier dem Klerus und seiner Hierarchie nicht nur eine Absage sondern Verzicht auf diese Sonderstellung auferlegt wird. Mir fällt immer wieder auf, dass jene Texte des NT, welche dem Klerus, dem ganzen schwülstigen Brimborium, selbsterfundenen Regelwerk und den Ankrustungen klar zuwider laufen, vom Kirchenadel der Amtskirche ignoriert werden, als ob sie nicht existierten. Eine absolut selektive Sicht auf das Neue Testament, die sich nur das herauspickt, was den eigenen Status nicht gefährdet.

    • Novalis
      04.10.2020, 18:30 Uhr.

      Dem kann man nur zustimmen – und noch dazu aufführen: Keine Eide leisten (wenn man Bischof wird, hat man in der Regel mindestens drei Eide hintersich), keine Lüsternheit (gehen Sie mal in ein Priesterseminar mit der sexuell hochaufgeladenen Atmosphäre). So sind sie, die meisten Kleriker: Wasser predigen, Wein saufen.

      • ZufälligerGastleser
        05.10.2020, 20:04 Uhr.

        Sehr geehrter Kommentator, welche Priesterseminare kennen Sie denn, – viele? Ohne ins Detail zu gehen, woran machen Sie das fest? „Sexuell hochaufgeladene Atmosphäre“, so etwas schreibt sich leicht, ist diffus und unbestimmt, und kann bzw. braucht nicht belegt zu werden. Kann nur auf Ehre und Gewissen dagegen sagen, daß ich selbst etliche, oder besser einige Konvente kennengelernt habe, wo von dergleichen nicht das allergeringste zu merken war. Auch nicht zu hören, und ich bin durchaus klatschaffin. „Sexuell hochaufgeladene Atmosphäre“(n) habe ich übrigens in keinen zeitgenössischen Kontexten meiner Lebenswelt je bemerkt, nicht mal in ausserkatholischen, geschweige denn katholischen. Das sind so Anwürfe. Erinnert mich an das „hoch“elaboriert fragwürdige, in mancher Hinsicht verdächtige Machwerk von Frederic Martel, mit zahllosen unbelegten Kreuz- und Querverdächtigungen. Oder den von den Nazis propagandistisch gegen die katholische Kirche forcierten „Pfaffenspiegel“ des Otto von Corvin.

        • Alberto Knox
          06.10.2020, 14:02 Uhr.

          o, da muss ich mich einbringen. sechs seminare, viel alkohol, viel sex, mit frauen von außerhalb, aber auch untereinander. in einem deutschen seminar hatte sogar der ehemalige generalvikar hausverbot. masturbation an der tagesordnung. st. pölten mit seinen bubenstreichen ist wahrlich kein einzelfall.
          mich wundert nicht, dass niemand mit ihnen klartext reden wollte, wenn sie klatschaffin sind.
          warum sollte es in einem internatsstudentenwohnheim von anfangszwanzigern auch nur den hauch anders zugehen als in jedem anderen studentischen wohnheim?

      • Wanda
        07.10.2020, 19:33 Uhr.

        @Novalis 04.10. 18:30
        @Alberto Knox 06.10. 14:02
        – Der heutige Aufmacher-Artikel in der FAZ über den Missbrauch im Bistum Mainz unter der Headline „Bischof erschüttert über den schrecklichen Abgrund“, gibt Ihnen beiden leider Recht. Wann hört das auf ?

        • Alberto Knox
          13.10.2020, 10:08 Uhr.

          @wanda ich weiß jetzt nicht, was der häufige sex von zölibatären mit erwachsenen aller geschlechter mit pädophilie zu tun hat.

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      05.10.2020, 8:40 Uhr.

      Wenn man den Gottesdienst von Papst Franziskus am Samstag in Assisi sieht, war da nicht mehr viel von Prunk und Hierarchie. Nicht einmal der Päpstliche Zeremmonienmeister war anwesend, ein Dutzend Franziskanerbrüder und -schwestern. Vielleicht wirkt Corona auch hier als Beschleuniger.

      • Maria
        05.10.2020, 17:10 Uhr.

        Ob Corona als Beschleuniger wirkt? Hier im Blog gab es am Beginn der Amtszeit von P. Franziskus von Ihnen einen Artikel mit der Überschrift: Es bleibt schlicht.
        Diese Aussage hat sich doch über all die Jahre bestätigt. Besonders deutlich wird es, wenn man Bilder der (immer barocker gewordenen) Auftritte von P. Benedikt am Ende seines Pontifikats sieht.

      • Distanz
        05.10.2020, 19:24 Uhr.

        Da hebt sich Franziskus in der Tat erheblich von „Benedikt dem Prächtigen“ ab.

  • ZufälligerGastleser
    05.10.2020, 19:25 Uhr.

    Bleibt zu Hoffen, daß die Gedanken der Enzyklika nicht nur einseitig und einlinig aufgegriffen werden. Abzuwarten, welche und ob überhaupt es eine Resonanz auf Stellen, wie die folgenden, geben wird: Etwa 13., wo nachdrücklich der „Verlust des Geschichtsbewußtseins“ beklagt wird. “ Man nimmt das Vordringen einer Art von „Dekonstruktivismus“ in der Kultur wahr, bei dem die menschliche Freiheit vorgibt, alles von Neuem aufzubauen.“ Diesen „Dekonstruktivismus“ gibt es leider ja auch im kirchlichen Zeitgeist. Art. 14 dann spricht von der „geistlichen Physiognomie der Völker“ , greift sogar den bildhaft richtigen Gedanken der Volks- , bzw. Völkerseelen auf. Auch die in Art. 51 konstatierte „Verachtung der eigenen kulturellen Identität“ gibt es in der Kirche gegenüber der modernen Welt genauso. Oder was gegenüber falschem, abstrakten und autoriären Universalismus und die „fröhliche Oberflächlichkeit“ gesagt wird. Auch 129., gegen eine selbstzweckhaft identitätszerstörende Migration, wird manchen stören: „Ideal wäre es, wenn unnötige Migration vermieden werden könnte, und das kann erreicht werden, indem man in den Herkunftsländern die Bedingungen für ein Leben in Würde und Wachstum schafft, so dass jeder die Chance auf eine ganzheitliche Entwicklung hat.“Oder 134. “ Die verschiedenen Kulturen, die im Laufe der Jahrhunderte ihren Reichtum hervorgebracht haben, müssen bewahrt werden, damit die Welt nicht verarmt“. Zu diesem Reichtum, ja dieses böse Wort steht da, gehört doch wohl auch die Kultur des abendländischen Kirchentums mit ihren von manchen als „Prunk“ diffamierten Zeremonien. Und Hierarchien, über den Begriff lese man die Schriften des Hl. Dionysius, deren irdische Darstellungsformen manche sich nun wegcoronaisiert wünschen. Und 143., auch das steht da: „Eine Offenheit, die ihr Wertvollstes preisgibt, ist nicht die Lösung. So wie es ohne persönliche Identität keinen Dialog mit anderen gibt, so gibt es auch keine Offenheit zwischen den Völkern ohne die Liebe zum eigenen Land und seinen Menschen sowie zu ihren jeweiligen kulturellen Eigenheiten.“ Oder auch 145. möge man sich zu Herzen nehmen: „Es gibt eine falsche Offenheit für das Universale, die von der leeren Oberflächlichkeit derjenigen herrührt, die nicht in der Lage sind, ihr eigenes Heimatland wirklich zu verstehen, oder von denen, die einen nicht überwundenen Groll gegen ihr eigenes Volk hegen.“ Hört, hört! Oder zur Diffamierungsvokabel „Populismus“, 156. „In den letzten Jahren hat der Ausdruck „Populismus“ oder „populistisch“ die Kommunikationsmittel und die Sprache insgesamt erobert. Damit verliert er den Wert, den er haben könnte, und wird zu einer der Polaritäten der gespaltenen Gesellschaft. Dies geht soweit, alle Personen, Gruppen, Gesellschaften und Regierungen ausgehend von einer Schwarz-Weiß-Einteilung klassifizieren zu wollen: „populistisch“ oder „nicht populistisch“. Niemand kann sich mehr zu irgendeinem Thema äußern, ohne dass versucht wird, ihn einem dieser beiden Pole zuzuordnen, entweder um ihn ungerechterweise zu diskreditieren oder um ihn auf übertriebene Weise zu verherrlichen.“ 157. rekuriert auf die „Legitimität des Volksbegriffs“. 158, sogar auf die „mythische“ Wirklichkeit des Volkes.“Das Wort „Volk“ hat noch etwas an sich, das man nicht logisch erklären kann.“, hört die mediale Klasse sicher auch nicht gern. Genauso die Kritik der individualistischen Liberalen 163.: „Sie sprechen von der Achtung der Freiheit, aber ohne die Wurzel eines gemeinsamen sprachlichen Hintergrunds.“

    • Wanda
      07.10.2020, 1:57 Uhr.

      @ZufälligerGastleser 05.10. 19:25
      – Apropos „selbstzweckhaft identitätszerstörende Migration“… Wann endlich weisen Deutschland und die EU all diese dummen Vorwürfe als migrationsfeindlich zurück und klagen vor der UNO an: 1. die (meist) muslimischen Länder als Hauptverursacher der Fluchtbewegungen mit ihren Bruderkriegen und gewaltsamen Konfessionskonflikten sowie die brutalen Agressionen gegen kleinere Glaubensgemeinschaften (z.B. Jesiden) und fordern 2. dass die immens reichen muslimischen Golfländer und asiatischen Sultanate ihre flüchtenden Glaubensbrüder aufnehmen und entsprechend unterbringen. Damit blieben die Migranten in einer ihnen religiös und brauchtumsmässig vertrauten Welt und Konflikte wären auf ein Minimum reduziert, sollte man meinen. Stattdessen lässt man sich in Europa und vor allem Deutschland von der sogenannten 3. Welt vorführen und von den Befürwortern und Bärchenwerfern im eigenen Lande die A….karte zeigen ohne sich zu wehren. Wohlgemerkt: bin keineswegs gegen die zeitlich begrenzte Aufnahme und Schutz politisch Verfolgter, die um ihr Leben bangen müssen. Dabei stellt sich mir allerdings die ketzerische Frage: sollten wir z.B. ganz BELARUS Asyl bieten ?

      • Jürgen Erbacher
        Jürgen Erbacher
        07.10.2020, 17:35 Uhr.

        Allein der Libanon hat über eine Million Syrer und Palästinenser aufgenommen, bei einer Einwohnerzahl von 6,2 Millionen.

        • Wanda
          07.10.2020, 19:18 Uhr.

          Herr Erbacher 07.10. 17:35
          – Aufgenommen ? Nicht freiwillig. Vielleicht sollte man besser sagen unter Zwang der Hisbollah und der militanten Palästinenser, die den Libanon freiweg als ihre Basis für Angriffe gegen Israel missbrauchen und das libanesische Militär hat nicht die geringste Chance als Ordnungsmacht dies zu unterbinden. Die grossen arabischen Nachbarn inklusive Ägypten haben alle aus gutem Grunde die Palaestinenser als Flüchtlinge abgelehnt und aus den Vorgängen in Jordanien gelernt, nachdem diese dort den Staatsstreich versuchten und es fast schafften, wenn nicht die königstreue Beduinengarde König Husseins im letzten Moment in den Lagern gegen die schwer bewaffneten PLO-Kämpfer eingeschritten wäre. Das hat den Staat Jordanien gerettet. Der Libanon ist allerdings weit schwächer und muss die „Flüchtlinge“ dulden ob er will oder nicht, während sich die grossen arabischen Nachbarn davor hüten. Das ist die ungeschminkte Situation.

        • Silberdistel
          08.10.2020, 17:51 Uhr.

          Der Libanon, einst die „Schweiz des nahen Ostens“ (nebenbei erwähnt, ehem. christlich geprägt), steht symbolhaft für den Ausspruch von Peter Scholl-Latour: „„Wer halb Kalkutta aufnimmt, hilft nicht etwa Kalkutta, sondern wird selbst zu Kalkutta!“. Und damit für das Versagen recht egozentrischer, s.g. ´Gutmenschen´, – deren Weg allerdings von ihren zahlreichen Opfern gekennzeichnet wird.

          • Wanda
            12.10.2020, 15:55 Uhr.

            @Silberdistel 08.10. 17:51
            – Absolut zutreffend. Mehr Realismus ist gefragt und vor allem der Mut auch einmal die Verursacher der Zustände, die so oft mit den Machthabern im eigenen Lande identisch sind, klar und deutlich zu benennen. Da wird politisch und von den Gutmenschen viel zu viel falsche Rücksicht genommen oder schlichtweg gelogen. Und genau da liegt das Problem.

  • Silberdistel
    06.10.2020, 10:36 Uhr.

    Unzweifelhaft richtig und in den ewigen Wirren der Welt pädagogisch wertvoll, die Aussage der headline.
    Nur welche Glaubhaftigkeit wohnt in dem dermaßen formulierten Anspruch vs. der real existierenden Wirklichkeit? Zur Authenzität gehört die Vorbildfunktion. D.h. wie erfüllt sich der eigene Anspruch im alltäglich vollzogenen Leben?
    Der Papst könnte hier seine wirkliche Größe zeigen und mit einem Federstreich das unsägliche, jahrhundertelange Schisma der Christen zuerst einmal untereinander beenden, indem die Ökumene nicht länger nur aus Absichtserklärungen besteht. Wer dem Christus huldigt, seinen namen führt, der ist auf dem Weg zum durch Ihn verheißenen ´Neuen Menschen´. Punkt. Und solche Wege können ja, oder müssen (!) durchaus verschieden sein, wie es die Wohnungen derjenigen ebenfalls sein können (Sinngem. Joh. 14,2). Doch anscheinend geht eher ein Kamel durch ein Nadelöhr….

    • Wanda
      08.10.2020, 2:26 Uhr.

      @Silberdistel 06.10. 10:36
      – In der Tat: zum Vorschlag der deutschen Bischöfe mit ihrem ökumenischen Papier des gemeinsamen Abendmahls mit den Protestanten wird die scharfe Missbilligung des Vatikan als „Theologie an der kurzen Leine der Kirchenpolitik“ beurteilt. Beachtliche und recht gründliche Ausleuchtung der Sachlage durch Reinhard Bingener. Lesenswert…

Kommentare geschlossen

Dieser Beitrag kann nicht länger kommentiert werden.