Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog

Interessantes und Hintergründiges aus dem Vatikan

Spiritueller Papst

Papst Franziskus setzt in diesen Tagen stark spirituelle Akzente. Während viele Beobachter erwarteten, dass der „Papst der Armen“ gleich in den ersten Wochen Sozialeinrichtungen besuchen wird, konzentriert sich der Pontifex in seinen öffentlichen Auftritten auf Messen, Andachten und Rosenkranzgebet. Zwar hat er in der vergangenen Woche die Mutter-Teresa-Schwestern besucht, die am Rande des Vatikans Obdachlose versorgen; doch das Treffen folgte eher dem steifen vatikanischen Protokoll mit Reden und Handshakes als einer wirklichen Begegnung inmitten derer, die am Rande stehen. Auch große Reisen nimmt er für dieses Jahr nicht in Angriff, vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro abgesehen. In Italien stehen Assisi und ein Marienwallfahrtsort auf Sardinien auf dem Programm.

Papst besucht vatikanische Sozialeinrichtung. (dpa)

Das schmälert nicht sein Engagement für die Ausgegrenzten. Deutliche Worte fand Franziskus ja vor wenigen Tagen, als er eine Reform des Finanzsystems forderte und die Dominanz der Wirtschaft sowie der Finanzwelt kritisierte. Auch bei den Begegnungen mit Politikern sind die Themen Gerechtigkeit und Wirtschaftskrise stets auf der Tagesordnung. Katholische Reformthemen stehen hingegen bisher nicht in seinem Fokus.

Franziskus’ Akzent liegt derzeit ganz klar auf den Themen Evangelisierung und Ermutigung der Gläubigen, ihr Christsein selbstbewusst zu leben. Das passt übrigens zu seiner Rede, die er im Vorkonklave gehalten hat und mit der er wohl viele Kardinäle für sich eingenommen hat. Damals sagte er in Bezug auf den nächsten Papst: „Er soll ein Mann sein, der – ausgehend von der Betrachtung und Anbetung Jesu Christi – der Kirche hilft, aus sich selbst herauszugehen und sich an die Ränder der menschlichen Existenz vorzuwagen. Er soll der Kirche helfen, die fruchtbare Mutter zu werden, die aus der ‚süßen und tröstenden Freude der Verkündigung des Evangeliums’ lebt.“ Für Franziskus ist dabei entscheidend, dass das Ganze auf einem soliden spirituellen Fundament steht. Morgen beschließt er den Marien-Monat Mai mit einem großen öffentlichen Rosenkranzgebet auf dem Petersplatz; am Sonntag gibt es am Nachmittag im Petersdom eine Eucharistische Anbetung, die zeitgleich überall auf der Welt in katholischen Kirchen abgehalten wird.

Damit zeigt sich, dass der neue Papst anders ist, als man vielleicht nach den ersten Tagen und dem radikalen Stilwechsel dachte. Einmal mehr wird deutlich: Franziskus passt nicht in die üblichen Schubladen.

P.S. Die interessanten Morgenpredigten von Papst Franziskus werden übrigens nicht komplett veröffentlicht. Das habe der Papst selbst entschieden, erklärte jetzt Vatikansprecher Federico Lombardi. Franziskus halte die Predigten frei. Auch wenn der Papst Italienisch gut beherrsche, müssten die Texte vor einer Veröffentlichung dann noch einmal überarbeitet werden. Der Papst wolle aber den familiären Charakter der Morgengottesdienste im Gästehaus Santa Marta erhalten und wünsche daher keine Live-Übertragungen sowie auch keine Komplettveröffentlichung der Texte. In Auszügen werden sie auch künftig in der Vatikanzeitung Osservatore Romano sowie bei Radio Vatikan publiziert. Die Morgenpredigten waren in den letzten Wochen zunehmend auf Interesse gestoßen, weil Franziskus dort oft sehr lebensnah, mit einfachen Worten, einer bildreichen Sprache – bisweilen mit kleinen Geschichten – das Tagesevangelium auslegt – Aufsehen erregte dabei etwa seine Kritik an zuviel Bürokratie in der Kirche, die Ablehnung einer „Babysitter-Kirche“ oder von Christen, die wie „in Essig eingelegte Peperoni“ wirkten.

Auf Teufel komm raus

Hat der Papst einen Exorzismus vorgenommen oder hat er nicht? Diese Frage beschäftigte die (italienischen) Medien und war selbstverständlich für mehrere Schlagzeilen gut. Wie üblich hatte Franziskus am Pfingstsonntag noch eine Fahrt über den Petersplatz gemacht und war ausgestiegen, um Menschen zu begrüßen und zu segnen. Beobachter wollen nun gesehen haben, dass er dabei einem Rollstuhlfahrer die Hände aufgelegt  und gebetet habe und dieser anschließend den Mund geöffnet und gezuckt habe. Daraus entstand das Gerücht, der Papst habe einen Exorzismus gesprochen, die Reaktionen des Kranken seien ein Beweis dafür.

Das Dementi des vatikanischen Pressesaales erfolgte sofort: „Der Papst hat keinen Exorzismus vollziehen wollen“, so Pressesprecher Federico Lombardi. Und der Chefredakteur von TV 2000, das die Meldung verbreitet hatte, entschuldigte sich offiziell beim Papst wegen der Verbreitung einer nur zum Teil wahren Meldung. Man könnte darüber zur Tagesordnung übergehen, wenn es nicht zwei Themenkreise berühren würde, die weiterer Gedanken wert sind. Zum einen geht es um das übersteigerte Medieninteresse und die Instrumentalisierung des Papstes für die jeweiligen Zwecke, zum anderen um die Frage nach der Existenz des Bösen und den Exorzismus generell.

Der neue Stil des Papstes aus Argentinien, sein unbeschwerter Umgang mit Menschen, erregt immer noch das Interesse der Öffentlichkeit. Die Fotos von der Audienz der Bundeskanzlerin beim Papst sind durchaus geeignet, deren Sympathiewerte zu steigern und werden in diesem Sinne auch verwendet. Journalisten beobachten jeden seiner Schritte und jedes seiner Worte, und wer sich auf Franziskus berufen kann, schwimmt mit auf der Welle der Sympathie.

So auch die Kreise, die fest an die Existenz des Bösen in Gestalt des Satans glauben und Exorzismus für eine legitime Form kirchlichen Handels halten. Chefexorzist Gabriele Amorth lässt das Dementi des Vatikans daher auch nicht gelten, für den 88-Jährigen war der Rollstuhlfahrer ganz klar von Dämonen besessen und das Gebet des Papstes sei ein Exorzismus gewesen. Auffallend ist auf jeden Fall, dass Franziskus – wie vermutlich viele Lateinamerikaner – ein anderes Verhältnis zum Teufel hat als die Europäer. In seinen Ansprachen zitiert er ihn weit häufiger als Benedikt XVI. dies je getan hat. „Satan ist ein schlechter Zahlmeister. Er betrügt uns immer“, sagte er in einer Predigt vergangene Woche.

Man wird in diesem Pontifikat noch mehr vom Teufel hören.

Das Geld muss dienen, nicht regieren!

Es war die Woche der klaren Worte in Rom. Mit seiner Kritik an der „Diktatur der Wirtschaft“ und dem „Fetischismus des Geldes“ brachte es Papst Franziskus gestern bis in die Laufbänder der Nachrichtenkanäle. Es sind die deutlichen Worte, die von Kardinal Bergoglio bereits bekannt sind. Wenn er in den letzten Jahren über die Finanz- und Wirtschaftskrise sprach, gebrauchte er stets drastische Worte. Von der „Tyrannei des Marktes“ sprach er etwa 2002 in einem Zeitungsinterview, von der „Wirtschafts- und Finanzterrorismus“. Ähnlich klang das gestern wieder beim Antrittsbesuch mehrerer neuer Botschafter beim Heiligen Stuhl. Der Finanzkrise liege eine tiefe anthropologische Krise zugrunde, so Franziskus, nämlich „die Verneinung des Primats des Menschen“. Sowie die Ablehnung jeglicher Ethik und schließlich Gottes selbst. Stattdessen regiere das Geld. Er kritisierte „Ideologien“, die die völlige Freiheit der Märkte und der Finanzspekulationen förderten und das Recht der Staaten auf Kontrolle negierten. Kritik gab es auch an Korruption und Steuerhinterziehung. Franziskus forderte eine Reform der Finanzwelt unter ethischen Gesichtspunkten, die zu einer Reform der Wirtschaft führe, die allen zugute komme. Leider gibt es die Ansprache noch nicht in deutscher Übersetzung.

Neue Transparenz?

Macht der Vatikan wirklich ernst mit der Transparenz bei seinen Finanzgeschäften? Das wird man sehen. Angekündigt hat der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Vatikanbank IOR, Ernst von Freyberg, jetzt auf jeden Fall eine Internetseite des Geldinstituts bis Dezember dieses Jahres. Dort sollen auch die Aktivitäten des IOR veröffentlicht werden, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi. IOR steht für „Istituto per le opere religiose – Institut für religiöse Werke“. Inwieweit dabei auch detailliert die Bilanzen offen gelegt werden, ist noch unklar. Die Ankündigung erfolgt wenige Tage, nachdem vatikanische  Finanzaufsicht und die entsprechende Behörde in den USA ein Abkommen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterzeichnet haben. Es bewegt sich also etwas im Bereich der Finanzen.

Im Vorkonklave hatten viele Kardinäle die Vorkommnisse der vergangenen Jahre scharf kritisiert und mehr Transparenz sowie saubere Geschäfte gefordert. Die Kritik scheint angekommen zu sein. Dabei lautet die Devise unter Papst Franziskus allerdings nicht, alles über Bord zu werfen. Es geht vielmehr darum, den Reinigungskurs, den Benedikt XVI. angestoßen hatte, fortzusetzen. In diesem Sinne stellte vor wenigen Tagen bereits der vatikanische Innenminister, Giovanni Angelo Becciu klar, dass der Papst nicht vorhabe, die Vatikanbank IOR zu schließen. Dies hatten einige Beobachter aus den Worten von Papst Franziskus beim Morgengottesdienst am 24. April 2013 in Santa Marta geschlossen. Bei der Messe waren auch Mitarbeiter der Vatikanbank anwesend. Franziskus sagte damals, dass die Büros der Kurie und auch das IOR notwendig seien, aber nur bis zu einem gewissen Punkt, nur so lange sie der Kirche dienten. Franziskus wollte damit nicht die Existenz des IOR in Frage stellen, so Becciu.

Auch die Statue des hl. Josef an der Fassade der Kirche San José de Flores, der Jugendkirche Bergoglios in Buenos Aires, trägt eine Lilie.

Übrigens hat Franziskus gestern bei der Morgenmesse davor gewarnt, dass Armut nicht zur „Ideologie“ werden dürfe. Anlass war eine Stelle aus dem Johannesevangelium, in der Maria von Bethanien Jesus mit kostbarem Öl die Füße salbt. Judas kritisiert das und sagt, man hätte das Öl verkaufen und damit die Armen unterstützen können. Jesus verteidigt Maria und sagt: „Die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber nicht.“ (vgl. Joh 12,1-8). Hier, so Franziskus in seiner Predigt, sei ihm im Evangelium zum ersten Mal „Armut als Ideologie“ begegnet. Der Ideologe wisse aber nicht, was Liebe ist. Marias Handeln sei ein Akt der Liebe gewesen. Interessanterweise handelt es sich in der Episode um „Nardenöl“. Die Nardenblüte ist Teil des Wappens von Papst Franziskus. So könnte man dieses Symbol bei aller Betonung der „Option für die Armen“ durch Franziskus als Absage an eine „Ideologie der Armut“ deuten. Der Vatikan hatte bei der Vorstellung des Wappens von Franziskus die Nardenblüte ja als Symbol für Josef gedeutet. Allerdings ist es schwierig, eine Bestätigung für diese Deutung zu finden. Der Vatikan verweist auf spanische Traditionen; doch auch bei unserem Besuch in Buenos Aires vor wenigen Tagen konnten unsere Gesprächspartner diese Verbindung von Narde und Josef nicht erklären. Denn eigentlich wird Josef mit einer Lilie dargestellt als Symbol der Keuschheit und Reinheit.

Ein „strategischer Heiliger“?

In Rom hat Papst Franziskus heute seine erste Heiligsprechung als Papst vorgenommen. In der Predigt sprach er von den Heiligen als Vorbilder im Glauben: in jedem Anderen das Bild Christi sehen, alle annehmen ohne Vorurteile und ohne Zwang, sondern mit Liebe und ihnen das Wertvollste geben, was wir als Christen haben: Christus und sein Evangelium. Solch ähnliche Worte haben wir vergangene Woche auch bei unserem Besuch in Buenos Aires gehört. Allerdings sprachen wir da mit den Gläubigen über deren ehemaligen Erzbischof Jorge Mario Bergoglio. Für sie scheint Papst Franziskus schon zu Lebzeiten ein Heiliger zu sein.

 

Pater Sebastian im Gespräch mit Florinda Flores.

Wir sind mit Pater Sebastian durch seine Pfarrei gegangen. Sie liegt in einem der Armenviertel der argentinischen Hauptstadt; gleich neben dem schicken Stadtteil Flores. Dort hat Jorge Mario Bergoglio seine Kindheit verbracht. Dort, in der Kirche San José de Flores hat er Mitte der 1950er Jahre bei einer Beichte seine Berufung erfahren. Ab 1992 war er für den Stadtteil auch als Weihbischof zuständig. Er sei in der Zeit als Weihbischof sehr oft in die angrenzende „Villa miseria“ gekommen, erzählt Pater Sebastian. Später als Erzbischof und Kardinal habe er dann weniger Zeit gehabt. Trotzdem habe er sie jedes Jahr mindestens ein oder zweimal besucht. Die Menschen in der Villa erzählen begeistert von „ihrem“ Papst Franziskus. Er bringe ihre Sorgen und Probleme nun in die Weltkirche ein, ist Florinda Flores überzeugt. Bei ihr war Bergoglio einmal zum Essen zu Gast. Seine Bescheidenheit und Herzlichkeit habe sie sehr beeindruckt, erzählt sie. In vielen Häusern des Viertels hängen Fotos von Bergoglio. Nach den Firmungen etwa nahm er sich jedes Mal Stunden Zeit, um mit allen Firmlingen und ihren Familien fotografiert zu werden.

Pater Sebastian feiert einen Gottesdienst.

Auch Pater Sebastian erzählt viel Positives über seinen ehemaligen Chef. Jeder Priester habe die persönliche Telefonnummer Bergoglios gehabt. Man hatte so einen direkten Draht zu ihm. Wenn er nicht sofort erreichbar gewesen sei, habe er innerhalb kürzester Zeit zurückgerufen. Die Arbeit in den Armenvierteln sei ihm ein besonderes Anliegen gewesen. Zu Beginn seiner Amtszeit als Erzbischof 1998 seien nur noch wenige Priester in den Villas miserias gewesen. Bergoglio habe ihre Präsenz systematisch ausgebaut. Heute seien die meisten Pfarreien in den Armenvierteln mit mindestens zwei Klerikern besetzt. Sebastian lebt mit einem jungen Diakon in seinem Pfarrhaus. Das wurde gerade umgebaut. Viele Jahre lebte Sebastian in einer einfachen Hütte. Auf Bergoglios Wunsch wurde nun ein größeres Pfarrhaus gebaut, in dem dann auch Räume für Katechese und caritative Angebote sind.

Bergoglio also der „Kardinal der Armen“!? Hier wird Pater Sebastian etwas ungehalten. In der Weltöffentlichkeit werde Bergoglio gegenwärtig so dargestellt, als habe er sich nur um die Armen gekümmert. Das sei nicht richtig. Bergoglio habe sich um alle gekümmert: Reiche, Mittelschicht und eben auch um die Armen. Während die Armen oft vergessen würden, habe Bergoglio sie sehr klar im Blick gehabt, aber eben nicht nur die Armen. Bergoglio, ein Hirte, für alle Gläubigen und die Priester. Es hört sich beinahe so an, als hätten wir es hier mit einem Mann ohne Ecken und Kanten zu tun.

Das sieht der Journalist Washington Uranga nicht ganz so. Er schreibt unter anderem für die regierungsnahe Zeitung „Pagina 12“. Ihn treffen wir in La Plata, eine Stadt vor den Toren von Buenos Aires. Für ihn ist Bergoglio ein Mann großer Widersprüche. Auf der einen Seite sei beispielsweise diese starke Option für die Armen, auf der anderen Seite gebe es aber auch die noch ungeklärte Rolle Bergoglios als Jesuitenprovinzial in der Zeit der argentinischen Militärdiktatur. Wie hat er sich im Falle der beiden verschleppten Jesuiten Yorio und Jalics wirklich verhalten? Uranga kannte Yorio persönlich. Dieser habe zwar, wie Jalics jüngst auch, erklärt, Bergoglio habe sie seinerzeit nicht an die Militärs verraten. Doch, so habe ihm Yorio erzählt, hätten sie sich von ihrem damaligen Oberen im Stich gelassen gefühlt. Uranga hofft, dass Bergoglio als Papst nun den Anstoß für eine Aufarbeitung der Rolle der Kirche in der Militärdiktaturzeit gibt.

Uranga ist Bergoglio mehrfach begegnet. Auch er zeigt sich beeindruckt von dessen Bescheidenheit. Zugleich sieht er im neuen Papst einen ausgewiesenen Strategen. Bergoglio wisse stets genau was er wolle, und setze dies auch durch, so Uranga. Bergoglio ein Stratege? Es gibt durchaus Belege dafür: Als Erzbischof von Buenos Aires und Vorsitzender der Argentinischen Bischofskonferenz (2005-2011) ärgerte er sich mehrfach über die Ernennung von konservativen Bischöfen in Argentinien. Kurzerhand platzierte er in der Bischofskongregation, die für die Vorbereitung der Ernennungen zuständig ist, einen Priester aus seinem Bistum. Fortan war er über die Vorgänge vorab informiert und konnte gegebenenfalls versuchen rechtzeitig einzugreifen.

Über die ersten Bischofsernennungen als Papst hört man übrigens Positives. Im argentinischen Bistum Merlot-Moreno waren die Gläubigen hoch erfreut über ihren neuen Bischof Fernando Carlos Maletti. Am vergangenen Sonntag, einen Tag vor der Ernennung, nannten sie uns beim Besuch in der Gemeinde eben diesen Bischof als ihren Wunschkandidaten. Tags darauf ging ihr Wunsch in Erfüllung. Und auch aus der österreichischen Diözese Feldkirch hört man viele positive Rückmeldungen nach der Ernennung von Benno Elbs zum neuen Bischof. Mit Spannung werden daher die ersten Ernennungen für Deutschland erwartet. Die Bistümer Erfurt und Passau warten auf neue Bischöfe; einige andere Bistümer wie Freiburg und Köln warten auf neue Weihbischöfe. Zum 25.12. wird dann auch das Erzbistum Köln vakant, nachdem Kardinal Meisner in der vergangenen Woche noch einmal das öffentlich bestätigte, was laut Kirchenrecht selbstverständlich ist, dass er mit dem Erreichen seines 80. Geburtstag am Weihnachtstag in Pension gehen möchte.

Das war eigentlich keine Sensationsmeldung. Zwei andere Vorgänge hingegen schon eher. Am Dienstagabend gab der Vatikan bekannt, dass man künftig mit den USA eng im Kampf gegen Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus zusammenarbeiten will. Eine entsprechende Vereinbarung war an diesem Tag zwischen der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF und der entsprechenden Organisation der US-Regierung unterzeichnet worden. Das ist ein Zeichen, dass es dem Vatikan ernst zu sein scheint, die Probleme in seinem Finanzsektor in den Griff zu bekommen. Transparenz und saubere Geschäfte lautet die Devise für die Zukunft.

Ungewöhnlich und auch etwas überraschend kommt der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel nächsten Samstag im Vatikan. Immerhin sind im September Bundestagswahlen. Es ist nicht üblich, dass Politiker in den sechs Monaten vor einer Wahl vom Papst empfangen werden. Noch vor wenigen Wochen hieß es in Rom, dass es zu einer Begegnung vor der Wahl nicht mehr kommen werde. Jetzt ist das doch der Fall. Man darf gespannt sein, welchen Grund die Bundeskanzlerin nächste Woche für die Begegnung anführen wird. Das Verhältnis zwischen Angela Merkel und den Päpsten war nicht immer einfach. Johannes Paul II. traf sie 2003 einmal als Oppositionsführerin. Sie hatte damals George W. Bush beim Irakkrieg unterstützt. Papst Wojtyla stand klar auf der Gegnerseite. Benedikt XVI. traf Angela Merkel dreimal. Schwer belastet wurde das Verhältnis, als Merkel 2009 in der Williamsonaffäre den Papst öffentlich zu einer Klarstellung aufforderte. Zwar glätteten sich die Wogen wieder, und beim Deutschlandbesuch im Herbst 2011 begegnete man sich in herzlicher Atmosphäre in Berlin. Doch gewisse Irritationen sind geblieben. Die Begegnung mit Papst Franziskus ist im Wahljahr aus Sicht der Kanzlerin sicher eine strategisch kluge Sache. Viele Katholiken in Deutschland verspüren ein Gefühl von Aufbruch und Neuanfang. Wenn es der Kanzlerin gelingt, durch einen Schulterschluss mit dem Papst diese Stimmung auch auf sich zu übertragen, kann sie von der Begegnung nur profitieren. Zumal sie durch den Rücktritt Annette Schavans im Februar die wichtigste Katholikin an ihrer Seite verloren hat. Man darf gespannt sein, ob der Besuch im Vatikan mehr wird als nur ein Wahlkampftermin. Dafür könnte vielleicht Papst Franziskus sorgen. Denn der Papst, dem soziale Gerechtigkeit sowie die Option für die Armen und Marginalisierten sehr am Herzen liegen, wird einiges zu besprechen haben mit der Regierungschefin der größten Volkswirtschaft in Europa. Die Sorgen und Nöte der Menschen in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und den anderen Krisenländern sind ihm sicherlich präsent, ganz zu schweigen von der Rolle der großen Industrienationen im weltweiten Kampf gegen die zunehmende soziale Ungerechtigkeit.

Der Papst und die Ordensfrauen

Es läuft nicht ganz rund im Verhältnis zwischen den katholischen Ordensfrauen und dem Vatikan. Da ist zum einen der Streit zwischen dem Dachverband der US-Ordensfrauen (LCWR) und der römischen Zentrale; unabhängig davon fordern Ordensfrauen schon seit langer Zeit mehr Mitsprache in verantwortlichen Positionen der katholischen Kirche. Diese Forderung wiederholte am Rande der Vollversammlung der Internationalen Union der Generaloberinnen (UISG) die Generalsekretärin der Union, Schwester Josune Arregui, diese Woche in Rom. Heute empfing Papst Franziskus die Ordensfrauen. Er gab ihnen drei Dinge mit auf den Weg für die Erneuerung der Orden: die Zentralität Christi und seines Evangeliums, die Ausübung von Autorität als Liebesdienst und das „Fühlen“ mit der Kirche, sprich der Gehorsam gegenüber der Kirche.

 

Letzter Punkt wird natürlich vor dem Hintergrund des aktuellen Streits mit den US-Ordensfrauen sehr aufmerksam gelesen. Die Kirchlichkeit sei konstitutiv für das Ordensleben, so Franziskus. Darunter versteht er die Treue zum Lehramt in der Gemeinschaft mit den Bischöfen und dem Papst. Wie schon an anderer Stelle erinnerte Franziskus an Papst Paul VI., der die Vorstellung „Jesus ja, Kirche nein“ in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii nuntiandi“ als „absurden Widerspruch“ bezeichnete. Die Gehorsamsforderung gegenüber dem Lehramt ist bei Franziskus also nicht neu; doch lässt sie gegenüber den Ordensfrauen besonders aufhorchen. Zumal der Papst ausdrücklich auch die Ausbildung entsprechend der „gesunden Lehre der Kirche, in der Liebe zur Kirche und im kirchlichen Geist“ in den Instituten anmahnte. Auffallend ist zudem, dass das letzte Wort der Rede von Franziskus „hierarchisch“ ist. Er spricht da von der „heiligen hierarchischen Mutter Kirche“. Das verwundert doch etwas, dass er dies so betont.

 

Dass sich Franziskus zum Thema Kirchlichkeit der Orden äußert, ist sicher nicht (nur) den jüngsten Auseinandersetzungen mit den US-Ordensfrauen geschuldet. Die Vollversammlung der UISG hatte das Thema „Bei euch soll es nicht so sein. Leitungsdienst im Lichte des Evangeliums“. In diesem Sinn stellte Franziskus die drei genannten Kriterien für einen Leitungsdienst auf. Dabei fällt auf, dass er beim Thema „Autorität als Liebesdienst“ ausdrücklich auf seinen Vorgänger Benedikt XVI. verweist. Dieser habe mehrfach daran erinnert, dass für die Welt Autorität oft ein Synonym sei für Besitz, Herrschaft und Erfolg. Dagegen sei für Gott Autorität ein Synonym für Dienst, Demut und Liebe. Damit stellt sich Franziskus in die Tradition seines Vorgängers und zeigt, dass die Forderung nach eben einem solchen Amts- und Autoritätsverständnisses, das in den letzten Wochen immer wieder als besondere Eigenart des neuen Papstes gepriesen wurde, nicht seine Erfindung ist, sondern bereits eine Tradition hat.

 

Das trifft übrigens auch für die scharfe Kritik von Franziskus am Karrierismus in der Kirche zu, den er in seiner Ansprache an die Ordensfrauen heute wiederholte. „Denken wir an den Schaden, den jene Männer und Frauen der Kirche zufügen, die Karrieristen und Aufsteiger sind, die das Volk, die Kirche, die Brüder und Schwestern, denen sie eigentlich dienen sollten, benutzen als Sprungbrett für ihre eigenen Interessen und persönlichen Ambitionen. Die fügen der Kirche einen großen Schaden zu.“ Benedikt XVI. hatte mehrfach bei Treffen mit Seminaristen vor Karrieredenken gewarnt.

 

Nichtsdestotrotz – es bleibt die Frage, wie es mit dem Dachverband der US-Frauenorden weitergeht. Die sollen nach Wunsch der vatikanischen Glaubenskongregation ihre Statuten überarbeiten und Positionen etwa zum Thema Abtreibung oder Weihe für Frauen zum Diakonen- und Priesteramt klären. Hier hatte die Glaubenskongregation im vergangenen April im Rahmen einer lehrmäßigen Untersuchung Defizite festgestellt und den Dachverband unter bischöfliche Aufsicht gestellt. Aufsehen erregte am vergangenen Wochenende der Präfekt der vatikanischen Ordenskongregation, Kardinal Joao Braz de Aviz. Bei einem Treffen mit den Ordensfrauen erklärte er, dass er über das Vorgehen der Glaubenskongregation seinerzeit nicht informiert gewesen sei. Der Umgang mit dem LCWR habe ihm „viel Schmerz“ bereitet. Offen kritisierte er laut Medienberichten eine mangelnde Zusammenarbeit der Vatikanbehörden. Dies rief den Vatikan sofort auf den Plan. Gestern Nachmittag erklärte das Presseamt des Vatikans, dass die Glaubenskongregation und die Ordenskongregation in der Sache an einem Strang zögen. Die beiden Präfekten arbeiteten „eng zusammen entsprechend ihrer jeweiligen Verantwortungen“. Erzbischof Müller, Chef der Glaubenskongregation, und Kardinal Braz de Aviz hätten sich am Dienstag getroffen und ihre Zusammenarbeit bekräftigt. Es scheint, als hätten die offenen Worte des brasilianischen Kardinals zu einem reinigenden Gewitter geführt. Vielleicht bekommt das Wort der Ordenskongregation künftig mehr Gewicht in dem Prozess. Braz de Aviz ist bekannt für einen eher moderaten Kurs. Wie es mit den US-Ordensfrauen konkret weitergeht, wurde in der Erklärung nicht gesagt. Die Ordensfrauen sind überzeugt, dass die Kritik des Vatikans auf Missverständnissen beruht und hoffen daher, dass sich diese möglichst schnell klären lassen. Dies erklärte die Präsidentin des LWCR, Schwester Florence Deacon bei der Vollversammlung am Samstag.

 

P.S. Beim Treffen mit den Ordensfrauen plauderte Kardinal Braz de Aviz am Wochenende übrigens auch aus dem Nähkästchen. Lange Zeit war der Posten des zweiten Manns in der Ordenskongregation unbesetzt. Papst Franziskus habe ihn dann vor einigen Wochen gebeten, drei Namen vorzuschlagen. Als er ihm die drei Kandidaten präsentierte, habe Franziskus gefragt, wer sein Favorit sei. Braz de Aviz nannte den Generalminister der Franziskaner, Jose Rodriguez Carballo, als Wunschkandidat. Und dieser wurde dann in der Tat auch am 6. April zum Sekretär der Kongregation ernannt. Dies sei ein wunderbar einfacher Weg, Dinge zu erledigen, so Braz de Aviz. Bleibt zu hoffen, dass Franziskus auch bei anderen Personalentscheidungen die Betroffenen entsprechend mit einbezieht. Ob sich dieses Verfahren auch auf Bischofsernennungen anwenden ließe?

Die erste Reise steht

Jetzt ist es raus, das Programm der ersten Auslandsreise von Papst Franziskus. Acht Tage lang ist er vom 22. bis 29. Juli unterwegs. Mit der Veröffentlichung des Programms ist auch klar, dass Franziskus „nur“ nach Brasilien reisen wird. Lange war spekuliert worden, ob er vorher oder nachher noch ein anderes südamerikanisches Land besuchen wird etwa Kolumbien. Und obwohl Rio de Janeiro nur knapp drei Flugstunden von Franziskus’ Heimat Buenos Aires entfernt liegt, wird er auch keinen Abstecher an seine alte Wirkungsstätte machen. Die Menschen, die wir in den letzten Tagen in Buenos Aires getroffen haben, bedauern sehr, dass Franziskus dieses Jahr nicht mehr dorthin fährt. Denn wie schon berichtet, wird es wohl auch im Dezember keine Reise nach Argentinien gehen. Darüber war ja lange spekuliert worden.

Bunt wird der Weltjugendtag in Rio vom 23. bis 28. Juli.

Die Argentinier würden sich über einen Besuch „ihres“ Papstes sehr freuen; können aber auch verstehen, dass er noch ein wenig wartet mit der Visite. Im Herbst sind Parlamentswahlen. Man fürchtet, dass der Papstbesuch im Wahlkampf instrumentalisiert werden könnte. Es sei derzeit sowieso schon so, dass alle Parteien und Gruppierungen plötzlich den Papst auf ihrer Seite wähnen. So war es in den letzten Tagen in Buenos Aires zu hören. 2015 stehen Präsidentenwahlen an. Da könnte es auch wieder schwierig werden mit einem Papstbesuch. So hoffen nun viele Argentinier auf eine Visite im nächsten Jahr. Mehr dazu in den nächsten Tagen.

Heute noch kurz einige Anmerkungen zum Papstprogramm in Rio. Dieses ist nun stark auf Franziskus zugeschnitten: Er besucht ein Krankenhaus, eine Favela und trifft sich mit jugendlichen Strafgefangenen. Er macht am 24.7. einen Ein-Tages-Tripp in den Marienwallfahrtsort Aparecida. Mit diesen Terminen setzt Franziskus Zeichen. Es geht auch als Papst an die Peripherien. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass auch Benedikt XVI. das gemacht hat. Bei seiner Brasilienreise 2007 besuchte er die Fazenda der Hoffnung, eine Anlaufstelle für jugendliche Drogenabhängige, in Kamerun 2009 ein Krankenzentrum.

Papst Franziskus besucht in Rio auch eine Favela.

Franziskus nimmt in Rio an den zentralen Veranstaltungen des Weltjugendtags teil: die Willkommensfeier am 25.7. am Nachmittag an der Copacabana, am selben Ort einen Tag später dann der Kreuzweg, Samstagabend dann vor den Toren Rios die Gebetsvigil und am Sonntag der große Abschlussgottesdienst. Franziskus verliert dann keine Zeit. Noch am Abend des 28. Juli fliegt er nach Rom zurück, wo am 29. Juli gegen 11.30h die erste Auslandsreise seines Pontifikats endet. Von seinem Vorgänger übernommen hat er einen Termin, der Benedikt XVI. immer ganz wichtig war: das Treffen mit führenden Vertretern aus Politik und Gesellschaft. Benedikt XVI. nutzte diese Gelegenheit meist, um einen grundlegenden Diskurs über das Verhältnis von Glaube und Gesellschaft, Religion und Politik anzustoßen bzw. über die Grundlagen moderner Gesellschaft zu sprechen.

Kirche am anderen Ende der Welt

Wir sind gerade auf Spurensuche „am anderen Ende der Welt“. So bezeichnete Papst Franziskus seine Heimat beim ersten Auftritt nach der Papstwahl. Wie ist die Kirche in der Heimat des Papstes? Dazu waren wir in Rio de Janeiro und sind jetzt in Buenos Aires. Heute etwa im wahrsten Sinne des Wortes in den „Peripherien“ der argentinischen Hauptstadt – genauer genommen im Vorort Moreno. Dort haben wir eine kleine Gemeinde besucht. Heute, am Samstag, trafen sich dort die Katecheten zu einer Fortbildung. Die Kirche in Lateinamerika ist eine Kirche der ehrenamtlichen Laien. Und – vielleicht noch mehr als in Europa: die Kirche ist weiblich. Mehr als 90 Prozent der Engagierten sind Frauen, hieß es heute bei dem Treffen. Selbstbewusst machen sie ihre Arbeit in Katechese, Caritas und auch in der Liturgie.

Die Frauen von Moreno wünschen sich Reformen.

Auf dem Pfarreigebiet leben 40.000 Menschen. Die Pfarrei teilt sich in 14 Gemeinden. Es gibt einen Pfarrer. Mit Unterstützung der Diözese werden Laien ausgebildet, um auch am Sonntag Wortgottesdienste zu feiern; denn die Devise lautet, dass die Menschen möglichst im Nahbereich am Sonntag gemeinsam beten und Gottesdienst feiern. Papst Franziskus sagte in seiner Zeit als Erzbischof mehrfach in Interviews, dass es besser ist, einen Wortgottesdienst mit Kommunionfeier im Nahbereich der Menschen anzubieten, er sprach damals von 600 Metern, als die Gläubigen zum Gang in die zwei Kilometer entfernte Eucharistiefeier zu zwingen. Denn, so Bergoglio, es sei besser, dass die Menschen am Sonntag in die Wortgottesfeier gingen, weil sie nah ist, als dass sie gar nicht zum Gottesdienst gingen, weil die Eucharistiefeier zu weit entfernt stattfindet.

Interessant ist übrigens, dass die Frauen hier in Buenos Aires große Hoffnungen in „ihren“ neuen Papst setzen, dass er Veränderungen für die Kirche bringt. Dabei hat doch überrascht, dass sich die Frauen die Abschaffung des Pflichtzölibats wünschen und etwa auch ein Diakonat für die Frau. Sofort sagten alle Anwesenden, dass sie sich für dieses Amt natürlich zur Verfügung stellen würden, wenn es dieses gäbe. Es einzuführen empfänden sie auch als längst fällige Wertschätzung der Arbeit, die sie seit jeher machen. Diese Klarheit bei den Reformwünschen hat mich doch überrascht. Heißt es doch gerne, es handle sich dabei um typisch deutsche oder westeuropäische Forderungen, die es sonst in der Welt so nicht gebe. Hier in Buenos Aires denken die Frauen genauso wie in Europa. Frauen, die tief in einem Glauben verwurzelt sind, der von einer lebendigen Volksfrömmigkeit geprägt ist. Frauen, die angesichts der materiellen Not ihre Arbeit als Christinnen auch politisch verstehen, die dazu beitragen möchten, dass die Menschen sich aus ihrer schwierigen Situation „befreien“ können, sei es durch Bildungsangebote, sei es durch die Vermittlung von Mikrokrediten usw.

Adolfo Pérez Esquivel sieht große Veränderungen auf die Kirche zukommen.

Veränderungen für die Kirche erhofft sich übrigens auch der argentinische Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel. Den 81-jährigen Menschenrechtler hatten wir gestern hier in der argentinischen Hauptstadt getroffen. Er wertete er die Wahl Jorge Mario Bergoglios als Ende des Eurozentrismus der katholischen Kirche. Unter Franziskus werde die Kirche ihr Gesicht verändern. Er erinnerte an den Katakombenpakt von 40 Teilnehmern des II. Vatikanischen Konzils. Diese hatten damals, angeführt von dem berühmten brasilianischen Erzbischof Dom Hélder Camara, vereinbart, „die Option der Kirche für die Armen“ konkret zu leben. D.h. auf Privilegien und Statussymbole zu verzichten, einfach zu leben, sich nicht mit Titeln ansprechen zu lassen etc. Kardinal Bergoglio, jetzt Papst Franziskus lebe und handle genau in dieser Tradition. Damit werde sich zwangsläufig die Kirche verändern, so Esquivel.

Stille Rückkehr

Keine Live-Bilder gab es gestern von der Rückkehr Benedikts XVI. in den Vatikan. Still und leise ist der emeritierte Papst in den Vatikan zurückgekehrt. Im Kloster Mater Ecclesiae, das in den letzten Monaten eigens für ihn und seine kleine päpstliche Familie umgebaut wurde, wird er nun seinen Lebensabend verbringen – im Gebet, vor der Welt verborgen, wie er selbst kurz vor seinem Amtsverzicht am 28. Februar erklärte. Ein Foto gab es von der Rückkehr; Papst Franziskus begrüßte seinen neuen Nachbarn persönlich am Eingang des Klosters. Da Franziskus nach wie vor nicht in den Apostolischen Palast eingezogen ist, trennen die beiden Päpste nun nur noch wenige hundert Meter Luftlinie voneinander. Es ist daher anzunehmen, dass sie sich künftig auch öfters sehen werden, abseits der großen Medienöffentlichkeit und der offiziellen Erklärungen des vatikanischen Presseamts.

Joseph Ratzinger liebte es bereits als Kardinal in den Gärten zu spazieren und den mittäglichen Rosenkranz zu beten. Diese Tradition setzte er auch als Papst fort. Auch wenn ihm das Gehen zunehmend Schwierigkeiten bereitet, wird er, soweit es geht, auch künftig in den Gärten rund um die Lourdesgrotte unterwegs sein. Benedikt XVI. ist ein Gewohnheitsmensch. Der rituelle Tagesablauf gibt ihm Halt. Erst vor wenigen Tagen hatte der Vatikan noch einmal dementiert, dass er an einer schweren Krankheit leide. Auch sein Bruder Georg, der zum 86. Geburtstag Benedikts XVI. Mitte April in Castelgandolfo war, wies gegenüber einer englischsprachigen katholischen Wochenzeitschrift derartige Gerüchte als falsch zurück.

Weltjugendtag am Zuckerhut

P.S. In Rio de Janeiro gehen unterdessen die Vorbereitungen für den Weltjugendtag Ende Juli in die heiße Phase. Davon konnten wir uns in diesen Tagen bei einer Drehreise überzeugen. In der Stadt ist zwar noch nicht viel von dem bevorstehenden Großereignis zu sehen; aber hinter den Kulissen wird fleißig gearbeitet. Vergangene Woche war der päpstliche Reisemarschall in Brasilien und hat sich die Orte für die Papstereignisse angesehen. Nach dem Amtsverzicht Benedikts XVI. und der Wahl Jorge Mario Bergoglios zum Papst wurde das Programm noch einmal leicht modifiziert. Franziskus wird voraussichtlich einen kurzen Abstecher in den Marienwallfahrtsort Aparecida machen und auch eine Favela besuchen. Beides war in der alten Planung nicht vorgesehen. Aparecida besuchte Papst Benedikt XVI. im Mai 2007 bei seiner Brasilienreise. Anlass war die Eröffnung der V. Generalkonferenz der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik. Bei dieser Konferenz wirkte an entscheidender Stelle der damalige Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio. Er war verantwortlich für die Redaktion des Abschlussdokuments, das mittlerweile zu einer Art Magna Charta für die Zukunft der Kirche auf dem Kontinent geworden ist. Aparecida ist dabei, sich in die Reihe der großen CELAM-Konferenzen von Puebla und Medellín einzureihen. Das ist, so Beobachter, mit ein Verdienst des heutigen Papstes.

International wie der Weltjugendtag selbst - eines der Organisationsbüros

Das endgültige Papstprogramm für die Reise nach Brasilien soll in der kommenden Woche veröffentlicht werden. Die Deutsche Bischofskonferenz stellt am nächsten Freitag Details zur deutschen Beteiligung vor. Es werden wohl rund 2.000 deutsche Jugendliche nach Rio fahren. Ein Problem bei den Vorbereitungen war die Sicherheit. Daher nehmen die meisten deutschen Bistümer nur Jugendliche ab 18 Jahren mit nach Rio. Vor Ort heißt es, dass Stadt und Regierung alles unternehmen werden, um die Sicherheit der Weltjugendtagsteilnehmer zu garantieren. Ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien kann sich das Land keine negativen Schlagzeilen in punkto Sicherheit leisten. Erst vergangene Woche wurde mit einer groß angelegten Polizeiaktion versucht, eine Favela rund um den Berg der Christusstatue zu befrieden. Angesichts der erwarteten Massen zum Weltjugendtag, stehen die Sicherheitskräfte allerdings vor großen Herausforderungen. Zur großen Abschlussmesse am 28. Juli werden bis zu drei Millionen Menschen erwartet. Zahlen sind allerdings schwer vorauszusagen, hieß es in diesen Tagen in Rio. Niemand wisse, wie viele Lateinamerikaner letztendlich kommen werden, um ihren ersten Papst aus Lateinamerika zu sehen. Gleich drei Veranstaltungen finden an der Copacabana statt – direkt am Meer. Bleibt zu hoffen, dass das Wetter Ende Juli noch so schön ist, wie in den letzten Tagen. Denn auf der Südhalbkugel geht man dem Winter entgegen, was allerdings im Juli im Schnitt 17 bis 24 Grad bedeutet bei durchschnittlich sieben Regentagen für den ganzen Monat.