Papst gegen Sklaverei und Menschenhandel

Es ist eines der zentralen Themen des Pontifikats: der Kampf gegen moderne Sklaverei und Menschenhandel. Der Vatikan startet auf Wunsch von Franziskus immer wieder neue Initiativen, um für das Thema zu sensibilisieren und Koalitionen zu schmieden. Jüngstes Beispiel das Treffen von Richtern, Staatsanwälten und Juristen aus aller Welt gestern und heute im Vatikan. Franziskus verurteilte bei dieser Gelegenheit die Todesstrafe scharf und bezeichnete Menschenhandel, moderne Sklaverei, Organhandel und organisierte Kriminalität als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Zugleich mahnte er, jeder Verbrecher habe einen Anspruch auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft. „Ein Strafe um ihrer selbst willen, die keine Chance auf Hoffnung gibt, ist Folter: Sie ist keine Strafe!“

Bereits dritte Konferenz zum Thema

Bereits zum dritten Mal hat die Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften zu einem Treffen dieser Art eingeladen. Im Dezember 2014 trafen sich Vertreter verschiedener Religionen, im Juli 2015 Vertreter von großen Städten aus aller Welt. Jetzt waren es die Juristen. Parallel dazu wurde im April 2014 die Santa Marta Group internationaler Polizeibehörden gegründet. Auch hier geht es um die Frage, wie heute Menschenhandel, Zwangsprostitution und moderne Sklaverei bekämpft werden können. Während bei der Santa Marta Group auch das Bundeskriminalamt mitarbeitet, war zumindest auf der offiziellen Teilnehmerliste des aktuellen Juristentreffens kein Vertreter aus Deutschland auszumachen. Das überrascht, ist die Bundesrepublik bei den behandelten Themen keine Insel der Glückseligen. Menschenunwürdige Zustände etwa im Bereich des fleischproduzierenden Gewerbes, in einigen Bereichen der Gastronomie, Zwangsprostitution und Menschenhandel gibt es auch bei uns. Aus diesem Grund nehmen zumindest die BKA-Vertreter die Initiativen der Santa Marta Group sehr ernst und beteiligen sich aktiv an deren Arbeit.

Aber ist das, was die SMG und die Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften macht, wirklich Aufgabe der Kirche? Klar, sagte Papst Franziskus gestern Abend. Die Politik, so Franziskus mit Verweis auf seinen Vorgänger Paul VI., sei eine der höchsten Formen der Liebe und Nächstenliebe. Zudem müsse sich die Kirche für die Menschen engagieren und zwar besonders da, wo es um die Plagen und dramatischen Leiden gehe, wo Werte, Ethik, Sozialwissenschaften und der Glaube berührt werden. Eine Akademie, so Franziskus dürfe sich dabei nicht nur mit Theorie beschäftigen, sondern die Arbeit dort müsse immer „Wurzeln im Konkreten“ haben. Sonst bestehe die Gefahr, dass sich die Reflektion „verflüssige“, ja letztendlich „verdampfe“ und nichts passiere. Das erinnert ein wenig an die Aussagen von Franziskus, wenn es um die Frage von Theorie und Praxis in der theologischen Reflektion geht.

Nein zur Todesstrafe

Interessant ist, dass Franziskus beim Thema Todesstrafe deutlich sagt, dass hier frühere kirchliche Positionen keine Gültigkeit mehr hätten. Im Mittelalter habe man die Legitimität der Todesstrafe damit begründet, dass man den Todeskandidaten „Gott anvertraue“. „Die Zeiten haben sich geändert. Wir können nicht so weitergehen“, stellte Franziskus dazu fest. Besorgt zeigte sich der Papst, dass Richter, Staatsanwälte und Juristen heute immer größerem Druck ausgesetzt seien. „Ich weiß, heute Richter oder Staatsanwalt zu sein, bedeutet, das eigene Leben zu riskieren.“ Einen kleinen Seitenhieb konnte sich Franziskus in seiner Rede nicht verkneifen. Er freue sich, dass viele der beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschafter sich das Anliegen des Kampfes gegen Menschenhandel und moderne Sklaverei zu Eigen gemacht hätten. „Die Botschafter, die bisher nicht die Notwendigkeit erkannt haben oder die ihre Hände [in Unschuld] gewaschen haben oder die dachten, das sei nicht so wichtig, erwarten wir beim nächsten Treffen.“

Interessant war eine kleine spontane Bemerkung von Franziskus im Zusammenhang mit der Frage, welche Sinn Strafen und Gefängnisse haben. Er habe bei seinen Besuchen in Gefängnissen wiederholt festgestellt, dass Gefängnisse, die von Frauen geleitet werden, besser laufen würden als die, die von Männern geleitet werden. Das sei kein Feminismus, so Franziskus. Die Frau habe „ein besonderes Gespür“ für das Thema der Wiedereingliederung. „Manche sehen die Wurzel dafür in der Mutterschaft.“

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

12 Kommentare

  • Silvia
    04.06.2016, 19:26 Uhr.

    Vielleicht sollte der Papst mal die römisch – katholische Ordensschwester Lea Ackermann und die syrisch – orthodoxe Ordensschwester Hatune Dogan einladen und zu Wort kommen lassen.

    Lea Ackermann kämpft gegen die (Zwangs)prostitution und hilft den Frauen, die aussteigen wollen. Ihre Organisation heißt Solwodi.

    Hatune Dogan kümmert sich u.a. um Frauen – jesidische, christliche und anderer Religionen- die beim IS Sexsklavinnen waren und entkommen konnten, darunter auch kleine Mädchen im Vorschulalter.

    Beide Ordensfrauen haben meine größte Hochachtung, u.a., weil sie nicht nur reden sondern handeln.

    Der Ministerpräsident von Baden – Württemberg hat eine bestimmte Anzahl (wieviele, weiß ich nicht) ehemaliger, jesidischer Sexsklavinnen des IS hierher geholt, um die Frauen an geschützten, unbekannten Orten von Traumatherapeuten behandeln zu lassen. An unbekannten Orten deswegen, damit die Frauen nicht von ihren ehemaligen Peinigern aufgespürt werden können.

    Dieses Projekt empfehle ich dem reichen Vatikan zur Nachahmung.

  • Silberdistel
    04.06.2016, 21:32 Uhr.

    Na wer hat´s erfunden… – die Sklaverei und die Leibeigenschaft??
    Papst Nikolaus V. legitimierte in seiner Bulle „Divino amore communiti“ vom 18. Juni 1452 die Sklaverei. Danach brauchte kein Christ, Fürstbischof und kein Kloster mehr Hemmungen zu haben sich am „Humankapital“ zu bedienen, das wegen Hautfarbe und Unkenntnis über Jesus Christus ohnehin sicher der Hölle geweiht war, – nach jener päpstlichen Ansicht. Die Ableitungen hierfür aus den Evangelien erscheinen jedoch skurril.

    Mal eben nur zur Auffrischung der historischen Kenntnisse und weil man auch nichts vertuschen möchte. Sowie für diejenigen, die sich wundern wie die Kirche mit zu ihrem heutigen Reichtum kam.
    Das erste Sklavenschiff hieß übrigens: „Jesus“.
    Der Kirchenstaat schaffte als einer der letzten europäischen Staaten erst 1838 die Sklaverei offiziell ab.

    • Wanda
      06.06.2016, 14:08 Uhr.

      – ein leidiges Thema: die fehlende eigene Aufarbeitung der Geschichte. Und die ausgerechnet bei einer sich selbst als moralische Institution verstehende Kirche…
      – Wohl kaum ein Land hat sich um seine Geschichtbewältigung so ernsthaft gekümmert wie unseres. Das darf man behaupten.
      Was aber ist z.B. mit Spanien ? Wurde der Völkermord seiner entsandten Truppen in Lateinamerika offiziell so benannt und anerkannt ? Haben die USA ihre fast vollständige Vernichtung der nordamerikanischen Indianervölker etwa zur nationalen Schande erklärt ? Und was ist mit den „grossen“ Kolonial-Nationen Grossbritannien und Frankreich ?
      Das Gegenargument und Vergleiche wer den grösseren oder den besser organisierten Genozid begangen hat, sticht nicht. Genau so wenig wie weit zurück die Gräuel begangen wurden: wann, bitte sehr, beginnt Geschichte und wann hört sie auf ?
      – Zur Klarstellung: es geht hier nicht um eine Aufrechnung sondern um den Pfahl im eigenen Auge…

    • SuNuraxi
      06.06.2016, 14:16 Uhr.

      Silberdistel, 04.06.2016, 21:32

      Nun ja. „Divino amore communiti“ ist zweifelsohne alles andere als ein Highlight in der Geschichte der RKK. (Nur so nebenbei: Der von vielen Anhängern der Befreiungstheologie wegen seines Einsatzes für die Indianer so hochgepriesene Bartolomé de las Casas hat vorgeschlagen, Afrikaner als Sklaven für die Landwirtschaft nach Amerika zu bringen. Was man dann auch tat.)

      Aber ERFUNDEN habe die Sklaverei andere. Sklaverei gab es schon im alten Ägypten und bei den Sumerern/Babyloniern. Die ersten Sklavenmärkte sind schon für ca. 600 v.Chr. belegt, und zwar bei den Griechen. Die Wirtschaft des alten Römischen Reichs (und zwar schon lange vor der Christianisierung) wäre ohne Sklaverei zusammengebrochen.

    • Novalis
      07.06.2016, 0:51 Uhr.

      Unter uns: Kein Papst brauchte je Sklaverei zu legitimieren. Das tun Altes und Neues Testament durchaus mit höherer Autorität als der des Papstes…

      Im Übrigen hatte Paul III. sie auch zwischenzeitlich wieder abgeschafft… Und wegen mangelnder Praktikabilität auch ein paar Jahre später wieder eingeführt.

      • Wanda
        09.06.2016, 21:30 Uhr.

        Novalis 0:51
        – interessant, dass im Neuen Testament(der Nächstenliebe) die Sklaverei legitimiert worden sein soll. War mir bisher unbekannt. Vielleicht könnten Sie uns die entsprechenden Stellen zitieren ?

  • Silberdistel
    09.06.2016, 22:36 Uhr.

    @SuNuraxi
    @Novalis
    Sicher.. „erfunden“ – nach diesem geflügelt-flapsigen Spruch – hat die Sklaverei in dem Sinn niemand der dafür noch dingfest zu machen wäre. Die Sklaverei war in der Tat immerfort Begleiterscheinung der Menschheitsgeschichte. Insbesondere der der weltlichen Herrscher und/oder „himmlischen“ Götter wie bei den Pharaonen, Mayas oder Inkas. Reserviert für die Looser, die Schwachen, die Besiegten, die Untermenschen, auch Kinder von Pfarrern oder Mönchen, oder schlicht für die, die man ohne für sich selbst Nachteile befürchten zu müssen, ganz ganz super ausnehmen konnte. „Solche Leute“ kennt wohl jeder schon vom Schulhof her. Deutlich werden sollte mit dem geflügelten Spruch nur, das die Kirche bei dem bösen ´Spiel´ nicht nur kräftig mit gemischt hat, sondern mit Papst und anderen „kirchlichen Würdenträgern“ an der Spitze der Drangsalierer und Ausbeuter stand, sich daran gar kräftig selbst bereichert hat. – Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, das die Kirche heutzutage keine ethische Verpflichtung verspürt, jenes mit Zinsen angehäufte Blutgeld & Blutgold wieder abzugeben. Quasi als späte Wiedergutmachung. Wo doch die Kirche im „Franziskus-Modus“ ohnehin ärmer werden soll… angeblich.
    Wenn es beispielsweise „Wölkchen“ (Wölki/Erzbischof von Köln) juckt medial öffentlich inszeniert zu beklagen, das man „Gott im Mittelmeer ertrinken läßt“, so sollte Er doch genügend große Eier haben das Anlagevermögen allein seines Bistums in Höhe von sage und schreibe 2,4 Mrd. € (Stand Bilanz 2013 – Dafür das Bistümer neuerdings Bilanzieren, sollte man den Anstifter TvE zur Seligsprechung vorschlagen), wenigstens zum Teil aufzulösen und es für die Notleidenden, oder eben für die Bekämpfung des modernen Sklaventums zumindest, zur Verfügung zu stellen. Alles andere ist ziemlich flaches Salbadern, am langen Ende Heuchelei und unglaubwürdig.
    By the way: „Evangelii gaudium“ ist die Primärbotschaft des Christentums und sein Alleinstellungsmerkmal. Keinesfalls mit jedweder Sklaverei, auch nicht die im AT erwähnten (Die Juden litten selbst unter Sklaverei!), in irgend einer Weise kompatibel. Das das NT dann auch noch Sklaverei legitimieren würde, macht diese Behauptung schließlich endgültig, im christlichen Sinne, abwegig.

  • Silberdistel
    12.06.2016, 16:59 Uhr.

    Menschenhandel, Zwangsprostutition, Organhandel sind die plakativeren Beispiele der modernen Sklaverei. Es funktioniert jedoch auch subtiler:

    Beispiel 1) Einem kleinen, verschuldeten Entwicklungsland gewährt man einen Kredit, allerdings unter der Auflage das in diesem Land das Wasser komplett privatisiert wird. Doch nicht nur das Leitungswasser, sondern per Gesetz wird gleichzeitig das Sammeln von Regenwasser verboten, oder nur gegen Gebühr gestattet. Sodaß Wasser, von der meist verarmten Bevölkerung, nur noch käuflich zu erwerben ist. So geschehen in Bolivien, Initiator: Weltbank.
    Beispiel 2): Mit Patenten auf global vorhandenes Erbgut und/oder Saatgut durch Weltkonzerne, die solche Patentzulassungen durch windige Rechtsanwaltskanzleien erwirken und bezahlen können, soll der Agrarsektor weltweit kommerzialisiert werden.
    Beispiel 3): In einer nie da gewesenen Kampagne wird versucht die Atemluft käuflich an den Mann zu bringen. Funktioniert über den angeblichen anthropogen Klimawandel, dem man entgegen wirken kann indem insbesondere jeder mehr zahlt. Oder indem Entwicklungsländer fossile Energieträger nicht so nutzen dürfen, wie das die heute entwickelten Länder einst taten. Dabei messen Sonden auf den anderen Planeten und Monden des Sonnensystems ähnliche Temperaturerhöhungen, wie sie gerade auf der Erde stattfinden.

    Ziel solcher Maßnahmen ist es weltumspannend möglichst viele „dem Markt“ zuzuführen. Was jedoch nicht selten heißt sich in finanzielle Abhängigkeiten des Schuldgeldsystems (oder für in dieser Hinsicht Beleseneren: des Mammons), zu bringen. An dessen Ende für den ärmeren Teil der Weltbevölkerung – und das sind heutzutage sowieso die Allermeisten – zumindest die Schuldenknechtschaft, oder die vollendete -sklaverei, steht. Massenhafte Suizide von Kleinbauern und deren Familien in Entwicklungs- und Schwellenländern die ihre Schulden, zu deren Aufnahme sie durch solche aber auch andere Maßnahmen quasi verdonnert wurden und die sie nicht mehr zurückzahlen konnten, werden schon seit längerem berichtet.

    • Wanda
      13.06.2016, 13:30 Uhr.

      Silberdistel
      – exzellent. Fehlentwicklungen, von denen man auch die Kirchen nicht ausnehmen kann, die allerdings auch kaum entgegensteuern was die eigenen monetären Verhältnisse, Liegenschaften und Immobilien betreffen. Sie haben es ja am Beispiel Köln dargestellt…

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