Rückblick: Papst in den USA – Abschluss

28.9.2015: Die Flüchtlingskrise in Europa, die bevorstehende Bischofssynode, der Missbrauchsskandal, China und das Frauenpriestertum waren Themen bei der fliegenden Pressekonferenz mit Papst Franziskus. Der Pontifex nahm sich gut 50 Minuten für das Gespräch mit den Journalisten auf dem Rückflug von Philadelphia nach Rom. Er antwortete auf rund ein Dutzend Fragen. Seltsam ist, dass nicht Franziskus die PK beendete, sondern die Journalisten nicht mehr Fragen vorbereitet hatten. Der Papst wirkte etwas müde nach der achttägigen Reise nach Kuba und in die USA, war aber dennoch zum Scherzen aufgelegt. Vor seinem Abflug in Philadelphia hatte er mit rund einer Million Menschen den Gottesdienst zum Abschluss des 8. Katholischen Weltfamilientags gefeiert. Dabei warnte er, die Freiheit des Geistes Gottes beschränken zu wollen, nur weil er nicht in alte vorgefertigte Strukturen zu passen scheine. Als Ort für den nächsten Weltfamilientag 2018 wählte Franziskus die irische Hauptstadt Dublin. Das überraschte, waren viele Beobachter bis zum Schluss davon ausgegangen, dass Paris Austragungsort sein wird.

Keine Mauern in Europa!

Deutlich waren die Worte von Franziskus zu den neuen Barrieren in Europa angesichts der Flüchtlingswelle. Mauern seien keine Lösung, so der Papst, Brücken hingegen immer. Früher oder später fielen alle Mauern. Europa sei in der Tat aktuell in einer schwierigen Situation. Angesichts der Flüchtlingswelle sei es nicht einfach, Lösungen zu finden. Aber sie müssten im Dialog zwischen den Ländern gefunden werden. Die aktuelle Krise sei das Ergebnis eines langen Prozesses. „Die Kriege, vor denen diese Menschen davonlaufen oder fliehen, sind Kriege, die schon Jahre andauern. Der Hunger, ist Hunger seit Jahren.“ Afrika etwa sei ein ausgebeuteter Kontinent. Erst habe man die Sklaven dort ausgebeutet, dann die Ressourcen. Hinter den aktuellen Kriegen auf dem Kontinent steckten wirtschaftliche Interessen, zeigte sich der Papst überzeugt. Er räumte allerdings ein, dass seine Sicht etwas vereinfachend sei.

Geschiedene Wiederverheiratete

Auf die Situation der geschiedenen Wiederverheirateten angesprochen stellte Franziskus fest: „Mir scheint es ein bisschen vereinfacht, zu sagen, dass die Synode als Lösung für diese Leute entscheiden solle, dass sie die Kommunion empfangen können. Das ist nicht die einzige Lösung.“ Das Instrumentum Laboris schlage viele Dinge vor. Zudem sei es nicht das einzige Problem. Auch hier helfe ein Blick ins Arbeitspapier. Er nannte das „pastorale Problem“, das junge Menschen heute nicht mehr heirateten. Und stellte die Frage nach der affektiven Reife und ob der notwendige Glaube vorhanden sei, um eine sakramentale Ehe einzugehen. Ein wichtiges Thema ist für ihn auch die Ehevorbereitung. „Ich denke mir oft, um Priester zu werden, gibt es eine Vorbereitung von acht Jahren. Und dann ist es nicht endgültig. Die Kirche kann dich aus dem Klerikerstand entlassen. Um zu heiraten, was für das ganze Leben ist, macht man vier Kurse, viermal. Das ist etwas, was nicht geht.“

Keine „katholische Scheidung“

Vehement wies Franziskus den Vorwurf zurück, er habe mit der Reform der Ehenichtigkeitsverfahren eine „Scheidung auf katholisch“ eingeführt. Vielmehr habe er gerade mit den Änderungen die Tür für den administrativen Weg von Nichtigkeitsverfahren  geschlossen. Dieser hätte eine Scheidung durch die Hintertür bedeutet. Es sei jetzt klar, dass es immer ein rechtliches Verfahren geben muss. Die Beschleunigung der Verfahren sei ein Wunsch der Mehrheit der Teilnehmer der letzten Synode gewesen, so Franziskus. Das Motu Proprio erleichtere die Verfahren vor allem in auf die Zeiten. „Aber es ist keine Scheidung. Denn die Ehe ist unauflöslich, wenn sie ein Sakrament ist. Und das kann die Kirche nicht ändern. Das ist Lehre. Sie ist ein unauflösliches Sakrament.“ Der Prozess sei dazu da zu prüfen, ob eine Ehe wirklich sakramental ist, oder aus einem der Gründe eben nicht. „Entweder es gab keine Ehe. Das ist dann Nichtigkeit. Es hat nicht existiert. Und wenn es existiert hat, ist es unauflöslich. Das ist klar.“

Thema Missbrauch

Ein Kollege aus Philadelphia fragte den Papst, warum er beim Treffen mit den US-Bischöfen diesen angesichts des Missbrauchsskandals Trost zugesprochen habe. Dies hätten viele Menschen nicht verstanden. Darauf stellte Franziskus fest, auch viele Bischöfe hätten darunter gelitten, was die Priester, die Missbrauch begangen haben, angerichtet hätten. Die Worte der Bestärkung seien aber nicht dazu dagewesen zu sagen: „Sei beruhigt! Es ist nichts. Nein!“ Mit Verweis auf seine Worte vom Sonntag zum Thema Missbrauch stellte er fest, dass es zwar in vielen Bereichen Missbrauchsfälle gebe, dass diese aber im Bereich der Kirche besonders schwer wiegten. Es sei quasi ein Sakrileg. Daher müsse die Kirche an dieser Stelle mit Härte vorgehen.

Keine Priesterweihe für Frauen

Franziskus wiederholte zum einen sein Lob für die US-Ordensfrauen. Zum anderen stellte er erneut fest, dass Papst Johannes Paul II. die Frage des Frauenpriestertums abschließend geklärt habe: Es sei nicht möglich. Bei seiner Erklärung dafür verwies er, wie schon in der Vergangenheit darauf, dass die Frauen in der Kirche eigentlich viel wichtiger seien als die Männer. Er verwies wieder darauf, dass die Kirche als Braut Christi weiblich sei, dass Maria wichtiger als der Papst und die Bischöfe sei. Er blieb aber wieder eine Antwort darauf schuldig, was das konkret bedeutet, außer die wiederholte Forderung, dass es eine Theologie der Frau brauche.

China

Schließlich wiederholte er seinen Wunsch, nach China reisen zu wollen. Er würdigte die chinesische Kultur und das chinesische Volk. Vor gut einem Jahr, als Franziskus auf dem Rückweg von seinem Koreabesuch über China flog, hatte er schon einmal gesagt, dass er jederzeit zu einer Reise bereit sei. Anscheinend ist wenig Bewegung in die schwierigen Beziehungen gekommen, dass er jetzt schon beinahe anbiedernd feststellt: „Für mich wäre es eine große Freude, ein befreundetes Land wie China zu besuchen, das so viel Kultur und so viele Möglichkeiten hat, Gutes zu tun.“ Ob das die Christen im Reich der Mitte, die nach wir vor unter Verfolgung leiden, genauso sehen, ist zumindest fraglich.

Den Geist Gottes nicht einschränken

Abschließend noch ein kurzer Blick auf die letzten Stunden in Philadelphia. Für den Abschlussgottesdienst des Weltfamilientreffens hatte Franziskus eine interessante Predigt vorbereitet. Darin warnte er davor, den Geist Gottes einschränken zu wollen: „Die Versuchung, die Freiheit Gottes, der regnen lässt über ‚Gerechte und Ungerechte‘ (Mt 5,45), der die Bürokratie, den Verwaltungsapparat und die Kreise der ‚Insider‘ übergeht, als Ärgernis zu empfinden, bedroht die Authentizität des Glaubens und muss daher energisch zurückgewiesen werden.“ Jesus habe gesagt, behindert nicht das Gute, sondern helft ihm im Gegenteil zu wachsen, so Franziskus. „Das Werk des Heiligen Geistes zu bezweifeln, den Eindruck zu erwecken, dass es nichts mit denen gemein hat, die ‚nicht zu unserer Gruppe gehören‘, die nicht sind ‚wie wir‘, ist eine gefährliche Versuchung. Es blockiert nicht nur die Zuwendung zum Glauben, sondern ist eine Pervertierung des Glaubens.“

Und mit einer klaren Botschaft am Ende seiner Predigt und des Familientreffens setzte er einen wichtigen Akzent für die bevorstehende Bischofssynode: „Jeder Mensch, der in diese Welt eine Familie einbringen möchte, welche die Kinder dazu erzieht, sich über jede Tat zu freuen, deren Absicht ist, das Böse zu überwinden – eine Familie, die zeigt, dass der Heilige Geist in ihr lebt und wirkt –, wird unserer Dankbarkeit und unserer Wertschätzung gewiss sein, gleich welchem Volk, welcher Region oder welcher Religion auch immer er angehört.“ Dass er zwischendurch noch davon sprach, dass Spaltungen „unfruchtbar“ sind, sei nur am Rande erwähnt.

Weltfamilientreffen 2018 in Dublin

Interessant ist schließlich die Wahl des nächsten Austragungsorts für das Weltfamilientreffen: Dublin. Bis vor wenigen Tagen waren viele davon ausgegangen, dass das nächste Treffen 2018 in Paris stattfinden werde. Doch Franziskus selbst wollte die irische Hauptstadt. Damit findet das Familientreffen in einem Land statt, in dem die katholische Kirche nach dem Aufdecken von Missbrauch und Misshandlung in kirchlichen Einrichtungen und durch kirchliche Mitarbeiter wie in kaum einem anderen Land erschüttert worden ist und das Vertrauen in diese Institution gelitten hat. Vorbereitung und Durchführung werden sicher nicht einfach sein. Doch Franziskus setzt damit ganz bewusst einen Akzent. Das Treffen kann damit auch Teil der Aufarbeitung sein.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.