Synode zu Ehe und Familie – Tag 19

Die Synode ist mit der 15. Generalkongregation am Donnerstagnachmittag auf die Zielgerade eingebogen. Erstmals wurde der Entwurf der Relatio finalis den Synodenteilnehmern präsentiert. Darin ist das Ergebnis der knapp dreiwöchigen Beratungen sowie des synodalen Prozesses, der knapp zwei Jahre dauerte, zusammengefasst. Kardinal Oswald Gracias, Mitglied des Redaktionsteams, zeigte sich am Nachmittag gegenüber Journalisten zuversichtlich, dass der Text am Samstagnachmittag bei der Abstimmung mehrheitlich Zustimmung finden werde. Das Dokument versuche, alle Fragen aufzugreifen, gebe aber keine Antworten. Dennoch sei es eine gute Grundlage für Entscheidungen. Und die muss jetzt der Papst treffen. Vor der Sitzung am Nachmittag war doch eine gewisse Nervosität zu spüren. Die Synodenteilnehmer waren gespannt, wie dem Redaktionsteam die Quadratur des Kreises gelungen ist. Schließlich hatten bei einigen Themen wie etwa dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen die einzelnen Sprachzirkel gegensätzliche Forderungen ins Plenum eingebracht. Auch wenn Kardinal Gracias betonte, dass es dieses Mal weniger konträre Positionen gegeben habe als bei der Synode im letzten Oktober. Mit einer Überraschung wartete Papst Franziskus zu Beginn der Sitzung am Donnerstagnachmittag auf. Er kündigte die Schaffung einer neuen Kongregation für Laien, Familie und Leben an.

Ob es der Text der Relatio finalis war? Papst Franziskus auf dem Weg in die Synodenaula. (Quelle: ap)

Ob es der Text der Relatio finalis war? Papst Franziskus auf dem Weg in die Synodenaula. (Quelle: ap)

Eher große Linien als viele Details

Endspurt bei der Synode. Seit dem späten Nachmittag hält jeder Synodenvater den Entwurf der Relatio finalis in den Händen. Im Plenum hatte Generalrelator Kardinal Peter Erdö eine kurze Einführung gegeben. Jetzt müssen die Synodalen über Nacht den Text studieren. Morgen Vormittag können sie dann im Plenum mündlich oder auch bis um 12.30 Uhr noch schriftlich Eingaben an das Redaktionsteam machen. Kardinal Oswald Gracias, einer der 10 aus dem Redaktionsteam, wollte am Mittag beim Briefing nichts über die Inhalte verraten. Er ließ lediglich durchblicken, dass in dem Papier eher die großen Linien aufgezeigt werden sollen und es weniger in Details gehen soll. Was das für die teilweise sehr konkreten Formulierungen der verschiedenen Kleingruppen bedeutet, muss man abwarten. Gerade die deutschsprachige Gruppe hatte sich große Mühe gegeben, bei einzelnen Themen mehrheitsfähige Formulierungen zu finden etwa bei den wiederverheirateten Geschiedenen.

Gerade bei dem Thema zeigte sich Kardinal Gracias am Mittag beim Pressebriefing offen für eine Lösung, die dem „forum internum“ eine wichtige Rolle beimisst, wie es etwa von der deutschsprachigen Gruppe vorgeschlagen wurde. Der indische Kardinal erinnerte an Bernhard Häring (1912-1998), der das schon vor vielen Jahren vorgeschlagen habe. Häring war ein Theologe, der als Theologe am II. Vatikanischen Konzil teilgenommen und an der Ausarbeitung der Konstitution „Gaudium et spes“ mitgewirkt hatte, in seinen späten Lebensjahren allerdings mit der vatikanischen Glaubenskongregation in Konflikt gekommen war. Gracias betonte, die Relatio finalis werde nicht einfach das wiederholen, was Papst Johannes Paul II. in seinem nachsynodalen Schreiben 1981 zur letzten Familiensynode mit dem Titel „Familiaris Consortio“ geschrieben habe. Seitdem seien mehr als 30 Jahre vergangen. Die Welt und die Herausforderungen hätten sich verändert. Die Lehre bleibe unverändert, so Gracias, aber die Theologie entwickle sich weiter.

Der Kardinal deutete an, dass das Dokument rund 90 Abschnitte haben wird. Damit wäre der Umfang rund ein Drittel weniger als das Instrumentum laboris. Er gehe davon aus, so der Erzbischof von Mumbai, dass sowohl über jeden Abschnitt einzeln als auch das Dokument noch einmal als Ganzes abgestimmt werde. Bei der Ausarbeitung haben zunächst die theologischen Experten zusammen mit den Relatoren der Sprachzirkel die rund 1000 Modi sortiert und nach Doppellungen durchgesehen. Anschließend hat das 10er-Redaktionsteam die inhaltliche Einarbeitung der Modi diskutiert und dann zur konkreten schriftlichen Ausarbeitung an eine Art Schreibbüro beim Synodensekretariat gegeben. Beim dritten Teil hatte sich das Redaktionsteam aufgrund der Fülle der Eingaben und der Kürze der Zeit in drei Kleingruppen aufgeteilt, die parallel arbeiteten. Die vom Synodensekretariat ausformulierten Texte hat das Redaktionsteam dann wieder kontrolliert und abgestimmt. Am Ende sei der Gesamtentwurf der Relatio finalis im Redaktionsteam am Donnerstag um die Mittagszeit einstimmig verabschiedet worden, erklärte Gracias. Papst Franziskus habe in der zweiten Synodenwoche einmal kurz beim Redaktionsteam vorbeigeschaut und habe für die Arbeit gedankt. Dieser Besuch habe gut fünf Minuten gedauert. Ob die Relatio finalis am Samstag nach der Abstimmung veröffentlicht wird, ist weiter unklar. Die Entscheidung liegt beim Papst.

Neue Kongregation

Am Donnerstagnachmittag gab Franziskus (endlich) bekannt, dass er eine neue Kongregation für Laien, Familie und Leben einrichten werde. Darin gehen die Päpstlichen Räte für Laien und Familie sowie die Päpstliche Akademie für das Leben auf. Schon lange war über diesen Schritt spekuliert worden. Manche Beobachter hatten für den Schlussgottesdienst der Synode am Sonntag mit der Bekanntgabe gerechnet. Allerdings ist die Fusion noch in der Projektphase. Franziskus erklärte, dass er eine Kommission eingesetzt habe, die sich um die kirchenrechtlichen sowie die Kompetenzfragen kümmere. Die Ergebnisse der Kommission sollen beim nächsten Treffen des Kardinalsrats K9 im Dezember beraten werden. Bis das neue Dikasterium also starten kann, dauert es noch einige Zeit. Die Fusion führt einerseits zu einer Verschlankung, andererseits aber auch zu einer Aufwertung der betroffenen Bereiche. Denn obgleich immer betont wurde, es gebe eine Gleichheit unter den Dikasterien der Römischen Kurie, waren die Kongregationen immer höher angesehen als die Päpstlichen Räte. Zumal Kongregationen in der Regel auch jurisdiktionelle Gewalt besitzen. Was das für die neue Behörde bedeutet, bleibt abzuwarten. Das Dikasterium bietet auch die Möglichkeit, zumindest in der zweiten Reihe Laien mit Leitungsfunktionen zu betrauen. Der Präfekt dürfte auch künftig ein Kardinal sein, aber dahinter gäbe es Spielraum.

P.S. Erste Reaktionen am Donnerstagabend lassen erkennen, dass die Relatio finalis so offen formuliert ist, dass keine Tür zugeschlagen wird und Papst Franziskus frei ist in seinen Entscheidungen. Jetzt kommt es auf ihn an. Wie schon wiederholt gesagt, spätestens nach der Synode muss er Farbe bekennen.

P.P.S. Einmal mehr hat der Vatikan über den Beitrag des „brüderlichen Delegierten“ der russisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Hilarion, geschwiegen. Wie schon im vergangenen Jahr war Hilarion im Gegensatz zu den anderen Delegierten nicht die ganze Zeit bei den Beratungen anwesend gewesen. Auch sprach er nicht wie die anderen Ökumenevertreter am vergangenen Freitag in der Aula, sondern bekam, wie im letzten Jahr, einen Sondertermin. Diesen nutzte er am Dienstagnachmittag, um aufgrund des positiven Umgangs mit dem Thema Homosexualität einigen protestantischen Kirchen die Christlichkeit abzusprechen. Im vergangenen Jahr hatte er die katholische Kirche in der Ukraine scharf kritisiert.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

6 Kommentare

  • Alberto Knox
    23.10.2015, 0:16 Uhr.

    die deutsche relatio finalis ist schon ein recht guter text. wenn jetzt das schlussdokument neuralgische punkte offenhält, dann kann und soll petrus entscheiden. und dann ist es auch gut so. die synode soll beraten, nicht entscheiden. sie ist kein konzil, zeigte aber viel parrhesia und auch viel dumme intrigierei von konservativ-raktionärer seite.

    • Silvia
      23.10.2015, 12:51 Uhr.

      „Dann kann und soll Petrus entscheiden …..“,das finde ich auch, denn der Papst bzw,Petrus, war von Anfang an der Garant der Einheit und war wohl auch von Jesus so gedacht.

      Ohne das Papstamt wären wir längst in kleine Sekten zerfallen. Das Papstamt ist unsere Stärke als Kirche, obwohl es natürlich auch problematisch werden kann (je nachdem, wer Papst ist).

  • JasJu
    23.10.2015, 0:50 Uhr.

    Man kann dem geistig schlichten Papst doch nicht die Entscheidung allein überlassen. Obacht: Auch Petrus war geistig schlicht und hörte auf den klügeren Paulus. Das ist Kirche, das ist die Gemeinschaft der Apostel. Freilich: Nachdem nun auch Kardinal Müller weichgespült wurde, müssen heilige Männer wie die Kardinäle Sarah, Pell, Ouellet und andere die Ohren des armen Heiligen Vaters finden.

    • Silvia
      25.10.2015, 8:11 Uhr.

      „Geistig schlichter Papst“ und „armer Hl Vater“ ausgerechnet von jemandem, der uns erst kürzlich erklärt hat, dass „Jesus jetzt Christ ist“ entbehrt nicht einer gewissen Komik.

      • 25.10.2015, 10:24 Uhr.

        🙂

    • Wanda
      25.10.2015, 17:45 Uhr.

      Aber Jasju,
      – ein Sakrileg: für einen wahren Christen dürfte eigentlich gar kein Mensch heilig sein, oder ? Dieses Prädikat kommt doch wohl nur Gott zu (wenn es ihn denn gibt…)

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