Und täglich grüßt der Vatikan – per Brief

Die Bischöfe tagen ab heute in Augsburg und rechtzeitig zur Frühjahrsvollversammlung gab es einmal mehr Post aus dem Vatikan. Seit langer Zeit stößt sich Rom an einem zentralen Punkt des Reformprojekts Synodaler Weg: der Einrichtung eines Gremiums, in dem Laien und Bischöfe gemeinsam über zentrale Fragen der Kirche in Deutschland beraten. Dieser Synodale Rat sollte schon zum Ende des Synodalen Wegs kommen. Nachdem es von Anfang an Widerstand aus dem Vatikan gab, wurde das Ganze etwas tiefergehängt. Jetzt sollte ein Synodaler Ausschuss als Zwischenlösung die Einrichtung des Synodalen Rats vorbereiten. Doch auch das geht dem Vatikan zu weit. Er stoppte die Abstimmung über die Statuten des Synodalen Ausschusses, die für diese Woche vorgesehen war. Die Reformgegner jubeln, die große Mehrheit der Bischöfe und Gläubigen, die Reformen wollen, sind einmal mehr enttäuscht. Noch ist offen, wie die Bischofskonferenz auf das neue Stoppschild aus Rom reagiert.

Widerstand des Vatikan bekannt

Lasst uns erst reden, bevor ihr Entscheidungen trefft, zumal diese außerhalb des Kirchenrechts stehen und gegen ausdrückliche Weisung des Heiligen Stuhl stünden. So könnte man das Schreiben vom vergangenen Freitag aus dem Vatikan zusammenfassen. Dazu wird noch darauf verwiesen, dass das geplante Gremium im Kirchenrecht nicht vorgesehen sei, die Bischofskonferenz kein Mandat des Heiligen Stuhls habe, ein solches einzurichten, und man bereits wiederholt darauf hingewiesen habe, dass ein Synodaler Rat oder ein Synodaler Ausschuss nicht eingerichtet werden dürfe. Unterschrieben ist das Papier von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sowie dem Präfekten des Glaubesdikasteriums, Kardinal Victor Manuel Fernández, und des Bischofsdikasteriums, Richard Prevost. Die drei verweisen ausdrücklich darauf, dass Papst Franziskus den Inhalt approbiert habe.

Bei den Reformwilligen unter den deutschen Bischöfen und Gläubigen wird das Schreiben erneut Frust auslösen. Die Bischöfe haben die Abstimmung über die Satzung des Synodalen Ausschusses nach der Intervention aus dem Vatikan von der Tagesordnung genommen. Das Thema wird aber in Augsburg beraten. Warum es die Intervention des Vatikans in letzter Minute bedurfte und nicht vorab eine entsprechende Kommunikation stattgefunden hat, ist zunächst offen. Der Vatikan hat mehrfach seine Bedenken gegenüber dem Gremium geäußert. Die Bischofskonferenz betonte stets, dass sie sich auf dem Boden des Kirchenrechts sieht und daher weiter voranschreiten möchte. Das Stopp aus Rom kommt daher nicht überraschend, dennoch wurde einmal mehr Porzellan zerschlagen in der ohnehin schwierigen Situation zwischen der katholischen Kirche in Deutschland und dem Vatikan.

Zäher Dialog

Die drei Kardinäle verweisen auf den Dialog, der im Nachgang zum Ad Limina-Besuch der Bischofskonferenz im Vatikan im November 2022 begonnen wurde. Vor einer Entscheidung über die Statuten des Synodalen Ausschusses solle das nächste Treffen abgewartet werden. Seit November 2022 fanden zwei Treffen im Rahmen dieses Dialogs statt. Angesichts der Dringlichkeit der Fragen ist das nicht viel. Die Situation der katholischen Kirche in Deutschland ist dramatisch, Reformen drängen. Es wäre daher sicher notwendig, dass die Gespräche intensiviert werden und eine höhere Taktung bekommen. Aus vatikanischer Sicht besteht keine Eile; möchte man dort doch vor allem den weltweiten synodalen Prozess voranbringen und nicht nationale Entscheidungen, bevor nicht auf weltkirchlicher Ebene Ergebnisse vorliegen. Die Bischöfe in Deutschland und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wollen darauf nicht warten. Ob es hier eine Lösung geben wird, ist fraglich. Spätestens am Donnerstag wird es bei der Abschlusspressekonferenz der Vollversammlung sicher eine Antwort geben auf die neue Intervention aus Rom.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

13 Kommentare

  • Silvia
    19.02.2024, 12:16 Uhr.

    Ich wundere mich, dass Papst und Kurie eine schier unerschöpfliche Geduld mit den deutschen Bischöfen haben.

    Klar, in Rom hat man Angst vor einem Schisma und es ist angebracht, auf die zu erwartenden Ergebnisse der Weltsynode zu warten.

    Aber irgendwann wird sich Rom entscheiden müssen, wie man mit den Führungskräften der Kirche in Deutschland umgehen will.

    Wenn die deutschen Bischöfe mehrheitlich nicht einlenken, dann gibt es halt ein Schisma.

    Dann können die deutschen Katholiken entscheiden, ob sie römisch – oder deutsch – katholisch sein wollen.

    Ich bleibe bei Rom.

    • Novalis
      21.02.2024, 19:56 Uhr.

      Aus Can. 751/CIC 1917: „Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche.“
      Ich kann beim besten Willen nicht im kindischen motzig-trotzig-patzigen Verhalten beider Seiten auch nur von Fern den Tatbestand eines Schismas erkennen. Es geht ja bei der konkreten Frage, nach der Ausgestaltung des Bischofsamtes nicht mal um Fragen göttlichen Rechtes, geschweige denn um offenbarte Glaubenswahrheiten. Das weiß Rom, deswegen ist es so „geduldig“. […]*

      *Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.

      • Silvia
        22.02.2024, 10:38 Uhr.

        Aus Can. 751/CIC 1917: „Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche.“

        Die Unterordnung unter den Papst hat Bischof Bätzing ja nun – zumindest vorläufig – vollzogen, indem er die Abstimmung über die Satzung des Synodalen Ausschusses bei der Vollversammlung des DBK von der Tagesordnung genommen hat. Was sehr vernünftig war.

        Wie er das dem ZDK plausibel machen kann, ist sein Problem.

      • Novalis
        27.02.2024, 11:20 Uhr.

        Übrigens eine Verbesserung: Es muss natürlich CIC 1983 heißen. Das ist aber offenbar niemandem aufgefallen. Bemerkenswert.

  • António da Cunha Duarte Justo
    19.02.2024, 16:16 Uhr.

    Mit der Schaffung einer nationalen deutschen Synodenkommission würde die Protestantisierung der katholischen Kirche durch die Pferdetür in die katholische Kirche eingeführt werden und dies eilig, ohne die Ergebnisse des globalen Synodalweges abzuwarten. Deutschland, das mehr auf den Kopf als auf das Herz fokussiert ist, will durch schnelle Prozesse die Welt besser beeinflussen.Im Christentum ist der Protestantismus bereits stärker auf das mentale ausgerichtet – ein eher nordischer Charakterzug – und der Katholizismus stärker auf das Herz ausgerichtet – ein eher südländischer Charakterzug! Wäre es nicht besser, wenn beide Aspekte beibehalten und entwickelt würden, ohne dass die Entwicklung in protestantischer Richtung zwangsläufig im Mittelpunkt stehen müsste? Eine Richtung, in der die Betonung des Kopfes und des Interessenkampfes vorherrscht, wie es eher für den Kampf zwischen Parteien typisch ist?! Beide Stränge bieten mehr Reichtum und Vielfalt im Christentum als eine monolithische angelsächsische Vision!
    Es gibt so viel zu reformieren in der katholischen Kirche und die angebliche deutsche nationale Synodalkommission zeigt nur die mangelnde Identifikationsfähigkeit des Synodalwegs mit der Weltkirche und eine gewisse Arroganz im Alleingang.

  • Novalis
    19.02.2024, 17:02 Uhr.

    In der Tat ist es doch viel geschickter noch 8 Monate zu warten, was in Rom diskutiert wird. Was hat man vor zwei Jahren lamentiert wegen der Segnung Homosexueller und geschiedener Wiederverheirateter – und jetzt werden sie gesegnet, sogar mittlerweile in der Kirche (stolz berichtete der BR davon, dass dies in der Michaelskirche in München gemacht werde). Das ist schon Trotzverhalten. Auf beiden Seiten. Und zeigt, wie dringend es Frauen in Machtpositionen und nicht Kindsköpfe braucht.

    • Silvia
      21.02.2024, 6:46 Uhr.

      @Novalis, was Frauen in Machtpositionen angeht ist aber gerade Frau Stetter – Karp vom ZdK ein schlechtes Beispiel.

      Im Übrigen bin ich froh, dass Bischof Bätzing die Abstimmung über den Synodalen Ausschuss (zunächst) von der Tagesordnung genommen hat.

  • neuhamsterdam
    22.02.2024, 14:58 Uhr.

    „Seit langer Zeit stößt sich Rom an einem zentralen Punkt des Reformprojekts Synodaler Weg: der Einrichtung eines Gremiums, in dem Laien und Bischöfe gemeinsam über zentrale Fragen der Kirche in Deutschland beraten.“ Ich kann mich noch gut erinnern, als berichtet wurde, dass auf einer Versammlung des Synodalen Weges eine junge Frau den anwesenden Bischöfen emotional vorgeworfen hat, für ihr persönliches Lebensleid verantwortlich zu sein, weil ihr der Priesterberuf verweigert würde. Meint man denn, das Diskussionsniveau wäre in einem Synodalen Ausschuss oder gar in einem Synodalen Gremium angesichts dieses Vorlaufs von reiner Sachlichkeit geprägt? Man kann wohl die Uhr danach stellen, der erste Vorwurf an die Bischöfe wäre dann der des Machtmissbrauchs, weil diese nach Kirchenrecht Bischofsvollmacht haben und folglich überlegen dürfen, was sie von den Gremiumsbeschlüssen umsetzen oder auch nicht. Das wird wieder Schlagzeilen geben! Ich finde es grundsätzlich bedenklich, wenn Bischöfe in „Abstimmung“ mit Laien entscheiden sollen, einen solchen Konstruktionsfehler muss man sich erst einmal ausdenken, denn es ist einfach keine kirchenrechtliche Augenhöhe vorhanden, nur das Gejammer über die hirtliche Verweigerung von angeblich zielführenden Strukturreformen mit den ewiggleichen Themen wird auf eine neue Ebene gehoben. Wir haben keinen Priestermangel, wir haben einen Glaubensmangel. Der gefühlte Priestermangel entsteht dann, wenn man Kirche als Dienstleistung betrachtet, für die man sich nur zu interessieren braucht, wenn man sich davon einen psychologischen oder offiziösen Nutzen erwartet. Das Gemeinste an dem Ganzen finde ich aber, dass man als Reformgründe dauernd die Missbrauchsskandale heranzieht. Für die gängigen „Therapiebemühungen“ fällt mir ein treffendes Bild ein: Ein vernachlässigtes Kind erlebt die Eltern ewig streitend, wer denn daran schuld sei und wie akademisch fixiert genau die Formulierung sein muss, damit ganz echt Vernachlässigung verhindert wird. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, das Kind landet irgendwann ganz prosaisch auf der Strasse und nicht auf dem Synodalen Weg.

  • Wanda
    22.02.2024, 16:35 Uhr.

    Stelle mir den armen Nazarener Wanderprediger in seinen staubigen Sandalen vor, wie er im Vatikan vor den ganzen Kirchenparagraphen und Satzungen steht, diesem Apparat von Hierarchien, Zuständigkeiten, Riten und prächtig gekleideten Eminenzen, auch vor der Glaubenskongregation mit ihrer geschichtlichen „Barmherzigkeit“ und all den anderen unwürdigen Ankrustungen an seine Lehre. Wage zu behaupten: seine Reaktion wäre vermutlich eine erneute und sehr viel heftigere Tempelaustreibung.

    • Silvia
      25.02.2024, 16:10 Uhr.

      @Wanda
      „Wage zu behaupten: seine Reaktion wäre vermutlich eine erneute und sehr viel heftigere Tempelaustreibung.“

      Damit könnten Sie recht haben.

  • Ernst Gudrunbrunner
    22.02.2024, 20:53 Uhr.

    „ die große Mehrheit der Bischöfe und Gläubigen, die Reformen wollen, sind einmal mehr enttäuscht.“

    Wo der Autor eine „große Mehrheit der Gläubigen“ zu sehen meint, wird wohl immer sein Geheimnis bleiben.

    Dieses peinliche Affentheater, daß das „ZdK“ (welches kein Gläubiger braucht) und Bischof Bätzing und seine Getreuen veranstalten interessiert nun wirklich nur eine Handvoll Eingeweihter.

    Der „großen Mehrheit“ ist das ganze ziemlich egal. Da ist dann auch keine „Enttäuschung“.

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      24.02.2024, 14:58 Uhr.

      Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, die im November 2023 vorgestellt wurde, zeigt, dass 96 Prozent der katholischen Gläubigen Reformen der Kirche wünschen.

      • Silvia
        25.02.2024, 16:15 Uhr.

        Kommt immer darauf an, wen man fragt und wie die Frage formuliert wird.

        Außerdem kann man sich unter Reformen in der Kirche mehr vorstellen als aktuell vom Synodalen Weg gefordert wird. Z.B. ein „back to the roots“, soweit das möglich wäre. Siehe auch den Einwand von @ Wanda.

        Mir fällt da das Wort Jesu ein „Mein Haus ist ein Haus des Gebets, ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht“

        Soll ja im Zusammenhang mit der von Wanda erwähnten Tempelreinigung stehen.

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