Papst sendet Botschaften in Region
Bei seinen ersten öffentlichen Auftritten in der Mongolei hat Papst Franziskus am Samstag gleich deutliche Signale in Richtung der Nachbarn China und Russland gesendet. Beim Treffen mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft würdigte er am Morgen den Einsatz der Mongolei für Menschenrechte und Frieden sowie eine Atomwaffen freie Welt und die Abschaffung der Todesstrafe. Am Nachmittag erklärte er, dass Regierungen und weltliche Institutionen „nichts vom evangelisierenden Wirken der Kirche zu befürchten [hätten], denn sie hat keine politische Agenda voranzubringen“, sondern wolle das Wohl aller fördern. Es zeigt sich, dass für Franziskus diese Reise strategische Bedeutung hat. Auch wenn es im Konkreten immer wieder hakt, ist die Mongolei auch beim Thema Religionsfreiheit weiter fortgeschritten als andere Länder in der Region, allen voran der große Nachbar China. Deshalb verwundert es nicht, dass Franziskus die Mongolei als „Symbol der Religionsfreiheit“ bezeichnete und schon in seinen ersten Reden betonte, dass die Religionen eigentlich „verlässliche Stützen beim Aufbau gesunder und blühender Gesellschaften“ seien.
Ökologie und Religionsfreiheit
Die offiziellen Termine sind mühsam für Papst Franziskus. Meist sind sie mit viel Bewegung verbunden, vom Ort der offiziellen Begrüßung, zum Platz für die privaten Begegnungen mit den Politikern und schließlich zum Treffen mit den Vertretern aus Politik, Zivilgesellschaft und Diplomatischem Korps. Das strengt an, mehrfach gibt es einen Wechsel vom Rollstuhl zu den jeweils bereitgestellten Sesseln und zurück. Bisher hat sich der Pontifex gegen die leichtere Variante entschieden, alles im Rollstuhl zu absolvieren. Auch wenn er im Auftreten gebrechlich wirkt, ist er in seinen Botschaften klar. Allerdings hat er gerade die politische Rede am Morgen, die viele Punkte bot, die ihm am Herzen liegen, ohne große Emotionen vorgetragen. Das mag am Jetlag liegen, denn bei anderen Gelegenheiten fügte er etwa bei Themen wie Todesstrafe, Bewahrung der Schöpfung oder dem rechten Verständnis von Religion gerne frei noch etwas hinzu, zumindest aber verlieh er seiner Stimme besonderen Ausdruck. Das war heute nicht so.
Die Mongolei könne helfen, eine „Politik verantwortungsvoller Ökologie“ zu lernen, erklärte Franziskus beim Treffen mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft. Zudem stellten „die ganzheitliche Sichtweise der mongolischen schamanischen Tradition und der aus der buddhistischen Philosophie abgeleitete Respekt für jedes Lebewesen einen wertvollen Beitrag für das dringende und nicht mehr aufschiebbare Engagement zum Schutz des Planeten Erde dar“. Angesichts von „zu vielen Konflikten“, die die Erde verwüsteten, rief er „unter Achtung der internationalen Gesetze“ zum Einsatz für Frieden auf, „damit die dunklen Wolken des Krieges vorüberziehen“. Spannungen sollten auf der Grundlage von Begegnung und Dialog gelöst werden. Grundrechte müssten allen garantiert werden.
Botschaft an China
Mit Blick auf die Religionen stellte Franziskus fest, diese seien, „wenn sie sich auf ihr ursprüngliches spirituelles Erbe zurückbesinnen und nicht durch sektiererische Abweichungen korrumpiert werden, in jeder Hinsicht verlässliche Stützen beim Aufbau gesunder und blühender Gesellschaften“. Sie könnten so auch helfen, „dem gefährlichen Nagen der Korruption“ entgegenzutreten. Und es gab auch beim Thema Religion noch eine Botschaft in Richtung Peking, als Franziskus feststellte: „Nachdem ihr die atheistische Ideologie ohne Blutvergießen überwunden habt, die glaubte, den religiösen Sinn auslöschen zu müssen, weil sie ihn für ein Entwicklungshemmnis hielt, bekennt ihr euch heute zu jenem grundlegenden Wert der Harmonie und des Zusammenwirkens von Menschen verschiedener Glaubensüberzeugungen, die – aus ihrer jeweiligen Perspektive – zum sittlichen und geistlichen Fortschritt der Völker beitragen.“
Es war die Stoßrichtung, in die auch Teile der Ansprache beim Treffen mit den Bischöfen, Klerikern und Ordensleuten am Nachmittag in der Kathedrale von Ulan Bator gingen. Franziskus dankte den pastoralen Mitarbeitern für ihr Wirken in der Mongolei. Die Kirche ist hier sehr jung. 1992 kamen die ersten drei Missionare ins Land, nachdem das Christentum 1924 verboten worden war. Heute leben unter den 3,3 Millionen Einwohnern rund 1.500 Katholiken. Es gibt acht Pfarreien. Die pastoralen Mitarbeiter kommen aus rund 30 Nationen. Es gibt 25 Priester, rund 30 Ordensleute dazu 35 Katecheten und sechs Seminaristen. Franziskus rief die Missionarinnen und Missionare auf, die Sprache der Menschen zu lernen, ihre Kultur zu respektieren und zu lieben. Er betonte, dass die Kirche in der Welt eine Stimme sei, „die mit allen Armen und Bedürftigen solidarisch ist, sie schweigt nicht angesichts der Ungerechtigkeit und sie setzt sich mit Sanftmut dafür ein, die Würde eines jeden Menschen zu fördern“.
Doch etwas Politik
Dass Franziskus vor allem den Einsatz der Kirche im Bereich von Bildung, Caritas und Kultur betont, ist Teil seiner Strategie. Er will die politisch Verantwortlichen überzeugen, dass die Kirche sich für die Gesellschaft engagiert. Hinzu kommt der Aufruf zu Respekt vor der jeweiligen Kultur. Damit möchte er jeden Verdacht zerstreuen, die Kirche bringe von außen vorgefertigte Denkmodelle in ein Land oder habe politische Ziele. Wobei er bei diesem Punkt nicht ganz konsequent ist, denn Franziskus will, dass sich die Gläubigen dort einmischen, wo die Würde der Menschen bedroht ist. Und hier wird es dann doch politisch.
Ein Kommentar
Ein sehr, sehr schöner Beitrag.
Verfolge mit großem Interesse die Livestreaming mit, die angeboten werden.
Auch wenn es in der Mongolei nur wenige Katholiken gibt, die Achtung und den Respekt im Umgang mit den anderen (uns oft so unbekannten Religionen, bzw.Glaubensgemeinschaften)kommt aus dem Land der Stille und des Besinnens sehr, sehr gut bei uns allen an.
In einer geopolitischen Welt voller Konflikte, eine Wohltat.😘😉👍
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