Papst im Südsudan?
Reist Papst Franziskus im nächsten Jahr in den Südsudan? Ausgeschlossen scheint das nicht. Gestern traf er sich mit Kirchenvertretern des Landes im Vatikan, darunter auch Vertreter protestantischer Freikirchen. Dabei soll er nach Aussage des katholischen Erzbischofs der Hauptstadt Juba, Paulino Lukudu Loro, gesagt haben: „Hört zu, ich bin mit euch, ich leide und lebe mit euch. Ich will den Südsudan besuchen.“ Die Äußerung passt gut zu den Worten von Franziskus auf dem Rückflug von Baku vor wenigen Wochen. Damals kündigte er für 2017 unter anderem Reisen nach Asien und Afrika an. Für Asien nannte er Bangladesch und Indien als Ziel. Bei Afrika nannte er noch keine Länder und erklärte, dass hänge vom Klima ab und „andererseits auch von der politischen Situation und von den Kriegen“. Mit seinem Besuch in der Zentralafrikanischen Republik im November 2015 hat Franziskus gezeigt, dass er Krisengebiete nicht meidet. So könnte es 2017 durchaus eine Reise nach Südsudan und Kongo geben. Bei der Vorstellung des dritten Welttreffens der Volksbewegungen, das nächste Woche in Rom stattfindet, erklärte heute Erzbischof Silvano Tomasi vom zuständigen Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden: „Der Papst möchte an die Ränder gehen; aber nicht, um diese dort zu belassen, sondern um sie ins Zentrum zu holen.“ Das darf man sicher auch auf die Reiseagenda übertragen. Franziskus möchte die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf vergessene Länder, Regionen und Konflikte lenken. Mit einem Besuch im Südsudan und Kongo könnte er das einmal mehr erreichen.
Franziskus und die Volksbewegungen
Zum dritten Mal findet in der nächsten Woche ein „Welttreffen der Volksbewegungen“ statt. Einmal mehr wird es vom Vatikan mitorganisiert und mitfinanziert. Einmal mehr wird sich Papst Franziskus Zeit nehmen, um die Teilnehmer zu treffen. Das dürfte auch in diesem Jahr spannend werden; denn die beiden Ansprachen bei den bisherigen Treffen gehörten zu den großen programmatischen Reden von Franziskus und standen symptomatisch für das sozial-ethische Profil des Pontifikats. Die Ansprache beim ersten Treffen Ende Oktober 2014 bezeichneten einige Beobachter als „spontane Sozialenzyklika“ des Papstes aus Lateinamerika. Erstmals als Papst machte er sich die Forderung nach „Land, Arbeit und eigenes Heim“ für jeden Menschen zu Eigen und war sich der Wirkung seiner Worte sehr bewusst. „Land, Arbeit, ein eigenes Heim – seltsam, wenn ich darüber spreche, ist der Papst für manche ein Kommunist“, stellte er damals fest. Zum zweiten Welttreffen der Volksbewegungen reiste Franziskus im Juli 2015 nach Bolivien. Dabei wiederholte er seine scharfe Kritik am Weltwirtschaftssystem und ermutigte die Bewegungen, sich für Veränderungen einzusetzen. Zugleich bat er die Ureinwohner „demütig um Vergebung, nicht nur für die von der eigenen Kirche begangenen Sünden, sondern für die Verbrechen gegen die Urbevölkerungen während der sogenannten Eroberung Amerikas“.
Kurienerzbischof Tomasi betonte heute mehrfach, dass Franziskus mit seinen Positionen letztendlich nur umsetze, was die katholische Soziallehre in den vergangenen Jahrzehnten grundgelegt habe. Es gebe eine kontinuierliche Entwicklung, die sich etwa von den päpstlichen Schreiben Pacem in terris von Johannes XXIII., Populorum progressio und Evangelii nuntiandi von Paul VI. sowie den sozialethischen und kapitalismuskritischen Äußerungen von Johannes Paul II. bis hin jetzt zu Franziskus verfolgen lasse. Wer Franziskus vorwerfe, er gehe etwa mit seiner Forderung „Land, Arbeit und Heim für alle“ zu weit, wolle letztendlich davon ablenken, dass er sich nicht mit den wirklichen Phänomenen auseinandersetzen wolle. Wenn der Papst von einer Partizipation aller spreche, sei das letztendlich nur eine Reflektion der „universalen Brüderlichkeit“, die im Evangelium, also der Botschaft Jesu, grundgelegt sei, so Tomasi.
Europa braucht Solidarität
Angesprochen auf die anhaltende Diskussion um den Umgang mit Flüchtlingen in Europa, wiederholte der Kurienbischof die vatikanische Position, dass alle europäischen Länder an der Lösung mitarbeiten müssten. „Es ist eine konkrete Solidarität gefordert“, so Tomasi. Lesbos und Lampedusa seien nicht nur die Grenzen von zwei Ländern, sondern von ganz Europa. „Die EU darf Griechenland, Italien und Spanien nicht alleine lassen.“ Populistische Bewegungen versuchten über Emotionen von den realen Verhältnissen abzulenken. „Es gibt keine Invasion“, betonte Tomasi und beklagte, der Debatte fehle es an Ausgewogenheit.