Papst Franziskus in Lateinamerika – Tag 7
Verzweifelt nicht! So lautete heute die Botschaft von Papst Franziskus an die Paraguayer. Beim Gottesdienst im Marienheiligtum von Caacupé würdigte er noch einmal die Rolle der paraguayischen Frauen beim Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg in den 1860er Jahren. „Gott segne die paraguayische Frau, die ruhmreichste Amerikas“, rief er den 80.000 auf dem Platz vor dem Heiligtum zu. Zuvor hatte Franziskus ein Kinderkrankenhaus besucht und dort den Kindern sowie deren Eltern Mut gemacht in ihrer meist schwierigen Situation. Am Nachmittag standen Begegnungen mit Vertretern der Zivilgesellschaft an sowie Priestern und Ordensleuten an. Spontan besuchte er am Abend noch eine Jesuitenkirche in Asunción und traf sich mit den Jesuiten des Landes. Bereits am Mittag hatte er noch kurzfristig ein weiteres kleines Krankenhaus besucht. Obwohl er am Morgen beim Gottesdienst in Caacupé eine kurze „Zwangspause“ einlegen musste, scheint Franziskus die Reise gesundheitlich gut zu meistern.
Der Papst als Seelsorger
Es war ein bewegender Auftakt heute Morgen, der kurze Besuch von Papst Franziskus im Kinderkrankenhaus von Caacupé. Der Pontifex zeigte sich sichtlich bewegt vom Schicksal der Kinder und ihrer Familien. Bei seiner kurzen improvisierten Rede war er von Kindern umringt, die sich eng an ihn schmiegten, Hilfe und Schutz suchend. Er forderte die Erwachsenen auf, von den Kindern zu lernen: „Wir müssen von euch lernen, von eurem Vertrauen, eurer Freude, eurer Zärtlichkeit. Von eurer Fähigkeit zu kämpfen, von eurer Stärke. Von eurer unvergleichlichen Fähigkeit durchzuhalten. Einige sind Kämpfer. Und wenn einer solche „Krieger“ hat, ist er stolz. Nicht wahr, liebe Mütter? Nicht wahr, liebe Väter und Großeltern? Euch zu sehen gibt uns Kraft, gibt uns Mut, um Vertrauen zu haben, um weiter zu gehen.“ Den Eltern machte Franziskus Mut: „Es gibt Momente großen Schmerzes, der Ungewissheit. Es gibt Momente großer Angst, die das Herz bedrückt, und es gibt Momente großer Freude. Diese beiden Gefühle leben miteinander, befinden sich in uns. Aber es gibt kein besseres Heilmittel als eure Zärtlichkeit, eure Nähe.“
Lob für Frauen Paraguays
Mut machte Franziskus auch den 80.000 in Caacupé. Der Marienwallfahrtsort ist so etwas wie das Nationalheiligtum des katholischsten Landes Südamerikas. Rund 90 Prozent der sieben Millionen Paraguayer sind katholisch. Franziskus bezeichnete Caacupé als Ort, an den die Menschen mit ihren Sorgen, Nöten und Freuden kommen. Maria habe komplizierte Situationen in ihrem Leben durchgemacht. „Ihr Leben ist Zeugnis dafür, dass Gott nicht enttäuscht, sein Volk nicht verlässt, auch wenn es Augenblicke oder Situationen gibt, in denen es scheint, als wäre er nicht da.“ In einer solchen Situation hätten die paraguayischen Frauen nach dem sogenannten Tripel-Allianz-Krieg gestanden. „Ich möchte mich in besonderer Weise an euch paraguayische Frauen und Mütter wenden, die ihr mit großem Mut und Opferbereitschaft ein vom Krieg zerstörtes, versunkenes und überschwemmtes Land wieder aufgerichtet habt. Ihr habt das Gedächtnis, das Erbgut jener Frauen, die das Leben, den Glauben und die Würde eures Volkes wieder hergestellt haben.“
In dem zwischen 1864 und 1870 andauernden Krieg Paraguays gegen die verbündeten Staaten Argentinien, Brasilien und Uruguay waren 80 Prozent der männlichen Bevölkerung ums Leben gekommen. „Als alles zusammenzubrechen schien, habt ihr euch mit Maria gesagt: Wir fürchten uns nicht, der Herr ist mit uns, er ist mit unserem Volk, mit unseren Familien, tun wir, was er uns sagt. Und daher habt ihr in der Vergangenheit die Kraft gefunden, um nicht zuzulassen, dass diese Erde im Chaos versinkt. Und ihr findet sie auch heute.“ Schon gestern Abend bei der Ankunft hatte Franziskus die Rolle der Frauen gewürdigt. Gestern wie heute wurden diese Worte mit großem Applaus und viel Emotionen aufgenommen. In einer machistischen Gesellschaft, wie sie in Lateinamerika an vielen Stellen besteht, ist diese besondere Würdigung der Frau von quasi höchster Stelle ein wichtiges Signal.
Gesundheit des Papstes
Der Gottesdienst begann mit einer Schrecksekunde. Der Einzug hatte schon auf dem Platz begonnen, aber der Papst kam nicht. Kollegen sahen den Leibarzt ins Heiligtum eilen. Der Ortsbischof erklärte der Menge, Franziskus sei sehr ergriffen angesichts des Besuchs der Madonna von Caacupé. Die Musik solle einfach weiterspielen. Mit einigen Minuten Verspätung kam dann der Papst und zelebrierte die Messe. In der Tat ist Jorge Mario Bergoglio der paraguayischen Madonna sehr verbunden. In Buenos Aires hat er immer wieder Kapellen der paraguayischen Migranten in den Armenvierteln besucht und geweiht. Die Gefühle scheinen den Pontifex übermannt zu haben; vielleicht auch angesichts der zehntausenden Argentinier, die entlang der Wegstrecke „ihrem“ Pontifex zugejubelt haben. Nirgends war Bergoglio seit der Wahl zum Papst seiner Heimat näher als in diesen drei Tagen hier in Paraguay und eben besonders heute im Heiligtum von Caacupé. Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte, der Papst habe sich einen Moment ausruhen wollen vor der anstrengenden Liturgie. Es habe keinerlei medizinischen Eingriff gegeben. Lombardi berichtete, dass Franziskus bereits am Morgen in der Nuntiatur drei kurze, spontane Begegnungen mit kleinen Personengruppen hatte. Daher habe er zu Beginn der Liturgie um einen Moment Ruhe gebeten.
Mahnungen an Zivilgesellschaft und die Kirche
Beim Treffen mit den Vertretern der Zivilgesellschaft hatte Franziskus auch für Paraguay die Botschaft, die er bereits bei den gleichen Veranstaltungen in Ecuador und Bolivien hatte: Dialog aller in der Gesellschaft, Sorge für die Armen verbunden mit der Kritik am „götzendienerischen Wirtschaftsmodell“ und die Mahnung, keine Angst vor Unterschieden zu haben. „Der Dialog basiert auf der Kultur der Begegnung und verlangt sie von uns. Eine Begegnung, die zu erkennen weiß, dass die Verschiedenheit nicht nur gut, sondern notwendig ist.“ Konflikte seien bei einer „Kultur der Begegnung“ unausweichlich, so Franziskus. „Wir dürfen das nicht fürchten oder ignorieren, sondern sind im Gegenteil eingeladen, es auf uns zu nehmen.“ Das bedeute bereit zu sein, „den Konflikt zu erleiden, ihn zu lösen und ihn zum Ausgangspunkt eines neuen Prozesses zu machen“, zitierte Franziskus aus seinem Schreiben Evangelii gaudium.
Für die Bischöfe, Priester, Ordensleute und Seminaristen hatte er am Abend vor allem eine Botschaft: Hütet euch davor, angesichts eures Standes euch für etwas Besseres zu halten! „Wer von Gott berufen ist, brüstet sich nicht, sucht nicht nach Anerkennung und vorübergehendem Applaus, fühlt sich nicht einen Rang aufgestiegen und behandelt die anderen nicht, als würde er auf einer höheren Stufe stehen.“ Er forderte Kleriker, Ordensleute und Laien auf, in der Seelsorge zusammenzuarbeiten, „stets entsprechend dem Wesen und der kirchlichen Aufgabe jeder Berufung und jedes Charismas“.