Missbrauch, Putin und Medien

Papst Franziskus will künftig stärker die Verantwortung der Bischöfe bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in den Blick nehmen. In der Glaubenskongregation wird eine eigene Stelle geschaffen, die über Fälle von Vertuschung urteilen soll. Er setzt damit einen entsprechenden Vorschlag der Kinderschutzkommission um, dem sich der Kardinalsrat K9 angeschlossen hatte. Dieser hatte bei seiner am Mittwoch zu Ende gegangenen Tagung auch über die vatikanischen Medien, die Finanzen sowie die neue Enzyklika des Papstes beraten. Der Vatikan gab zudem bekannt, dass der deutsche Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber am 18. Juni das Lehrschreiben im Vatikan vorstellen wird. Russlands Präsident Putin ließ den Papst einmal mehr 70 Minuten warten. Hauptthema des Gesprächs: der Ukrainekonflikt.

Bischöfe zur Rechenschaft ziehen

Kritiker hatten schon lange bemängelt, dass die Verantwortung der Hierarchen im Missbrauchsskandal bisher nicht aufgearbeitet wurde. Als eine der ersten Aktionen hatte die von Papst Franziskus im vergangenen Jahr neu geschaffene vatikanische Kinderschutzkommission einen Maßnahmenkatalog ausgearbeitet, um genau an dieser Stelle Abhilfe zu schaffen. Der Papst hat die Vorschläge angenommen. Künftig soll es einen eigenen Verfahrensweg geben, wenn der Verdacht besteht, dass Bischöfe in Missbrauchsfällen vertuscht oder verschleppt haben.

In der Glaubenskongregation wird dazu eigens eine Stelle mit jurisdiktioneller Vollmacht zur Bearbeitung dieser Fälle geschaffen. Sie wird von einem Sekretär geleitet, der vom Papst ernannt wird. Sekretär ist in der bisherigen Kurienarchitektur der zweithöchste Rang in einem Dikasterium. Er arbeitet in enger Abstimmung mit dem Präfekten, in diesem Fall Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Die Irin Marie Collins, eines der beiden Missbrauchsopfer in der vatikanischen Kinderschutzkommission begrüßte die Entscheidung des Papstes. Die US-Opfer-Organisation SNAP sieht das Vorgehen kritisch. Solange Kleriker über Kleriker urteilten, werde sich wenig ändern, heißt es in einer Presseerklärung.

Bald neues Medienministerium

Ändern wird sich bald einiges im Bereich der vatikanischen Medien. Hier wird es in Kürze ein neues Medienministerium geben. Dieses soll über einen Zeitraum von vier Jahren die Reform des vatikanischen Medienbereichs umsetzen. Dazu gehören der Päpstliche Medienrat, das Presseamt, Radio Vatikan, das Fernsehproduktionszentrum CTV, die Tageszeitung L’Osservatore Romano, die Fotoagentur, der Vatikanverlag, die Vatikandruckerei sowie das Internetbüro des Vatikans. Personal soll bei dem Prozess nicht abgebaut werden, aber die Zusammenarbeit verbessert und durch mehr Effizienz Ressourcen für neue Aufgaben freigesetzt werden.

Deutscher stellt im Vatikan Enzyklika vor

Interessant ist das Tableau der Personen, die am Donnerstag nächster Woche die neue Enzyklika von Papst Franziskus vorstellen werden. Neben Kardinal Peter Turkson, Präsident des vatikanischen Sozialministeriums Justitia et Pax, der die Federführung bei der Vorbereitung der Enzyklika hatte, werden ein Vertreter des orthodoxen Patriarchats von Konstantinopel und ein deutscher Klimaforscher im Vatikan auf dem Podium sitzen. Hans Joachim Schellnhuber ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Er ist zudem Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und Mitglied des Weltklimarats. Ende April gehörte Schellnhuber zu den Vortragenden einer Klimaschutzkonferenz, die von der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Vatikan veranstaltet wurde.

Der Metropolit von Pergamon, John Zizioulas, vertritt das ökumenische Patriarchat. Bartholomaios I. engagiert sich seit langer Zeit im Bereich der Ökologie. Dass nun einer seiner engsten Mitarbeiter die Enzyklika des Papstes mit vorstellt, zeigt zum einen die enge Verbundenheit zwischen Rom und dem orthodoxen Istanbul, zum anderen wird aber auch deutlich, dass es Franziskus bei diesem Thema auf eine ökumenische und auch interreligiöse Zusammenarbeit ankommt. Die Fragen der nachhaltigen Entwicklung müssen über nationale und religiöse Grenzen hinweg behandelt werden. Dazu kann der älteste Global Player der Welt beitragen. Es wird spannend am 18. Juni.

Putin lässt auf sich warten

Wie schon bei seiner ersten Audienz beim Papst im Herbst 2013 hat Russlands Präsident Wladimir Putin Franziskus warten lassen. Mit rund 70 Minuten Verspätung traf er schließlich im Vatikan ein. So etwas erlaubt sich kein anderer Politiker. Vatikansprecher Federico Lombardi kommentierte das mit den Worten, man wisse ja, dass der Verkehr in Mailand schwierig sei. Putin war zuvor auf der Expo in Mailand gewesen. Das Gespräch dauerte dann 50 Minuten. Dabei habe Papst Franziskus „aufrichtige und umfassende Anstrengungen für den Frieden“ gefordert, so Lombardi. Beide Seiten seien sich einig gewesen, dass wieder ein „Klima des Dialogs“ erreicht werden müsse. Übereinstimmung habe es auch bei der Frage gegeben, dass sich „alle Parteien“ an die Vereinbarungen von Minsk halten müssten. Papst Franziskus habe die Einrichtung humanitärer Korridore gefordert, um Hilfslieferungen in die Konfliktregion zu erleichtern, erklärte Lombardi. Ein weiteres Thema war der Konflikt im Nahen Osten, in Syrien und dem Irak. Papst Franziskus schenkte Putin eine Ausgabe seines Apostolischen Schreibens Evangelii gaudium sowie eine Medaille mit einer Engelabbildung: „Das ist der Friedensengel, der alle Kriege gewinnt und von Solidarität unter den Völkern spricht“, so Franziskus zu Putin bei der Übergabe. Begrüßt hatte der Papst den Präsidenten zu Beginn mit einem deutschen „Willkommen“.

P.S. Wegen technischer Probleme erscheint der Text mit Verspätung.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.